Die Arschwischmaschine hat frei

Dienstag, 15. Januar 2013

Singularität


Bams bims bums. Menschen zu Fuß, Menschen in Autos, Menschen in Flugzeugen, Menschen in Häusern. Menschen in Kleidern. Wie angezogene Ameisen mit Tragetüten und Taschen. Schaufensterpuppen stehen Spalier. Winken. Zwinkern mir zu. Mir wird es zu eng, und ich hebe ab. Ganz ohne Jetpack. Oder mit? Vielleicht befinde ich mich in der Zukunft. Ich schwebe über dem bunten Menschenstrom. Relativ ziellos. Ich steige höher über die Dächer und sehe links von mir den Neckar silbern in der Sonne funkeln. Rechts vor mir das alte Gemäuer des Heidelberger Schlosses. Mit wie vielen Frauen ging ich dort spazieren? Im Sommer. Im Herbst. Im Winter. Im Frühling. Oder in der fünften Jahreszeit. Ich habe meine ganz eigenen fünften Jahreszeiten. Unwillkürlich weine ich, und die malerische Kulisse verschwimmt vor meinen Augen. Sanft lande ich auf dem Universitätsplatz. Unweit liegt eine Sparkasse, und ich tätige eine notwendige Überweisung. Noch immer seufze ich, ausgefüllt von sentimentalen Bildern und Gedanken. Ich nehme nicht wahr, dass sich die Welt um mich verändert. Bims bums bams. Alle Menschen sind verschwunden, und ich befinde mich ganz alleine in der Stadt. Ich gehe ins Coyote Cafe. Auch dort keine Menschenseele. Nach einer Weile an der Bar denke ich: „Nun muss ich mir mein Bier auch noch selbst zapfen ...“ Ein großes Gefühl der Trostlosigkeit überkommt mich. Ich erinnere mich an einen Science Fiction Film „Quiet Earth“ von 1985. Da wacht ein Typ morgens auf, nachdem er sich eigentlich umbringen wollte, und er scheint plötzlich ganz allein auf der Erde zu sein. Mich beeindruckte der Film sehr – mehr das Szenario absoluter Einsamkeit und weniger die Auflösung dieser Absonderlichkeit.
Bums, bims bams. Plötzlich sind alle wieder da. Die Kellnerin fragt mich, was ich trinken will. Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch, lächele und stottere ein wenig: „Ein ... dunkles – äh - Hefe, bitte.“ Erleichtert krame ich in meiner Umhängetasche. Ich will eine Postkarte schreiben, wie ich es oft an der Bar des Coyote Cafes machte. Ich habe immer ein paar Postkarten dabei. Ich suche bereits nach einer passenden Karte, da fällt mir ein, dass es keine Adresse mehr gibt, der ich schreiben könnte …
Die Kellnerin stellt das Bier vor mich auf die Theke. Ich packe den Kartenstapel wieder ein. Gegenüber ist ein Spiegel, in dem ich meine linke Hälfte sehe. Ich sehe mir dabei zu, wie ich trinke. Beinahe verschlucke ich mich. Aus.

Dienstag, 8. Januar 2013

Alles was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden


„Alles was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden.“ Dieser Satz gilt nicht nur für gefasste Verbrecher sondern auch für Liebende.
Ich blicke aus dem Fenster und sehe eine kleine Maus im Gestrüpp verschwinden. „Frieren eigentlich Mäuse?“ denke ich. Kurz versuche ich mir die Welt der Maus vorzustellen, wie sie zwischen braunen verrottenden Blättern herum wuselt.
Zeige mir den Menschen, der sich nicht im Laufe seines Lebens tausendmal widerspricht. Es ist verdammt leicht, einen Menschen auf irgendwas Gesagtes aus seinem Munde festzunageln.
Besser wäre, wenn man sich mit den eigenen Widersprüchen beschäftigt, bevor man sie anderen ankreidet. (Auch hier nehme ich mich freilich nicht aus.)
Die Maus lacht sich einen und verkriecht sich in ihr Loch.
Zukünftig sollte ich besser überdenken, was ich sage. Zukünftig sollte ich meine Worte absichern.
Am Besten schwätzte man wie ein Politiker – zumeist nichtssagend. Einlullend. Schizophren.
Ich kann mich nicht ändern. Die Welt wird sich nicht ändern. Aber erstaunlich ist es schon, dass ein Lebewesen Flugzeuge und Atomkraftwerke baut. Womöglich ist das im Universum wirklich einmalig.
Die Maus in ihrem Erdloch interessiert das nicht. Sie knabbert an ihrem Wintervorrat.
Ich zweifle an meiner Liebesfähigkeit. Dunkel erinnere ich mich an dieses Gefühl, das mich wie ein geheimnisvoller Stern am Himmel führte. Hin zu einem Universum hinter zwei fremden Augen.
Es kommt mir vor wie ein Traum. Und ich erwache in einer tristen grauen Wirklichkeit.
„Alles was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden.“ Seufz. Bei solchen Sätzen stelle ich mir ab und zu die Frage, ob der Mensch die Sprache beherrscht, oder umgekehrt. Ich schätze, das ist ein großes Problem.
Das Wort Liebe wurde längst gevierteilt. Nur wir wundern uns, dass jeder was anderes darunter versteht.
Wie liebt eine Maus? Was ist Maussprache? Genetisch sind wir den Mäusen sehr ähnlich.
Mir ist die Maus vor allem darum sympathisch, weil sie ohne Heirat und Friedhöfe auskommt.

Montag, 7. Januar 2013

Die Quelle der Kälte


Ein Derwisch tanzt in meinem Kopf. Rockmusik läuft. The Sensational Alex Harvey Band. Meine Augen noch verklebt vom Tagesschlaf. Ich sinniere über einen Wortbrocken. Die Quelle der Kälte. Ich greife in meine Brust und halte mein pochendes Herz. Kalt ist es nicht. Es ist ein Tier. Blind.
Dann klappe ich meinen Schädel auf und hole mein Hirn heraus. Ehrlich, das gibt es. Aber auch nicht kalt, nur gruselig wie ein hässliches Baby. Vorsichtig lege ich es zurück in meinen Kopf.
Ich starre auf den Wortbrocken und sehe, dass er vereist ist. Na, da haben wir doch die Quelle der Kälte! Worte können auf ihrem Weg durch die Finsternis zu Eis erstarren, wenn man sie einfach so losziehen lässt - wie einen Atemhauch im sibirischen Winter und blind wie Herzen. Sie brauchen Bahnen, auf denen sie den Empfänger erreichen. Brechen jedoch diese Bahnen weg, gefrieren die Worte zu Eisbrocken … und strahlen nur Kälte ab.

Mittwoch, 26. Dezember 2012

Ade 2012


Nun noch Silvester, und der alljährliche Feiermarathon ist endlich vorbei. Danach kehrt die Normalität wieder (etwas) ein. Dazu werden die Tage langsam wieder länger. Die Hälfte des Winters haben wir bald geschafft. Ich wünsche mir, dass der Frühling 2013 neue Hoffnung, neue Kraft und Glück bringt. Die letzten drei Monate waren alles andere als aufbauend. Die Nerven sind angespannt, der Geist ist verwirrt, und die Gefühle spielen verrückt. Ich lebe von geheimnisvollen Kraftreserven. Meine angegriffene Psyche sehnt sich nach Ruhe und Licht.
Für wenige Tage fahre ich zu meiner Freundin nach Österreich. Wir werden zusammen einen gemütlichen Silvesterabend verbringen. Gleich Anfang Januar schlägt das Altenheim mit fünf Nachtwachen zu. Aber daran will ich jetzt noch nicht denken.
Diesmal fährt mein Zug erst am Nachmittag, so dass ich im Dunkeln durch die Alpen fahre. Ich bin gespannt auf das Reisegefühl. Die Strecke kenne ich inzwischen im Schlaf.
Der zweite Weihnachtsfeiertag zeigt sich grau und düster, ein Tag zum Verstecken in den vier Wänden bei Kerzenlicht und Fernsehen. Ich fühle mich nach den Nachtdiensten noch matt und antriebslos.
Also, auf ein Neues. Aufraffen!

Guten Rutsch!

Freitag, 21. Dezember 2012

Vor Ort Pisswetter


Mich würde interessieren, wie viele Menschen heute ernsthaft auf den Weltuntergang warten. Ich hörte, dass es einen Ort in Frankreich gibt, wo sich Menschen einfinden, um von Ausserirdischen gerettet zu werden. Es gibt eben nichts, was es nicht gibt. Für die allermeiste Erdbevölkerung wird dieser 21.12.2012 ein hundsnormaler Tag sein.
Das Wetter hier sieht ganz nach Weltuntergang aus: düster, kalt, nass. Die Wolken hängen tief. Die Berghänge verschwinden in ihnen. Der Schnupfen tobt sich in meinem Kopf aus, so dass mir alles noch nebulöser erscheint. Der Tag präsentiert sich wie in schmutzige Watte gepackt.
Es kann jederzeit passieren. Niemand und nix lebt ewig. Aber heute, das spüre ich, passiert nichts außer diesem hinrverbrannten Weltuntergangsspektakel, das journalistisch in den Medien rauf- und runtergeleiert wird.
Pisswetter!
Und das UFO kam nicht. Schade.
Schade, schade. Besser man gibt sich die Kante. Im Delirium könnte das mit der Abholung durch die Ausserirdischen noch klappen. Ich wusste gar nicht, dass die weiße Kittel tragen …

Nein, ich will mich nicht über die Weltuntergangsgläubigen lustig machen. Ich mache mich doch auch nicht über die Moslems lustig. Oder über die Christen – und was es sonst noch an Gläubigen gibt. Um Gottes willen! Jeder soll glauben, was er will. Also, solange er auch die anderen ihr Zeugs glauben lässt. Das Universum ist groß genug. Da passen sogar Nichtgläubige wie ich hinein.

Eines Tages, darüber sind sich alle Wissenschaftler einig, wird die Welt untergehen. Nur Geduld!
Ich bin nicht unbedingt scharf drauf, es (wirklich) zu erleben. Mir reicht es, wenn ich meinem ganz persönlichen Ende ins Auge schaue. So sind wir Männer halt: wir fühlen uns bereits mit einer Erkältung sterbenselend.
O Gott! Gerade hatte ich wieder einen Niesanfall!

Macht`s gut, Leute, - bis nach dem Weltuntergang.





(you can`t make this shit up)

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Harmonie 2012


Guten Morgen Erkältung. Ich wunderte mich schon, wo du diesen Winter bleibst. Danke für die beschissene Nacht, die Niesanfälle, die laufende Nase, den Husten und den dicken Kopf. Ja, ich weiß, den habe ich auch so. Jedenfalls hast du mir gerade noch gefehlt. Ach so, du wolltest nur eine physisch-psychische Harmonie herstellen. Ich würde sagen: das könnte dir fast gelungen sein. Der Seelen-Katarrh ist allerdings ausdauernder. Danke also für den zwischenzeitlich harmonischen Zustand. Haaaatschi!
Wer wünscht sich nicht Harmonie? Selbst ein Skeptiker und Hinterfrager wie ich sehnt sich (ab und zu) nach diesem heilvollen Zustand der Ausgeglichenheit. Dort stelle ich es mir warm, kuschelig und friedvoll vor. Wie im besten Falle an der Seite meiner Freundin. Nein, nicht bei jeder Frau empfinde ich diese Ruhe und das Gefühl, mich fallen lassen zu können … Als Kind vermisste ich es oft. Stattdessen entwickelte sich der Drang wegzulaufen. Kaum zu glauben, wie sich so was über Jahrzehnte konserviert. Ich versuchte im Allein-Sein Schutz zu finden. Von mir drohte keine Gefahr. Ich war mit mir eins. Nur in mir selbst fand ich Verständnis und Geborgenheit. Ein schöner Ort des Rückzugs in Kindertagen war der Wald. Später wurde es die Kneipe, oder ich saß mit einer Flasche Wein in der Tiefgarage. Der Katarrh der Seele hat eine lange Geschichte. Ich würde sagen, er ist chronisch. Mal bin ich mehr, und mal bin ich weniger gebeutelt.
Ich frage mich manchmal, wie ich es überhaupt so weit geschafft habe – weit nicht im Sinne von dingsbums, - sondern einfach überhaupt so alt geworden zu sein. Einige meiner langjährigen Kneipenkumpane blieben auf der Strecke. Sie brachten sich um, kriegten Krebs, kotzten Blut oder wurden totgeschlagen. Zumindest beinahe. Uns war damals nicht bewusst, wie dünn das Eis war, auf dem wir uns bewegten (bzw. es war uns egal). Die meisten aber kriegten die Kurve und wurden brave Familienväter.
Ich bin sozusagen einer der letzten Mohikaner. Es geht dabei schon lange nicht mehr um Stolz.
Haaaatschi!
Hallo!
Aufwachen aus der Vergangenheit!

Die Sonne steht tief. Wir haben bald (äh - morgen schon!) Wintersonnenwende. Die würde ich gern überleben. Die Welt geht noch nicht unter. Vielleicht kriegt sie einen Schnupfen. Das Gleichgewicht muss wieder hergestellt werden.

Dienstag, 18. Dezember 2012

Nur mal so


Manchmal überlege ich, warum ich nie heiraten wollte. Wirklich. Da ist nichts in mir, was sich dies wünscht. Das letzte Mal, als ich von Heirat sprach, war das im Alter von Vier mit Mutter in der Küche, als ich ihr unleserliche Liebesbriefe schrieb, und sagte, dass ich nur sie heiraten will.
Aber bereits mit Sechs, meinte ich, dass ich nie heiraten werde.

Manchmal überlege ich auch, warum ich nie Bock auf eigene Kinder hatte. Wirklich. Da ist absolut nichts in mir, was sich Kinder wünscht. Vor Kurzem gebar eine Arbeitskollegin eine Tochter. Ich freue mich für sie. Aber ich kann es nicht nachempfinden, warum man Kinder haben will. Ich wollte ja nicht mal Eltern. Es sieht so aus, als wurde mir der Familiensinn irgendwann herausoperiert. Ich muss es verschlafen haben.

Manchmal kommt es mir vor, als ob ich gar keinen Platz in dieser Welt habe. Alles, was die Menschen machen, ist mir merkwürdig fremd, obwohl ich es doch gut kenne. Weihnachten erscheint mir besonders irreal. Und von Jahr zu Jahr wird es schlimmer.

Manchmal bin ich lebensmüde. Echt. Da frage ich mich, was ich hier eigentlich soll. Ich verstehe meine Mitmenschen nicht. Sie kommen mir vor, als wären sie von einem anderen Planeten. Das ist ziemlich anstrengend. Und macht einsam.

Manchmal wünsche ich mir einfach, dass man mich in Frieden lässt. Dabei brauche ich menschliche Zuneigung – wie jeder andere. Bin ich wirklich allein? Bin ich der einzige, dem es so geht?

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Die Langen Wesen kommen


Strange. Manche Träume sind schon ziemlich strange – und wenn sie wenigstens rudimentär im Gedächtnis haften bleiben, dann ist ein Aufschreiben beinahe verpflichtend.

Sie nannten sich „Lange Wesen“ und lebten in der oberen Atmosphäre zwischen Erde und Weltraum. Ihre Körper waren schlank, lang und blau. Vom Körperbau ähnelten sie sehr dem Menschen. Aber sie hatten nur einen Arm. Ich konnte kein Geschlecht erkennen. Und sie schienen völlig unbekleidet zu sein. Sie riefen die Menschen an, weil ihr Lebensraum bedroht war. Wenn sie nicht sterben wollten, mussten sie hinunter auf die Erde kommen. Vielleicht waren sogar die Menschen Schuld an der Zerstörung ihrer Heimat. Diese sphärischen Wesen wirkten sehr geheimnisvoll. Sie machten den Menschen keine Vorwürfe, sondern baten sozusagen nur um Asyl.
Schließlich durften die „Langen Wesen“ auf die Erde kommen …
Sie hatten seltsamerweise nur einen Arm, und das blieb mir neben ihrer blauen Farbe und ihrem grazilen Äußeren besonders in Erinnerung.

Montag, 10. Dezember 2012

House with no door


Das Unaussprechliche unter der dünnen Haut drängt hervor. Aber es kann sich nicht in Worte kleiden. Selbst Bilder passen nicht. Natürlich könnte man drumherum reden. Bei dem Gedanken wird mir übel. Die wunde Seele schweigt. Schweigt nicht. Sie stöhnt vor sich hin. Sinnlos. Stumm. Mit den Augen. Mit der Stirn. Durch die Körperhaltung.
„There`s a house with no door“, singt Van der Graaf Generator. Der Song kam mir plötzlich in den Sinn. Vor vielen Jahren schenkte ich meiner Mutter eine selbst aufgenommene Musikkasette. Auch dieses Lied war darauf.
Letzten Samstagnachmittag saß ich neben Mutter auf der Wohnzimmercouch. Sie weiß, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Sie freute sich über meinen Besuch. Sie lachte und schenkte mir Kaffee nach.
Wörter flossen aus meinem Mund. Es gab viel zu reden. Noch mehr gab es zu schweigen. Eigentlich. Aber dafür war nicht die Zeit.
Die dünne Haut ist angespannt wie ein Segel im Wind. Dahinter der Tod, das Unaussprechliche.



House with no door


There's a house with no door and I'm living there
at nights it gets so cold and the days are hard to bear inside.
There's a house with no roof, so the rain creeps in,
falling through my head as I try to think out time.
I don't know you, you say you know me, that may be so,
there's so much that I am unsure of ...
You call my name, but it sounds unreal, I forget how I feel,
my body's rejecting the cure.

There's a house with no bell, but then nobody calls;
I sometimes find it hard to tell if any are alive at all outside.
There's a house with no sound; yes, it's quiet there ...
there's not much point in words if there's no-one to share in time.
I've learned my lines, I know them so well, I am ready to tell
whoever will finally come in
Of the line in my mind that's cold in the night, it doesn't seem right
when there's that little dark figure running ...somebody help me

There's a house with no door and there's no living there:
one day it became a wall ... well I didn't really care at the time.
There's a house with no light, all the windows are sealed,
overtaxed and strained
NOW NOTHING IS REVEALED BUT TIME
I don't know you, you say you know me, that may be so,
there's so much that I am unsure of ...
You call my name, but it sounds unreal, I forget how I feel,
my body's rejecting the cure .....
Won't somebody help me ......?

(Van der Graaf Generator, 1970)


Sonntag, 9. Dezember 2012

2. Advent


Ein Wetterchen ist das! Feine Schneeflocken wirbeln im Wind wild durcheinander. Kalte, weiße Wolken weht es von den Dächern. In der Luft ein wüster Schneeschleier. Mich friert beim Rausschauen. Fasziniert von dem Naturschauspiel kann ich den Blick kaum abwenden. Der grieß-graue Himmel verwischt sich mit den Baumwipfeln. Nur die braunen Blattreste, die bemoosten Stämme und das immergrüne Efeu heben sich farblich ab.
Als Kind wartete ich auf den ersten Schnee beinahe so aufgeregt wie auf meinen Geburtstag. Dann und wann keimt die Begeisterung für solch Schneespektakel wieder in mir auf. Auch erinnere ich mich an Spaziergänge im Schnee mit der (ersten, zweiten, dritten ...) Liebe. Unsere kalten, roten Bäckchen und Nasen rieben sich aneinander. Der Hauch unseres Atems kreuzte sich, verschmolz – hin zum sinnlichen Kuss.
Ich blicke hinunter zur Straße, wo die Autos schon langsamer werden. Ich bin gespannt darauf, wie lange es noch so runter macht.

Der Fernseher läuft nebenbei. Live vom SPD Parteitag. Peer Steinbrück soll heute offiziell zum Kanzlerkandidaten gewählt werden. Mal sehen, ob ich seiner Rede etwas abgewinnen kann. Auch der greise Altkanzler Schmidt wird einen kurzen Auftritt haben. Gerade spricht Hannelore Kraft. Ich höre nur mit einem Ohr zu. Obwohl – sie wäre in meinen Augen eine bessere SPD-Kanzlerkandidatin. Sie ist authentischer, weniger steif. Kraft gegen Merkel – das wäre doch interessant geworden, oder? Zickenkrieg? Nein, ich glaube, die sind beide keine Zicken.
(Egal.) „Glück auf!“ sagt Frau Kraft am Ende ihrer Rede.
Frau Manuela Schwesig, eine bemerkenswert hübsche Blondine, die neben dem seemannsbärtigen Kurt Beck auf dem Podium sitzt, übernimmt das Wort. Sie spricht das adventliche Schneegestöber an. Und dann geht es noch um die Tagesordnung. Mein Gott, ist die Frau hübsch!

Wieder wehen Schneewolken an meinem Fenster vorbei. Irre! Ich stelle den Ton vom TV ab und höre lieber Musik. Dazu zünde ich zwei Kerzen an. Nicht wegen des Advents – sondern wegen der Atmosphäre. Es ist düster aber erst Mittag.

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