boMAs Gedichte und Texte

Mittwoch, 20. April 2011

Der letzte Kuss




Die Toten Hosen mal wieder.





Ballgefühl



Togo machte Voodoo, die Schweizer gewannen
Letzte Nacht trug ich den schmächtigen Informatikprofessor
auf Händen
so leicht war er
im Bett von der einen Seite auf die
andere zu lagern
Bevor ihn der Tod erwischte, sollte er Alzheimer bekommen
Ich lausche den Nationalhymnen zum nächsten
Fußballspiel
wo durchtrainierte junge Männer auf einen Ball treten
Die Begeisterung des Publikums ist famos
Saudi Arabien spielt gegen die Ukraine
Ich befinde mich in der Gegenwart
Das Rund muß ins Eckige
Morgen fahre ich zu meiner Liebsten
Auf einem grünen Rasen schieße ich Gedichte
wie Bälle in den Himmel
Damit ich weiß, dass ich lebe
küsse ich DICH
Dem alten Professor, der in seinem Bett wie eine
tote Heuschrecke liegt
läuft der Sabber aus dem Mund
Ich lange hinein
Ein Spieler verfehlt trotz furiosem Schuß das Tor
Der Reporter erzählt und kommentiert
mit leichter Leidenschaft
Meine Gegenwart wird inzwischen zu Wasser
denn ich trinke Gin Tonic
wie ein Weltmeister




19.06.2006


Sonntag, 10. April 2011

Eigentlich

... fühle ich mich vom Frühling
überfordert.
Er kommt wie ein Tsunami über das Land
und färbt die Natur ein.
Es ergibt sich die Palette eines Malers mit
hohem Grünanteil.
Ich spüre, dass ich an dem Glück leide.
Das Glück, von dem ich so wenig
wirklich weiß:
Am Leben sein.

Samstag, 19. März 2011

Fukushima

Oder: Nach der Katastrophe ist vor der Katastrophe



Die Sender bleiben dran
keiner will den GAU verpassen
Die Berichterstattungen laufen rund um die Uhr
Bilder der Zertörung und des
Leids
laufen in einer Endlosschleife

Inzwischen erfüllen dreihundert Feuerwehrleute
einen Kamikazeauftrag
an den Reaktorblöcken in
Fukushima
Die Toten werden nach und nach aus dem Katastrophen-
gebiet geborgen
Und es wird weiter gestorben
durch Kälte und Hunger
vorallem die Alten und Schwachen darben
dahin

Die ganze Welt schaut auf das Geschehen
teils aus echtem Mitgefühl
teils aus Sensationsgier
Man glotzt und glotzt
und wartet darauf, was noch alles
passiert in Japan
ob die Megametropole Tokio von der Strahlung bedroht ist
und wie viele Leichen noch unter den
Trümmern liegen

Ich schalte um und höre, dass Bundeskanzlerin Merkel
ein Moratorium für deutsche Kernkraftwerke aus-
spricht
um die Sicherheit der KKWs "ohne Tabus"
überprüfen zu lassen
Ich öffne eine Flasche Wein
und fülle mein Glas
Nicht, dass ich noch einen Grund zum Saufen bräuchte
aber nun hätte ich einen



(19.03.2011)

Sonntag, 6. Februar 2011

Mondvogel


seine Sprache war cremig
sein Lachen endete in einem Glucksen
ein Abfluß
mit besonderen Allüren
er wollte Dichter sein
und wurde Taschendieb
seine Vernunft kaufte ihm alles ab
wenn er sich verliebte
dachte er ans Untertauchen
und an ein Erwachen im Glück
war er nicht genug gestrauchelt?
sein Gesicht war wie der Mond
mit zu- und abnehmendem Profil
als Erdtrabant einsam und gebunden
die Schönheit unerreichbar vor Augen
er ließ Träume wie Federn
der erste Vogel, der in Höhlen wohnte
und sich mit dem Liebkosen von Schatten
begnügte
wenn er sich kunstvoll versteckte
würde er niemals geschnappt werden




(15.02.2005, boma)

Montag, 15. November 2010

Sich fremd


An manchen Tagen bin ich mir selbst fremd.
Ich kann schwer glauben, dass ich seit 22 Jahren in der Altenpflege arbeite.
Auch die ganzen Liebesbeziehungen, die ich hatte, erscheinen mir unwirklich.
Die vielen Gedichte, die ich schrieb, kommen mir merkwürdig vor - wie aus einem anderen Leben.
Und meine Kindheit scheint so weit weg, als gehörte sie jemand anders.
Meine Mutter, mein Vater sind mir
wie seltsame Geister, die durch mein Leben spuken.
Mein Bruder ebenso.
Ich erinnere mich nur noch des Erinnerns wegen.
Ein bisschen ist es so, als würde ich in einer Raumkapsel über meinem Leben schweben.
Einsam.
Nur noch auf den Moment zulaufend.
Lebendig tot sind die einen.
Und ich scheitere am tot lebendig sein ...

Montag, 8. November 2010

Der Tod in seinem Element



Der Tod hängt in der Steilwand
Er hat fast jeden Berg erklommen
Kurz vorm Gipfel lässt er sich
in dieTiefe fallen
lauthals lachend
stürzt er an den nachfolgenden
Kletterern vorbei
Einen davon packt er am Kragen
und reißt ihn mit sich
Er nennt das:
„Abgreifen“

Der Tod ist Hobbygärtner
Die Zeit nimmt er sich zur
Entspannung
Außerdem macht es ihm höllisch
Spaß, in seiner Freizeit mit seiner Sense
zu mähen
und Unkraut zu rupfen
Und so kennen wir ihn schließlich
als den
„Schnitter“

Der Tod kocht für sein Leben gern
und wenn er zum Mahl einlädt
heißt er jedermann gleich willkommen
Heute gibt es Lammkoteletts
und bestimmt solche
die den Essern im Halse stecken
bleiben
Der Tod lacht in die Runde
seiner geladenen Gäste und tönt:
„Das kommt davon, wenn man den
Mund zu voll nimmt!“

Offensichtlich vergnügt er sich gut
und seine Phantasie kennt kaum
Grenzen
Mitunter macht er auch den
LKW-Fahrer
Er liebt Stauenden
und Pannenfahrzeuge auf dem
Seitenstreifen

Aber am meisten Freude hat er an
Flugzeugkollisionen und –Abstürzen
„ich kann es nicht beschreiben“, äußert
er mir gegenüber beim gemütlichen
Kaffeekränzchen
„So viele Elemente kommen zusammen,
wenn ich darüber nachdenke – es ist
dieser Überraschungseffekt
Außerdem gleicht keine Katastrophe
der anderen
eine echte Augenweite ...“

„Was ist mit den Kriegen?“ frage ich
schaudernd und zittere leicht beim
Anheben der Kaffeetasse
„Kriege finde ich echt öde“, antwortet der
Tod, „die Menschen nehmen mir die ganze
Arbeit ab, dabei reizt mich doch die
Herausforderung ...“
„Aha“, krächze ich und setze die Tasse ab
Der Kaffee schmeckt bitter
„Ich bin Künstler“, fährt mein düsterer
Gesprächspartner fort, „das müsstest
du doch verstehen ...“
Mir stockt der Atem
Eine Knochenhand legt sich kalt
auf meine Schulter
Der Tod fordert mich kameradschaftlich
auf, ihm in sein Atelier zu
folgen
.





(17.11.2002)

Montag, 12. April 2010

Der Anfang eines Gedichts

Der Algorithmus,
der zum Spießer führt,
in eingängigem Rhythmus
dich zum Erwachsenen kürt
...

Dienstag, 20. Oktober 2009

Das Brot des Alters



die Jahre vergehen
man bekommt krumme Zehen
man wird müde und auch ein bisschen prüde
die Rente ist karg
nur die Ängste sind stark
es gehen die Jahre, man sieht schon die Bahre
ist unendlich träge
demnächst kommt die Pflege
die Eltern sind tot, man liegt im eigenen Kot
es ist niemand mehr da
das ganze Leben ... nicht wahr
es ist irgendwie nicht wahr, wie es einst war
die glücklichen Zeiten
wie saftig waren damals die Weiden
man liebte wie irre und war vom Leben ganz kirre
aber die Jahre vergingen
keine Macht kann sie wiederbringen
man ist nur noch Last, das Leben ist Knast
gewindelt, gefüttert
von nichts mehr erschüttert
doch das Ende kommt nicht, Leben ist Pflicht
alles verging
und man ist nur noch Ding
der Geist wird dement, die Träume Zement
wer schrieb dieses Buch?
warum wird das Leben zum Fluch?
ein Geschenk wär` der Tod
wie für den Hungernden Brot



(boma, 20.10.09)

Montag, 17. August 2009

Frei sind nur die Engel



Der Weg in die Freiheit ist ein Bahnhof
Der Weg in die Freiheit ist ein Hafen
Ein Flughafen
Ein Schiff
Ein Bus
Ein Transporter
Der Weg in die Freiheit ist ein Lager
Der Weg in die Freiheit ist ein Gefängnis
Eine Zelle
Eine Folterkammer
Gitterstäbe
Geteilter Himmel
Der Weg in die Freiheit ist Geld
Der Weg in die Freiheit ist Erfolg
Ein gut bezahlter Job
Macht
Karriere
Ein Anzug von Armani
Der Weg in die Freiheit ist Glaube an Gott
Der Weg in die Freiheit ist Religion
Ideologie
Philosophie
Askese
Innere Einkehr und Läuterung
Der Weg in die Freiheit ist eine Sucht
Der Weg in die Freiheit ist eine trügerische Hoffnung
Ist Alkoholismus
Drogensucht
Spielsucht
Gier
Der Weg in die Freiheit ist eine Herausforderung
Der Weg in die Freiheit ist das Aufgehen im Ehrgeiz
Das Erklimmen des Mount Everest
Ein Triathlon
Hundert Meter unter zehn Sekunden laufen
Die Tour de France
Der Weg in die Freiheit ist unmöglich
Der Weg in die Freiheit ist alles, was uns Menschen bewegt
Die Liebe
Die Liebe und der Durst
Ein gutes Wort
Die Hand , die du mir reichst




(17.08.09)

Donnerstag, 6. August 2009

Die Nacht der Leguane


Als ich zum Nachtdienst kam, war das Grillfest
auf der Sonnenterrasse in
vollem Gange.
Während ich das Haus und die Bewohner hütete,
feierten sie.
Die Chefs und die, die um sie herum saßen.
Es war wie eine andere Welt.
Oder wie die andere Seite derselben Welt.
Wie der Arsch zum Gesicht.
Endlich waren die letzten verschwunden und ich hatte
die Nacht wieder ganz allein
mit den Alten, die Zimmer an Zimmer
abgelegt waren.
Ein Altenheim ist wie ein Dachboden des Lebens,
wo die Alten aufbewahrt werden - ein Hort
des Zerfalls.
Das alte Backsteingebäude würde auch bald ausgedient
haben.
Immer mehr verstand ich, dass alles ein Geschäft war.
Es ging um Zimmerbelegungen und
um Effizienz in der Pflege.
Es ging um den doppelten Boden in der Moral
der Gesellschaft.
Ich war froh, als endlich Ruhe im Haus eingekehrt war.
Im Fernsehen lief nach Mitternacht
ein guter Spielfilm:
"Die Nacht der Leguane" mit Richard Burton,
nach einem Bühnenstück von Tennessee Williams.
Der volle Mond schien zu mir herein.
Ich war allein.
Ich war das Haus.
Und ich war viel älter, als ich aussah.



(06.08.09)

ein literarisches Tagebuch

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