Montag, 28. Oktober 2013

Life goes on


Manchmal überkommt mich das Gefühl, dass meine Eltern auf mich heruntersehen. Ich blicke dann zum Himmel und denke an sie. Seit sie tot sind, sind sie quasi omnipräsent. Vorher konnte ich sie auf einen bestimmten Ort begrenzen. Nein, es ist mir nicht unangenehm. Ich kann sowieso nichts dagegen machen. Eine ganz andere Sache demgegenüber ist das Ausspionieren durch fremde Mächte wie dem Geheimdienst der USA. Auch dagegen kann man offenbar nichts machen. Bei meinen Eltern im Himmel weiß ich jedenfalls, dass sie mir gutgesinnt sind …
Vernetzt und abhängig, wie wir heute von der modernen Kommunikationstechnik sind, werden wir damit leben müssen, dass die Wahrung einer Privatsphäre naives Wunschdenken ist. Nicht auszudenken, wenn wir unter diesen Umständen in einer Diktatur leben würden. Der Machtmissbrauch, der durch dieses flächendeckende Ausspionieren stattfindet, muss allerdings gerade in demokratischen Gesellschaften, welche die Menschenrechte hoch halten, die Bürger sehr nachdenklich stimmen. Wir sind dabei, die obersten Grundsätze unserer Verfassung auszuhöhlen. Ich hoffe, dass die Politiker genug Arsch in der Hose haben, dieses Thema beharrlich dem mächtigen großen Bruder USA unter die Nase zu reiben. Whistleblower Snowden wird wahrscheinlich dafür sorgen, dass weitere NSA-Ungeheuerlichkeiten auf den Tisch kommen. Wegducken wird also nicht viel bringen.
Auf der einen Seite benutzt man modernste Technik, um in die Wohnzimmer unbescholtener Bürger zu blicken, und auf der anderen Seite lässt man ein Tor gelten, wo der Fußball durch ein Loch im Außennetz ins Tor hüpfte – was im Nachhinein durch die TV-Aufzeichnung für alle sichtbar war. Wir leben in einer Welt der Schildbürger. Mal gelten Regeln mehr als der gesunde Menschenverstand, und bei anderen Gelegenheiten biegt man sich die Gesetze und Regeln nach Gutdünken zurecht. Aber alle wollen nur das Beste! Ha ha. Mir bleibt das Lachen im Hals stecken. Schließlich lebe ich in dieser verrückten Welt und nicht auf dem Mars. Besser man gibt es auf, alles verstehen zu wollen. Gott kann man auch nicht verstehen. Man glaubt an ihn oder nicht. Ich würde gern an ihn glauben, aber zu viele Fußbälle gehen durchs Außennetz ins Tor (im übertragenen Sinn), und zu oft werden unsere Grundrechte von den Mächtigen gebeugt. Von Gott keine Spur bei alledem. Er ist nur ein Lügenkonstrukt mehr.
Ich schaue zum Himmel und frage meine Eltern. Habe ich Recht oder nicht? Sie lächeln. Sie lieben mich. Was sollen sie sagen? Okay, denke ich, ich will mich nicht festlegen. Lass ich mich mal überraschen …
Übrigens: Lou Reed segnete das Zeitliche. Die Todesnachricht erreichte mich erst vorhin. Er war einer meiner liebsten Rocker. 71 ist kein Alter. Obwohl, für einen echten Rocker und Rebellen schon. Er ist jetzt also auch da oben. „Mach mal Stimmung unter den Spießern da!“ rufe ich ihm zu,, „enttäusche mich nicht!“

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