Django Unchained


Nachdem ich die Überweisung für die GEZ Gebühren eingeschmissen hatte, ging ich ins Kino. Die Luft war eisig. Meine Nase lief. Eine Methode, über den Nachmittag zu kommen. Mit dem neuen Tarantino: "Django Unchained". Ich liebe leere Kinosäle. Außer mir nur ein paar Studentinnen. Wie immer saß ich in der Reihe ganz außen, um den kürzesten Weg zur Toilette zu haben. Alter Mann hat schwache Blase. Der Film dauert schließlich ganze 165 Minuten.

Yeah! Geht gleich gut los. Blut spritzt wie Tomatenketchup. Ich öffnete mein erstes Bier. Ich kann`s vorweg sagen: Der Film ist sehr unterhaltsam! Besser als „Inglourious Basterds“ - der letzte Streifen, den Tarantino abdrehte. Vielleicht liegt`s daran, dass das Feindbild Nazi bereits so abgedroschen ist. Irgendwie auch ein Western. Oder eine Art Märchen. Ähnliches Strickmuster. Nur ist Christoph Waltz diesmal bei den Guten. Er spielt den Kopfgeldjäger Dr. King Schultz aus Düsseldorf, der Django, toll gespielt von Jamie Foxx, aus den Fängen der Sklavenhändler befreit, weil er ihn braucht, einige Verbrecher zu identifizieren und zur Strecke zu bringen. Waltz ist fantastisch. Ich liebe diesen Zynismus in Tarantinos Filmen. Und Waltz setzt den unheimlich gut um. Nur durch diesen Zynismus sind die Gewaltexzesse überhaupt erträglich. Einige Male musste ich lauthals lachen. Allerdings als einziger im Kino.
Der Film war einfach süß. Wie ein grinsender Silberrücken-Gorilla.
Ich öffnete das nächste Bier. Nachdem Django seine Lehrzeit bei Dr. King Schultz als Kopfgeldjäger absolviert hat, machen sich die beiden, inzwischen Freunde, auf die Suche nach Djangos Frau Broomhilda, um sie freizukaufen. Die Suche führt sie nach Candyland, wo der sadistische Plantagenbesitzer Candie herrscht. DiCaprio mimt den eingebildeten Herrenmenschen Candie sehr überzeugend. Mit vielen Nazi-Parallelen. Nur sind hier die Schwarzen die Untermenschen (und nicht die Juden). Ich hörte noch nie so oft in so kurzer Zeit das Wort Nigger.
Ach, es ist einfach herrlich, wie die Bösen nach und nach abgeschlachtet werden. Ein rauschendes Blutfest. Könnte man doch alle Arschlöcher und Schreihälse der Welt so einfach umnieten. Natürlich kommen die Guten auch nicht ohne Opfer weg. So muss Dr. King Schultz aus Düsseldorf gegen Ende ins Gras beißen, nachdem er den Bösewicht Candie mit seinem im Ärmel verborgenen Derringer ins Jenseits befördert hat. Seine letzten Worte zu Django: "Ich konnte es mir nicht verkneifen." Sniff. Ich öffnete das nächste Bier …
Erwähnen will ich auch Samuel L. Jackson, der den schlauen, alten Sklaven-Kapo Stephen spielt. Einfach nur pervers gut.
Und dann die kurze Szene, als sich Franco Nero neben Django an die Bar setzt, einen Drink bestellt, und ihn nach seinem Namen fragt. Der Film hat einige solcher köstlichen Details zu bieten. Wie gesagt, ich musste einige Male laut lachen.
Schließlich kann Django in einem letzten infernalen Showdown seine geliebte Frau Broomhilda befreien, und sie reiten beide stolz in die Dunkelheit. Der viktorianische Herrensitz liegt in Schutt und Asche. Sniff. Ja, dann und wann kullerten einige Tränen über meine Wangen.
„Django Unchained“ - der beste Tarantino, den ich bisher sah.
Ach ja, und die Filmmusik ... Spitze!

Draußen empfing mich wieder eisige Luft. Ich tauchte ein in den nicht abreißenden Menschenstrom der Fußgängerzone. In einer Apotheke kaufte ich Abführtropfen. Und bog ab auf ein Bier im Café Petit Paris.

KamikazeWriter - 23. Feb. 13, 14:41

Besser kann man einen Tarantino nicht beschreiben

Blut, Blut, Blut, geile Dialoge, die beste Filmmusik ever und alles etwas strange - das trifft auf alle Tarantino-Filme zu und deshalb lieben wir sie.

bonanzaMARGOT - 23. Feb. 13, 14:46

hi kamikaze

jep. den einen mehr und den anderen weniger.
eine möglichkeit, über die bescheuerte welt mit ihren bescheuerten menschen gute filme zu machen.
Lange-Weile - 24. Feb. 13, 00:46

zu schwache Nerven

Hallo Bo.,

ich sah den Film nicht, aber Jo..und er kam ähnlich begeistert wieder aus dem Film raus.

Dafür sah ich die Pressekonferenz dazu, die Tarantino für dem Fimstart in Deutschlad gab. Er wollte die ganze Grausamkeit der Sklavenhalterei von damals den Menschen noch einmal vor Augen führen. Ich selbst hatte jedoch nicht den Nerv, mir die Grausamkeiten anzuschauen.

Bisher sah ich nur einen Fim von Tarantino - Kill Bill - und en zur Hälftemit geschlossenen Augen. Jo.. hatte mich sozusagen vor dem Fernseher gesetzt und das Video eingelegt.

Also du hattest ja beste Unterhaltung, ich werde den Film wohl, wenn überhaupt, erst im TV sehen.

LG LaWe


bonanzaMARGOT - 24. Feb. 13, 09:34

wenn ich schon mal in heidelberg zu tun habe, z.b. wegen bankgeschäften (mal wieder eine ausrauben), gehe ich bei diesem kalten wetter gern ins kino, wie man an den beiträgen der letzten wochen sehen kann.
na ja, die grausamkeit ist total überzogen und manchmal schon wieder witzig bei tarantino.
der film ist einfach so was wie eine abrechnung mit diesen schweinen, die derart unmenschlich mit den schwarzen umgingen. (sicherlich kein aufklärungsfilm über die sklaverei.)
wie gesagt: man beachte den zynismus gerade in den letzten beiden tarantino filmen.
natürlich nicht jedermanns geschmack.
für olivia wäre der film auch nichts gewesen.

bei dir wundert`s mich aber - weil du doch gern horrorfilme guckst. solche filme wie "saw". also den finde ich z.b. wesentlich grausliger und nervenaufreibender.
Lange-Weile - 24. Feb. 13, 15:14

Thrill

Hallo Bo.,

Tarantino bediente sich ja einem klassischen Mittel - die große Liebe retten und dafür lies er seine Hauptfigur noch einmal in die Hölle zurück kehren. Eigentlich total romantisch - ich denke aus Frauen- und Männersicht. Er der Retter und sie die, für die sich jemand so ins Zeug legt. Und dieser Flim lies ja sogar ein Happy end zu und die Liebenden können gemeinsam die Freiheit genießen.

Ich denke auch, dass Liebende, bevor sie in das gemeinsame freie Leben komen, ein Stück Hölle gemeinsam gehen müssen, um, wie in einem Schmelztiegel , verschmelzen zu können.

In Kill Bill siegt die Mutterliebe über die Liebe zum Mann, weil sie nicht mehr so wie er wollte. Ich weiß aber nicht, ob du den Film gesehen hast. In diesem Film gab Tarantino der Mutterliebe unmenschliche Kraft ;-) achja..ist das romantisch ;-) wenn man die Grausamkeiten, die man sich stundenlang dabei reinzieht, außer acht lässt.

Aber es gibt einen Unterschied zwischen den Grausamkeiten der beiden Filme...Kill Bill war fiktiv und die Sklaverei gab es wirklich und damit ist mein Gerechtigkeitsgefühl total überlastet, weil ich ja weiß, dass man so grausam mit Menschen umging. In Deutschland sah es während der Hitlerzeit genau so grausam aus.

Achja..Horror, wie SAW - Jo hatte mich auch wieder vor diesen Film gesetzt - da gefiel mir hinter die Grundidee. Was machen lebensmüde Menschen, wenn sie um ihr Leben kämpfen müssen und auch der Umgang mit Totgeweihten in der Medizin. Diese Grundidee gefiel mir - alle nochfolgenden Filme sah ich mir aber nicht an, weil die Botschaft bei mir nicht mehr funktioniert hätte - der Aufguß von Aufguß..das kommt nicht mehr als dünne Plürre raus.

Toll finde ich Thriller..wenn während er ganzen Zeit etwas in der Luft hängt und weiß nicht, was es ist. Also die sich stetig aufbauenden Spannung ;-)

LG LaWe

bonanzaMARGOT - 24. Feb. 13, 15:31

bei tarantino steht nicht die abschlachterei im vordergrund, außer man ist geistig-emotional derart unreif und sieht sich den film deshalb an.
im teenageralter hätten mich nur die leichen und die geilen blutspritzereien interessiert.
als ich dann 16-18 war, wuchs ich langsam aus dem alter heraus, wo es mir um sadismus und tote ging. da hatte ich nämlich die liebe entdeckt. und das ficken.
mir ging es immer weniger um die gewaltszenen ...
oder wenn - dann mit hintergrund ... wie z.b. bei "apocalypse now".
oder wie bei "die durch die hölle gehen".

ein tarantino-film funktioniert aber anders. er funktioniert wie ein comic. er will erst gar nicht die realität schildern. verstehst du?
seine filme sind märchen. und da siegen natürlich die guten, und die bösen müssen verlieren. und tarantino macht das sehr geschickt - indem er nicht virtuelle königreiche als vorlage nimmt sondern reale, grausame geschichtliche ereignisse. damit stößt er den menschen evtl. vor den kopf, also jenen, die es überhaupt mitkriegen. apropos zynismus ...

"kill bill" sah ich im tv. aber ist schon länger her. ich kann mich da nicht mehr gut genug erinnern ..., um etwas erhellendes darüber zu sagen.
gefiel mir aber auch. ging wohl u.a. um die emanzipation der frau und mutter gegenüber einem macho-arsch, gespielt von carradine.

ich gucke gern gut gemachte thriller. aber "saw" war mir von anfang an zu konstruiert. da ging es doch nur um die effekte - natürlich auch psychologisch.
ich mag dann lieber die thriller, die noch einen hauch realismus beinhalten.
bonanzaMARGOT - 24. Feb. 13, 15:53

klug oder unklug?

mist. ich hoffe, ich habe dir nicht zu sehr widersprochen ...

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