Lange-Weile - 19. Sep. 11, 15:00

mit Liebe Leid ertragen ?

Hallo Bo.,

ja..so grausam kann das Leben sein.

Ich erlebte meine Mutter für ein paar Monate auch schwer erkrankt. Zum Glück erholte sie sich wieder gänzlich und konnte ihr altes Leben noch einmal aufnehmen. Aber in diesen Monaten der Pflege hatte ich auch meine mentalen Probleme, was die Hinfälligkeit meiner Mutter betraft.
Ich sah sie nicht auf dem Sockel oder ähnlichem, sondern eine mir am Herzen liegende Person, deren Leid ich nur schwer ertragen konnte.

Ich denke, die Angehörigen, über die du in deinem Beitrag schreibst, konnten ebenfalls das Leid nicht mehr ertragen . Im Falle meiner Mutter war ja ein Ende abzusehen, in den schweren Fällen von Alzheimer und Demenz gibt es kein "gutes" Ende und dass macht die Angehörigen sicher hilflos. Wenn dann auch noch die Kommunikation zusammen bricht - d.h. keine Reaktion des Erkrankten - dann scheint auch die letzte Bindung zu schwinden. Jedoch kann ich mir nur schwer vorstellen, dass die Angehörigen, die sich nicht mehr sehen lassen, je einen Tag ohne schlechtes Gewissen dafür verbringen.

Gestern sah ich zufällig noch mal in einer Talkrunde Gabi Köster. Sie erzählte, wie ihr 18 jähriger Sohn sie pflegte und seine Muttern zum Klo schleppte. Viele andere Freunde und Bekannte verschwanden plötzlich aus ihrem Leben, weil sie sahen, das mit einer Genesung nicht so schnell zu rechnen war. Sie wollten möglichst schnell die alte Gabi Köster wieder haben. Und als diese nicht mehr in Aussicht war, verschwanden sie wortlos aus ihrem Leben. "Das Leben räumt sich selber auf" so begründete sie diese Tatsache. Nun ist die umgeben, von Menschen, die sie lieben.

Aber die Alten - Demenzkranken ? Einige von ihnen scheinen niemanden mehr zu haben, die sie lieben. Aber wurden sie vielleicht schon vorher nicht von Lieben umgeben ?

LG LaWe


bonanzaMARGOT - 19. Sep. 11, 15:18

wie ich es schrieb, lawe: man weiß selten die hintergründe. mein bruder wurde z.b. als kind mehrmals von meinem vater nach allen regeln der kunst verprügelt und mit abstrusen erziehungsmaßnahmen gequält. er spricht heute nicht mehr mit ihm ...

liebe und zuneigung kann man nicht selbstverständlich einfordern.
ein guter spruch übrigens: "das leben räumt sich selber auf." dem stimme ich zu.
kommunikation bei schwierigkeiten funktioniert nur, wenn auf beiden seiten einsichtsfähigkeit da ist - sowie die bereitschaft, (evtl.) zu verzeihen.
ich konnte meinen eltern verzeihen. wahrscheinlich, weil meine liebe- und zuneigungsbilanz einfach besser aussieht als die meines bruders.
wie ich aber mit ihrem altwerden und der drohenden hinfälligkeit und pflegebedürftigkeit (vorallem bei meinem vater) unmgehe, weiß ich nicht.
...
ich hatte schon eine menge freundinnen ..., die sich aus meinem leben verabschiedeten, aber ich habe eben nur diese einen eltern.

die beweggründe, warum sich angehörige von ihren pflegebedürftigen eltern distanzieren, sind je nach biografie, kultur/religion/tradition und charakter der menschen unterschiedlich.

wenn man sich in einer notlage befindet, ist es gut zu wissen, dass es menschen gibt, die einen bedingungslos lieben ... und für einen da sind.
Lange-Weile - 19. Sep. 11, 16:07

Nachgefragt

Hallo Bo.,

hat dein Bruder sich auch schon mal gefragt, warum es ihn so sehr getroffen hat? Warum er die Wut seines Vaters auf sich zog. Oder anders gefragt. Hat dein Bruder schon mal euren Vater mit seiner Erziehungsmethode einem seiner Söhne gegenüber konfrontiert?

Vielleicht hat der Vater eine Erklärung dafür. Wenn er - du hast es ja erwähnt - an Demenz erkrankt ist, dann wird die Zeit knapp, sich mir dem Vater darüber zu unterhalten. Das könnte beiden Frieden bringen.

Aber der Getroffene sieht das sicher anders und will sich mit dem Thema nicht mehr beschäftigen, Aber auf der anderen Seite bleibt der Groll in einem und macht unbewusst mental doch zu schaffen

LG LaWe

bonanzaMARGOT - 19. Sep. 11, 16:10

lawe, ich habe zu meinem bruder keinen kontakt - noch mal `ne andere geschichte ...; aber ich weiß so viel, dass mein vater darüber nicht reden will, bzw. die brutalitäten leugnet.

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