Die Arschwischmaschine hat frei
Guten Morgen. Ist man erst tot, wenn man bereits gelebt hat, oder auch schon, bevor man lebte? Ich bin total verschnupft. Der Schnupfen wirbelt alles durcheinander in meinem Kopf. Kürzlich erhielt Herr Wulff, seines Zeichens Ex-Bundespräsident, seinen Zapfenstreich. Es erinnerte mich irgendwie an eine Erschießung. Irgendwas wurde dabei erschossen. Nein, nicht Herr Wulff. Ich glaube, es war die Ehre. Wobei wir bei den knapp zweihunderttausend Euro Ehrensold wären, die Herr Wulff natürlich nicht ablehnt. Damit ließen sich jährlich einige Pflegekräfte finanzieren … Das nur mal am Rande. Ich will mich nicht aufregen. Nicht wegen der paar Kröten, oder? Soll er sie doch fressen. Also, wie sieht`s nun aus: Was ist mit der Zeit vor der Zeugung – war man da nun tot, oder war man da einfach nicht existent? Und was ist dann der Unterschied zwischen tot sein und nicht existent? Neulich im Altenheim erzählte mir eine Neunzigjährige, als ich sie zu Bett brachte, von ihren ersten Erlebnissen mit Männern. Wir lachten uns zusammen halb tot – die Greisin und ich. Tja, rückblickend gibt`s schon eine Menge zu lachen, wenn man Humor hat. Da braucht man nicht unbedingt Cannabis. Obwohl. Auch egal. Der Schnupfen kommt heute gut. Muss ich ehrlich sagen.
Wenn ich verliebt bin, habe ich oft Schnupfen. Komisch. Jedenfalls auffällig. Vielleicht schwächt die Verliebtheit meine Abwehrkräfte. Natürlich gilt nicht notwendigerweise der Umkehrschluss. Alles klar? Also, ich glaube, dass ich keine Angst vorm Tod haben muss, da ich ja schon tot war. Dummerweise kann ich mich nicht mehr genau an diese Zeit erinnern. Aber wenn`s sehr schlimm gewesen wäre, dann wüsste ich das doch. Das beruhigt mich. Nicht total. Es bleibt eine Rest-Angst. Und vor allem habe ich keine Lust zu sterben, wenn das Leben derart lustig sein kann!
Hebt die Tassen, Leute! Auf den ausgeschiedenen Bundespräsidenten Wulff und auf die nächste politische Posse in diesem Land! Und auf meinen Schnupfen!
Wladimir schlägt den Franzosen in der vierten Runde k.o.. Im TV räumt das A-Team unter den Bösen auf. Das Leben könnte so leicht sein. Die Helden gewinnen. Happyends sind vorprogrammiert. Wir spielen unsere Rollen. Selbst die Bösen sind nur gespielt.
Leichte Unterhaltung Sonntagmittags. Das Kind in mir träumt von Abenteuern, von zu erstürmenden Ritterburgen und Seeschlachten, von Cowboys und Indianern …, wobei abwechselnd mal die Indianer und mal die Cowboys die Bösen sind. Sowieso gibt es nur einen Helden, der alle umhaut. Wir identifizieren uns mit Charles Bronson, John Wayne oder Burt Lancaster …, und wie sie heute alle heißen.
Der Franzose hat gegen Wladimir nicht den Hauch einer Chance. Das Publikum mag lieber einen harten Fight, in dem sich der Favorit richtig beweisen muss. Die Dramaturgie darf nicht zu simpel sein. Nichtsdestotrotz wird der Sieg groß gefeiert. Schließlich geht es um die Weltmeisterschaft.
Ein schwerkranker Junge sitzt auf den breiten Schultern des Champions und hält voller Stolz dessen Weltmeisterschaftsgürtel. Ein Traum geht in Erfüllung. Was ist PR, was ist echt? Die Realität ist fraktal – sie hat keine reine Dimension. Alles fließt ineinander. Ich schlafe bald darauf in meinen Kissen ein.
Noch immer jagt das A-Team die Bösen auf RTL II. Seriennostalgie. Es wiederholt sich alles. Der Fernseher läuft nebenbei. Wozu umschalten? Irgendwie passt das in den Sonntag. So wie Schweinebraten. Oder wie ein Festtagsumzug, z.B. der Mathaisemarktumzug heute. Oder wie das Kaffeekränzchen mit den Großeltern. Alles ist auf eine merkwürdige Weise gar nicht wahr.
Immer wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her
Ach, ist das schön! Die Sonne scheint, Joachim Gauck wird der nächste Bundespräsident, und ich träume von … einer Reise.
Die Welt ist schön. Die Welt ist verrückt. Die Welt ist grausam. Die Welt ist ein Mysterium. Wie alles kommt, wie es sich fügt, wie der Himmel auf einmal aufreißt, und die Bienen summen …
Alles ist ungeheuer fragil: wie es sich zum Guten wendet, kann es auch – plötzlich - in die Binsen gehen.
„Dem Mutigen gehört die Welt!“ Da ist was dran. Nur wer sich selbst wieder aufrafft, ist für das Wunder des Lebens empfänglich.
Der Frühling gibt heute ein Gastspiel – als hätte eine obere Instanz meine Gebete erhört.
Wer weiß, wohin das Herz springt. Das Herz ist ein scheues Reh. Und ich renne ihm wie verrückt hinterher, bis ich ganz außer Atem bin. Heute, wo die Sonne scheint ...
Bleistiftzeichnung, DIN A 4, 1979
Heute:
Ich bin müde. Ich bin erschöpft. Die Batterien sind leer. Stumpfheit, Verwirrung, Traurigkeit. Der Winter zieht sich. Wäre da wenigstens etwas Wärme von außen. Ich warte auf Impulse, die in mir Lebensgeister wachrufen. Ich höre Vogelgezwitscher und träume vom Frühling, der mich in seine Arme nimmt, mit dem ich auf Reisen gehe.
Ich bin k.o.. Ich bin ausgelaugt. Die Gedanken fliegen davon – in alle Richtungen. Der einzige Halt ist die eigene Schwere. Gefesselt in Apathie. Die Hoffnung ist grau. Das Tageslicht farblos. Meine Hände gefaltet im Schoß, die Arme schwer und kraftlos, - bete ich für ein Wunder. Ich, der Ungläubige, was weiß ich schon von Gott, von all diesen Mächten, die sich der Ratio entziehen(?)
„Liebe“, ich flüstere dieses Wort, ein zweites, drittes Mal, „Liebe“, „Liebe“.
Ich weiß nichts. Ich glaube nichts. Die Bedeutungen brachen auf und ergossen sich in den endlosen Raum.
Eine braun-weiß gescheckte Katze springt auf das Fenstersims, schaut mich kurz an und huscht scheu zurück ins Gestrüpp. Ich kann hinunter auf die Straße sehen. Im Sommer ist die Sicht verdeckt vom Blätterwald. Ein riesiger alter Baum, umrankt von Efeu, seine nackten Äste moosbedeckt, zieht immer wieder meine Blicke an. Ich blinzele durch seine kahle Krone in den Himmel – ein dünnes Grau inzwischen wie ein Vorhang mit dunklen Flecken.
„Das Leben riecht.“ Ich denke über diesen Satz nach. Was rieche ich denn? Ich bin verschnupft. Aber es stimmt schon: man kann das Leben riechen. Es ist mehr ein Riechen über dem Riechen wie ein Sehen des Sehens. Oder wie das überraschende Auftauchen des eigenen Spiegelbilds in einem Schaufenster, so dass man fast zurückschreckt. Oder wie wenn man sich in den Augen eines anderen verliert und aufwacht und sich wundert und lächeln muss und eigentlich gar nicht weiß, warum man lächelt, und nur spürt, dass jemand Brennholz auflegte, und man sitzt allein in einem Tag, hört den Minuten zu, fühlt sich aber nicht (ganz) allein, und einem ist warm ums Herz.
Gestern war ich auf einer Erste Hilfe Fortbildung. Alle zwei Jahre müssen wir die wiederholen. Ich reanimierte in den 20 Jahren als Altenpfleger noch nie
einen Menschen und hoffe, dass ich es nie machen muss. Auch der Tod riecht. Ein Blick reicht, und ich sehe, dass alles Leben aus einem Menschen gewichen ist. (Natürlich überprüfe ich es sicherheitshalber, indem ich Atmung und Puls kontrolliere.) Juristisch gesehen müsste ich ihn solange wiederbeleben, bis er offensichtliche Todesmerkmale aufweist wie Leichenflecke oder Leichenstarre.
Wir übten noch mal die ganzen Handgriffe: stabile Seitenlage, Herzmassage, Beatmung …
Wir lachten viel. Es war eine nette Runde. Der Kursleiter war cool. Er betete sein Programm herunter, - aber nicht langweilig. Auch er war verschnupft, und deshalb machte er eine Stunde früher Schluss, was von allen begrüßt wurde. Einige hatten bereits einen anstrengenden Frühdienst hinter sich.
Das Leben riecht. Es riecht wunderbar. Und ich rieche es, obwohl ich verschnupft bin. Und dafür bin ich dankbar heute.
Blick von der Neckarbrücke
Er setzte sich neben mich an die Bar im Café Petit Paris. Es waren außer uns nur wenige Gäste zugegen. Er unterhielt sich mit der Bedienung, und als ich eine Bemerkung machte, wandte er sich mir zu. Er hatte einen französischen Akzent, sprach aber einwandfrei deutsch. Wie ich im Laufe des Abends erfuhr, war er Franzose, hatte Deutsch studiert und arbeitete als Dolmetscher. Erst redeten wir über Mietverhältnisse und die Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden. Die Bedienung suchte gerade für sich und seine Familie eine Wohnung in Heidelberg. Der Franzose mochte um die Fünfzig sein, glattrasiert, schick gekleidet, die Haare zurück gekämmt und zu einem Mini-Dutt geknotet. Das sah lustig aus und verlieh ihm den Flair eines Künstlers. Ich weiß nicht mehr, wie wir das Thema wechselten. Irgendwann sprach ich jedenfalls die Unruhen in den Banlieues französischer Großstädte an, woraufhin mir der Franzose die gesamte französische Kolonialgeschichte herunter betete, - vor allem die von Algerien, um mir das Verhältnis der Franzosen zu den eingebürgerten Nordafrikanern zu erklären. Es war ein bisschen viel Info auf einmal für mich, aber ich hörte interessiert zu und versuchte zwischendurch immer mal wieder einen Bezug zur Gegenwart zu finden. Der Franzose war gebildet – wahrscheinlich hatte er auch Geschichte studiert. Als dieses Thema abgehandelt war, erzählte er mir von seiner Scheidung und dem neuen Glück, das er gefunden hatte. Er zog ein Foto seiner neuen Liebe aus der Tasche und zeigte es mir. Ich sah eine sehr hübsche Frau mit intelligenten Gesichtszügen und verstand sein Glück. So hatten wir fast zwei Stunden verplaudert. Währenddessen hatte der Franzose ein Bananenweizen getrunken. Ich trank wie immer dunkles Hefeweizen. Keine Ahnung, wie oft ich nachbestellte. Ich wollte ihn zum Abschied noch nach seinem Namen fragen, doch dann ließ ich es. Wir reichten uns die Hand und bekundeten unsere gegenseitige Hochachtung. Die meisten Deutschen seien, sagte er, politisch ziemlich uninteressiert, und deswegen fand er es erfreulich, auf einen Menschen wie mich gestoßen zu sein. Dieses Lob schwächte ich natürlich gleich ab, indem ich meinte, dass meine politische Bildung gemessen an seiner ziemlich bescheiden ausfiele. Beinahe eröffneten wir noch einen Diskurs über Bildung und Intelligenz.
Ich blieb alleine zurück an der Bar und bezahlte gleich darauf. Die letzten Einkäufer eilten durch die dunkle Fußgängerzone. Es war kurz vor Acht. Bei Mc Donalds holte ich zwei Cheeseburger zum Mitnehmen und hastete zum Taxistand. Es war scheiß kalt. Der Taxifahrer freute sich über die Fahrt. Ich schätze, er war einer dieser Akademiker, bereits in die Jahre gekommen, der keine Anstellung auf seinem Fachgebiet gefunden hatte. Wir kamen leicht ins Gespräch.
Klaus fährt mich. Das ist sehr anständig von ihm. Allerdings ist er bedrückt, als wir uns treffen. Er wurde schriftlich abgemahnt. Gleich doppelt. Er redet von nichts anderem. In vierzig Berufsjahren passierte ihm so was noch nicht. „Wenn es ganz schlimm kommt, muss ich eben in Vorruhestand gehen“. Eigentlich wollte er die paar Jahre bis zum seinem 65sten noch arbeiten, damit er die volle Rente kassieren kann. Ich weiß immer noch nicht genau, was er arbeitet. Er fängt mitten in der Nacht auf dem Großmarkt an und hat dort mit Früchten zu tun. Vor einem halben Jahr wurde die Firma von einer anderen übernommen, und seitdem hat er Schwierigkeiten. Wahrscheinlich will man ihn raus drängen. Er ist aber auch ein Dickkopf und ziemlich rechthaberisch. Die Abmahnungen sind ein Dämpfer für ihn. Verständlich. Ich weiß, wie ich mich damals nach der Abmahnung fühlte.
Die Sonne scheint. Es ist ein sehr kalter Wintertag. Ich blinzle müde in die Helligkeit. Nach der Nachtwache schlief ich kaum drei Stunden. Mein Vater wird Achtzig, und Klaus fährt mich. Mit den Nahverkehrsmitteln wäre ich sonst über zwei Stunden unterwegs. Es ist Mittag, als wir meine Heimatstadt erreichen.
Die Eltern freuen sich wie die Schneekönige über meinen Besuch. Wir sitzen zwei Stunden im Wohnzimmer zusammen, trinken Kaffee und reden. Das Hauptthema ist die Alzheimerdemenz des Vaters. Er verliert sein Kurzzeitgedächtnis. Von meinem letzten Besuch weiß er nichts mehr. Er spricht mich ständig mit dem Vornamen meines Bruders an. Er erzählt viel aus der Vergangenheit. Er sagt selbst, dass er sehr vergesslich ist. Aber die Vergangenheit sähe er ganz deutlich vor seinem geistigen Auge. Wir reden entspannt darüber. Ich weiß durch meinen Beruf viel über Alzheimer und sage den Eltern, dass sie so normal wie möglich weiterleben sollen. Sie arbeiten viel im Haus und im Garten. Sie sind den ganzen Tag über beschäftigt. Das ist gut. Sie sind beide sehr tapfer. Ich weiß, dass sie früher oder später meine Hilfe brauchen werden. Ich merke, dass nach zwei Stunden die Konzentration bei meinem Vater nachlässt. Seine Augen sind müde. Er sucht nach Worten. Er taucht ab in die Vergangenheit. Die Gegenwart weht durch ihn hindurch. Die Gegenwart ist für ihn ein Gespenst, das er nicht festhalten kann. Er fragt nach meinem Auto. Die Mutter erklärt ihm, dass ich schon lange kein Auto mehr fahre.
Wir verabschieden uns herzlich. Die Eltern winken von der Haustüre hinter mir her. Ich liebe sie. Ich gehe zu dem vereinbarten Treffpunkt, wo mich Klaus abholt. Der Tag ist sehr hell. Es ist kalt. Ich schaue mich um und schwelge in Erinnerungen. Alle Häuser und Straßen sind mir noch sehr vertraut.
Klaus kommt pünktlich. Er fährt einen Smart. Er zeigt mir die Abmahnungen. Er steht noch immer wie unter Schock. Im Kaffeehaus gehen wir noch einen trinken. Die Zeit verfliegt. Es wird Abend. Klaus verabschiedet sich. Für die letzte Strecke nach Hause nehme ich den Bus.
Neben der Bushaltestelle hatte ein junger Mann geparkt. Er kam zum Auto zurück und fummelte noch etwas herum. Ich wartete, die Hände in den Manteltaschen vergraben, auf den Bus, der in Kürze um die Ecke kommen sollte. Es war früher Nachmittag. Ich stellte mir vor, dass der junge Mann mich fragen würde, ob er mich mitnehmen könne – hinunter ins Dorf. Aber ich verdrängte diesen Gedanken gleich wieder, weil es Unsinn war, in ein fremdes Auto zu steigen, wo doch der Bus gleich auftauchen musste; außerdem wollte ich am Bahnhof in die Straßenbahn nach Heidelberg umsteigen, und der junge Mann fuhr bestimmt nicht bis dorthin. Das wäre alles viel zu kompliziert. Es spielte keine Rolle, ob ich nun hier in der Kälte stand und auf den Bus wartete, - oder dann unten am Bahnhof auf die Straßenbahn. Wenn überhaupt, macht das vielleicht ein knappes Grad Celsius aus, was es unten im Tal wärmer ist. Ich überlegte noch diesen ganzen Blödsinn, da fragte mich der junge Mann wirklich, ob er mich mit runter nehmen könne. Ich erklärte ihm, dass der Bus gleich käme, und ich sowieso zum Bahnhof müsse, um in die Straßenbahn umzusteigen ... Da fahre er auch vorbei, sagte er, und ich müsse doch hier nicht in der Kälte auf den Bus warten. „Wo man nie genau weiß, wann der eigentlich kommt“, sagte ich. „Eben“, antwortete er, und ich stieg in sein Auto. Es war ein dunkler Kleinwagen, wie ihn junge Leute fahren. Aber was weiß ich, mit was die jungen Leute heute herumfahren. „Danke“, sagte ich und schnallte mich an. Er lächelte. Ein netter junger Mann, dachte ich leicht erstaunt. Auf der anderen Seite: warum sollte es nicht nette, junge Männer geben? Ich war ja selbst mal ein netter, junger Mann.
Es sind circa zwei Kilometer hinunter ins Tal. Wir redeten über den Winter und über den Tunnel, der gebaut wurde. Er erzählte mir, dass er im Nachbarort wohnt, und dass er zum Döner gehen wolle, er habe noch nichts gegessen heute - sein Magen hinge ihm durch. Der junge Mann war schlank und gutaussehend. „Ich esse immer erst abends“, sagte ich, mehr um etwas zu sagen. Ich fühlte mich wohl in der Gesellschaft des jungen Mannes. Er ließ mich am Bahnhof hinaus, so dass ich es nicht mehr weit bis zur Straßenbahnhaltestelle hatte. „Vielen Dank und noch einen schönen Sonntag!“ verabschiedete ich mich. „Danke, Ihnen auch!“ Er strahlte über das ganze Gesicht.
Ich stand am Gleis und wartete auf die Straßenbahn, die Hände in den Manteltaschen vergraben, noch ganz beeindruckt von dieser Begegnung. Er war glücklicher darüber, mich mitnehmen zu dürfen, als ich über das Mitgenommen-Werden. Jedenfalls hatte es auf mich den Anschein. Hoffentlich nahm er mich nicht mit, weil ich ihm bedürftig oder traurig vorkam. Ich war vielleicht etwas einsam; darum hatte ich mich auch entschieden, das Haus zu verlassen für einen kleinen Ausflug nach Heidelberg. Oder der junge Mann hatte einfach einen guten Tag und wollte seine gute Laune mit mir teilen. Vielleicht fühlte er sich auch etwas einsam. Sonntage sind oft einsame Tage.
Die Straßenbahn brauchte eine Ewigkeit, bis sie einlief. Neben mir stand eine Zwergin, das heißt eine sehr kleine ältere Frau, die ungeduldig nach der Bahn Ausschau hielt und zwischendurch zu mir hoch schaute. Sie lächelte. Ich lächelte zurück. Gut, dass ich aus dem Haus gegangen war.