Seit heute wird`s langsam wieder heller, zumindest was das Tageslicht angeht. Natürlich ist davon noch nichts zu merken. Meist muss man sich im Leben mit (verflucht) kleinen Schritten zufriedengeben.
Im Büro schleppten wir uns durch die Woche. Viele haben Zwischen den Jahren Urlaub. Ich diesmal nicht. Was soll`s – sind nur zwei Tage. Bestimmt mal ganz angenehm, mit ein paar wenigen Kollegen/Kolleginnen die Stellung zu halten.
Am Mittwoch waren wir zu fünft nach Feierabend in der Feinbäckerei, ein schwäbisches Lokal nicht zu weit von unserer Arbeitsstätte. War ganz nett. Ich aß Schupfnudeln mit Sauerkraut und Rossbratwürstchen. Eigentlich liegt mir solch außerbetriebliches Klönen mit Kollegen/Kolleginnen nicht, aber ich will mich nicht immer ausklammern.
Ganz schön düster heute Vormittag. Ich schreibe bei Kerzenlicht. Wie immer tönt der Blues im Hintergrund. Ich gönne mir noch einen Faulenzertag. Heiligabend werde ich in Rostock verbringen. Wer mich kennt, weiß, dass mir Weihnachten am Arsch vorbeigeht. Umso mehr freute ich mich über die Einladung – so komme ich mal wieder raus aus dem Moloch Berlin und muss diese grauenhaften Tage nicht ganz allein verbringen. Danke!
An Gott kann ich einfach nicht glauben, aber ich stelle mir immer wieder die Frage nach ihm.
Gestern Abend vorm Schlafen schaute ich mir Dieter Nuhrs satirischen Jahresrückblick in der Mediathek an. Was für ein Arschloch! dachte ich bei mir, - bestimmt kriegt er regelmäßig von der Autoindustrie einen geblasen.
Die Frauen werden untenrum feucht, wenn sie diesen selbstgefälligen Wichser sehen; und die Männer mögen ihn wegen… Keine Ahnung. Wahrscheinlich besuchen sie seine Veranstaltungen, weil sie von ihren Frauen dazu genötigt werden. Oder sie sind Warmduscher.
Apropos Warmduscher: Nach Feierabend saß ich für ein paar Bier im Pub neben einem bereits angetrunkenen Fliesenleger. Ich verstand nicht viel von dem, was er sagte. „Zuhören ist wichtig“, sagte er öfter. Und da konnte ich ihm nur zustimmen. Aber ansonsten… Ich schätzte ihn Mitte Dreißig. Er saß in seiner Arbeiterkluft an der Bar und erzählte drauflos. Ziemlich viel Frust lud er ab. Schließlich spendierte er mir einen Schnaps. So ist das unter Männern, - ich meine, unter richtigen Männern. Dieter Nuhr sollte man ab und zu mit seinem eigenen Spruch konfrontieren: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten.“
Nein, ich rege mich nicht mehr als nötig über diesen Laffen auf. Wir leben nun mal in einer Arschlochwelt. Hier in Berlin kommt man an Arschlöchern jeglicher Couleur nicht vorbei. Es gibt zu viele. Wenn ich meine Wohnung verlasse, betrete ich Arschloch-Terrain.
Nicht nur Weihnachten geht mir jedes Jahr gehörig auf den Sack, sondern auch die debile Knallerei ein paar Tage später zu Silvester. Am liebsten würde ich mich da verstecken oder mir das Ganze gemütlich von der Erdumlaufbahn aus ansehen. Sind doch jetzt wieder Plätze frei in der ISS.
Der Tatortreiniger rettete mir den Samstagnachmittag. Ich war zu nichts zu gebrauchen. Wie ich es bereits schrieb, hielt mich die Öde in ihrem eiskalten Griff. Ein Wunder, dass ich mich überhaupt zu was aufraffen konnte. Ich begann mit dem Gucken 14 Uhr, und 20 Uhr lief immer noch
Der Tatortreiniger. Eine Folge dauert ca. 30 Minuten – mal rechnen… Ich habe mir also 12 Folgen reingezogen. Nicht schlecht, Herr Specht! Danke dieser Serie mit ihren abgedrehten Stories und Akteuren, vornean Bjarne Mädel! Besonders die Folge
„Rebellen“ fand ich bärenstark. Es existiert noch Qualität im Deutschen Fernsehen.
Ich hätte vielleicht nicht das ganze Pulver verschießen sollen, denn heute ist auch noch ein Tag.
Na gut, lassen wir`s auf uns zukommen. Ein Blick aus dem Fenster sagt so etwas wie „Mumpf“ oder „schmutziges Geschirrhandtuch“. Temperaturen um die 0 Grad Celsius laut Wetteransage. Passt. Ich mag die Nullen dieser Welt. Sie machen einem nichts vor. Manchmal würde ich gerne alles zurück auf Null drehen. Die Null ist absolut göttlich. Ich könnte gut damit leben, würde man mich als Null bezeichnen. Apropos: mir fällt gerade ein, dass ich träumte, Saxophon zu lernen, brachte aber keinen Ton heraus. Trotzdem versuchte ich es immer wieder…
Inzwischen kochen die Kartoffeln auf der neuen Herdplatte. Ich dachte, ich mache sie schon mal, denn später habe ich dazu bestimmt keine Lust mehr. Ich singe ihnen was, während sie köcheln. Die Kartoffeln hüpfen im Wasser auf und ab und applaudieren. Schön, denke ich, ich habe ein paar Fans gewonnen.
Und das war`s dann mal wieder.
Mit dem Leben verhält es sich wie mit dem Weltall: Zwischen den Planeten, den Sonnensystemen und Galaxien liegt ein Haufen leerer Raum. Ich nenne es Öde oder „nichts los in der Hos“. Zurzeit befinde ich mich mal wieder in der Öde. Der Winter ist dazu prädestiniert, die Weihnachtszeit im Besonderen. Gestern hatten wir Weihnachtsfeier, Betriebsversammlung, Jahresabschlussbericht und Fortbildung in einem. Ganz schön öde, und man darf sich von seiner schlechten Laune und Langeweile nichts anmerken lassen. Ist immer blöde, wenn man gefragt wird: „Alles gut bei Dir?“
„Ja, haha, alles top, ich schlief nur schlecht.“
„Ich schlief auch nicht gut.“
„Ach so.“
„Und wie findest Du das Essen?“
„Geht so. Der Fisch ist nicht übel.“
Und Blablabla.
Gut, dieses alljährliche von der Geschäftsleitung zum Wohle der Mitarbeiter(innen) organisierte Schmankerl ging auch vorüber. Es gibt Schlimmeres. Aber müde war ich – verflucht, war ich müde von dem vielen unbequemen Herumsitzen und blöde grinsen!
Als ich im Pub ankam, war es bereits dunkel. Ich wollte nicht gleich zurück in die Bude. Zu früh noch. Ich setzte mich an die Bar und nickte der Bedienung zu. Neben mir ging es hoch her. Einige waren bereits ganz gut angetrunken (abgesehen von den üblichen Idioten). Laute Reggae-Musik tönte aus den Boxen. Der Zigarettenqualm hing in Schwaden im Raum. Der Bedienung gefiel es. Die alten Säcke neben mir glotzten ihr auf den Arsch. Ihre Hose hing auf Halbmast und gab den Blick frei auf Schlüpfer und einen Streifen nacktes Fleisch. Mein Bier kam, und ich griff mir zur Ablenkung eine Zeitschrift. Wenn meine Kolleginnen wüssten, in was für Spelunken ich abhänge, dachte ich beim Durchblättern. Nach außen hin mache ich eher einen anderen Eindruck. Ich würde wirklich gern mal wissen, was die Menschen, denen ich so im Alltag begegne, von mir denken. Na ja. Egal. Gut, dass ich mich nicht selbst von außen betrachten kann. Die Innenperspektive reicht mir völlig.
Mittlerweile habe ich ein Pub-Pensum: drei Pils, was neun Euro macht, und die ich dann großzügig mit einem Zehner bezahle. Meistens kehre ich dort nach dem Einkaufen im Supermarkt oder zum Feierabend ein. Alles liegt wunderbar in der Nähe – ich mag`s praktisch. Ich entwickle mich zu einem typischen Kiezbewohner. Im Umkreis von ein bis zwei Kilometern finde ich alles Notwendige. Ich genieße das Leben in der Komfortzone.
Das dritte Bier trank ich etwas schneller. Ich hatte genug von der lauten Musik, dem besoffenen Gelächter und dem Zigarettenqualm. Alles war gut. Draußen das übliche Getöse der Potsdamer Straße. Passanten huschten durch die weihnachtlich illuminierte Dunkelheit. Die Öde spie sie aus und schluckte sie wieder. Unerreichbar wie die Sterne am Himmel.
bonanzaMARGOT
- 15. Dez. 18, 10:40
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Berlin
"Reise nach Indien", 20 Uhr 15, Servus TV
bonanzaMARGOT
- 13. Dez. 18, 16:55
Zu viele Idioten haben Hoden.
bonanzaMARGOT
- 12. Dez. 18, 18:09
"1900" (Folge 1), 21 Uhr 50, Arte
bonanzaMARGOT
- 10. Dez. 18, 14:03
Ich tigere durch die Zimmer. Ich finde mich gut und nicht gut. Das geht gleichermaßen. Im Rhythmus der Bluesmusik. Die Wohnung riecht nach der frischgewaschenen Wäsche. Ein paar Kerzen brennen langsam ab. Ein typischer Wintertag im Halbdunkel der Straßenschlucht. Die Stadtbäume zeigen ihr filigranes Geäst. Mit mir ist nichts los. Ich hatte mich bereits darauf eingestimmt, heute in den vier Wänden zu bleiben. Gemütlich habe ich es, aber in mir klopft die Unruhe. Wie verhext ist das. Wohin damit? Ich finde nicht die Worte für diesen Zustand. Fühlt sich so Einsamkeit an? Das Glas ist leer. Ich gehe in die Küche und gieße Wein nach. Mann, wie das hier duftet! Mir fehlt es an nichts. Der Topf mit den fertigen Spaghetti steht auf der neuen Herdplatte. Seit zwei Tagen esse ich Spaghetti. Ich liebe Spaghetti Bolognese. Schon immer. Als Kind hatte ich es bald raus, wie man sie am Besten um die Gabel wickelte und ohne viel Kleckerei verschlingen konnte. Ich erinnere mich an die Sommerurlaube in den Sechzigern an der Adria. Damals war Italien noch ungeheuer weit weg. Wir fuhren einige Male nach Torre Pedrera, kurz vor Rimini, immer zum gleichen Hotel. Zwei Wochen Strandurlaub… Braungerbrannt kehrten wir zurück ins Wirtschaftswunderland. Die Schule begann bald wieder, und der Lehrer fragte uns, was wir in den Ferien gemacht hatten… Unglaublich diese Zeit damals: die Zeit der Schleifspuren in der Unterhose, die Zeit des Biedermanns im Wohnzimmer, die Zeit der Gastarbeiter, die Zeit des ersten Fernsehers, die Zeit Cassius Clays und der Mondlandung, die Zeit der Matchboxautos und Comicheftchen, die Zeit der Wundertüten und Kaugummiautomaten, die Zeit des Ölofens und der Sonntagsausflüge, die Zeit von Fransenteppichen, die Zeit von Peter Alexander und der Beatles, die Zeit von LEGO, Daktari und Bonanza…
Ich blicke auf die Zeitanzeige meines Laptops. Früher Nachmittag erst. Sonntage sind fast so zäh wie Bürotage. Die Mikrowelle piepst. Eine Schale italienische Gemüsemischung ist fertig. Sollte zu den Spaghettis passen. Was gibt`s noch zu tun?
AKK hat`s gerissen! Sie siegte im Wettstreit um den Parteivorsitz der CDU knapp vor dem Technokraten Friedrich Merz. Ich mag diese kleine schlagfertige und energisch auftretende Person aus dem Saarland. Sie ist keine der üblichen Polit-Dumpfbacken, sondern versprüht noch Kraft und Authentizität. Aus ihrem Munde macht der Begriff Wertkonservatismus* Sinn. Ein echtes Christkind das. Ihre teilweise spießigen Ansichten, z.B. über Ehe und Familie, stören mich komischerweise nicht besonders. Sie ist auf sympathische Weise intelligent und durchsetzungsstark. AKK als die nächste Kanzlerin kann ich mir gut vorstellen. Denn eins ist klar, bei der Kanzlerfrage kommen wir an der CDU nicht vorbei. CDU/CSU werden bis auf Weiteres stärkste politische Kraft Deutschlands bleiben. Wir leben in gesellschaftspolitisch haarigen Zeiten. Darum verfolgte ich in den letzten Wochen den Wettstreit der drei Kandidaten. Bei Personen trügt mich mein Bauchgefühl selten. Als dann gestern Nachmittag das Ergebnis vom zweiten Wahlgang verlesen wurde, atmete ich erleichtert auf. Nein, zum CDU-Wähler werde ich deswegen nicht. Politisch ticke ich zu links. Ein Misthaufen bleibt trotz einzelner guter Figuren ein Misthaufen. Am Besten kann man das an der Kirche sehen.
Ich wünsche AKK, dass sie nicht so bald ausbrennt. Das Polittheater ist mitunter grausam zu seinen Protagonisten.
* Der Begriff des Wertkonservatismus wurde 1975 vom SPD-Politiker Erhard Eppler in seinem Buch "Ende oder Wende" eingeführt. Als wertkonservativ bezeichnete Eppler eine Politik, die sich für die Bewahrung der Natur, einer humanen und solidarischen menschlichen Gemeinschaft, sowie des Wertes und der Würde des Einzelnen einsetzt.
(Quelle Wikipedia)