Als Gebüsche noch Gebüsche waren

Sonntag, 7. April 2013

Mama (2)


Du hast mich geboren. Wofür ich nichts kann. Jedenfalls weniger als du. Ich weiß nicht, wie es geschah – ich nehme an auf die übliche Weise. Vater redete schon gar nicht über so was.
Ich erinnere mich nicht, wie ich in der Plazenta heranwuchs. Offensichtlich fand ich es ganz gut dort, sonst hätte ich bei der Geburt nicht neun Pfund auf die Waage gebracht. Ab diesem Zeitpunkt war ich wirklich auf der Welt. Der ganz großen. Manchmal überlege ich, ob es darüber hinaus eine Geburt in eine noch umfassendere Welt gibt. Und so weiter und so fort. Als wäre das Leben hier auch wieder nur ein Zwischenstadium. Mama, du wirst es jetzt wissen. Sicher bedeutet es ein anderes Wissen, als wir es hier begreifen können. Sonst wüssten wir es längst, oder?
Vielleicht besuchst du mich mal in meinen Träumen und erzählst mir davon. Ich werde schon nicht umkippen. Du weißt, dass ich gern alles hinterfragte, dass ich zu viel trinke, und dass damit alles nur schwerer wurde. Nicht nur für mich, sondern auch für die Menschen, die mir nahe standen, mich liebten. Drum werde ich wahrscheinlich als Egoist angesehen. Nicht von allen – aber doch von einigen. Und wieder rede ich zu viel über mich. Fuck!
Deine Krankheitsgeschichte verhinderte, dass wir uns jemals richtig aussprachen. Fast seit ich denken kann, warst du nervlich angeschlagen. Und darum entfernte ich mich als Heranwachsender von dir – weil ich deine Not weder verstehen noch länger ertragen konnte. Bis heute weiß ich nicht, warum du nervenkrank wurdest. Ob Vater eine Rolle dabei spielte. Oder ob du mit der ganzen Familiengeschichte nicht klar kamst. Oder war es einfach genetisch bedingt. Ich bekam durchaus mit, wie du für deine Selbstverwirklichung kämpftest. Aber irgendwann gabst du auf. Dabei hättest du es schaffen können. Glaube ich. Glaube ich echt. Und du wusstest, dass ich es wusste. Und du machtest dir Vorwürfe, dass du mit mir nicht darüber reden konntest. Du machtest dir überhaupt zu viele Vorwürfe. Ich traute mich auch nicht mehr, dich darauf anzusprechen …
Mein Abschiednehmen von dir dauerte ein Leben lang. Es gab sogar Zeiten, da wünschte ich mir, es würde schneller gehen. Verzeihe mir. Ich war ein Kind. Noch heute begreife ich nicht wirklich, wie alles kam. Aber ich bin nun seit langem ein erwachsener Mann und muss mich mit meinen eigenen Schwierigkeiten auseinandersetzen. Wir waren nie wirklich böse zueinander. Ich fühlte mich nur manchmal als Kind wie auf einer Insel. Furchtbar allein, weil du so krank warst. Ich weiß, du konntest nichts dafür. Und Vater – mit ihm war nie über Gefühle zu reden. Er war auf seine Weise da. Ich erinnere mich gern an die vielen Stunden, die wir, Mama, bei nachmittäglichen Spaziergängen im Wald oder während der Essenszubereitung für Papa am Abend in der Küche miteinander verbrachten und über Gott und die Welt philosophierten. Papa winkte bei solchen Themen immer ab.
Mit keinen Worten kann ich beschreiben, was uns verband. Gebe mir ein Zeichen. Ich würde dich so gern noch mal drücken.

Donnerstag, 17. Januar 2013

Heidelberg Peter


„Pech im Spiel – Glück in der Liebe“? Dämlicher Spruch. Und wie ich googelte, auch falsch übersetzt. Eigentlich geht es herkömmlich um die Bedeutung, dass ein Mensch, der sein Glück im Spiel sucht, den häuslichen Frieden gefährdet, bzw. Haus und Hof verspielt.
Ich spiele schon lange nicht mehr. Obwohl, wenn die Umkehrung dieser Redensart zuträfe, ich Glück im Spiel haben sollte. (Aber was heißt schon Glück in der Liebe?)
Man kann auch die Liebe als Spiel ansehen, in welches man mit einem gewissen Risiko einsteigt. Der Gewinn ist quasi jeder Tag, an dem die Sache gutgeht. Meist geht das Ganze in die Hose, wenn man sich an die guten Seiten gewöhnte – oder gerade weil man sich daran gewöhnte. Hernach der übliche Katzenjammer, wo man sich selbst nicht leiden mag. Schließlich hatte man auf die Liebe gesetzt und investierte gewisse Anstrengungen, Zeit, Leidenschaft ...
Nein, ein guter Spieler bin ich wahrlich nicht. Beim Würfeln auf der Kneipentheke gewann ich selten. Obwohl es welche gab, die noch schlechter abschnitten. Und dann gab es einige wenige Glücksbolzen, die regelmäßig gewannen. Die hatten nicht nur Glück im Spiel sondern auch in der Liebe. Jedenfalls waren sie bei der Damenwelt begehrt.
Einer davon war Heidelberg Peter. Wir nannten ihn so, weil er aus der Richtung kam. Wir lieferten uns regelrechte Würfel- und Billardschlachten. Auch Streitgespräche. Heidelberg Peter war damals schon so alt wie ich heute und hatte reichlich konservative Ansichten. Sein Hau bei der Damenwelt fuchste mich, muss ich gestehen. Ich konnte mir nicht erklären, was die an dem alten Sack fanden. Oh ja, er konnte reden! Auch erlebte ich ihn nie richtig betrunken. Er vertrug eine ganze Menge und schaffte immer rechtzeitig den Absprung. Außerdem trat er meist gepflegt auf wenn auch in spießigen Klamotten, also z.B. mit Hemd plus Pullunder.
Nachdem das Billard Cafe geschlossen hatte, sah ich ihn nie wieder. Wie lange ist das her? Heidelberg Peter müsste heute bereits um die Siebzig sein. Wir zeigten mehr als Respekt voreinander. Mit der Zeit mochten wir uns gar. Wäre er mir sonst nach so vielen Jahren wieder in den Sinn gekommen? Er war eine der beeindruckendsten Figuren während meiner damaligen Sturm und Drang Zeit. Viele Gesichter verliert man aus dem Gedächtnis, aber ihn sehe ich noch gut vor mir. Er hatte einen Bart, wie ihn die Musketiere in den Filmen tragen. Dunkelbraun seine glatten Haare mit Seitenscheitel. Er war ein Spieler und hatte Erfolg. Ein Krösus, an dem ich mich oft abarbeitete.
Tja, Schnee von gestern.
Apropos Schnee: Ein weißer Märchenwald ist heute meine Fensterkulisse. Er wird nicht lange liegen bleiben. Wie immer. Kann die Liebe wie Schnee tauen?
Jedenfalls müsste meiner Meinung nach die Redensart richtigerweise heißen: „Glück im Spiel – Glück in der Liebe“.





An einer Bar in Heidelberg

Samstag, 12. Januar 2013

Der erste Schnee


Der erste Schnee in diesem Jahr. Ein weißes Aufblitzen. Ein weißes Lächeln der Natur vor meinen Fenstern. Meine Zukunft erscheint in alternierendem Licht: Schwarz – Weiß.
Als Kind hüpfte ich den Bürgersteig hoch und runter, bis die Mutter mich ermahnte. Auch das Springen durch Pfützen war ein Highlight. Die Vergangenheit erscheint in Schwarzweiß. Ich muss meiner Zukunft wieder Farbe geben. Das bisschen Lebenslust in mir konservieren und in einen Boden pflanzen, wo sie zu einem richtigen Pflänzchen wachsen kann.

Der Himmel wie ein schmutziges Laken. An einer Stelle über den Baumwipfeln scheint die Sonne durch. Vereinzelt fallen schwer Schneeflocken von den Zweigen. Es taut. Die Straße schaut hoch zu mir. Der dunkelgraue Asphalt, die Lebensader urbanen Lebens. Die Straße sagt: „Alles geht weiter.“

Donnerstag, 10. Januar 2013

Notizen






... aus vergangenen Tagen.
Vieles liegt einfach so rum. Ich nehme ein altes Notizbuch in die Hand und schlage es willkürlich an einer Stelle auf.


Dienstag, 18. Dezember 2012

Gedanken aus dem Sessel - 2012


Ich wohnte noch bei meinen Eltern
Manchmal stand mein bester Kumpel mit einer Plastiktüte voller
Bierflaschen vor der Tür
Meine Mutter machte ihm auf
Ich hatte Sorge, dass es zu offensichtlich war

Bevor wir in die Stadt gingen, tranken
Wir immer noch ein paar Bierchen
Zum Vorglühen
Wir hörten dazu Rockmusik
Police und
Später auch U2
Wir diskutierten darüber
Wen wir in der Stadt treffen würden
In der Bier Börse oder
Im Billard Café

Manchmal startete ich auch alleine durch
Ich erinnere mich an einen Abend
Ich hörte U2 und hatte den Fernseher
Stumm gestellt
Ein Bergsteigerfilm lief
Die Musik passte astrein
Nach einer Flasche Wein
Trieb es mich regelrecht hinaus
In den Abend
Zu den Anderen

Meine Eltern schauten im Wohnzimmer
Fern
Ich verabschiedete mich immer kurz
Bevor ich loszog

Das war Anfang der Achtziger
Ich wusste noch nicht wirklich etwas
Vom Erwachsensein
Wie sich die Jahre addieren
Und man nur von einem Gefängnis in ein
Anderes wechselt
Bis zuletzt
Aber vielleicht ahnte ich es

Und darum mag ich heute U2 nicht mehr
Jedenfalls nicht die aktuellen
Und ich mag die Menschen nicht
Die vergaßen, wer sie waren
Als es noch Hoffnung gab

Inzwischen ist es egal
Das Herz wurde grau
Das Blut wurde grau
Mein alter Kumpel besucht mich schon lange nicht mehr
Die Eltern sterben
Ich klammere mich an Worte
Fahl
Mein Wintergesicht

Sonntag, 7. Oktober 2012

Der Wahnsinn in deinen Augen


Es gibt eine Welt ohne Vergangenheit und Zukunft. Sie ist die eigentliche Welt.
Statt Milchstraßen sehe ich Augen im Universum. Einen ganzen Augensee. Die Pupillen sind Löcher zu anderen Dimensionen. Oder jede Galaxie ist ein Bahnhof. Nur kein Schwein kann die Fahrpläne entziffern. Ich stehe gern auf Bahnsteigen und wundere mich über all die Menschen, die ein- und aussteigen. Warum muss ich jetzt an Marmelade denken? Ich esse schon lange keine Marmelade mehr. Vielleicht weil sie so klebrig und süß ist. Hass ist auch süß. Liebe dagegen bitter.
Ja, genau: man sagt auch: Rache ist süß. Oktober. Es ist mal wieder Oktober. Die Zeitrechnung der Menschen, jedenfalls der in unserer Gegend, schreibt das Jahr 2012. Vor zwölf Jahren wollte ich in Australien sein und Kängurus züchten. Australien war in Jugendjahren mein Lieblingsauswanderungsland. Beuteltiere faszinieren doch irgendwie, oder nicht? Wir hatten damals in den Siebzigern Angst vor einem Atomkrieg, und darum träumten mein Jugendfreund Peter und ich, dass wir, bevor es dazu käme, so weit weg wie möglich sein sollten. Wir spielten Schach auf seinem Bett und hörten Black Sabbath. Meistens gewann Peter. Er machte eine Banklehre und ist inzwischen Filialleiter. Wir verloren uns aus den Augen. Ich stelle ihn mir als Familienvater vor. Klar, würde ich ihn wiedererkennen. Eines Tages werde ich ihn wiedertreffen wie all die anderen. Genau – in der Welt ohne Vergangenheit und Zukunft. Nach dem Atomkrieg. Wie auch immer. Keine Spur verweht. Das Universum ist ein Mega-Gedächtnis. Und wir sind nichts als Kondenstropfen an seiner Peripherie. Peter und ich spielten im Sommer gern Minigolf und aßen Cola-Eis. Auch im Minigolf war er meist besser als ich. Ich weiß nicht, was uns verband. Wahrscheinlich war es Black Sabbath. Außerdem gewöhnt man sich an Freunde. Man braucht sie. Warum Liebe bitter ist? …
Weil sie so furchtbar schön ist. Alles was schön ist, wird bitter. Wenn ich z.B. in den Sternenhimmel schaue, muss ich manchmal weinen. Vor allem, wenn ich dabei an die Liebe denke. Als wäre die Welt wie ein Wattebausch durchdränkt von Liebe. Das ist freilich nur Einbildung. Das Universum lässt allerlei Platz für Einbildungen. Geld ist ein Beispiel dafür, wie sich Einbildung materialisiert.
Peter erkannte den Nutzen, den man daraus ableiten kann, und machte darum eine Banklehre. Für mich dagegen blieb Geld immer nur Mittel zum Zweck. Sozusagen ein notwendiges Übel. Davon gibt es eine ganze Menge: Autos, Politiker, Kondome, Finanzämter, Schweinefleisch aus Massentierhaltung etc.
Wenn ich einem Menschen in die Augen schaue, wohin schaue ich da eigentlich? Bei manchen Menschen, wie z.B. meine Chefin im Altenheim, traue ich mich gar nicht genau hinzusehen. Es ist äußerst unangenehm. Ich kann es schwer beschreiben – es ist ein großer Unmut. Auch Abscheu. Ich habe dann Angst, zu viel zu sehen. Als würde ich in diese Person eindringen …
Könnte ich es ertragen, in meine eigenen Augen zu schauen? Ich meine, nicht so oberflächlich wie beim Rasieren vorm Spiegel.
Wahnsinn.

Mittwoch, 5. September 2012

Sonne, Mond und Sterne und ein deutsches Butterbrot


Sonne, Mond und Sterne und ein deutsches Butterbrot. Das Butterbrot dichtete ich dazu. Ich mag skurrile Wortkontraste. Aber warum deutsch? Jetzt wird`s psychologisch. Ich muss mal googeln, ob das original Butterbrot deutscher Herkunft ist, - arisch deutscher Herkunft. Einen Neonazi mit `ner Butterstulle kann ich mir irgendwie gut vorstellen. Weiß auch nicht. Ein frisches Brot mit Butter drauf war für uns Kinder das Größte. Zucker streuten wir uns manchmal drauf. Das war noch vor dem Nutella-Zeitalter. Ein rassisch reines Butterbrot ist halt was feines. Woran sich wohl Kinder der heutigen Generation mal erinnern werden? Ich meine solche Erinnerungen, die sich absolut einprägen: ein Geschmack, ein Geruch, ein Butterbrot. Ohne Scheiß jetzt. Auf die Nazisache kam ich nur, weil gerade eine Doku auf ZDF info über Hitler lief. Ich träumte sogar von dem Diktator, weil ich den Fernseher heute Morgen nicht abschaltete, als ich zu Bett ging. Den ganzen Tag liefen Dokus über die Nazizeit. Diese Träume wollte ich eigentlich gar nicht erwähnen. Sei`s drum. Es waren ziemlich bescheuerte Träume. Punkt.
Eine andere Sache werde ich auch nie vergessen. Wir waren in der Oberstufe, und mein Kumpel und ich hatten Astronomie als Grundkurs gewählt. Es kam nicht so drauf an, weil die Punkte für den Kurs nicht entscheidend für das Abi waren. Wir alberten damals viel während des Unterrichts herum. In den Freistunden tranken wir zusammen Sixpacks oder Wein. Dementsprechend waren wir dann drauf. Wir lachten uns oft kaputt – also nicht, weil wir den Unterricht stören wollten, sondern weil wir es uns einfach nicht mehr verkneifen konnten. Schließlich wurde es aber doch ein bisschen ernst, wenn wir eine Klausur schrieben. Ich hatte echt Null Ahnung, und die Bestrafung folgte auf dem Fuße. Der Astronomie-Lehrer sagte grinsend „Null Punkte“, als er die Arbeiten zurück gab. Ich fragte meinen Kumpel nach seinem Ergebnis. „1 Punkt“, meinte der stolz. Er hatte das Aufgabenblatt mit Sonne, Mond und Sternen verziert, und das honorierte der Pauker immerhin mit einem Punkt. Ich war damals neidisch, weil mir das nicht eingefallen war.
Jessas, das waren Zeiten. Dabei interessierte mich Astronomie schon, aber der Lehrer brachte das Fach derart furz-trocken, dass alle tollen Phantasien über das unendliche Universum zu Staub zerbröselten. Das ist eben Schule. Wahrscheinlich noch heute. Irgendwie. Warum sollte es heute wesentlich anders sein?

Samstag, 1. September 2012

Huldigung der guten Geister


Die Helden des 20. Jahrhunderts – wie ich sie liebe: Maler und Dichter. Heute erinnern wir uns an sie in warmen Farben, romantisch verklärt. Dort am Meer stehen noch ihre Relikte in mancher Stadt. Weit weg von den Museen und Kultur-Monstren der Metropolen.
Diese Künstler befreiten die Welt von dem Duktus der Traditionen, des Totalitarismus und Faschismus. Sie setzten den aufklärerischen Gedanken konsequent um in ihren Arbeiten. Einige wenige ließen sich verführen - vielleicht. Nichtsdestotrotz: sie bewegten etwas! Ich sehe sie ganz unprätentiös als große Geister am Horizont. Leider werden sie immer mehr verschluckt von der Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit der Modernität. Ihr Geist verwässert. Sie regenerieren zu Sightseeing Objekten. Oder sie werden zu Themen selbstgefälliger intellektueller Diskurse. Ihre Werke werden für Millionen Dollar auf dem Kunstmarkt gehandelt. Um welchen Wert geht es dabei?

Nein, ich will nicht sagen, dass ich damals gelebt haben wollte. Zwei Weltkriege erschütterten relativ kurz nacheinander die Welt. Dann der kalte Krieg, - in den ich hineingeboren wurde. Als ich das Licht der Welt erblickte, war die Mauer gerade erbaut.
Eine Dokumentation auf Phoenix über Cocteau und Picasso weckte in mir wieder die alten Zeiten und die damit verbundene Leidenschaft für Kunst, - dabei erlebte ich keinen einzigen dieser Künstler, aber ich las ihre Zeugnisse und bewunderte manche ihrer Bilder. Sie prägten mit ihren Gedanken meine Jugend und mein junges Erwachsensein. Sie sind meine Meister und Vorbilder. Ich gebe ungern zu, dass ich Vorbilder habe. Ich will nicht einzelne Künstler benennen (nicht an dieser Stelle) – es ist mehr das Sammelsurium der vielen Sachen, die ich las und anschaute. Wen ich als Künstler persönlich präferiere, ist uninteressant.

Meine Bücherregale sind voll von einer Auswahl ihrer Dichtkunst. Sie stehen da nicht nur so herum. Ich überlege, was sie wohl zu unserer heutigen Zeit sagen würden. Es ist keine einfache Überlegung ...

Auch heute begegne ich über die Medien Persönlichkeiten und Künstler, die mich beeindrucken. Sie führen den Geist von Freiheit, Anarchie und einer besseren (liebenswerteren, gerechteren) Welt weiter. Einer dieser bemerkenswerten Menschen ist der Chinese Ai Weiwei.
Im Dorfkino (eines der letzten) Olympia läuft am Wochenende der Film „Ai Weiwei – Never Sorry“ - ein Porträt dieses Künstlers. Ich glaube, ich gehe hinein.

Mittwoch, 8. August 2012

My day


Ich war am Ende. Ich war damals vorm Ende. Ich war am Ende, als ich geboren wurde. Ich öffnete meine Augen und mein Lebensdurst begann. Nach dem Licht. Nach der Brust meiner Mutter, die ich nicht bekam … Nach den Gestalten um mich herum, die mich hoben, ablegten, fallen ließen. Ich hatte noch keine Erinnerung. Oder vielleicht hatte ich sie. Damals als ich geboren war. Meine Haut war wie ein Pfirsich. Meine Augen waren junge Sterne. Wenn ich lachte, lachte ich. Wenn ich weinte, weinte ich. Damals, als Gebüsche noch Gebüsche waren.
Nach und nach fraß ich mich durch das Leben. Ihr wisst schon. Ihr seid auf dem selben Weg. Wir wussten nichts voneinander, und dann kamen Eltern, Familie, Schule, Kultur. Es kamen all die Unterschiede. Ich mag Erdbeermarmelade, und du magst Kirschmarmelade. Und du? Was magst du?
Himbeere?
Die Liebe ist eine unbestimmte Marmelade, die uns von Geburt aus mitgegeben wurde. Sie ist erst süß wie der Teufel. Und danach gärt sie. Alles gärt. Das Leben gärt. Die Marmelade verliert ihre Süße, und du, du kleiner Mensch, musst deinen Geschmack umstellen …
Ich stellte meinen Geschmack um. Ich grinse. Weißt du, wie sehr ich grinse? Ich bin du. Du bist ich. Wir wurden in dieselbe Welt geboren.
„Küss mich, bevor du gehst …
heut nacht“
Ein alter Song von Spliff.
Tränen halten Sonnenstrahlen, und die Sonnenstrahlen halten meine Tränen. Vergangenheit und Zukunft lösen sich auf, sind nichts als Würfelzucker in einem Wasserglas.

(Hey, keine Angst, ich liebe dich!)

Sonntag, 1. April 2012

Tiefenscan


So ein Scheiß, verschwindet mein Text plötzlich, dabei wollte ich ihn nur kopieren, um ihn auf das Weblog zu stellen. Und weg ist er! Und auch nicht wiederherzustellen. Das ist wohl ein doofer Aprilscherz, denke ich verärgert. Inzwischen lasse ich einen Tiefenscan das Laufwerk C durchsuchen. Scheiß Technik!
Bis der Tiefenscan mit fragwürdigen Erfolgsaussichten fertig ist, kann ich den Beitrag genausogut neu schreiben. Man hat ja sonst nichts zu tun. Wozu über so einen Mist ärgern? Die Sonne scheint, und ich schlief 18 Stunden. Ich sollte ausgeruht und frohgelaunt sein.
Also folgendes:

Erinnert ihr euch noch an Big Jim und Big Jeff? Das waren Actionfiguren, die Mitte der Siebziger auf den deutschen Markt kamen. Und ich fuhr als 12-13 Jähriger total auf die ab. Mein Vater zog mich damit auf, weil er meinte, dass Jungs nicht mit Puppen zu spielen haben. Trotzdem schneiderte er mir dann das ein oder andere Kostüm für meine Figur. Ich erinnere mich, wie wir manchen Abend gemeinsam Western guckten, und ich drängelte so lange, bis er das Nähzeug holte. Die Outfits, die es für die Actionfiguren im Laden zu kaufen gab, sprengten mein Taschengeld. Da konnte ich mir nur mal alle Monate eins leisten: Big Jim als Cowboy oder als Feuerwehrmann ... und was weiß ich noch alles.
Heute kommt mir oft der Gedanke, dass ich damals schon für meinen Beruf übte, - unbewusster Weise. Ich wurde sozusagen auf mein Schicksal vorbereitet, dass ich einmal eine Arbeit mache, bei der ich viele Menschen an- und ausziehen muss. Das ist übrigens gar nicht so einfach, wenn die Glieder der Alten steif oder gelähmt sind und sie nicht mithelfen können.
Vielleicht gibt es viele Dinge, mit denen wir uns arglos beschäftigen, ohne zu wissen, dass sie eines Tages mehr für uns bedeuten werden.
Als ich noch im Sandkasten spielte, grub ich z.B. gern Tunnel und Löcher. Viele Buben machen das, glaube ich. Natürlich buddele ich schon lange nicht mehr im Sand, doch liebe ich es noch immer, mit meinen Händen und Fingern gewisse Höhlen zu erkunden … Aus einem kleinen Buben mit schmutzigen Händen wurde ein großer mit einer schmutzigen Phantasie.
So ist das.
(Ich nahm meine schmutzige Phantasie mit unter die Dusche.)

Und was macht der Tiefenscan? Er läuft noch. Wenn ich das verlorene Dokument zurück bekomme, kann ich mich gleich noch mal ärgern. Ich liebe Löcher, aber ich hasse gemeine Fallen, in denen meine Texte auf Nimmerwiedersehen verschwinden.

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