Wozu leben?
Meine Eltern zeugten mich, als sie es nicht besser wußten. Wer mal am Leben ist, der hängt in diesem Spinnennetz fest. Er ist regelrecht verwachsen mit ihm. Und er wartet darauf, dass ihn eines Tages die schwarze Spinne Tod holt. Derweil träumen wir vor uns hin und warten. Der eine tätiger, der andere untätiger. Im Ergebnis spielt das überhaupt keine Rolle. Es ist einfach eine Frage der Lust - wie beim Sex. Wir machen es zwar alle ähnlich, aber jeder hat seine Vorlieben.
Die schwarze Spinne sitzt in Lauerstellung. Sie hat die Ruhe weg.
Ich frage mich: Wenn also alles zum Leben gehört, dann wohl auch der Tod? Ich machte mir sehr früh Gedanken über ihn. Warum, weiß ich selbst nicht. Ich wollte doch auch einfach so drauf los leben wie alle anderen. Oder sagen wir: die meisten. Doch bereits während meiner Schulzeit wuchs meine Skepsis, ob denn alles wirklich so war, wie man es uns vormachte und lehrte. Ich sah einfach zu viele Widersprüche. Und ich ließ mich nicht hinbiegen. Heute noch nicht. Ich mag diese Zombie-Parallelgesellschaft nicht. Ich mag nicht ihren doppelten Boden. Muß man studieren, um etwas wichtiges sagen zu dürfen? Muß man Karriere machen, um einen gesellschaftlichen Status zu erlangen? Wozu das Ganze? fragte ich mich. Immer und immer wieder.
Warum soll ich zu etwas Ja sagen, was ich nicht einsehe? Mein Vater hatte eine plausible Antwort parat: "Weil es alle so machen, mein Junge." Diese Antwort fand ich erdrückend - und enttäuschend. Sie sagte nichts anderes als: Passe dich an, sonst wird aus dir nichts, und du wirst in deinem Leben mehr Schwierigkeiten haben, als dir lieb ist. Oder: Es ist viel gescheiter, mit dem Strom zu schwimmen ... Oder: Früher oder später wirst du es auch noch kapieren.
Offensichtlich ist bei mir Hopfen und Malz verloren. Bald habe ich selbst ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel, und ich kann mich immer noch nicht anpassen. Klar. In gewissen Lebensbereichen komme ich nicht drum rum. Aber meine Gedanken konnte mir noch niemand in Richtung Konformität verbiegen. Ich bin immer noch der kleine fragende Junge, der sich verwundert die Erwachsenenwelt anschaut ..., beinahe verängstigt. Was ist das für eine Welt? Spinne ich?
Das erste Karussell, in das ich einstieg, stand auf dem Jahrmarkt. Ich saß im Feuerwehrauto und drehte mich munter im Kreis, lachte mein Kinderlachen. Die Eltern winkten mir vom Rande zu, und ich wollte gar nicht mehr aussteigen.
Das ist vorbei. Vorbei.
Vorbei. Die Zombiewelt startete ihre Angriffe auf mich: Schule, Kirche, Beruf, Politik, Geld, Status ...
Das Karussell hat keine Feuerwehrautos mehr. Da sind Panzer, Kampfflugzeuge, Streitwagen ... das reinste Horrorkarussell. Niemand winkt mehr. Sie sitzen alle wie Zombies in ihren Kabinen und stieren vor sich hin. (Übertreibe ich? Ich will nicht übertreiben.)
Das Leben ist kurz. Ihr wißt es auch. Und ich verüble niemandem, dass er mit den Wölfen heult, weil die Schutz und eine Lösung versprechen. Es gibt nichts schlimmeres als die Angst davor, dass einem der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Und ähnliches. Darum ja der ganze Popanz mit den Religionen etc.
Aber liebe Leute, ich bitte inständig jeden, der noch Herr seiner Gedanken ist, nicht auf solche Schimären herein zu fallen!
Die Spinne sitzt in Lauerstellung. Heute holt sie dich und morgen mich. Das ist unabänderlich. Schreit wenigstens in der Zwischenzeit eure eigene Meinung heraus! Gefangen zu sein bedeutet nicht, all seine Freiheit aufzugeben!
Wozu sonst leben?
bonanzaMARGOT
- 23. Sep. 11, 15:03
- Als Gebüsche noch Gebüsche waren