Was ist ein Gedanke?
Ich schlappe durch die Flure, öffne Türen in andere Welten, höre auf ihr Atmen, Schnarchen, Grunzen. Die Nacht ist wie ein Schwarm unwirklicher, winzigkleiner Insekten. Die Viecher nagen an mir, fressen mich langsam auf.
Ich versinke müde im Sessel, schaue auf die Mattscheibe des TV. Sin City. Die Schatten lösen sich von den Gegenständen. Ich kann mich nicht halten und falle in einen porösen Halbschlaf. Die Zeit auf der Wanduhr steht still. Bruce Willis baumelt von der Decke und grinst mich an.
Das Piepsen des Schwesternrufs holt mich zurück. Ich erhebe mich wie in Zeitlupe.
"Was ist ein Gedanke?" Immer wieder frage ich mich das. Ansonsten Automatismus: Urinflaschen geleert, Windeln gewechselt, in alte, graue Gesichter geschaut, andere Welten berührt, Schritt für Schritt dem Morgen entgegen ..., als gäbe es dort eine Hoffnung. "Es gibt keine Hoffnung", denke ich auf auf meinem Weg, "es ist wegen dem Trotzdem ..."
Trotzdem funktioniere ich. Trotzdem mache ich, liebe ich, beuge mich über die alten Körper, nehme sie in den Arm, streichle sie. Es gibt keine Hoffnung.
"Was ist ein Gedanke?"
Sin City läuft immer noch, als ich von meiner Runde zurückkomme.
bonanzaMARGOT
- 05. Sep. 11, 14:14
- Nach der Nachtwache ist vor der Nachtwache