Die Arschwischmaschine hat frei

Samstag, 28. Januar 2012

Kurzer Ausflug ins Ich


Immer wieder stolpere ich beim Nachdenken über das Phänomen des Bewusstseins. Dabei kriege ich das Gefühl nicht los, dass es unanständig ist, sich selbst gewahr zu werden: Als hätte man ein verbotenes Zimmer betreten. Ist erst mal die Tür aufgestoßen, kriegt man sie nicht mehr so leicht wieder zu. Was ist das für ein gruseliges Zimmer? Das bin doch nur ich, oder? Besonders weit gucken kann man darin nicht. Ich sehe auf meine Hände und meinen Körper, ich erkenne mich im Spiegel. Da sind meine Gedanken und Gefühle – diffuse geistige Erscheinungen, die an die Oberfläche drängen. Da sind Ängste und Sehnsüchte - und jede Menge Fragen, auf die niemand wirklich eine Antwort weiß. Aber ich kann nicht aufhören zu fragen …, und schon wieder habe ich das unbestimmte Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Macht es einen Sinn, nach etwas zu suchen, was der Verstand nicht begreifen kann? Ist das nicht gar dem eigentlichen natürlichen Lebensauftrag abträglich? Warum nicht einfach gedankenlos funktionieren, wie Gott oder die Natur es für uns vorgesehen haben? Wieso stießen wir Menschen diese verbotene Tür auf?!
Oder ist das Bewusstsein am Ende nur eine Schimäre? Also, wenn es ein Hirngespinst ist, dann ist es ein verflixt gutes. Ich finde den Weg nicht aus ihm heraus.
Oder steht unser Bewusstsein erst ganz am Anfang? Ich meine, dass wir uns in dieses geheimnisvolle Zimmer nur richtig hinein trauen müssen, statt auf der Schwelle zu verharren. Vielleicht gibt es einen Weg, diese Dunkelheit zu verstehen. Irgendwer sagt, dass dies gefährlich sei. Ja, ich weiß, und außerdem verboten. Aber wie soll ich das Dasein verstehen, wenn ich den Schritt nicht wage? Meine Lebenszeit läuft langsam ab. Die Tür wird sich eines Tages wieder schließen. Egal auf welcher Seite ich dann stehe, alles Fragen wird dann gegenstandslos sein.
Ich will mehr über das Ich erfahren, - mein Ich und das Ich überhaupt. Hat die Welt ein Ich? Hat Gott ein Ich? Ist das Ich ein Gefängnis? Ist es nur ein Trugbild? Reißt es mich in zwei Teile? Ist es des Menschen Fluch? Oder bedeutet das Ich die Spitze der Erkenntnisfähigkeit, wenn wir uns nur trauen? Oder ist es ein Labyrinth, in dem wir uns hoffnungslos verlaufen würden?
Ich weiß nicht, ob ich richtig liege, aber ich glaube, dass der Weg in eine menschlichere und friedlichere Welt nur über eine intensive und offene Auseinandersetzung mit dem Ich-Komplex führt. Wir müssen uns viel mehr unser selbst bewusst werden, anstatt im Materialismus zu baden.
Ich glaube an ein gemeinsames Ich der Menschen. Ich glaube an die empathische Verbundenheit aller Menschen und aller Kreaturen im Universum. Trotz aller individueller Unterschiede gibt es einen Raum, in dem wir zu einem ganzheitlichen Bewusstsein zusammenwachsen. Wir werden mit der Anlage geboren, den Schritt zu wagen … Die Tür steht offen.
Aber noch stehen wir unter Schock.







Kohle/Kreide, 500 x 700, 1994


(Inspiriert wurde ich zu dem Bild von zwei Papageien, die eine Zeit lang auf dem Minigolfplatz gehalten wurden. Ich ging da oft ein Bier trinken, nachdem ich im benachbarten Waldschwimmbad schwimmen gewesen war. Und an lauen Sommerabenden saß ich mit meiner damaligen Freundin dort in feucht-fröhlicher Runde. Die Papageienkäfige standen nicht weit von unseren Plätzen.)

Dienstag, 17. Januar 2012

Neckarspaziergang


Den Sonnenschein genutzt



und einen Spaziergang am Neckarufer unternommen









Donnerstag, 12. Januar 2012

Unterwassertraum


Ich fuhr mit dem Fahrrad auf dem Grund des Sees spazieren, und ich konnte sogar vorsichtig unter Wasser atmen. Ich tauchte aber auch ohne Fahrrad. Es waren einige Menschen unter Wasser. Ich begegnete einer Frau – nixenhaft. Wir küssten uns, ohne dass wir uns kannten. Sie hatte ein Liebeslied geschrieben, und wir sangen es noch unter Wasser. Das Lied hatte eine wunderschöne, melancholische Melodie. Es passte gut in die Stille.

Freitag, 6. Januar 2012

Der Nasenhaartrimmer


Wenn ich im Supermarkt einkaufe – ein Edeka liegt auf dem Weg zum Kaffeehaus – schaue ich immer mal über das dort angebotene Tschibo-Warensortiment. Das ein oder andere nützliche ist dabei. Einiges ist auch Ramsch. Das letzte Mal griff ich wieder zu: einen Ohr- und Nasenhaartrimmer. Genau gesagt mein erster Ohr- und Nasenhaartrimmer! Bisher schnitt ich mir die langen Nasenhaare mit der Nagelschere oder rupfte sie aus. In den Ohren wachsen mir (noch) keine Haare. Das Teil liegt gut in der Hand und funktioniert mit einer Batterie. Erinnert von Form, Größe und Geräusch an einen kleinen Vibrator. Ich hatte ihn auch schon in Gebrauch, und muss wirklich sagen, dass er tatsächlich das Entfernen der Nasenhaare erleichtert. Bisher tat`s auch nicht weh. Es bitzelt ein klein wenig. Ich gehe damit nicht tiefer ins Nasenloch. Ich entferne nur diese Fusel, die früher oder später sichtbar werden. Angeblich wachsen Nasen und Ohren im Alter weiter, und wahrscheinlich auch die Behaarung in diesen Objekten. Es ist schon komisch mit den Haaren: auf dem Kopf gehen sie aus, während sie an anderen Stellen neu zu wachsen scheinen.
Außerdem rasiere ich ab und zu die Fußrücken und Achselhaare. Das Gesicht sowieso täglich. Ich weiß, manche Frauen stehen auf Dreitagebärte, aber ich nicht – jedenfalls nicht bei mir. Keine Ahnung warum. Unrasiert gehe ich selten aus dem Haus.
Nun mal sehen, wie sich der Ohr- und Nasenhaartrimmer bewährt. Schon komisch, dass ich mir erst jetzt einen zulegte. Wahrscheinlich dachte ich, dass ich so was gar nicht brauche. Ich möchte meinen Nasenhaaren auch nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Alles hat seine Grenzen.
Mit was man sich nicht alles beschäftigt. Aber irgendwie finde ich das Teil faszinierend. Es liegt, wie gesagt, gut in der Hand … und surrt so schön beruhigend ...

Donnerstag, 5. Januar 2012

Aufrappeln, weitermachen


Es gibt Tage, da genügt ein Stolperer, um mich total aus dem Konzept zu bringen. Diese Dünnwandigkeit besitze ich vor allem an den ersten ein-zwei Tagen nach den Nachtdiensten. Und ich spüre meinen labilen Zustand erst, wenn es zu spät ist, und ich auf der Nase liege. Ich sollte mich besser kennen.
Hinzu kommt, dass ich mich im Altenheim ansteckte – die Erkältung aber nicht richtig ausbricht.

Mein Gott, ist das heute ein Siff-Tag! Es hört gar nicht auf zu regnen.

Gestern war ich in Heidelberg. Aber ich kriegte nicht richtig die Kurve – ich war lustlos unterwegs.

Es donnert! Ein Wintergewitter!

Ich saß also ein Weilchen in der Destille und bloggte per Smartphone, weil es sonst nichts zu tun gab. Nicht mal zum Lesen hatte ich Lust.

Die Straße ist weiß von feinen Hagelkörnchen. Das Gewitter dauerte nur kurz. Aber es ist nach wie vor düster draußen. Die Autos fahren mit Licht.

Jedenfalls regte ich mich gestern über eine Bloggerin auf, die mir Frauenverachtung unterstellte. Eigentlich dachte ich von dieser Bloggerin, dass sie mich besser kennen müsste. Vielleicht hätte ich mich an einem anderen Tag gar nicht so sehr darüber ereifert, aber wie gesagt, es gibt Tage, da liegen die Nerven irgendwie blank, ohne dass einem das richtig bewusst ist. Ein blöder Spruch genügt, und ein Wutschwall bricht aus einem heraus. Noch in der Destille verfasste ich ein kurzes Pamphlet, um meinen Ärger auszudrücken:


Mich kotzen Frauen an, die man ewig hofieren muss, die nicht genügend Courage haben, auf einen Mann, der sie interessiert, zuzugehen. Was bilden sich diese Damen eigentlich ein? Bloß weil sie Titten haben, sind sie doch nichts besonderes. Dasselbe gilt für die männlichen Halbaffen, die mit der Brieftasche winken, oder mit ihren PS-Monstern vorfahren. Ätzend! Eine Beleidigung für die Kultur der Aufklärung, Intelligenz und Gleichberechtigung! Die Steinzeit lässt grüßen.
Okay, wenn eine Frau wirklich schüchtern ist, verstehe ich Scheu und Zurückhaltung. Und auch bei alleinerziehenden Müttern kann ich eine gewisse Vorsicht bei der Partnersuche nachvollziehen. Da spielen dann aus verständlichen Gründen materialistische Überlegungen eine maßgebliche Rolle.
Ich mag's aber auf den Tod nicht leiden, wenn Frauen mit gespaltener Zunge reden, oder sich wie Politiker verhalten, denen man die Eingeständnisse stückchenweise abringen muss. Fast alle Politiker verhalten sich derart weibisch und zeigen erst wieder Flagge, wenn sie im Ruhestand sind.
Ich will nicht behaupten, dass ich dahingehend ohne Fehl und Tadel bin. Ausserdem gibt's eine ganze Latte von Frauen, die ihren Mann stehen - egal in welcher Sparte.
Ich frage mich, wie man auf die Idee kommt, ich wäre frauenverachtend ... Ausgerechnet ich! Nein, das ist mal keine selbstironische Spitze. Ich fühle mich durch solcherlei Aussagen ernsthaft beleidigt!
Denn ich liebe die Frauen! Sie sind neben der Kunst und der Philosophiererei meine größte Leidenschaft. Ich würde sogar sagen, dass es nichts auf der Erde und im gesamten Universum gibt, was mich derart leiden ließ wie das weibliche Geschlecht.
Nein, ich befinde mich noch nicht im Ruhestand, was Frauen angeht. Trotzdem sage ich - auf die Gefahr hin, dass ich meine Chancen bei den Frauen erheblich dezimiere - unverdrossen meine Meinung. Fuck it!
Vielleicht steigt irgendwann mal ein Weibsbild vom Himmel herab, das es ehrlich mit mir meint. Und dann ... und dann ... und dann ...
will ich nur noch diese eine lieben.



Heute musste ich beim Lesen der Zeilen schmunzeln. Besonders über die letzten zwei Absätze. Ich kenne mich doch ein wenig. Hätte ich nichts, worüber ich mich ab und zu echauffieren kann, wäre ich nur noch ein halber Mensch. Wichtig ist nur, dass ich meine Gelassenheit wiederfinde.
Dass ich frauenverachtend sein soll, ist aber wirklich Blödsinn. Keine Ahnung, was sich die Bloggerin dabei dachte. Egal.
Heute ist heute und gestern ist gestern. Inzwischen wurde es draußen wieder halbwegs Tag. Ich vermisse das Licht im Winter. Wenn ich dann noch Nachtdienst habe, erlebe ich manchmal kaum das Tageslicht. Man glaubt nicht, wie sehr einen das belasten kann ...

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Ein bitter-süßes Arrangement


Manche Menschen können einen nicht mehr enttäuschen, weil man gar nichts anderes von ihnen erwartet. Das ist zwar (irgendwie) traurig, aber auf der anderen Seite schont es die Nerven. Ich ärgere mich vielleicht zwei- oder dreimal wegen derselben dämlichen Sache, aber danach greift eine Art Abstumpfung.
Es geht uns nicht nur mit Menschen so. Auch gegenüber z.B. Katastrophenmeldungen stumpft man ab. Nein halt! Mehr noch als auf die Wiederholung kommt`s auf die Distanz zum Geschehen an. Über Weihnachten kann ich mich jedes Jahr erneut aufregen, weil ich es nicht ganz für mich ausblenden kann. Wäre Weihnachten ein doofes Fest, was nur in China gefeiert würde, wäre es mir piep-egal. Also, ich ärgere mich leichter über einen Arbeitskollegen als über eine bescheuerte Foren-Administratorin, die weit weg wohnt – und sowieso nicht, wenn ich nichts anderes mehr von ihr erwarte, - wie anfangs erwähnt. Leider wird man, was negative menschliche Eigenschaften angeht, seltenst positiv überrascht. Ich müsste mir einen Strick nehmen, wohnten alle Menschen, die mich im Laufe meines Lebens ankotzten, in meiner Straße. Ich meine die richtig ätzenden Zeitgenossen, bei deren Anblick ich bereits Magengrummeln kriege. Umgekehrt wird es wohl auch einigen gehen, wenn sie mich sehen.
Am liebsten sind mir die vielen Menschen, die ich nicht kenne. Von denen darf ich noch das Beste denken. Obwohl es Figuren gibt, deren bloßer Anblick mich schaudern lässt. Das muss aber nichts heißen. Ich kenne Menschen, auf die ich anfangs große Stücke gab, und die sich peu à peu als die größten Arschlöcher entpuppten – bedauerlicherweise! Man will es lange nicht wahrhaben, weil man vom Anfangseindruck geprägt ist, aber eines Tages ist man doch fertig damit. Gut so! Man kann sich dann nur noch über sich selbst ärgern, dass man so lange brauchte, um die betreffende Person endgültig ad acta zu legen, - bzw. dass man sich täuschen ließ.
Fast alle glauben wir, dass wir eine halbwegs gute Menschenkenntnis besitzen. Doch Pustekuchen! Wir sehen eben nur das, was wir sehen wollen. Für mich habe ich festgestellt, dass die Auswahl an Zeitgenossen, die ich dauerhaft einigermaßen angenehm finden könnte, relativ gering ausfällt. Wenn ich nicht vereinsamen will, muss ich dahingehend Kompromisse eingehen. Nur dummerweise kann ich nicht abschätzen, ob sich die Kompromisse dauerhaft in der Praxis durchhalten lassen.
Fazit: Alles wird bleiben, wie es ist. Wir kommen um menschliche Enttäuschungen nicht drumherum. Die Kunst ist es, sich mit (für einen) negativen Erscheinungen zu arrangieren. Ganz wurscht, ob Mensch, Sache oder Tradition. Wobei dieses Arrangement nicht Kritiklosigkeit bedeutet. Zur Seelenhygiene braucht es auch, dass man ab und zu ganz deftig Farbe bekennt, seine Meinung sagt! Wir sollten jedoch danach wieder gelassen zur Tagesordnung übergehen, und den Mist Mist sein lassen. Anders hätte ich z.B. die Arbeit in der Altenpflege über so viele Jahre hinweg nicht durchgehalten. Ich gebe zu, ein wenig Abstumpfung ist auch dabei …,was nicht Gleichgültigkeit bedeutet! Keine einfache Sache – dieses Arrangement, wie ich es meine. Dabei ehrlich bleiben, sich nicht verbiegen lassen. Sisyphus lässt grüßen.
Perfekt ist es nicht. Perfekt bin ich nicht. Es tut mir leid, dass ich für einige Mitmenschen eine Enttäuschung oder ein Ärgernis darstelle. Böswilligkeit und Gemeinheit versuche ich aus meinem Handeln weitgehendst zu eliminieren. Manchmal fehlt es mir an diplomatischem Geschick, und manchmal gehen auch die Nerven mit mir durch. Man möge es mir bitte nachsehen.

Sonntag, 25. Dezember 2011

Der schmale Grat


Phantome zahlloser Toten,
Unsichtbar andern, seid mir Begleiter fortan,
Folgt mir für immer, - verlaßt mich nicht, solange ich lebe.

(Walt Whitman, 1865)


Da man das Fernsehprogramm an Heiligabend getrost knicken kann, legte ich eine DVD ein. "Der schmale Grat" - darin geht es um die Eroberung einer Scheiß Pazifikinsel im 2. Weltkrieg durch die Amis. „Der schmale Grat“ bleibt in meinen Augen der beste Anti-Kriegsfilm – besser als „Der Soldat James Ryan“, besser als „Apokalypse Now“, besser als „Die durch die Hölle gehen“ und besser als „Full Metal Jacket“ … und jedenfalls der poetischste von allen. Laufzeit 164 Minuten und keine leichte Kost – was sich bei einem solchen Film von selbst versteht. Bereits nach wenigen Minuten war ich völlig ergriffen. Was besseres hätte ich an diesem verfickten Heiligabend nicht machen können! Und dazu Dominikaner Pils. Mir liefen die Tränen in Bächen über die Wangen. Es hatte was Reinigendes. Manche Filme scheinen wie auf mich zugeschnitten. „Der schmale Grat“ gehört dazu. Für meine Ex und meine Ex-Ex wäre er freilich nichts gewesen. Die mochten derart aufwühlende und tiefschürfende Filmkost nicht. Geschmäcker sind eben verschieden. Sie hatten außerdem nicht viel Sinn für meine Gedichteschreiberei, und also belästigte ich sie damit nicht weiter. Was sie wohl über mich dachten? Wahrscheinlich gar nichts. Jedenfalls mochten sie lieber Komödien – gegen die ich auch nichts habe, wenn sie nicht zu blöd ausfallen. Ich brauche keine 100% ige Übereinstimmung der Interessen, wenn ich eine Frau liebe. Man muss halt einigermaßen tolerant und offen gegenüber dem anderen sein. Es werden sich doch noch ein paar andere Schnittmengen als den Sex ergeben … So jedenfalls die Hoffnung bei Beginn der Beziehung. Die Euphorie überspielte mögliche Bedenken. Zwischendurch beruhigte ich mich, indem ich mir sagte, dass Gegensätze doch eine Beziehung interessant und abwechslungsreich machen können. Man lernt fremde Interessengebiete kennen, macht Sachen, die man sonst nicht unbedingt gemacht hätte, usw.
Die Praxis sah dann aber so aus, dass ich mir Filme wie „Der schmale Grat“ besser alleine anschaute, weil meine Partnerinnen weder Geduld noch Sinn dafür aufbrachten. Und im Gegenzuge distanzierte ich mich Stück für Stück von ihnen, ohne dass es mir richtig bewusst war. Bis die Leere zwischen uns immer greifbarer wurde: Wo war die Liebe geblieben? War sie nur noch Konstrukt? Machten wir uns die ganze Zeit was vor?
Meine letzte Partnerin stürzte sich in die Arbeit. Sie sagte mir indirekt: Ich liebe meine Arbeit mehr als dich. Und direkt formulierte sie es: „Ich will dich nicht ständig enttäuschen, also machen wir besser Schluss.“

Die Liebe ist ein schmaler Grat. Anfangs haben wir genug Schwung, um die Richtung zu halten, aber wenn wir nach einer Weile langsamer werden, zur Besinnung kommen, beginnen wir zu torkeln ... Ein Stupser genügt, und wir stürzen nach einer Seite ab.

Samstag, 24. Dezember 2011

Noch bitterer als der Tod ist die Frau - oder ein hundsnormaler Heiligabend


Als ich kurz vor Zwei in die Stadt radelte, war es dort "tot wie Oma“. Alle Supermärkte hatten bereits geschlossen, und das Kaffeehaus würde auch gleich zumachen – nämlich schon 14 Uhr. Also musste ich auf den Deutschen Hof ausweichen, der immerhin bis 16 Uhr geöffnet hatte. Während ich dort ein paar Export runter schüttete, kam ich auf die glorreiche Idee, dass ja auf alle Fälle noch die Tanke offen hat. Des Deutschen Lieblingskind darf auch am Heiligabend nicht ohne Sprit bleiben! Uff! So kann`s gehen, dass ich, wenn`s hart auf hart kommt, auf das Feindesland angewiesen bin – ich meine damit den Scheiß Auto-Virus. Der ist sogar noch hartnäckiger als der Weihnachts-Virus. Sollten die beiden irgendwann gegeneinander antreten, würde … der Auto-Virus gewinnen. Oder meint Ihr nicht?
Im Deutschen Hof spielten ein paar Eingeborene Darts. Ich fand bequem einen Platz an der Bar. Es ging mir nur darum, etwas Zeit totzuschlagen, damit ich nicht zu früh wieder zuhause war.
Vor ein paar Tagen hatte ich mir einen Spruch notiert: „Noch bitterer als der Tod ist die Frau“. Keine Ahnung, wo ich den aufschnappte. Wahrscheinlich aus irgendeiner TV-Doku. Ich glaube, er steht in der Bibel. Was nicht alles in der Bibel steht. Der Spruch läuft mir jedenfalls runter wie Öl. Derzeit. Nicht, dass man mich missversteht – denn ich liebe die Frauen! Sogar viel zu sehr …
Kurz vor Zappenduster verließ ich also den Deutschen Hof und fuhr mit dem Rad zur Tanke einkaufen. Ich besorgte mir ein paar Dosen Bier (Dominikaner Pils ist das billigste), eine Flasche roten Landwein und zwei Brötchen – ja, und nicht zu vergessen eine 15 Euro iTunes Karte. Ich dachte, es wäre keine schlechte Idee, wenn ich zuhause was zu tun hätte, indem ich ein paar Songs aus dem Internet runter laden würde.
Das machte ich dann auch: Einige Songs der alten Deep Purple, Led Zeppelin und Manfred Man`s Earthband … Wer die nicht kennt, sollte sich `ne Kugel ins Knie schießen. Warum? Nein, ich gehe jetzt nicht drauf ein. Ich bin gerade am Musikhören.

Geht vorbei


Gestern Abend traf ich im Petit Paris zufällig auf Moses, ein Äthiopier, der im tiefsten Odenwald aufwuchs. Wir hatten uns bestimmt was-weiß-ich-wie-viele-Jahre nicht gesehen. Ich wusste so gut wie gar nichts mehr von ihm. Er wusste noch etwas von mir. Jedenfalls hörte es sich so an. Natürlich erkannte ich ihn gleich, denn er sah aus wie damals mit seinen Rastalocken und der Brille auf der Nase, schlank, feingliedrige Hände. Eine Erscheinung, die auffällt. Eigentlich heißt er Tom, aber alle nennen ihn bei seinem Künstlernamen Moses. Er ist Musiker. Er fragte, wie`s mir geht, und ich sagte, dass es besser sein könnte. Als er nachhakte, meinte ich nur lapidar: „Weihnachten“. Er klopfte mir auf die Schulter und sagte: „Geht vorbei.“ „Ja“, nickte ich. So kamen wir ins Gespräch, und ich erfuhr, dass er mit Frau und Kindern Geschenke einkaufen war. Inzwischen hatte er vier Kinder in allen Altersstufen bis beinahe erwachsen. Jedenfalls war er von dem ganzen Weihnachtsrummel auch ziemlich angeätzt. Seine Frau hatte sich wegen der Geschenke mit ihm gestritten, und er spülte seinen Ärger mit ein paar Pils hinunter. Wir redeten noch über dies und das: über die Liebe und die Kunst, über Kinder und Familie. Als er ging, war es zu spät für meinen Bus, und so stieg ich für den Rückweg in ein Taxi. Man gönnt sich ja sonst nichts.
In Heidelberg hatte ich ein altes New Yorker Autonummernschild erstanden. Ein Spontankauf. Ich werde es mir an die Eingangstür hängen. Vielleicht ein Zeichen(?) Wie auch immer - ich finde es gut. Und heute morgen klingelte der Postmann: ein Päckchen mit der „Bikerbörse“, die ich vorgestern bestellt hatte. Ein robustes Teil, das ich mit einem Karabinerhaken an der Gürtelschlaufe festmachen kann. Somit sind Geld und Kreditkarten angekettet. Ganz nützlich, wie ich finde. Auch wenn es schon sehr lange her ist, dass ich meine Geldbörse verlor oder geklaut bekam. Aber man weiß ja nie. Gerade jetzt an Weihnachten, wo ich doppelt gefrustet bin, weil mir die Freundin abhanden kam.
Nach meinem gestrigen Ausflug nach Heidelberg werde ich heute Abend wohl zuhause bleiben. Heiligabend – scheiß drauf! Allerdings werde ich gleich noch einkaufen, bevor die Geschäfte schließen. Ich muss mich für alle Fälle ausreichend mit Getränken eindecken. Die sollten wenigstens für heute und morgen reichen. Und nach dem Einkauf kann ich mir im Kaffeehaus einen reinlaufen lassen, bis sie zumachen. Die meisten Kneipen schließen 16 Uhr. Jetzt ist schon fast Mittag. Ich sollte mich nicht zu spät auf die Socken machen. Also dann. Moses hat recht: „Geht vorbei“.

Sonntag, 18. Dezember 2011

Der erste Schnee


Der erste Schnee! Das heißt, es schneit. Große schwere Flocken fallen vom Himmel in die Sonntagvormittagsstille. Sieht noch etwas armselig aus, und liegen bleibt es vorerst nicht. Aber das Naturphänomen berührt mich jedes Jahr von neuem. Mal davon abgesehen, dass es wunderbar zu meiner leicht melancholischen Stimmung passt. Ich habe schöne Kindheitserinnerungen an verschneite Wintertage. Wenn der Vater uns morgens weckte und sagte, dass es in der Nacht geschneit hatte, sprang ich aufgeregt aus dem Bett, drückte meine Nase an die Scheibe der Balkontür und blinzelte hinaus in die Dunkelheit. Und waren die Dächer weiß, konnte ich`s kaum abwarten, hinauszukommen. Es war selten, dass ich mich derart auf den Schulweg freute.
Von weißer Pracht ist heute am vierten Advent leider noch nichts zu sehen. Das einzige Weiß am Boden sind die Früchte vom Knallerbsenstrauch vor meinem Fenster und die Wohnwagen auf dem Campingplatz gegenüber. Jetzt hörte es ganz auf – aber der Himmel hat noch was in petto.
Auch erinnere ich mich an schöne Schneewanderungen in Zeiten der Verliebtheit. Wenn wir uns aneinander schmiegten, sich der Hauch unseres Atems traf, die kalten roten Nasen sich liebevoll rieben, warme Küsse und neckische Spiele im Schnee. Die Liebe im Winter ist was besonderes. Wenn man sie hat. Wie der Schnee oft schnell wieder schmilzt und zu hässlichen Haufen am Straßenrand verkümmert, verschwindet auch die Verliebtheit nach einiger Zeit und hinterlässt einen miesen Nachgeschmack. Ich weiß, der Vergleich hinkt etwas, aber er gefällt mir. Es soll Menschen geben, die ein Leben lang ineinander verliebt sind. Und ebenso gibt es Regionen ewigen Schnees auf der Erde. Zum Beispiel am Südpol. Ob eine Liebe am Südpol dauerhafter wäre?
Blödsinn. Jedenfalls konstatiere ich für mich, dass ein Winter ohne Schnee trostlos wäre, und ein Leben ohne Liebe wäre ebenso trostlos. Und meist, jedenfalls in unserer Region, verhält es sich damit so, dass es schneit, taut, wieder schneit und wieder taut etc. Damit muss man leben.

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