Die Arschwischmaschine hat frei

Freitag, 15. Februar 2013

Ein guter Tag zum Sterben


Ich kann mich gar nicht am Phänomen Schnee sattsehen. Obwohl nur wenige Zentimeter in der Nacht fielen. Es taut momentan schneller, als es schneit. Ein paar Milliarden Flocken werden in dem diesigen Himmel aber noch stecken. Nur das immergrüne Efeu, das um den Stamm des großen Baums vorm Haus wuchert, sticht farblich hervor. Der Augenschmaus ist an diesem Wetter allerdings das einzig Betörende.

"Stirb langsam 5 - Ein guter Tag zum Sterben" lief gestern in den Kinos an. Ich war überrascht, wie viele junge Frauen im Kino waren. Der Altersdurchschnitt dürfte bei Fünfundzwanzig gelegen haben. Selbst mit mir. Ich war in der Vorabendvorstellung. Ich aß salziges Popcorn. Mann, sah mein Platz hinterher aus! Im Dunkeln Popcorn essen, ohne zu schweinigeln, ist aber auch schwierig.
Die Handlung lässt sich schnell zusammenfassen: John McClane, der alternde, berühmt-berüchtigte Polizeidetektiv zusammen mit seinem Sohn, der für die CIA arbeitet, gegen einen russischen Terroristen mit seiner durchgeknallten Tochter. Action, die Leidensfähigkeit des Vater-Sohn-Gespanns, das sich erst zusammenraufen muss, und ein paar coole Sprüche machen den Film aus. Er spielt in Moskau und Tschernobyl. Mich hätte es nicht gewundert, wenn James Bond plötzlich aufgetaucht wäre. Oder sagen wir mal so: ich hätte es gar nicht gemerkt.
Ich staunte nicht schlecht, wie schnell die 98 Minuten vorbei waren. Vielleicht war was im Popcorn. Viel nahm ich nicht mit aus diesem Actionstreifen. War eh klar. Außer Bruce Willis` Grins-Gesicht, das immer noch einmalig ist. Und: Die Welt war mal wieder gerettet - was John McClane aber, meiner Meinung nach, schon besser machte.

Das Altenheim rief gerade an. Ich weiß dann schon, worum es geht. Ich soll einspringen. Ein Kollege fällt für längere Zeit aus. Es wäre unkollegial, Nein zu sagen.
Das weiße Winterkleid, das über allem liegt, löst sich langsam wieder auf.
Schöne Aussichten. Der Februar quält sich in die zweite Hälfte. Die Erkältung habe ich immer noch nicht ganz auskuriert. Heute wäre ein guter Tag zum Sterben, denke ich, dann würde ich mir das Einspringen und eine Menge anderen Mist ersparen.

Sonntag, 10. Februar 2013

Bruch


Sich in die Gedanken fallen lassen, ohne sie zu verlieren. Die Reise ins Ich ist wie die Reise auf einer Kugel hin zum Horizont. Wir sind uns viel weniger bewusst, als wir denken. Dabei denken wir bereits, dass das Bewusstsein nur die Spitze des Eisbergs ist.
Software und Hardware verschmelzen. Die Komplexität spiegelt uns Freiheit vor. Die Freiheit unseres Bewusstseins, wie wir es erleben.
Wie erleben wir uns? Die meisten Menschen lassen sich selten in ihre innere Welt fallen. Wir leben hauptsächlich nach außen gewandt. So erleben wir uns im Alltag in Wechselwirkung mit unserer Umgebung und den Mitmenschen. Wir erleben uns in einer Dauerstimulation, die nur vom Schlaf unterbrochen wird. Es ist sogar so, dass wir Unbehagen empfinden, wenn keine Stimulation von außen spürbar ist.
Ich lasse mich gern in meine Gedanken fallen. Lasse die Umgebung auf mich wirken wie ein Bild auf einer Kunstausstellung, vor dem ich verharre. Dabei falle ich quasi in mich. Das Bild ist nur ein Anstoß. Ich tagträume und verliere die Konzentration auf die Gedanken. Ich tauche ein in die eigentliche Freiheit, - in die Welt, wo Gedanken passieren und nicht mehr gedacht werden müssen.
Als Künstler und Dichter schöpfe ich daraus meine Intuition, meine Kreativität. Mit einem Rest Bewusstheit nehme ich die Vorgänge in mir noch wahr. Es ist so ähnlich, wie man üben kann, seine Träume zu beeinflussen: die Kunst des Klarträumens. Eine faszinierende Sache.
Hinterher frage ich mich: Habe ich das geschrieben? Habe ich das gemalt? Dabei machte ich nichts anderes als in mich zu tauchen. In mich und gleichsam in die Welt, die nie ganz abzuschalten ist.
Indem ich mich objektiviere, komme ich mir und der Welt näher.

Der Materialismus zieht uns derart in seinen Bann, dass wir die Beschäftigung mit uns selbst vernachlässigen. Sogar ganz vergessen. Wir werden zu Zombies, die wie fremdgesteuert ihr Leben leben. Kennst du einen – kennst du alle. Selbst die Liebe wird verzweckmäßigt. Unsere Identitäten verwässern in Shoppingzentren und auf Einkaufsmeilen.
Das Problem ist gar nicht neu. Es nahm nur noch nie in der Menschheitsgeschichte solch monströse Ausmaße an.
Die Werbung beeinflusst uns nicht nur. Wir sind inzwischen die Werbung. Wir sind unsere Idole. Wir huldigen unser Leben Gott Mammon, ohne dass es uns richtig bewusst ist.

Ich stehe vor dem Bild unserer Welt und lasse es auf mich wirken. Wir schreiben das Jahr 2013. Ich lasse mich in meine Gedanken fallen. Ich glaube, ich könnte ein guter Werbetexter sein, aber ich stehe auf der falschen Seite.

Donnerstag, 7. Februar 2013

Für wen schreibe ich


Texte stehen schief im Raum. Ihre Wörter verlaufen, werden unscharf und unleserlich. Es ist nicht klar, für wen sie geschrieben sind.
Irgendwann in der Nacht wachte ich auf, weil mich der Husten plagte. Der Fernseher lief. Ein Doku-Kanal. (Meistens.) Wie Planeten entstehen. Welche Kräfte wann wie wirken. Solche Berichte ziehen mich magisch an. Ich könnte stundenlang zuhören, auch wenn ich nicht alles verstehe.
Der Hustenanfall ebbte ab, und ich kuschelte mich in meine Kissen und hörte einfach nur der Stimme zu, die von Planeten, Sonnen und Naturkräften sprach. Bis ich wieder einschlief.
Im Traum erschien mir mein achtzigjähriger Vater. Er sagte, wie schnell das Leben doch verginge. Ruckzuck, und man sei Fünfzig. Ja, dachte ich im Schlaf, das stimmt allerdings.

Für wen schreibe ich? Das Internet saugt alles auf. Es ist gleich dem Weltall – monströs und unüberschaubar. Meine Texte hängen darin herum wie Staubklumpen.
Es ist ein seltsamer Gedanke, dass mich meine Texte überleben werden. Jedenfalls besser als ein Grabstein. Außer, ich hätte ihn selbst gemeißelt. Das Schreiben ist mein kleines Vermächtnis. Mein Fußabdruck auf der Welt. Eigentlich nicht mehr als ein: „Hallo, ich war auch mal hier.“

Noch ein paarmal husten, und ich bin Achtzig. Vielleicht werde ich dann ganz erstaunt sagen: „Was, das habe ich geschrieben!?“
((Jedenfalls werde ich keinem Sohn im Traum erscheinen.))
Kann sein, dass es irgendwann nichts mehr zu schreiben gibt. Nicht, weil der Geist tot ist. Sondern weil er endlich ankam.

Mittwoch, 6. Februar 2013

War das nun schon alles


Was ist richtig? Was ist falsch? Soll man auf den Verstand hören oder besser auf sein Bauchgefühl? Soll man den Ängsten nachgeben oder mutig handeln? Es gibt viele Lebenssituationen, wo man um eine Entscheidung bitterlich ringt. Ob richtig oder falsch – wird man vielleicht nie wissen. Man schlägt einen Weg ein und geht ihn. Es ist spekulativ, ob der andere Weg richtiger gewesen wäre.
Ich glaube, dass wir solche haarigen Entscheidung meist in Hinsicht auf das Gesamtkonzept unseres Lebens treffen. Auch wenn wir keine klare Zielvorgabe für unseren Lebensweg haben, geben uns doch innere Wegweiser die Richtung vor, wie z.B. in Sachen Religion, Politik, Partnerauswahl, etc.
Diese Wegweiser ergeben sich aus unserem Charakter, unseren Erfahrungen und unserer Lebenseinstellung. Ohne dass es uns unbedingt bewusst ist, entwickeln wir im Laufe unseres Lebens eine Art Leitfaden für unser Handeln und unsere Entscheidungen. Das kann ganz gut so sein, weil wir damit quasi auf der sicheren Seite stehen. Schließlich fuhren wir die ganze Zeit ganz gut nach diesem Konzept. Wir hinterfragen das nicht. Wozu auch? Die Konditionierung ist abgeschlossen. Schön und gut.
Bis eines lieben Tages doch das selbstkritische Hinterfragen kommt, weil wir krank sind, oder weil wir einen Schicksalsschlag erlitten, - weil uns immer drängender bewusst wird, dass sich in unserem Leben etwas ändern muss, weil wir sonst … abhängen, abstürzen, abkotzen, abnippeln.
Weil wir uns fragen: „War das nun schon alles?“

Jessas, wie das heute schneit! Und es bleibt doch nicht liegen. So vergeblich das Ganze. Aber schön anzusehen aus der warmen Wohnung heraus. Melancholische Musik dazu. „Lalena“ von Deep Purple. Seufz. Der Himmel ein Kreidefass. Tagträumerei.

War es richtig oder falsch? Ich weiß es nicht. Bin ich verloren? Ist mein Weg vorgezeichnet? Der Antiheld verkriecht sich in seinen Blues.

Massen von Weiß fallen vom Himmel. Wie schnell sich alles ändern kann. Aber für wie lange? Die meisten Veränderungen sind oberflächlich. Kosmetik.
Ich kann den Blick kaum abwenden vom Schneefallszenario. Wo ist eigentlich das Eichhörnchen heute? Sind ihm die Äste zu glatt?
Und dann taut es wieder. Diese Allegorie verwende ich gern für die Liebe. Sie verzaubert uns allzu schnell …
Ich wäre besser ein nüchternerer (ererer) Mensch. Wie mein Vater. Für ihn war ein Baumstamm in erster Linie ein potentielles Möbelstück. Und vielleicht würde er jetzt überlegen, wann draußen Schnee zu schippen wäre.

Können wir überhaupt unsere einmal gefasste Lebenseinstellung ändern? Oder umbauen? Wir müssen es wohl, wenn wir etwas ändern wollen. Wirklich ändern wollen.
Es muss halt realistisch sein. Und es braucht Zeit. Und manchmal schaffen wir es nicht allein.





Dienstag, 5. Februar 2013

Was mir heute durch den Kopf ging



„Aufgehobenheit in der Steilwand des Lebens“

„Hüpfende Möpse“

„Was ist eigentlich die Kirche?“

„Erst die Zeit schafft Liebe.“

„Ist es nicht seltsam, dass auf dem Kopf Haare wachsen?“

„Ich denke jeden Tag an dich.“

„Die Natur geht mir auf den Geist.“

„Immer wenn ich in den Spiegel schaue, fühle ich mich fetter, als ich bin.“

„Nichts wird je vergessen – nur die Erinnerung daran fehlt.“

„Die Lebenslust lässt sich nicht köpfen.“

„Ich denke an Düsseldorf.“

„Das Dumme ist, dass, wenn man die Dummheit der anderen erkennt, man zwangsweise auf die eigene Dummheit stößt, welche zu verleugnen ausserordentlich dumm wäre.“

„Wo sind die Blumen?“

„Hoffnung und Liebe haben gemeinsam, dass sie dich betrügen und du sie trotzdem brauchst.“

Montag, 4. Februar 2013

Die Arschwischmaschine ist krank


Eigentlich bin ich nicht der häusliche Typ. Zwischendurch, z.B. bei Krankheit, stelle ich dann überrascht fest , wie schön man es sich in den eigenen vier Wänden machen kann. Ich entdecke völlig neue Tätigkeiten wie Staubwischen, die Pflanzen gießen, Wäsche waschen, im Bett lesen, Suppe kochen ... Okay, nur nicht übertreiben. Ich hoffe, dass ich in ein paar Tagen wieder fit bin.

Wie vorhergesagt schlief ich heute nach dem Dienst wie ein Toter. Als ich aufwachte, hatte ich einen Moment lang keine Orientierung. War es Morgen oder Abend?
Auf dem Nachhauseweg am Morgen überraschten mich Schneetreiben und eisiger Wind. Im Tal ging der Schnee in Regen über. Na super, dachte ich, genau das richtige Wetter für einen Kranken, um noch kränker zu werden. Und wo war mein kleiner blauer Schirm? Ich musste ihn in dem Taxi vergessen haben, das ich am Freitag nahm, als ich den Bus verpasste. Shit!
Der lange Schlaf tat mir jedenfalls gut. Langsam komme ich in die Krankheits-Gewöhnungsphase. Man kann sich wirklich daran gewöhnen, dass es einem beschissen geht. Jede kleine Besserung wird dann vom Gehirn mit einem Glücksgefühl belohnt. Nicht übel. Erinnert mich an das taumelige Wohlsein nach gutem Sex.

Ich spüre, wie mich Konzentration und Kraft wieder verlassen – dabei war ich nur eine gute Stunde auf. Der Abend läuft auf TV und Tütensuppe hinaus. Ein Problem kranker alleine Lebender ist, dass niemand für sie einkauft, zur Apotheke geht, etc.

Donnerstag, 24. Januar 2013

One for All


Hurra, es funzt! Ich verbrachte den Morgen damit, eine neue Universalfernbedienung einzurichten. Da Hifi Anlage und Videorecorder älteren Semesters sind, war dies gar nicht so einfach. Mit der Copy-Funktion nahm ich dann aber auch die letzte Hürde. Gott sei Dank habe ich noch die alten verstaubten Fernbedienungen.
Die neue liegt gut in der Hand, und ich hoffe dass sie mindestens so lange hält wie die alte. Wenigstens drei oder vier Jahre. Ich weiß gar nicht mehr, wie lange ich die hatte. Länger jedenfalls, als meine Liebesbeziehungen im Schnitt dauern ...
Die haltbarsten Lieben waren meine ersten. Komisch, wo man doch eher das Umgekehrte annehmen sollte. Von wegen Hörner abstoßen. Ach so, haltbar heißt bei mir zwei bis vier-fünf Jahre. Damit ihr eine ungefähre Vorstellung habt.
Bei allen Querelen durch die Wechselhaftigkeit in meinem Liebesleben bin ich stolz darauf, dass ich nie heiratete und kein Kind zeugte. Ich zog mein Ding durch. Nicht auszudenken, wenn ich Vater geworden wäre. Himmel bewahre!
Ihr nehmt mir die Worte aus dem Mund: „Das arme Kind.“
Ganz auszuschließen ist aber nicht, dass es irgendwann an meiner Haustür klingelt, und ein ausgewachsener Hosenscheisser steht vor mir und meint, ich sei sein Vater. Aber so was passiert doch nur im Fernsehen. Absurd. Ich habe schon noch den Überblick. Ich war kein Aufreisser-Typ. In gut dreißig Jahren läppert es sich trotzdem.
Nein, ich wollte gar nicht über meinen Beziehungskrampf reden. Der thematisiert sich quasi in regelmäßigen Abständen von selbst.
Uff, die Fernbedienungsprogrammiererei schlauchte mich. Ich kann ziemlich hartnäckig sein. Vor allem wenn die menschlichen Artgenossen in ihren Bewertungskommentaren schrieben, dass bei ihnen alles ruckzuck klappte. Nach zehn Minuten wären sie mit der Installation fertig gewesen. Und mit der Gebrauchsanweisung hätten sie absolut keine Schwierigkeiten gehabt. Also, ich war mindestens zwei Stunden dran gesessen. Kriegte ja niemand mit. Wahrscheinlich stellen nur Superstreber ihre Kommentare über gekaufte Produkte ins Internet. Oder die Beurteilungen werden von Ghostwritern der Firmen verfasst. Was weiß ich?! Heutzutage ist man besser skeptisch. Mit der Leichtgläubigkeit des Konsumenten wird bares Geld verdient.
Nun mal sehen, wie die neue funktioniert. Kann man wie bei einer neuen Partnerin nie wissen. Sieht man den Dingern nicht wirklich an. Eine gute Haptik sagt noch nichts über die inneren Qualitäten.
Manchmal verspricht die Verpackung mehr, als drin ist. Überall Täuschungen. Die Natur selbst ist der beste Täuschungskünstler.
Da sage ich euch nichts neues, gel? Jeder macht seine Erfahrungen. Einmal hoch und einmal runter. Von rechts nach links. Von Mutters Brust bis zur Leichenschau.

Dienstag, 22. Januar 2013

Neue Schnürsenkel und eine sich verändernde Raumzeit


Das Bild unverändert. Oder unwesentlich anders. Nebel und Schneematsch. Gestern in einem kleinen Schuhgeschäft Schnürsenkel gekauft. Nett bedient. Die kleinen Dinge im Leben. Kaffeehaussitzung. Am Abend Spaghetti Bolognese. Keine Erinnerung an das Fernsehprogramm. Dafür lebhaft geträumt.
Im "PM" las ich einen Artikel über verschiedene Modelle des Universums. Thomas, der Mann an der Bar, in neuem Style. Ohne Pferdeschwanz und mit Vollbart. Er sieht nun braver aus – ist aber immer noch der Schwarm der Frauen. Er machte mir einen Wodka Orange mit einer speziellen Mischung. Passte prima zu den Modellen des Universums. Ich wunderte mich darüber, wie sich etwas ausdehnen kann, wenn es außen herum nichts gibt. Wohin dehnt sich das Universum aus? Ich bin hinsichtlich dieser Theorie äußerst skeptisch. Thomas fragte mich, ob die Mischung gut sei. Ich sagte, ich hätte keine Vergleichsmöglichkeit und bestellte noch einen. Also, wohin? Wir können zwar messen, dass der Abstand zwischen den Galaxien immer größer wird, was schon nach Ausdehnung aussieht, - aber die Größe des Universums an sich können wir deswegen doch nicht beschreiben. Es fehlt ganz einfach ein vergleichender Maßstab. Der Logikfehler bei diesem Ausdehnungsmodell ist, dass die Astrophysiker aus der im Innern des Alls beobachteten Ausdehnung notwendig auf einen absoluten Größenzuwachs des Universums schließen. Aber was soll`s, ich bin Altenpfleger und nicht Astrophysiker. Ohne Strohhalm ist so ein Wodka Orange verflucht schnell leergetrunken. „Aller guten Dinge sind drei“, bedeutete ich Thomas, der mal wieder mit den hübschen Bedienungen plauderte.
Es könnte doch sein, dass das Universum gar nicht wächst und sich stattdessen die Raumzeit verändert. Wir messen also schon richtig, aber der Maßstab ist nicht fest. Die Maschen des Raumzeitnetzes werden, ohne dass wir es merken, kleiner, immer kleiner … hihi.
„Gute Mischung!“ rief ich Thomas anerkennend zu.
Versonnen blickte ich auf meine Schuhe mit den neuen Schnürsenkeln. Die sind der Hit, dachte ich und zahlte.





Montag, 21. Januar 2013

Eiszeit


Gestern Abend noch Eisregen, heute Morgen weiße Märchenlandschaft. Der Himmel sieht aus, als hätte er noch was in petto. Der Winter ist noch lange nicht vorbei und zeigt sich mit Wetterkapriolen.
Müde und verfroren harre ich der Dinge, die da kommen. Die Flammen der Kerzen spiegeln sich im Fenster – als würden sie mitten im Schnee stehen. Witzig.
Im Fernsehen die Besprechung der gestrigen Niedersachsenwahl. Es war ein Wahlkrimi, an dessen Ende SPD und Grüne jubeln durften. Politik und politische Parteien – zu hoch dosiert bekomme ich das Kotzen. Ich lausche lieber verträumt der Waschmaschine, die im Hintergrund läuft.
In mir hegt sich der Wunsch nach Kreativität. Irgendwas will ich machen, denke ich. Ein Bild malen, oder was schreiben, oder im Schnee Fotos machen. So richtig habe ich keinen Plan.
Erst mal ein Bier. Ich warte auf den besonderen Einfall, die Inspiration. Ist der Anfang gemacht, ergibt sich das Folgende von selbst. Fast von selbst, würde ich sagen.
Wäre es nur nicht so kalt. Am Schlimmsten ist es, wenn die Füße nicht warm werden.
Traurigkeit betäubt mich. Sie kommt in Wellen immer wieder.
Wie spät ist es eigentlich? Noch immer nicht Mittag. Ich warte, bis die Wäsche fertig ist, und gehe hinaus. Muss mich halt warm anziehen. Sollte man sich sowieso im Leben ...





Eisregen





Mittwoch, 16. Januar 2013

Der Besuch


„honour … honour … honour … ahhhhhhhh ...“ stöhnte ein gespenstisches Wesen in Abständen immer wieder. Ich konnte es nicht abstellen und wälzte mich im Schlaf unruhig hin und her. Schließlich wachte ich auf. Wahrscheinlich hatte ich mich selbst schnarchen gehört. Die Nase war zu und die Schleimhäute im Mund widerlich trocken. Seit Tagen macht mir eine Erkältung zu schaffen, die ich eigentlich im alten Jahr gelassen wähnte. Pustekuchen. „honour … honour … honour … ahhhhhhh ...“ Mein Gott, war das schauderhaft!

Endlich hatte ich mich aufgerafft, meine Mutter im Krankenhaus zu besuchen. Das Gebäude befand sich noch teilweise im Umbau, ein Altbau schön am Neckar gelegen. Ich schlich um das Baugerüst herum. Jemand bemerkte meinen suchenden Blick und wies mir den Weg zum Eingang. Alles wirkte noch renovierungs-neu und etwas ungeordnet. Die Rezeption war nicht besetzt, und ich ging den Flur einmal hoch und runter. Schließlich kam die Dame von der Rezeption heran geeilt und nannte mir die Zimmernummer. Ich hatte mir das Krankenhaus größer vorgestellt. Schnell fand ich das Zimmer, wollte schon anklopfen und eintreten, da mahnte mich die Stimme einer Frau, dass die Ärztin gerade Visite machte. Also wartete ich neben der Tür. Die Frau wartete auf der anderen Seite der Tür und fragte: „Ich besuche Frau B. Sind Sie Herr B?“ Ich erwiderte knapp und freundlich: „Ja.“ Ich kannte die Frau nicht, und sie stellte sich mir nicht vor. Nach kurzer Zeit verließen Ärztin und Schwester das Zimmer. Die Frau trat vor mir ein. Meine Mutter saß auf dem Bett, noch mit halb heruntergelassener Hose. Die Frau verabschiedete sich hastig und meinte im Hinausgehen ernst zu mir: „Wissen Sie, dass ihre Mutter sehr krank ist?“ „Das weiß ich“, sagte ich scharf. Natürlich spielte diese Frau darauf an, dass ich mich so wenig kümmerte.
Da war ich. Der Sohn und die kranke Mutter. Wir begrüßten uns. Sie ordnete ihre Kleider und zeigte mir die blauen Flecken am Bauch von den Heparinspritzen. Eine Kochsalzlösung lief intravenös am Handgelenk ein. Sie saß schmal und knochig auf der Bettkante, ich auf einem Stuhl, den ich heranrückte. Wir waren allein in dem Dreibettzimmer. Die neue Bettnachbarin, eine alte, störrische Türkin, wie mir meine Mutter anekdotisch berichtete, war gerade mit Angehörigen unterwegs. Meine Mutter hatte viel zu erzählen. Ich hörte ihr zu. Draußen schneite es leicht. Es tat weh, sie so sitzen zu sehen. Trotzdem lachten wir zwischendurch. Ohne Humor wäre es schon gar nicht zu ertragen, meinte sie.
Die Zeit verflog nur so. Wir redeten über die übermächtige Walze von Krankheit, Altersgebrechen und Demenz meines Vaters, welche das Elternhaus in den letzten Monaten überrollt hatte. Sie habe versagt, sagte meine Mutter. „Wir haben alle versagt“, erwiderte ich. Ich versuchte ihr zu erklären, warum ich mit dem ganzen Geschehen überfordert war, - noch bin. Zumindest riss ich es an, ohne alles auszusprechen, was in mir vorging. Und sie reagierte verständig. Sicher wollten wir uns gegenseitig nicht weh tun. Was würde es auch für einen Sinn machen?
Inzwischen war die alte Türkin zurück und hatte sich auf ihrem Bett eingerollt. Ich hielt die Zeit für gekommen, mich zu verabschieden. Es war schwer, sie dort zurückzulassen wie ein Häufchen Elend. Immerhin lächelnd.
Wie sieht eine Mutter ihren Sohn?
Verwirrt aber zielgerichtet verließ ich das Krankenhaus und tauchte in den Menschenstrom der nahen Fußgängerzone ein. Im Cafe Petit Paris ließ ich das Erlebte bei einem Weizenbier sacken.
Die forsche Frau an der Tür des Krankenzimmers kam von der Nachbarschaftshilfe, erfuhr ich im Laufe des Gesprächs von meiner Mutter. Sie hatte sich in den letzten Wochen sehr um meine Eltern bemüht und sich mit meiner Mutter angefreundet. Ihre vorwurfsvolle Haltung mir gegenüber empfand ich allerdings als Grenzüberschreitung …, wenn auch verständlich aus ihrer Sicht.
Bin ich gefühlskalt? Oder feige?
Vielleicht. Ich kann es nicht sagen. Der Besuch war wichtig.
Ja, der Besuch war wichtig.

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