Zu müde zum Onanieren
Aus Bukowskis Tagebucheintrag 27. Februar 1993:
… Warum gibt es so wenig interessante Menschen? Warum nicht wenigstens ein paar, unter all den Millionen? Müssen wir es weiter aushalten mit dieser öden, schwerfälligen Spezies? Ihre einzige Leistung scheint Gewalt zu sein. Darauf verstehen sie sich ja soo gut. Da blühen sie auf. Stinkende Blumen, die uns jede Chance vermasseln. Es macht mir Probleme, dass ich dauernd mit ihnen Umgang haben muss. Wenn ich will, dass das Licht angeht, dass mein Computer repariert wird, die Klospülung funktioniert. Wenn ich mir einen neuen Reifen kaufen, einen Zahn ziehen oder den Wanst operieren lassen will. Ich brauche das Scheißvolk für die kleinen notwendigen Dinge, auch wenn ich sie abschreckend finde. Und das ist milde ausgedrückt.
…
Als Bukowski diese Zeilen schrieb, hatte er nur noch ein Jahr.
Wer weiß, wie lange ich das scheiß Menschen-Spiel noch mitmachen muss. Manchmal überkommt mich die Ahnung, dass es auch nicht mehr zu lange sein wird. Viel erwarte ich jedenfalls nicht mehr. Ich meine, viel Gutes und Neues. Wenn ich meine Ruhe habe, bin ich schon froh. Das gilt für den Nachtdienst wie überhaupt. Ganz besonders zur Zeit. Meine Haut ist dünn. Ich komme mir vor wie ein Polarforscher in der Eiswüste: Jeden Tag frage ich mich, was ich hier eigentlich mache. Mir ist zum Kotzen. Die Platte hängt, und ich komme nicht an den Plattenspieler heran. Ich wundere mich wirklich, dass es mich noch gibt – ob ich das bin, der zur Arbeit geht, mit den Alten spricht und ihre Windeln wechselt.
Vor meinem Dienst kehrte ich gestern in der "Kupferkanne" ein. Es ist ein neuer Pächter drauf. Ein Italiener mit drei fleißigen Töchtern. Wirklich nett. Und der Laden brummt. Wenn ich da an den letzten Wirt denke, der alles falsch machte, was man nur falsch machen kann. Die Leute spüren ganz genau die Arbeitseinstellung und Atmosphäre. Mit den Alten im Altenheim ist es genauso – bis zuletzt spüren sie genau, wie man sie behandelt, und wie man zu seiner Arbeit steht. Würden mir die Alten nicht ab und zu das Gefühl geben, dass ich richtig bin, dass ich meine Sache gar nicht so schlecht mache, sähe es ziemlich finster um mich herum aus.
Ich setzte mich an einen kleinen Tisch gleich beim Eingang und freute mich, dass ich zuvorkommend bedient wurde. Ich sauge positive Begebenheiten gierig auf. Meine Seele ist ausgetrocknet. Und müde. Ich trank ein Bier und las Bukowski ...
Der Nachtdienst verlief ohne Besonderheiten. Das heißt, in der ARD lief um Mitternacht ein interessanter Film: „Howl – das Geheul“ - der vom Dichter Allen Ginsberg und sein in den Fünfzigern veröffentlichtes Gedicht „Howl“ handelt. Sein Verleger muss sich vor Gericht verantworten, weil die Staatsanwaltschaft das Gedicht als obzön und damit als strafbaren Akt ansieht. In der Gerichtsverhandlung streiten sie darüber, ob es sich um Kunst oder Schweinekram handelt. Der Verleger wird am Ende freigesprochen. Die Argumente der Staatsanwaltschaft sind mir gar nicht so fremd, wenn ich an manche Kommentare zu meinen Gedichten denke. Die Ewiggestrigen sterben nicht aus. Ihr beschränkter Geist wird nie kapieren, was Kunst ist. Freiheit im Ausdruck und selbstständiges Denken finden sie anstößig.
Allen Ginsbergs Gedicht wurde im Spielfilm mehrmals in Passagen zitiert. Ich fand`s nicht übel.
Ginsberg starb 1997, drei Jahre nach Bukowski. Er soll einen Riesenschwanz gehabt haben.
und das sprichwort "wie man in den wald hineinruft, tönt es zurück", hat durchaus seine berechtigung.
klar, mit einer schlechten ausstrahlung hat man es doppelt schwer, niemand lasst sich gerne von anderen runterziehen.
solche leute ziehen mich runter.