Die Arschwischmaschine hat frei
Eigentlich wollte ich nur die Teppiche und ein bisschen Krimskrams holen. Ich mietete einen Kleintransporter, und eine alte Freundin fuhr mich. Sie hatte den Vorschlag gemacht, weil ich ihr angeboten hatte, dass sie sich mitnehmen dürfe, was sie wolle (außer einigen Dingen, welche sich die Verwandtschaft reserviert hatte). Ich wusste, dass sie scharf auf Krempel aller Art war. Aber ich stellte mir nicht vor, dass es so viel werden würde. Ich blieb bei meinen paar Sachen, während sie fast in alle Löcher schaute und ständig lapidar meinte: „Nehme ich mit, nehme ich auch mit …, bevor`s ein anderer kriegt.“ Sie forschte stundenlang herum. Derweil knallte die Sonne auf das Elternhaus – die Hitze war kaum auszuhalten. Ich war genervt – auf der anderen Seite freute es mich, dass sie so viel brauchen konnte. Der Transporter war für 24 Stunden gemietet. Ich hätte wissen müssen, dass es bei ihr mal wieder ausartet.
(Sowieso ist sie eine ziemlich anstrengende Person.)
Als wir am nächsten Morgen abfuhren, war der Transporter beinahe voll geladen. Wir kamen ganz schön ins Schwitzen beim Be- und Entladen. Die heiße Luft erschlug einen fast. Als der Wagen endlich wieder bei der Autovermietung stand, fiel mir ein großer Stein vom Herzen. Die Aktion, die zur echten Nervenprobe für mich wurde, war ohne Blessuren oder andere üble Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Erschöpft machten wir uns auf den Nachhauseweg, nicht ohne vorher darauf anzustoßen. Ich hatte wirklich nicht gedacht, dass die Sache Umzugsdimensionen annehmen würde; und ich frage mich, wie meine alte Freundin den ganzen Krempel in ihrer kleinen Wohnung unterbringen will.
Für mich waren die zwei Tage außerdem eine unmittelbare Konfrontation mit den verstorbenen Eltern und vielen Erinnerungen. Es war sozusagen aktive Trauerarbeit.
Nur noch packen, und morgen Früh geht`s sehr früh zum Bahnhof. Gerade zeigt sich sogar die Sonne – O Wunder!
Müde vom Nachtdienst blinzele ich in den Tag, - kann es gar nicht richtig fassen, dass ich Urlaub habe. Ich bin auf Dresden und „die Strecke“ gespannt. Es erscheint mir alles noch unwirklich. Dabei werde ich morgen um diese Uhrzeit bereits in Dresden ankommen ...
Für die nächsten 2-3 Wochen wird Ruhe auf dem Blog einkehren. Ich wünsche allen Bloggern und Lesern eine gute Zeit!
Die fünf Nachtwachen stecken mir noch in den Gliedern. Ich schlief und schlief und schlief … und träumte einen Haufen irren Mist. Nun treffen die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster auf meine Sitzecke. Ich lasse mich am Computer wärmen. Es ist kalt in der Bude. Meine Finger sind klamm. Ich drehe den Kopf zum Niesen zur Seite, um den Bildschirm nicht zu bekleckern.
In einer Woche geht`s ab in den Urlaub! Ganze vier Wochen habe ich frei! Urlaubsreif bin ich schon lange. 2013 verlangte mir in den ersten Monaten einiges ab – vor allem emotional. Und dann dieser lange, triste Winter. Da ging es an meine psychischen Reserven. Nun will ich langsam wieder auftanken … in der Sonne (die leider noch viel zu selten scheint), durch die vielfältigen Eindrücke auf meiner Reise, und vielleicht durch ein paar nette Menschen, die ich treffen werde. Und dann das Meer, auf das ich mich sehr freue: Ich liebe den Wind am Meer und den Meeresgeruch; ich liebe es, am Strand zu sitzen, über das Meer zum Horizont zu blicken und in Tagträume zu versinken; ich liebe das Rauschen der Wellen; ich liebe es, meine Füße von der Brandung umspülen zu lassen, ich liebe das Gekreische der Meeresvögel; ich liebe die Schiffe an den Kais …
Heute will ich schon mal das Zugticket nach Dresden lösen. Es ist also eine kleine Radtour zum Bahnhof angesagt. Laut Wetterbericht soll es schön werden. Leider nur heute. Ich möchte aber nicht zu viele Gedanken ans Wetter verschwenden, da man es sowieso nicht ändern kann.
Vielleicht kann ich schon etwas Urlaubs-Feeling einfangen – z.B. in einem schönen Biergarten.
Jeder Schrank, jede Schublade überladen mit Dingen und Klamotten. Bei der Durchsicht des Hauses wurde mir bewusst, wie altersgebrechlich meine Eltern bereits seit Jahren gewesen waren, - wie viel Kram sich angesammelt hatte. Wahrscheinlich würde nur eine Entrümpelung helfen. Ich kam zum ersten Mal seit ihrem Tod ins Elternhaus. Der Vertrag mit dem Makler musste unterschrieben werden. Alles in dem Haus wirkte noch vertraut – aber auch wie aus einer anderen Welt.
Photoalben voller Bilder aus der Vergangenheit. Ich wollte sie mir noch nicht anschauen. Vielleicht würden sich Unterschiede zu meinen Erinnerungen ergeben, oder es würden längst verschüttete Erinnerungen wachgerufen …
Das Haus bedeutete die Welt meiner Eltern. Es war ihr Dreh- und Angelpunkt während der letzten Jahrzehnte. Unter der Oberfläche war diese Welt längst in Unordnung geraten. Meine Eltern wahrten die Fassade. Ihr Stolz und ihre Ängste nahmen ihnen die Sicht auf die unabwendbare Realität des Alterns und der damit zusammenhängenden Konsequenzen. Ich kann sie verstehen. Ich verstehe, dass sie sich an ihre kleine Welt klammerten und bis zuletzt hofften, sie würde noch eine Weile halten.
Es ist das Haus meines Großvaters. Als wir einzogen, war ich bereits Teenager. Ein wirklicher Hort der Geborgenheit wurde es mir nicht. Als der Makler über den Verkauf sprach, spürte ich keine Wehmut. Ich wünsche mir, dass sich schnell ein Käufer findet. Damit Gras über alles wachsen kann. Ein paar Erinnerungsstücke und für mich brauchbare Sachen werde ich mitnehmen. Nicht mehr als eine Kiste voll.
- Eintritt frei - die Jungs von
"The Hamburg Blues Band" spielten klasse auf! Die Atmosphäre im Bahnhof tat ihr Übriges. Der Gig fand auf der Brücke über den Gleisen statt, während der ganz normale Zugverkehr ablief.
Es gab einmal eine Frau, die spannte eine Schnur wie eine Wäscheleine unter der Zimmerdecke, woran sie die Postkarten hängte, die ich ihr geschickt hatte. Wenn ich in ihrem Bett lag, sah ich meine Karten dort oben baumeln. Ich konnte gar nicht nicht hinschauen. Nach wenigen Monaten war die „Leine“ voll, und sie musste die neuen Postkarten über die alten clippen.
Tja, Fernbeziehungen … Das Platzproblem ist seit ein paar Monaten gelöst. Sie wird die „Leine“ längst abgenommen haben. Ich weiß noch, als sie, kurz nachdem wir uns verliebt hatten, die Photos von ihrem Ex entfernte, jedenfalls so, dass sie mir nicht ins Auge sprangen, also z.B. neben dem Bett. So ist das – immer muss man Platz schaffen für Neues. In der Wohnung wie auch in Kopf und Herz. Wobei das Platz schaffen in der Wohnung noch die leichteste Übung darstellt. Ich kann die Artefakte aus alten Beziehungen, die ich entsorgte, nicht zählen: Bilder, Briefe, Postkarten, Geschenke … Aber niemals warf ich alles weg, so dass immer ein paar Erinnerungsstücke an alte Zeiten und alte Liebschaften blieben. So mache ich es mit allen Dingen meines Lebens: Ich schmeiße viel aber nicht alles weg. Einige Sachen behalte ich zur Verdeutlichung meiner gelebten Vergangenheit (meiner Biographie), so dass ich, falls ich Lust dazu habe, als Archäologe in eigener Geschichte tätig werden kann.
Dazu kam mir gestern eine neue Blog-Idee: Wie wäre es, wenn ich meine alten Tage- und Notizbücher in einem Extra-Blog aufarbeitete? Es betrifft meine Prä-Computer-Zeit, als ich das Meiste handschriftlich notierte. Ich würde mir also meine alten Aufzeichnungen vornehmen und sie chronologisch Tag für Tag in ein Blog schreiben. Natürlich redigiert. Sozusagen ein Tagebuch aus der Vergangenheit … Eine kleine Zeitreise für mich und die Leser – sofern sich jemand dafür interessiert. Jedenfalls wäre ich durch dieses Projekt motiviert, meine alten Sachen peu à peu zu überarbeiten. Bisher fehlte mir nämlich immer der Antrieb dazu. Wenn ich mir jeden Tag adäquat nur einen Tagesbeitrag aus den Notizbüchern vornähme, sollte es keine große Mühe darstellen.
Das Mysterium der Zeit – wie wir uns unsere Zukunft vorstellen, und wie wir uns in der Vergangenheit wiederentdecken, faszinierte mich schon immer. Inzwischen habe ich genug Stoff aus der Vergangenheit. Das Leben ist ein Bild, das sich umso mehr offenbart, desto mehr man von ihm sieht. Meist leben wir nur im Segment der Gegenwart – und wundern uns vielleicht, wie wir dorthin gelangten. Dabei könnten wir uns selbst die Zukunft lesen, wenn wir mutig und ehrlich auf unser Leben blicken. Und danach sind wir erst wirklich frei für Neues.
In den letzten zehn Jahren begegneten mir grob gesagt drei Sorten Frauen:
Frauen, die hauptsächlich auf Sex aus sind. Frauen, die sich unbedingt eine feste Beziehung wünschen. Und Frauen, die den Sex wollen und gegenüber dem Eingehen einer festen Beziehung unschlüssig sind. Ich rede hier von Frauen, die entweder in Scheidung leben oder bereits geschieden und alleinerziehend sind. In erstere sollte Mann sich nicht verlieben, weil sie einen nach ein paar Sex Dates hundertprozentig sausen lassen. Die zweiten wollen, dass Mann sich in die Familie integriert und eine Art Ersatzpapa für die Kinder wird. Es läuft auf „Entweder du fügst dich wie gewünscht ein, oder du bist nicht der richtige“ hinaus. Und letztere wissen noch nicht, was sie wollen. Da muss Mann abwarten und mit allem rechnen. Wobei ich es gut finde, wenn mich die Frau nicht unter Druck setzt. Der Familientyp bin ich nicht, warum es mit Kategorie Zwei kaum gutgehen kann. Trotzdem probierte ich es aus. Mann könnte sich ja ändern, dachte ich. Ich war sogar dicht dran, meine Familienmuffeligkeit abzubauen, aber der Druck, die Probleme und fehlende Geduld auf beiden Seiten ließen das Experiment scheitern.
Mit Kategorie Eins hatte ich auch die ein oder andere schmerzhafte Erfahrung. Dummerweise verliebte ich mich und hoffte auf eine Beziehung. Sobald das aber die Frauen merkten, nahmen sie sofort Abstand, denn das wollten sie gerade nicht.
Kategorie Drei war mir bisher am sympathischsten. Die Frauen ließen mir genügend Spielraum, weil sie sich selbst nicht festlegen wollten. Am Besten lief es, solange man nicht über eine gemeinsame Zukunft sprach. Doch irgendwann kam der Tag. Leider. Mann war entweder nur eine Übergangslösung für die Frau in der Scheidungsphase, oder Mann passte nicht in ihre beruflichen und/oder familiären Pläne …
Wenn Beziehungen langfristig zwischen Mann und Frau im reiferen Alter klappen sollen, kommt es mehr als auf die Liebe an. Es braucht eine große Übereinstimmung in grundlegenden Ansichten. Und vor allem braucht es viel gegenseitige Toleranz. Klar, das braucht es immer, aber im fortgeschrittenen Alter besonders. Als Mann sollte man sich genau überlegen, was es bedeutet, wenn eine Frau noch für ihre Kinder verantwortlich ist. Ich würde sagen, dass über 90% der freien Frauen zwischen Mitte Dreißig und Mitte Vierzig alleinerziehende Mütter sind. Suchender Mann um die Fünfzig muss sich mit dieser Problematik konfrontieren – außer er geht ins Kloster, oder ist ein Playboy mit dicker Brieftasche.
Gut an der heutigen Zeit ist, dass immer mehr unkonventionelle Beziehungen zwischen Mann und Frau möglich und gesellschaftlich weitgehend akzeptiert sind. Das haben wir u.a. der hohen Scheidungsrate zu verdanken – wobei die Frau in den meisten Fällen die treibende Kraft ist.
Mann, bin ich froh, dass ich nie heiratete! (Wie viele Scheidungsstorys musste ich mir anhören.) Dieser Kelch ging schon mal an mir vorüber. Nur will ich auch nicht alleine auf diesem Erdball versauern. Schon gar nicht ohne Sex. Jetzt noch nicht.
Ich werde weiter nach einem Hafen suchen, der zu mir passt – wenigstens eine schöne Zeit lang.
und Kleinstadt-Idylle
Es grünt so grün … eine Pracht. Dazu der strahlend blaue Himmel. Wenn ein solches Frühlingsszenario keine Lebensgeister weckt! Ich sitze um 16 Uhr am Morgenkaffee. Draußen brüllt das Leben. Nichts wie unter die Dusche!
Die Altenheimnacht verlief ohne Probleme, so dass ich entspannt in den Feierabend gehen konnte.
Als ich meine erste Runde fertig und alle „old boys and ladies“ im Bett hatte, zappte ich durch das Nachtprogramm. Auf SWR lief der Nachtcafé Talk
"Endlich über Fünfzig". Wie passend. Ja, man kann auch mit Fünfzig noch mal ein Fass aufmachen. Die Gesprächsbeiträge stimmten mich nachdenklich. Auch ich habe das Gefühl, dass mir ein paar Veränderungen ganz gut tun könnten. Es bräuchte einen Anstoß und/oder eine zündende Idee.
Jetzt aber schnell hinaus in den herrlichen Frühling! Sonst sitze ich heute Abend noch hier und grübele ...
Tröstende Worte an einen Sterbenden: „Sei froh – ich hab`s noch vor mir.“
Ein Pfarrer hat natürlich mehr auf Lager, vorausgesetzt es handelt sich um ein gläubiges Schäfchen. Dieses darf sich Hoffnung auf einen Platz im Himmel neben Petrus machen. Sowieso werden ihm alle Sünden verziehen. Ich stelle es mir grausam vor, wenn mir vor meinem Tod alle meine Sünden verziehen wären – ich meine, was hätte ich noch davon? Einen Neuanfang im Jenseits?
Ich denke schon, dass ein starker Glaube das Zusammentreffen mit dem Tod erleichtern kann. Als Ungläubiger werde ich sozusagen ins kalte Wasser gestupst. Ich habe nicht den blassesten Schimmer davon, was mich erwartet, bzw. ob mich überhaupt etwas erwartet. Das Ego kann sich ein Nicht-Sein schlecht vorstellen. Dabei war es vor der Geburt doch auch nicht da! Oder genaugenommen vor dem Einnisten der Samenzelle in der weiblichen Eizelle. Über den genauen Zeitpunkt, wann der Mensch beseelt ist, wird gestritten. Den Tod erklären wir leichter – obwohl es auch da Unsicherheiten gibt. Wahrscheinlich sollen Lebewesen über solche Dinge gar nicht nachdenken. Es wird einem ganz schwindelig bei Gedanken über Tod, Seele und dem Danach. Aber wir Menschen stellen uns solche Fragen nun mal. Und einige von uns beanspruchen für diesen haarigen Themenbereich die Meinungshoheit. Ich rede von den Kirchenoberen und anderen Heilsbringern. Die Menschen, die fest an das glauben, was ihnen durch diese Leute und ihre Schriften verkündet wird, brauchen sich selbst darüber nicht mehr den Kopf zerbrechen. Sie bekommen eine Ethik und Weltanschauung fix und fertig serviert; und mit etwas Gottvertrauen fällt das Leben und Sterben dann viel leichter. So weit, so gut. Was aber, wenn alles gelogen ist? Die Geschichte mit Gott, Himmel, Engeln und Teufel nur Kladderadatsch ist? Man könnte antworten: Dann hatte der Mensch wenigstens zu Lebzeiten einen Halt und Trost. Richtig, denke ich, aber ich mag keinen Trost, der auf Lügen gründet. Irgendwie würde ich mir ziemlich verarscht vorkommen. Mein Entschluss war und ist bis heute: Ich glaube lieber erst mal nichts. Es gibt mir einfach zu viele Religionen und Weltanschauungen, welche alle für sich die Wahrheit über Gott, die Welt und das Dasein beanspruchen. Alle können unmöglich recht haben – das sagt einem der gesunde Menschenverstand. Ich hoffe, dass ich nicht noch vor lauter Unsicherheit und Angst weiche Knie kriege und vor meinem Ableben auf die irrationale Bahn gerate … Es ist nicht gerade leicht, ohne eine wirkliche Ahnung vom Sinn des Ganzen auf den Tod zu warten. Ich sage mir halt: Bei den anderen klappte es schließlich auch. Egal ob mit oder ohne Glauben. Und falls ich wegen meines Unglaubens in die Hölle komme, dann … sei`s drum! Niemand kann von mir verlangen, dass ich solch einen Unsinn glaube!