Samstag, 2. November 2019

Liebe Leser(innen)

Dieser Blog ruht fortan.
Leider ist die Resonanz hier inzwischen bei Null angekommen. Sehr bedauerlich, weil "twoday" über viele Jahre meine Bloggemeinde war. Als die Schließung drohte, wanderte ich aus nach "wordpress". Trotzdem freute ich mich, als klar wurde, dass hier doch noch nicht das Ende bevorstand. Ich veröffentlichte parallel zu "wordpress" weiterhin meine Beiträge - aus Sentimentalität und auch in der Hoffnung, dass hier noch etwas Bewegung stattfindet.
Leider steht alles still: keine Kommentare oder sonstige Zeichen von anderen Bloggern.

Ist hier eigentlich noch jemand zugange?!?

Wer hier vorbeikommt und Interesse an meinen Blog-Aktivitäten hat, schaut bitte bei meiner Wordpress-Adresse vorbei:

https://abendglueck.wordpress.com/

Danke!

Samstag, 14. September 2019

Nicht unbedingt Dicke Titten (Beiträge 25.8. - 8.9.19)


Langsam wäre es an der Zeit, dass ich mich frage, was ich eigentlich von Frauen will.
Gar nicht so leicht zu beantworten. Was will man überhaupt vom Leben?
Es muss doch etwas geben, was das Leben lohnenswert erscheinen lässt. Ich meine, wenn man nicht gerade passionierter Modellbastler, Briefmarkensammler u. ä. ist. Auch gibt es die absoluten Familienmenschen, die im sozialen Modus schwelgen bei Kaffee und Kuchen mit Tanten und Onkels etc. Oder nehmen wir die Menschen, die in ihrer Arbeit total aufgehen… oder die Idealisten, religiösen Spinner… oder die Typen, die unbedingt ohne Atemmaske auf den Everest steigen müssen.
Um es kurz zu machen: Ich gehöre zu keiner dieser Gruppierungen, die ich nannte, und auch zu keiner anderen – am ehesten noch zu den Biertrinkern und Kneipengängern. Doch daraus leite ich nicht unbedingt etwas für mein Leben Lohnenswertes/Erfüllendes ab. Ich sitze einfach gern irgendwo blöde herum und betrachte meine Umgebung, die Menschen, den Himmel, die Plätze – wo ich halt gerade bin. Ich mache mir dabei Gedanken übers Dasein und den Sinn des Lebens. Natürlich komme ich zu keinem befriedigenden Ergebnis. Also stehe ich auf, gehe zur Theke (vorausgesetzt meine Ex steht gerade nicht an), hole mir das nächste Bier und fahre fort mit meiner Tagträumerei.
Da ich hetero und Mann bin, lenke ich meine Blicke automatisch auf die attraktiven Relikte des anderen Geschlechts. Ich kann daran nichts Unnormales finden. Gegen meine Natur will ich mich verdammt noch mal nicht auflehnen. Ich hoffe nur, dass ich nicht allzu auffällig glotze. Nein, ich bin ein anständiger Mensch, der bemüht ist, die Attitüden unserer fuckin` Gesellschaft zu achten. Ehrlich. Kein Scheiß.
Und jetzt ganz ernsthaft: Mir geht`s nicht vordergründig ums Sexuelle. Viel lieber hoffe ich auf eine Liebe, aus der eine innige Partnerschaft resultiert. Meinem Singleleben fehlt das Gegenüber, das aufrichtig an meiner Person interessiert ist. Ich sehne mich nach einem Hafen. Der muss nichts Großartiges sein, aber schon behaglich und vorallem unanstrengend… Wenn die Frau dann noch schön anzuschauen ist, macht mich das glücklich wie einen König. Ich weiß, es ist ziemlich schwer, eine Frau zu finden, die alle meine Erwartungen erfüllt. Gibt es überhaupt unanstrengende Frauen? Jage ich einer Utopie hinterher? Allzu viel Zeit bleibt mir nicht mehr. Vielleicht besser auf den Everest steigen (mit Atemmaske – manche Kompromisse müssen sein).



XXX


Die letzten knallheißen Tage für dieses Jahr – dementsprechend wird im Brutofen Berlin einiges los sein, ebenso in den Schwimmbädern und an den Badeseen. Selbst habe ich noch keinen Plan. Die Fuckparade (unkommerzielles Gegenkonzept zur Loveparade) ist mir zu viel Krach. Beim Bürgerfest im Bellevue (Tag der offenen Tür bei Bundespräsident Steinmeier) geht`s bestimmt gesitteter zu. Roland Kaiser mit Band als Highlight des Musikprogramms (würg!) … dann noch Gayle Tufts und Apocalyptica. Himmel und Hölle, was `ne Zusammenstellung! Da besorg ich`s mir lieber selbst im Biergarten oder im Park mit Ohrstöpseln im Ohr. Dazu eine unanstrengende Lektüre (aus Mangel an einer unanstrengenden Frau).

Die Woche im Büro verging verhältnismäßig schnell. Ich bin froh, dass ich zwei Tage Pause von meiner Kollegin habe. So sehr ich sie schätze, aber sie gehört mit ihren Eigenheiten zum Typus „anstrengend“. Mamma Mia, das Leben mit einer solchen Frau wäre eine Katastrophe!
Sowieso ein paar Jahre zu alt für mich. Aber muss schon sagen: sie hat sich gut gehalten. Mitte nächstes Jahr geht sie in Rente und kann es kaum abwarten. Ich gönne es ihr.

Gestern nach Feierabend im Pub das Wochenende begrüßt. Eine Gruppe junger Männer* saß draußen am Tisch. Drinnen war außer den üblichen Freitags-Besoffenen nicht viel zugange. Dafür schallte der Lärm der draußen sitzenden Runde geballt ins Lokal. Die Bedienung total echauffiert.
„Vorhin war es noch viel schlimmer…“, erzählte sie und beugte sich zu mir vor. Ich konnte gar nicht anders, als ihr in den Ausschnitt zu schauen. Es gefiel mir, was ich sah. „Bei dem Wetter natürlich besonders schweißtreibend“, meinte ich verständnisvoll.
Die Jungs draußen ließen in ihrer Trinkseligkeit nichts anbrennen. Ich war abgespannt von der Arbeitswoche. Das Geschrei und laute Gelächter machten mich mürbe. Nach den obligatorischen drei Bier nahm ich meinen Rucksack mit den Einkäufen und verdrückte mich nach Hause.



*junge Männer, das heißt zwischen Dreißig und
Vierzig




XXX


Meine Bürokollegin zieht mich bei jeder sich anbietenden Gelegenheiten damit auf, dass ich jeden erstmal in Schutz nehme. Sie dagegen hetzt schon mal gern gegen andere Hühner, weil die aus ihrer Sicht schlecht arbeiten. Vielleicht kann sie das aus ihrer Erfahrung heraus besser beurteilen als ich. Ich rutsche dann schnell in die Position, dass ich sage „Jeder macht mal Fehler“ oder „Vielleicht hatte sie einen schlechten Tag“ oder „Sie macht das doch nicht absichtlich“. Dass meine Kollegin nicht nur sachlich, sondern vor allem emotional wertet, merke ich daran, dass sie sich über den Mist, den ich baue, nicht aufregt – im Gegenteil findet sie noch vor mir Entschuldigungen für meine Fehler. So nimmt sie jene Personen in Schutz, die sie mag, kritisiert aber übermäßig jene, die nicht zu ihrem Dunstkreis gehören.
Ich mag eine solch sympathiegeleitete Grüppchenbildung am Arbeitsplatz nicht. Sowas schafft nur Unruhe und Feindschaft. Muss das eigentlich sein, dass es in größeren Gruppierungen immer diese Aufspaltungen mit den damit verbundenen Animositäten gibt? Wenn ich merke, dass Vorurteile mit im Spiel sind, steuere ich automatisch dagegen. So war ich schon immer. In der Schule hielt ich zu den Außenseitern, wurde zwischenzeitlich selbst zu einem. Aber ich biss mich irgendwie durch. Zum regelrechten Mobbing-Opfer wurde ich nie. Im Großen und Ganzen habe ich das Gefühl, dass man mich als Person meist respektiert.

Ab und zu redet man auf Arbeit auch mal über gesellschaftliche Themen. Gabi, echt Berliner Schnauze und von uns geachtete Kollegin, war gerade zum Plausch. Es ging um die Flüchtlinge, die nach Europa und insbesondere nach Deutschland strömen, und ich machte meiner Meinung Luft. Ist es nicht unsere christliche und zivilisatorische Pflicht, Menschen in Not Asyl zu geben? Stattdessen nehmen wir es hin, dass diese Menschen an den europäischen Außengrenzen abgewiesen oder unter dubiosen Umständen zurückgebracht werden. Wir nehmen es hin, dass jeden Tag Menschen quasi vor unserer Haustür im Mittelmeer ersaufen. Was ist nur mit unseren Werten?
Meine Kollegin und Gabi schauten sich kurz an und lachten. „So ist er“, meinte meine Kollegin lapidar. Ich schwieg und setzte meine Tumordokumentation fort. Alles Todesmeldungen.



XXX


Ich denke an meine alte Heimat, wo jetzt das alljährliche Winzerfest stattfindet. Der Festplatz liegt an erhabener Stelle, und man hat im nahen Park einen Blick über die Dächer der Stadt und hin zu den Weinbergen des Kraichgaus. Ich denke an meine Eltern, die dort seit 2013 auf dem Friedhof ruhen. Das Schwimmbad, das sicher auch heute gut besucht sein wird, liegt gleich dahinter. Je nachdem, wie der Wind steht, tönt das Kindergeschrei über die Gräber. Ob`s die Toten stört?
Ich denke an die Jahre meiner Kindheit und Jugend, in denen mir meine Heimat zur zweiten Haut wurde. Ich denke an die vielen Freunde und Schulkameraden, die lange schon aus meinem Leben verschwunden sind. Ich denke an meine erste Liebe und unsere Spaziergänge in den Weinbergen.
Das Winzerfest bedeutete Abschied nehmen vom Sommer. Wir saßen auf den Stufen vor der Eissporthalle, die als Festhalle diente, und betranken uns. Ich blickte auf die zahllosen Menschen, die ihre Runden auf dem Festplatz drehten, die Musik der Fahrgeschäfte, die gebetsmühlenartigen Mikrofon-Ansagen der Schausteller in den Ohren, der Duft von Zuckerwatte in der Luft…, daneben der Geruch von Alkohol und Pisse.
Die Jahre gingen ins Land. Eine Liebe folgte der anderen. Bier floss in Strömen. Ich ließ die Schulzeit hinter mir. Ich arbeitete. Ich studierte. Ich trank. Ich liebte.
Sechshundert Kilometer liegen zwischen mir und der alten Heimat. Aber es sind nicht nur die Kilometer. Ich wuchs aus ihr heraus wie aus alten Klamotten (– die sind dann für die Tonne). Nur die Erinnerungen bleiben, eine ganze Geisterstadt voller Erinnerungen.

Hier ein Relikt meiner schriftstellerischen Bemühungen aus der damaligen Zeit, 1984:



Einer der letzten Tage


Der Sommer lag in den letzten Zügen, spuckte noch ab und zu einen warmen Tag aus; und man besuchte das Schwimmbad, weil man Urlaub hatte und nichts Besseres zu tun wusste. Es war kein richtiger Sommer und kein richtiger Urlaub gewesen. Das Ganze schien wie ein Kampf zwischen den vier Jahreszeiten, von denen sich keine geschlagen geben wollte. Sie stritten und balgten sich und vernachlässigten ihre Pflichten. So kam es bei ihm zu einer Verwirrung des Geistes. Er wurde vor- und zurückgeworfen in Geist und Gefühl, schwankte in seinem Schaffen und träumte in den Tag hinein.
Mit dem alljährlichen Winzerfest verließ die warme Jahreszeit Stadt und Land, und der Herbst begann seine blassen Farben auf die Wiesen und Felder zu sprühen. Aber noch war es nicht so weit, und er lag an diesem Nachmittag auf der Liegewiese des Schwimmbads in einem von Bäumen und Sträuchern begrenzten Abteil. Ameisen kitzelten ihn an allen möglichen Stellen, und er kratzte sich, zuckte nervös. Die Wiese war voll von unzähligem Kleingetier, das krabbelte und schwirrte und juckte. Er konnte nicht stillliegen. Das Leben fraß an ihm. Er hörte die Duschen und das Gerede der anderen Badegäste und hörte einen Hubschrauber und hörte ihn auch wieder verschwinden. Die Geräusche wechselten sich ab.
Er war unruhig und unzufrieden an jenem Tag, und es war möglich, dass es der Sommer war, der seine letzten Grüße sandte; es war auch möglich, dass es die Ameisen waren, die ihn wie verrückt kitzelten. Es gab eine Menge Dinge, die ihn beunruhigten, eine Menge Fragen, die er beantworten wollte. Das war so ein Tag, an dem er sich zwang nachzudenken, weil er das Gefühl hatte, es wäre der letzte, und alles wäre einmalig – und wenn nicht heute, wann dann?




XXX


Es wäre langsam mal wieder an der Zeit, eine Frau zu beglücken, meinen meine Eier.
„Alles nicht so einfach“, erwidere ich.
„Aber du warst doch früher nicht so wählerisch“, sagen meine Eier.
„Stimmt, aber die Zeiten ändern sich. Heute geht’s mir nicht mehr so sehr ums Ficken.“
„Hoppla!“
„Ich mache weniger Kompromisse. Ich liebe heute anders als damals.“
Meine Eier kichern: „Wer’s glaubt…“
„Echt jetzt! – ihr kennt mich doch!“
„Eben! Willst du nie mehr?“
„Quark. Wird schon wieder mal klappen.“
„Sieht aus unserer Sicht eher danach aus, als ob deine besten Zeiten vorbei seien.“
„Quark! Ihr seid zu ungeduldig. Heute schon könnte es soweit sein!“
„Heute!? Nicht wahr.“
„Ich meine, jeden Tag könnte es plötzlich so weit sein.“
„Ach so. Verarsche uns bitte nicht. Du hast doch nichts bestimmtes im Blick?“
„Nicht direkt.“
„Fuck! Er veralbert uns“, sagt das linke Ei. „Jep, ich denke, du hast Recht“, sagt das rechte Ei.
Ich kratze mich am Sack. „War mal wieder nett, mit euch zu plaudern, Jungs. Vertraut mir einfach. Habe ich euch jemals im Stich gelassen?“
Sanft gurrend schmiegen sich die Beiden an meine Schenkel und stimmen ein Lied an:
Wir sind ihm ergeben wie Sklaven,
Ach, tät er mal wieder mit einer Frau schlafen
Wir gehören ihm ganz und gar,
Verdammt lang her,
Dass er mit einer Frau im Bett war
Wir vermissen das sehr,
Er ist kein Mönch oder sowas in der Art,
Wann kommt der Typ endlich wieder in Fahrt?




XXX


DHL bietet neu an, dass sie zusätzlich abends liefern. Allerdings muss man dafür 2-3 Euro blechen. Na gut, dachte ich, einen guten Service lasse ich mir gern was kosten. Mal ausprobieren. Ich erwarte gerade ein Päckchen. Gestern sollte es zwischen 18 und 21 Uhr geliefert werden. Ich freute mich darauf und wartete. Wer nicht kam, war der DHL-Bote.
Bin gespannt, wie`s weitergeht. In der Sendungsverfolgung sind die Angaben irreführend. Da steht immer noch, dass sie das Päckchen am Abend liefern wollen. Doch das galt nach meiner Wunsch-Eingabe nur für den 06.09., und heute ist der 07.09., wenn ich mich nicht irre. Auch wollte ich den heutigen Abend nicht unbedingt zuhause verbringen. Ich könnte mal wieder ins Kino gehen. Vorher in den Potsdamer Platz Arcaden einkaufen und ein paar Bier süffeln. Mit dem Biergartenwetter ist langsam aber sicher Schluss. Ade geliebte Biergärten! Ade kurze Hosen! Das Leben ist hart.

War wohl ein Satz mit X das Spiel der Deutschen National Elf gegen die Niederlande gestern Abend. Beim Warten auf den DHL-Boten schlief ich ein und erwachte erst wieder Mitternacht. Okay, da habe ich also nicht viel verpasst. Wenn man alleine lebt, verfolgt man ganz gerne solche Sportevents. Ich bin kein Fußballfan und auch kein Tennis-, Leichtathletik- oder Motorsportfan, aber ich ziehe mir das Zeug trotzdem rein, vor allem die internationalen Wettbewerbe. Wahrscheinlich geht`s um Ablenkung und unangestrengtes Zeittotschlagen. Dazu die Ästhetik des Sports, die Spannung und der Kampfgeist. Dass ich mich als Deutscher über deutsche Siege freue und mich ein wenig gräme, wenn die deutschen Sportasse verlieren, kann und will ich nicht leugnen. In jedem von uns steckt ein kleiner Nationalist. Es geht um die Identität in Sprache, Kultur und Heimat – eine ganz normale Sache überall auf der Welt. Mensch wäre aber nicht Mensch, wenn er es nicht übertreiben würde. Was soll dieser übertriebene Patriotismus im Lande? Was treibt manche Menschen zu den Islamisten? Und wie kommt man zu den Ultras, den fanatischen Fußballfans? Warum müssen diese Arschlöcher immer wieder das friedliche Miteinander stören? Echt, ich könnte zum Extremisten gegen den Extremismus werden!

Bei aller Lust an der Spannung, wann DHL das Päckchen liefern wird, bereue ich inzwischen, dass ich die neu angebotene Abendlieferung wählte. Scheiß auf die 2-3 Euro Kosten – ich mag`s nicht, wenn man mich an der Nase herumführt! Sowas nehme ich persönlich!! Am liebsten würde ich eine Bombe in diesen verkackten DHL- und Postladen schmeißen! Oder viel besser: Ich schicke ihnen die Bombe!
Man muss diesen Armleuchtern doch mal zeigen, wo der Hammer hängt! Meint Ihr nicht auch?



XXX


Er steht seit Monaten im Regal. Wird Zeit, dass ich ihn verkoste. Ein Zurück gibt`s nicht mehr. Sieht aus wie Pisse. Den ersten Schluck habe ich schon hinter mir – etwas gewöhnungsbedürftig für meine an Bier und Wein gewöhnten Geschmacksknospen. Aber ich will Glen Buchenbach nicht gleich abhaken. Wäre auch seltsam, wenn ich schlagartig zum Whisky-Fan würde. Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Whiskeysorten habe ich nicht. Ich glaube, ich nippte nur ein einziges Mal an einem Whiskycola. In Erinnerung blieb mir ein widerlicher Käsefußgeschmack. Also, ein déjà gouté habe ich schon mal nicht. Oder doch?! – ich rieche nochmal… Es ist nur viel länger her, reicht zurück in meine Kindheit… Als Kind naschte ich übermäßig Süßigkeiten, was freilich Karies förderte. Die Löcher in den Zähnen folgten auf dem Fuße. Wenn ich dann über tierische Zahnschmerzen klagte, fabrizierte meine Mutter einen in einer Tinktur getränkten Wattebausch in das Loch des kranken Backenzahns. Dass die Tinktur ein alkoholisches Getränk war, wusste ich alsbald – und nun bin ich sicher, dass es sich um Whiskey handelte, der mich damals benebelte und den Zahnschmerz schnell verfliegen ließ. Mit der Zeit gefiel mir dieses Gefühl gut. Ich biss solange auf den Wattebausch, bis nichts mehr aus ihm rauszuholen war… Genaugenommen fing damit meine Trinkerkarriere bereits im smarten Alter von 4-5 Jahren an.

Das Whiskyglas steht leergesüffelt auf dem Schreibtisch. Soll ich nachgießen? Nein, ich gehe es besser langsam an und mache mit Bier weiter. Das Zeug steigt einem wirklich schnell zu Kopfe.

Dienstag, 20. August 2019

Back from Greifswald


Alter Walter, gefalteter Verwalter! – die Regionalbahn wurde umso voller, desto näher sie Berlin kam. Ich saß im Fahrradabteil mit meinem gefalteten Faltrad. Als ich in Greifswald zustieg, ergatterte ich noch relativ leicht einen Sitzplatz. Nur ein paar Jungs hatten sich ausgebreitet. Prima, dachte ich, vielleicht werden ja die drei Stunden Fahrt etwas angenehmer als die Hinfahrt. Ich hatte ein paar Bier und eine Flasche Rotwein im Gepäck. Das sollte reichen.
Die Jungs waren gut drauf, ziemlich lässig. Sie lagen da so rum und quatschten dummes Zeug. Ich grinste mir einen und machte das erste Bier auf. Lange blieb es allerdings nicht so friedlich. Schon zwei oder drei Haltestellen nach Greifswald stiegen die ersten Fahrräder zu. Dann noch ein paar Kinderwägen. Und danach wieder Fahrräder. Die Jungs hatten sich inzwischen mit ihrem Gepäck in die äußerste Ecke verdrückt. Das Platzangebot war ausgereizt, dachte ich, und auch die anderen dachten das. Ich kann zugeben, wenn ich mit einer Annahme falsch liege. Das ist eine meiner Stärken. Es kamen noch ein halbes Dutzend Fahrräder mehr, die sich o Wunder irgendwie zwischenrein quetschten. Gut, dass mein Platz davon relativ unberührt blieb. Ich hörte über Ohrhörer meine Lieblingsmusik und schaute auf das zunehmende Gewirr um mich herum. Eine dreiviertel Stunde vor Berlin stieg schließlich noch ein junger Vater mit einem riesigen Fahrradanhänger ein, in dem seine zwei Knirpse saßen. Um überhaupt in den Zug zu kommen, musste der Anhänger über ein paar am Einstieg stehende Fahrräder hinweggehoben werden. Stehen blieb er quasi vor meinen Füßen. Ich blickte in zwei süße, verschmierte Kindergesichter. Die zwei Knirpse kümmerte das Chaos um sie herum herzlich wenig. Sie waren ausschließlich mit sich beschäftigt. Sah so aus, als dürften sie ihre Kindheit richtig ausleben. Prima Vater, dachte ich bei mir, und nahm einen großen Schluck aus meiner Pulle Rotwein. So weit ich das mitkriegte, hatte er seine Knirpse ganz gut im Griff. Er lenkte sie mit Spielen und Reiswaffeln ab.
Ich fand`s gut, dass in dieser Beengtheit alle Reisenden ruhig blieben, obwohl manche relativ besorgt aus der Wäsche guckten. Wie würde sich dieses Gewirr an Kinderwägen, Fahrrädern, Gepäck und Menschen wieder auflösen, fragte auch ich mich. Aber o Wunder: es klappte ohne nennenswerte Schwierigkeiten.

Inzwischen hocke ich zuhause und koche mir Pellkartoffeln für den Abend. Daneben läuft die Waschmaschine. Nicht dass ich nächste Woche ohne meine Lieblings-T-Shirts dastehe. Ich grinse schräg. Warum auch immer. Draußen grinst die Sonne. Schön, sie als „Willkommen-zurück“ zu haben.

Samstag, 10. August 2019

Noch 10 Jahre


Von Wochenende zu Wochenende hangeln, Tumorfälle dokumentieren bis zum Abwinken. Niemals in meinem Leben hätte ich gedacht, dass ich mal am Computer arbeiten werde und medizinische Daten in eine spezielle Software reinkloppe. Ebenso wie ich mir damals als frisch ausgelernter Technischer Zeichner nie hätte vorstellen können, 30 Jahre als Arschwischmaschine in der Altenpflege zu schuften. Auch Technischer Zeichner wollte ich nicht unbedingt werden. Als Schüler hatte ich hinsichtlich eines Studiengangs oder einer Berufsausbildung null Idee. Aber ich musste irgendeinen Käs auswählen. Die Devise war: Weitermachen! Nicht zu lange auf der faulen Haut liegen. Die Eltern waren froh, als ich den Ausbildungsplatz hatte, und ich freute mich über mein erstes selbstverdientes Geld – nein, stimmt nicht ganz: Ich fuhr in der Oberstufe ein paar Monate Zeitungen aus. War `ne coole Sache: Ich stand früh morgens vor Schulbeginn auf, setzte mich auf meine Kreidler und gurkte durchs Psychiatriegelände. Das lag nur wenige hundert Meter vom Elternhaus entfernt und thronte über der Kleinstadt, ein riesiger Irrgarten für sich. Ich brauchte eine Weile, bis ich die Wege draufhatte.
Eine rasante Zeit damals. Ständig standen neue Dinge an. Im Rückblick wundere ich mich darüber, wie dicht gepackt mein Leben in dieser Phase war. Keine Ahnung, wie ich Technischer Zeichner wurde. Die Arbeit interessierte mich nicht wirklich. Wichtig war für mich, dass ich den Bund rausschieben konnte und was vorzuweisen hatte, wenn ich gefragt wurde: „Yeah, ich mach `ne Ausbildung zum Technischen Zeichner, Heizungsbau, Sanitär…; – total geil! Vor allem die weiblichen Stifte machen eine klasse Figur am Zeichenbrett – haha!“
Es war für mich nie besonders wichtig, was ich machte, sondern nur, dass ich überhaupt in Lohn und Brot war, um in dieser Drecksleistungsgesellschaft nicht unterzugehen. Ich wurschtelte mich so durch. Meine Leidenschaft lebte ich in der Kneipe und/oder in der Liebe aus. Dann und wann auch im Verfassen dichterischer Ergüsse. Oder ich kleckerte eine Leinwand mit Farbe voll. Mir gefiel es, aber mit den Jahren wurde mir klar, dass es nicht zum Künstler reichen würde. Ich besaß weder den Ehrgeiz noch die Begabung – jedenfalls zu wenig davon, um mit dem, was ich produzierte, groß rauszukommen. Aber träumen darf man ja. Wenn ich den Begriff nicht total abstoßend fände, würde ich mich heute Hobbykünstler nennen.
Den Bund konnte ich nicht ewig vor mir herschieben. Als die Ausmusterung nicht klappte, blieb nur die Verweigerung. Und so begann über den Zivildienst meine zweite und längste berufliche Laufbahn. Dreißig Jahre malochte ich in der Altenpflege. Auch wenn ich mir diese Tätigkeit für meinen Zivildienst bewusst ausgesucht hatte, hätte ich doch nie gedacht, in dem Job solange auszuharren. Aber offenbar passte er ganz gut auf mich. Das erste Mal hatte ich wirklich das Gefühl, was Sinnvolles zu tun. Nur leider waren die Arbeitsbedingungen miserabel, und ich erlebte Sachen, die mich schockierten und nachhaltig frustrierten. Das beste an dieser Arbeit waren die menschlichen Kontakte zu den Alten. Durch sie sah ich in die Zukunft. Es ging um die Nacktheit der menschlichen Seele… Ich erlebte unmittelbar Sterben und Tod…, die Brutalität des Siechtums…demgegenüber die Brutalität unseres Wegschauens. Viel zu oft fühlte ich mich in meinem Beruf verloren und ohnmächtig. Gerade in meinen letzten Jahren als Nachtwache. Psychisch war ich permanent überfordert mit dem Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Ich hatte die Schnauze voll von den Lügen. Ich wollte nicht mehr.
Und wieder ging es ums Weitermachen. Die Gesellschaft gönnt dir keine längere Auszeit. Das Arbeitsamt sitzt dir sofort im Nacken. Es geht in dieser Hinsicht nie ums Wollen, sondern ums Müssen. Ich beneide Menschen, die wirklich für sich wollen, was sie müssen.
Okay, hier sitze ich also in der Gegenwart als Tumordokumentar. Geile Sache das. Vor allem die Bürohühner, – wenn ich die nicht hätte, wäre ich längst verzweifelt. Ich liebe ihr Gackern und Lachen… Fast vermisse ich sie in der Einsamkeit meiner Wochenenden.

Sonntag, 4. August 2019

Spaghetti nach dem Regen


Kürzlich hatte ich eine Vision: Ich sah vor meinem geistigen Auge die Figur eines Mischwesens, halb Mann, halb Frau. Der Kopf mit einem langen Vollbart, wie ihn traditionell viele Moslems tragen, der aber seit einigen Jahren auch bei westlichen Männern stark in Mode ist (siehe z.B. Bloggerkollege Hypermental), Gesicht und Haarschopf waren von meiner Ex; und der Oberkörper: rechts die behaarte Brust eines Mannes, links eine weibliche Brust mit mehreren Brustwarzen… oder mehrere dicht aneinanderliegende weibliche Brüste mit je einer Brustwarze – genau habe ich es nicht mehr in Erinnerung. Jedenfalls hingen daran mehrere Missgeburten, die gesäugt wurden. Als ich diese Eingebung hatte, saß ich im Biergarten und schaute Löcher in die Luft. Die Bedeutung erschließt sich mir nicht. Wäre aber ein interessantes Motiv zum Malen.

Die Waschmaschine läuft. Endlich wieder Wochenende! Meine Bürokollegin war ungewöhnlich gut drauf. Sie freute sich darauf, mit ihrem Enkel zum Feuerwehrfest zu gehen. Ich nahm mir das Bierfest auf der Karl-Marx-Allee vor. Hoffentlich bleibt es trocken… Und hoffentlich treffe ich bei meiner kleinen Rundfahrt durch Berlin nicht auf meine Ex (man soll den Teufel nicht an die Wand malen).

Ein Starkregen läutete das Wochenende ein. Ich schaffte es gerade noch in die trockene Höhle des Pubs…, genoss das Geräusch des prasselnden Regens, den Blick hinaus auf die Straße und die frische Luft, die in den Schankraum strömte. Es wollte gar nicht mehr aufhören. Und so trank ich mehr als meine üblichen drei Bier.
Es sah irgendwann danach aus, als ob der Regen nachließe. Noch ein Bier? Nein, ich hatte genug. Obwohl ein netter Kerl neben mir saß, der mir zwischenzeitlich seine halbe Lebensgeschichte erzählte. Etwas schleppend, aber wirklich interessant. Er hatte alles hinter sich und wartete auf das Ende. Keineswegs verbittert – ganz im Gegenteil: er genoss seine Freiheit „jetzt und hier“. Lediglich seine Krankheiten und Gebrechen schränkten ihn ein – aber naja. Mir ginge es ähnlich, meinte ich – doch war klar: er hatte einen Vorsprung…
Zuhause rieb ich mir die Haare mit einem Handtuch trocken und kochte Spaghetti.

Donnerstag, 1. August 2019

CSD Berlin


Als ich an der Absperrung stand, mein Bier trank und auf den Umzug wartete, durchströmte mich eine Welle des Stolzes, dass ich in einer solch aufgeschlossenen Stadt wie Berlin wohnte. Die Menschen (Jung und Alt), die beim CSD zusammenkamen, waren allesamt friedlich gesinnt und wollten nur eins: Für die Freie Liebe demonstrieren und Spaß haben. Nichts zu sehen von Rassisten, Nationalisten und anderem rückwärtsgewandtem Gesocks. Die hatten sich wahrscheinlich in ihre Mäuselöcher verkrochen oder betrachteten das Spektakel getarnt und kleinlaut vom Rande. Ich dachte bei mir: Bevor rechte oder islamistische Spinner in dieser Gesellschaft die Macht übernehmen, sind es die vielen toleranzgeprägten Menschen, die hier zusammenströmen, Schwule, Lesben, Transsexuelle… Mag sein, etwas zu viel Karneval, und die scheiß Technomusik ist auch nicht meins, aber was zählt, ist der weltoffene Geist dabei. Bei aller Kritik an dem oberflächlichen Gehabe meiner Mitmenschen, finde ich solche Events doch gut, weil sie für mehr Toleranz und Frieden werben. Ich halte es nur nicht lange im Getümmel aus. Egal ob mit oder ohne Bierbetäubung. Und auf Pillen stehe ich nicht.
War jedenfalls schön zu sehen, dass dieser Gesellschaft noch lange nicht der Sumpf rechter Ideologie droht – auch wenn einem bei manchen Nachrichten angst und bange werden kann. In Berlin jedenfalls ist Interkulturalität Programm. Und wem das nicht passt, der kann ja nach Hinterfurzingen ziehen*.



*frei nach Donald Trump

Sommer in Berlin


Kacke nochmal, die Woche schlauchte. Aber ich liebe den Sommer und will nicht über die hohen Temperaturen jammern. In der Sonne schwitzen und kaltes Bier trinken. Dazu meine Lieblingsmusik hören, verträumt in die Runde schauen. So lässt es sich leben. Nach ein/zwei Stunden zieht es aber auch mich in den Schatten. Seit Tagen trage ich ein neues Buch mit mir herum. Vielleicht beginne ich am Wochenende endlich mal mit der Lektüre. „Das Schlangenmaul“ von Jörg Fauser – sollte nach meinem Geschmack sein. Ist halt so, dass ich nach acht Stunden Tumordokumentation keine Lust mehr auf irgendeine kognitive Beschäftigung habe.

Heute keinen schweren Gedanken nachhängen, sondern nur blöde aus der Wäsche gucken – kann ich eh am besten. Mal sehen, wie ich durch den Tag komme. Später einen Abstecher zum Nollendorfplatz machen, am Straßenrand stehen und gaffen, wenn der CSD Umzug vorbeikommt. Danach von der Sonne das Hirn wegballern lassen und bierselig dahindösen…
Auf geht`s, junger Mann!

Sonntag, 21. Juli 2019

Von Apollo 11 bis heute


Vor fünfzig Jahren landeten die Amis auf dem Mond. Ich erinnere mich dunkel, dass die Eltern uns Jungs aus den Betten holten. Als Knirps von sechs Jahren war ich enttäuscht, dass es in Wirklichkeit nicht so aussah, wie ich es mir mit meiner kindlichen Fantasie vorgestellt hatte. Das Prozedere sowie die begleitende Berichterstattung langweilten mich – aber ich begriff schon, dass die Mondmission für Hinz und Kunz eine aufregende Sache darstellte… Endlich betrat Neil Armstrong gegen 4 Uhr morgens MEZ den Erdtrabanten. Darauf hatten alle gewartet. Geschichte wurde geschrieben. „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit“*, sagte Neil Armstrong nach seinem Ausstieg – wie aus dem Drehbuch. Die Amis hatten es also geschafft, spazierten auf dem Mond herum und platzierten die amerikanische Flagge, während ich bereits wieder in meinem Bettchen schlummerte. Es war Montag, und wir hatten Schule. Ich erinnere mich nicht wirklich, aber ich recherchierte es im Internet. 1969 begannen in Baden-Württemberg die Sommerferien erst kurz darauf. Ich hatte mein erstes Grundschuljahr gemeistert. Ich verstand noch nicht viel von der Welt der Erwachsenen und hatte keine Ahnung, wohin mich die Reise des Lebens führen würde. Bei Kummer träumte ich mich zusammen mit meinem Teddy in eine eigene Raumkapsel unter der Bettdecke, welche mir Schutz bot und mich weg von der bösen Welt brachte. Auf der Rangliste meiner Traumberufe stand Astronaut aber nicht an erster Stelle. Damals wollte ich Cowboy werden wie Little Joe aus der Serie Bonanza.
Nun, ich wurde weder Cowboy noch Astronaut… auch nicht Meeresforscher. Alle Träume der Kindheit und Jugend wetzten sich ab und wichen neuen… Als junger Mann träumte ich davon, ein Dichter und Künstler zu werden. Ich verlor mich in Liebesträumen, die zum Trauma wurden. Ich versank in den Albträumen alkoholischer Exzesse… Es folgten Studienabbrüche, jahrzehntelanges Ausharren in der Altenpflege, dann der Tod meiner Eltern, Umzug nach Berlin, Neuanfang…
Am Schreibtisch meiner kleinen Berliner Wohnung sitzend erschauere ich im Rückblick auf ein halbes Jahrhundert Geschichte mit Mondlandung, der 68er-Bewegung, dem Kalten Krieg der Supermächte, dem überraschenden Fall der Deutschen Mauer, dem Zerfall der Sowjetunion, hinüber in ein neues Jahrtausend mit Internet und Smartphone, dem erschreckenden 11. September 2001, der Angst vor islamistischem Terror, der von den USA initiierten Kriegswelle im Mittleren und Nahen Osten, dem Wiedererstarken rechtsextremer Kräfte und Parteien in Europa…

Inzwischen sind alle meine Träume am Arsch. Was soll noch kommen? Die Landung des Menschen auf dem Mars? Interessiert mich das?



*Von wegen großer Sprung für die Menschheit: wurde der Mensch durch die neue Perspektive auf den Planeten Erde etwa klüger? Geht er seitdem sorgfältiger mit dem begrenzten Lebensraum, der Natur und seinen Mitgeschöpfen um? Was brachte uns also dieser „große Sprung“ hinauf zum Mond? – doch nur die Bestätigung, wie großartig und von uns selbst eingenommen wir sind.

Sonntag, 14. Juli 2019

Sonntag ohne Sonne


Gut, dass ich meinen Urlaub im Juni nahm. Beim derzeitigen Wetter wäre meine Tour nach Danzig noch beschwerlicher geworden, als sie ohnehin war. Ich schaute mir gerade einige Urlaubsfotos an und träumte mich zurück an den Strand bei astrein blauem Himmel mit Blick auf die Ostsee…
Ich wache auf in einem miesepetrigen, kühlen Julitag… einem Sonntag ohne Sonne. Im Kerzenlicht hocke ich mit einem Döskopp an meinem Schreibtisch und überlege, was zu tun ist, – durchleuchte mein Inneres nach Inspiration und Impulsen. War da gestern nicht was, das ich unbedingt aufschreiben wollte? Und auch im Biergarten vorgestern hatte ich einige vielversprechende Gedankenansätze…, aber ich komme nicht mehr drauf. Zu oft denke ich: Das wirst du dir schon merken. Ist aber nicht. Jedenfalls komme ich nicht ran. Besser ist immer, eine kleine Notiz zu machen, die einem später eine Brücke zum Gedankeninhalt baut.

Gestern einen kleinen Wortwechsel mit der Bloggerin Hoffende zum Thema Klimawandel gehabt. Für mich ist seit langem klar, dass der Mensch durch mannigfaltige Umweltverschmutzung die Biosphäre nachhaltig schädigt und zum Klimawandel maßgeblich beiträgt. Ich meine das nicht, weil es gerade populär ist, auf diesen Zug der Fridays for Future Bewegung zu springen, sondern weil mich seit Jahrzehnten die Zerstörung der Umwelt durch den Menschen ankotzt. Als die Grünen in den Achtzigern im Kommen waren, wählte ich darum Grün. Ich hatte die naive Hoffnung, dass die Hybris des Menschen auf diesem Planeten noch aufzuhalten sei. Man müsste doch nur den gesunden Menschenverstand aktivieren und dementsprechend politisch handeln. Damals mahnten die Experten und Wissenschaftler des Club of Rome vorm grenzenlosen Wachstum. Gehört wurden sie von den Mächtigen kaum bis gar nicht. Ihre Mahnungen wurden in den Wind geschossen.
Die Bloggerin Hoffende meinte also gestern in unserem kleinen Wortwechsel, dass der Klimawandel zwar nicht zu leugnen, aber keinesfalls menschengemacht sei. Allenfalls würde ihn der Mensch mit seinen Umtrieben beschleunigen. Ich halte solche Äußerungen für ignorant und gar gefährlich im Hinblick auf die zukünftigen Generationen, die saubere Luft atmen wollen, die die Naturschönheiten der Erde genießen wollen, und die keine menschengemachten Umweltkatastrophen brauchen…
Dass die Mächtigen in Wirtschaft und Politik gegenüber dem negativen Einfluss des Menschen auf das Ökosystem blind sind, kann ich nachvollziehen, denn sie hecheln der Macht und dem Kapital hinterher… Es stimmt mich jedoch traurig, dass auch Teile der einfachen Bevölkerung, wie auch immer geistig betäubt oder irregeführt, offensichtliche negative Entwicklungen durch den Menschen ignorieren – dazu gehört auch der Klimawandel. Natürlich ist es einfacher, die Verantwortung von sich zu schieben. Wir alle machen am Raubbau der Natur und den natürlichen Ressourcen munter mit. Trotzdem war mir schon immer eine schlechte Wahrheit lieber als eine Lüge, die mich beruhigt.
Ich hoffe, dass mir die Bloggerin Hoffende nicht ob meiner Kritik an ihrer Haltung böse ist. Mir geht es hier nicht um Rechthaberei. Wer hat schon gerne recht, wenn die Aussichten derart düster sind?
Meine Generation hatte das Glück, nach zwei grausamen, weltumspannenden Kriegen hinein in das Wirtschaftswunder Deutschland geboren worden zu sein und bis dato in Friedenszeiten und in einer Demokratie zu leben. Dafür bin ich dankbar… den mutigen Frauen und Männern, die immer wieder unter Einsatz ihres Lebens für die Gute Sache stritten. Und jede Generation ist von Neuem aufgerufen, für Gerechtigkeit, Menschlichkeit und auch für die Umwelt zu kämpfen. Ansonsten geht`s schneller den Bach runter, als wir gucken können.* Deswegen habe ich gar nichts gegen die Fridays for Future Bewegung, im Gegenteil. Ich wünsche mir sie noch viel lauter, sonst ereilt sie dasselbe Schicksal wie der grünen Bewegung in den Achtzigern. Die Grünen wurden alsbald vom politischen Scheißhaufen assimiliert, und darum wähle ich sie schon lange nicht mehr. Ehrlicherweise muss ich aber auch sagen, dass die Grünen im politischen Theater nicht die Schlimmsten sind.

Klimawandel hin oder her, menschengemacht oder nicht, – lasst uns das Leben feiern! – lasst uns noch mal rausgehen in dieses unfassbare Wunder, von dem wir umgeben sind, dessen Teil wir sind…, lasst uns staunen und innehalten.

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