"Die Glücksritter", 20 Uhr 15, kabel eins
bonanzaMARGOT
- 24. Okt. 12, 17:57
Ich stellte mir vor, ich wäre an einem anderen Ort der Welt geboren und/oder in einer anderen Zeit – wäre ich dann noch ich? Was wäre ich von Beruf? Wie würde mein Leben unter anderen Umständen aussehen? Wäre ich dann wirklich noch ich?
Und: bin ich noch derselbe wie bei meiner Geburt? Bin ich noch der Mensch, der ich vor zwanzig Jahren war? Es ist leicht gesagt, dass alles irgendwie kausal aufeinander folgte. Natürlich ich bin ich der, der all das machte, was ich machte. Aber sicher bin ich nicht mehr derselbe. Ich bin nicht identisch mit der Person, die ich war, und doch besitze ich ein Leben lang dieselbe Identität. Ziemlich verzwickt. Es stellt sich die Frage, ob ein Mensch noch für Taten zur Verantwortung zu ziehen ist, die vor vielen Jahren geschahen. Würde man da nicht vielleicht den falschen verurteilen?
Durch was ist unsere Identität eigentlich festgelegt? Allein durch die Gene? Dann wäre ich freilich an jedem Ort der Welt und zu jeder Zeit derselbe. Eineiige Zwillinge sind genetisch gleich, aber wir halten sie selbstverständlich für zwei verschiedene Persönlichkeiten. Die Frage bleibt bestehen: Bin ich nach so und soviel Jahren noch ich? Oder schleppe ich da nur etwas mit mir herum, das ich Ich nenne?
Als ich an mein Leben dachte (mit Fünfzig hat man bereits eins vorzuweisen), stellte ich mir vor, was aus mir geworden wäre, wenn ich woanders und unter anderen Bedingungen aufgewachsen wäre. Wer wäre ich in einem Armutsviertel in Südamerika geworden? Oder: wo wäre ich im Leben als Millionärssohn in den USA gelandet? Hätte ich Kinder? Hätte ich geheiratet? Wäre ich religiöser als in meinem jetzigen Leben? Also, immer vorausgesetzt, ich hätte in den anderen Lebensläufen überhaupt solange überlebt. Tausend Szenarien anderer möglicher Werdegänge ließen sich entwerfen.
Es ist … unheimlich, dass ich hier sitze, eben genau in diesem Leben und nicht in einem anderen. Wer bin ich? Was mache ich in meinem Leben? (Warum lebe ich?)