Mein Bezug zu Menschen - Mein Hadern mit moderner Kommunikationstechnologie

Wenn das Telefon klingelt, zucke ich zusammen. Wer hat nur diesen Teufelsapparat erfunden, durch den man von jedermann und überall (durch die Mobilfunkgeräte) zu erreichen ist? Vielleicht ist es auf mein Singleleben zurückzuführen - my home is my castle - dass ich, wenn es unerwartet klingelt, das Telefon oder an der Haustür, mich in meiner Privatsphäre gestört fühle. Es ist in etwa so, als ob jemand an die Klotüre klopft. Wer will etwas von mir, während ich hier Dingen fröne, die gar niemandem etwas angehen? Dabei habe ich eigentlich nichts zu verbergen. Ich bin auch kein Messie. Ja, ich wurde zum Einzelgänger. Außerhalb der Arbeit lebe ich zurückgezogen. Und möchte ich unter Menschen sein, fahre ich in die Stadt. An manchen Tagen bin ich scheu wie ein Reh(bock). Am liebsten ist mir die mittlere Distanz zu Menschen, z.B. in der Kneipe. Man bleibt der, der man ist, und muss niemandem Rede und Antwort stehen, wenn man keine Lust hat. Ich trinke mein Bier, lese Zeitung und fühle mich einfach wohl in der Nähe der anderen, die ich ab und zu neugierig und wohlwollend betrachte.
Ich frage mich, wozu ich einen Festnetzanschluss habe. Eigentlich nur, damit ich meinem Arbeitgeber und auf Ämtern eine Nummer angeben kann. 90% meiner Kommunikation wickele ich über SMS und Mail ab. Mir bleibt für die Antwort Zeit zum Nachdenken, ich fühle mich nicht so unter Druck gesetzt. Wenn ich was hasse, sind es Hektik und Stress. Und wenn plötzlich das Telefon klingelt, ist das nunmal eine Stresssituation, jedenfalls für mich: Huch! Wer könnte das sein?!? Wer will etwas von mir?? Innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde spekuliere ich über Wichtigkeit und Anrufer. Zeigt das Display die Nummer nicht an, nehme ich schon gar nicht ab. Das kann dann nur mein Arbeitgeber sein oder Uschi, eine Ex-Freundin aus alten Tagen. Das Altenheim will doch nur, dass ich einspringe; und Uschi würde mich sicher wieder voll labern. Trotzdem bin ich jedes Mal unsicher, wenn ich nicht abnehme. Es könnten nämlich meine Eltern sein, deren Rufnummer auch unterdrückt wird. Vor Jahren machte ich mit ihnen extra ein Klingelzeichen aus. Inzwischen habe ich ein neues Telefon, und sie sprechen mir Nachrichten auf die T-Net Box. Meistens sagen sie, ich solle sie doch mal wieder anrufen.
Es gibt eine Handvoll Menschen, die meine Handynummer haben. Sie melden sich meist nur auf Anfrage. Na ja, sie kennen mich. Wenn tagelang gar keine Mail oder SMS hereinschneit, finde ich das schon etwas bedrückend.
creature - 01. Dez. 08, 17:31

aha, du siehst dir dicke titten an, klar willst du da nicht gestört werden, kann ja einer denken du hättest eine störung....;)

bonanzaMARGOT - 01. Dez. 08, 19:17

Ja, alles voller dicker Titten bei mir zuhause.
LadylikeKandis - 04. Dez. 08, 16:06

da sind wir uns ja sehr ähnlich, dann kannst du mich auch verstehen, wenn ich nicht unbedingt vor die tür muss und wenn mein handy bimmelt oder das tele dann verdreh ich immer die augen...;-))

meine nummer ist auch unterdrückt..ja ja..

bonanzaMARGOT - 05. Dez. 08, 14:51

Ich verstehe sehr gut, obwohl ich nicht
weiß, warum ich so bin. Diese Kontroverse finde ich zum kotzen. Liebe ich die Menschen doch.
LadylikeKandis - 05. Dez. 08, 21:41

ich liebe die menschen auch...und trotzdem mag ich die einsamkeit! das ist nur legitim..
bonanzaMARGOT - 06. Dez. 08, 10:06

Einsamkeit bedeutet im positiven Sinn für mich Ruhe, Trost, Freiheit/Unabhängigkeit.
LadylikeKandis - 06. Dez. 08, 10:40

eben so wie für mich!
nur leider können viele menschen nicht viel damit anfangen..

ich wünsche dir ein schönes wochenende lieber bon!

lady
bonanzaMARGOT - 06. Dez. 08, 10:46

danke, dir auch, ladylikekandis.
dummerweise muss ich arbeiten. da hole ich mir dann wieder einige portionen menschennähe.
--lilith-- - 05. Dez. 08, 14:58

vielleicht eine rebellisch-logische reaktion auf das draengen der umwelt, immer erreichbar zu sein?
das ist es zumindest bei mir zu einem großen teil.

bonanzaMARGOT - 05. Dez. 08, 17:17

Lilith, mehr eine unwillkuerliche Reaktion als eine logische. Logisch ist, dass ein halbwegs intelligenter Mensch begreift, dass etwas schief läuft. Dummerweise ist er nicht immer intelligent genug, etwas zu ändern.
bonanzaMARGOT - 06. Dez. 08, 12:28

etwas ausführlicher, lilith

da die menschen sehr unterschiedlich in ihren bedürfnissen und geschmäckern sind, empfinden sie auch die technischen erneuerungen der neuzeit mehr oder weniger sinnvoll oder als erleichterung. viele erneuerungen wie die kommunikationsvielfalt können eine belastung generieren.
es stellt sich dann die frage: wie kann ich mich davor schützen, ohne mich auszugrenzen? oder: wie viel muss ich an mich heranlassen, um noch up to date zu sein? dies ist auch eine generationenfrage. wenn man alle paar jahre anfangen muss, neu zu lernen, weil die entwicklungen in beruf, technik und kommunikation derart rasant passieren, kann man sich als älterer mensch kaum noch auf seine erfahrungswerte berufen. stattdessen steht man ständig in rivalität mit den jungen und fühlt sich irgendwann überfordert. ich würde die rückkehr zu mehr langsamkeit und ruhe in allen lebensbereichen begrüßen. ich glaube auch, dass jedes ding seine weile braucht, um sich in seiner ganzen tiefe zu offenbaren. schnelllebigkeit, übermäßiger konsum und wegwerfgesellschaft sind attribute, die uns zu oberflächlichen wesen machen.
so gesehen steht hinter der ablehnung exzessiver anwendung moderner kommunikationstechnologie ein rebellischer geist - ein geist, der intuitiv eine verweigerungshaltung annimmt. daneben lehne ich den heute übermäßigen auto- und luftverkehr ab, und ebenso kritisch sehe ich die konsumtempel, einkaufszentren, supermärkte.
allerdings ist mir auch klar, dass ich mich nur teilweise diesem "strom", dieser entwicklung entgegenstellen kann. mir fehlt die kraft, um ein aussteigerleben zu führen. in diesem konflikt lebe ich. um mich vor der völligen vereinnahmung des materialismus und kapitalismus auf dieser welt zu schützen, mache ich mir stetig kritische gedanken - dabei freilich auch selbstkritisch.
das schlimmste für mich wäre, als ein heuchler zu gelten.
darum pflege ich den rebellen in mir, und darum hadere ich regelmäßig mit mir selbst. eine karriere mache ich freilich mit meiner einstellung nicht (lach), aber ich bin auch nicht so unglücklich, wie es manchmal klingt.
dus - 06. Dez. 08, 10:16

hm.
brauchst du ein handy? :-)
wenn es dich mehr belastet als segen ist...

übr hatte ich jahre kein telefon zu hause...

dus - 06. Dez. 08, 10:20

und auch heute ruft da keiner an...
seltenst. weil ich eh nicht hingehe,,,
bonanzaMARGOT - 06. Dez. 08, 10:39

Hallo dus.
Nein, ich fühle mich seltenst belästigt, weil die wenigen menschen, die meine Nummer haben, wissen wie ungern ich telefoniere, und wie selten ich abnehme.
Da ich so selten angerufen werde, zucke ich zusammen, wenn es mal unerwartet klingelt. Meistens sind es dann Werbeanrufe, mein Arbeitgeber, die Eltern oder zwei, drei Bekannte, die alle Monate mal nachfragen, ob ich noch lebe.

Mein Gefühl zur modernen Kommunikationstechnologie (wie auch zu meinen Mitmenschen) ist ja ein Zwiegespaltenes. Ich bin ein Mensch, der einen relativen großen Rückzugsraum beansprucht. Auf der anderen Seite würde ich mich ohne menschlische Kontakte irgendwann im negativen Sinne einsam, verloren fühlen.
Elisabetta1 - 06. Dez. 08, 18:23

ich tue es einfach ....

aus deinem beitrag zur kommunikationstechnologie habe ich den folgenden satz kopiert :

*stattdessen steht man ständig in rivalität mit den jungen und fühlt sich irgendwann überfordert. ich würde die rückkehr zu mehr langsamkeit und ruhe in allen lebensbereichen begrüßen.*

habe ich es nötig mit den jungen in konkurrenz zu treten?
[nein]
muß ich mir ruheloses leben aufdrängen lassen? [nein]
muß ich rund um die uhr erreichbar sein? [nein]
kann ich meinen tagesablauf selbst bestimmen? [ja]


ich bin schon dort angelangt... langsamkeit und selbstbestimmte ruhe und noch dazu ist
ge_lassen_heit
mein lieblingswort

liebe grüße

bonanzaMARGOT - 07. Dez. 08, 16:29

Glückwunsch, Elisabetta, so weit bin ich noch lange nicht, wie`s scheint, mich derart autark im Leben einrichten zu können.
Gerade erlebe ich beruflich, wie ich vieles mitmachen muß, was mir eigentlich gegen den Strich läuft.
Natürlich wehre ich mich dagegen, indem ich mich sehr oft den Dingen entziehe, die mich nerven.

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