Berlin

Montag, 22. Juni 2015

Das Phänomen


Wir machten es uns zur Gewohnheit, Sonntagvormittags zum Frühschoppen ins Yorckschlösschen zu gehen. Dazu spazieren wir quer durch den Park am Gleisdreieck, durchqueren die Gleiswildnis (ein mit Bäumen und Gestrüpp bewachsenes Terrain, in dem wahllos Schienen vor sich hin rosten – auf Warnschildern am Wegesrand steht zu lesen: „Vorsicht Gleiswildnis, Betreten verboten!“) und erreichen binnen einer guten Viertel Stunde das Jazz-Lokal in Kreuzberg.
Gestern gab ein Musiker Dean Martin Songs zum Besten. Drinnen kann man zum Musikgenuss brunchen. Wir ließen uns allerdings draußen nieder und tranken Kreuzberger Bier. Auffällig sind zur Zeit die vielen Linden, die in Blüte stehen. Die Sonne kam zwischenzeitlich raus und wir betrachteten die Fußgänger, die vorbei promenierten. Viele gingen stracks in ein nahes Café und verließen dieses kurze Zeit später mit dicken Kuchenpaketen. (Es muss dort besonderen Kuchen oder besondere Torten geben.) Dumpf tönte die Musik aus dem Innenraum zu uns hinaus. Nach O.s anstrengender Woche tat es gut, den Tag ganz relaxt anzugehen. (Wie schön wir es doch hier haben, sagen wir uns dann.)
Nach dem Frühschoppen schlendern wir weiter die Yorckstraße entlang zum Mehringdamm. Auf dem Weg liegt eine interessante Gaststätte. Sie heißt „Kreuzberger Himmel“ und ist kirchlich geprägt – aber geschmackvoll und in unaufdringlicher Weise. Es gibt dort Andechser Bier vom Fass, und man kann gut und deftig speisen. O. aß eine Kleinigkeit…
Weiter auf dem Weg zur U-Bahn Station Mehringdamm begegnen wir einem Phänomen. Zuerst passieren wir einen Currywurst Imbiss, wo immer viel Andrang ist, aber noch eine längere Menschenschlange steht nur wenige Meter weiter bei einer Kebab Bude an. Die Leute warten dort stundenlang, um einen Gemüsedöner zu erwerben, als gäbe es in Berlin sonst keine Döner – dabei wimmelt es geradezu von Kebab-Imbissen. O. und ich machen uns über die anstehenden Menschen lustig. „Vielleicht ist ein Suchtmittel drin.“ „Ja, das sind Döner-Junkies.“
Wir leben in einer verrückten Welt voller seltsamer, unerklärlicher Phänomene und Gegebenheiten. In Berlin sieht man eine Menge davon. Oft sind es einfach die Menschen, die durch ihr Aussehen oder ihr Verhalten rätselhaft, beinahe dubios erscheinen. Man kommt aus dem Staunen gar nicht heraus.
Wenn wir in die Unterwelt der U-Bahn hinabsteigen, ist bereits Nachmittag. Wir überlegen uns ein Fahrziel, lassen uns treiben… Die Liebe ist auch so ein Phänomen.








Currywurst contra Gemüsedöner

Freitag, 19. Juni 2015

Beim Arzt


„Da werden Sie wohl wie ich noch etwas wachsen müssen“, sagte der Arzt, nachdem er sich meine Daten angeguckt hatte. Die Arzthelferin hatte vorher meinen Blutdruck gemessen und mich auf die Waage gebeten. Ich lächelte und entgegnete: „Dumm nur, dass wir im Alter eher schrumpfen.“
Als ich meiner Partnerin vom Arztbesuch berichtete, fiel mir ein, dass ich besser gesagt hätte: „Bei Ihnen hat das Wachsen offenbar nicht viel genutzt.“ Denn der Arzt überragte mich fast um einen Kopf. Ich erzählte ihm kurz von meinem Bluthochdruck, der Schwellung an der Fußsohle, und dem trockenen Husten, den ich seit ein paar Monaten habe. Er schickte mich zurück ins Wartezimmer und ich wartete auf den Lungenfunktionstest. Die Praxis lag in einem Altbau, die Zimmer hoch und luftig. Inzwischen saß mir nur noch eine Frau in mittleren Jahren gegenüber. Ihr Aussehen erinnerte mich an einen Affen. Sie sagte mir, dass sie aufhören müsse mit dem Rauchen, sie habe Asthma, aber Gott sei Dank keinen Krebs. Leider nähme sie zu, wenn sie nicht rauchte... Wir kamen ins Gespräch, bis ich wieder aufgerufen wurde. Die Arzthelferin wirkte leicht debil, aber sie bediente den Computer beim Lungenfunktionstest einwandfrei. Ich befolgte brav ihre Anweisungen. Schließlich war eine schöne Atem-Kurve auf dem Bildschirm zu sehen. „Es lohnt sich offensichtlich, dass ich nicht rauche“, sagte ich dem Arzt beim Abschlussgespräch. Ich hatte das Gefühl, dass er regelrecht froh war, etwas Positives sagen zu können...
Erleichtert sog ich die Luft ein, als ich wieder auf dem Trottoir stand. Gegenüber war eine Apotheke, wo ich das Rezept einlösen konnte. Ich bin immer froh, wenn ich einen Arztbesuch hinter mir habe. Man kommt nicht drum herum. Zurück zur Wohnung waren es nur wenige Meter.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Zuhause


Die Sonne scheint auf das Kopfsteinpflaster meiner Straße. Der Verkehr scheppert langsam darüber hinweg. Bodenschwellen verhindern schnelles Fahren. Fremdländische Stimmen dringen zu mir durchs gekippte Fenster. Menschen hasten vorbei. Ich sehe auf ihre Köpfe (die Wohnung ist Hochparterre), eine Menge mit Kopftüchern. Wir nennen sie scherzhaft „Columbos“, weil die Frauen wetterunabhängig oft in ähnliche Mäntel, wie Inspektor Columbo einen trägt, eingemummelt sind. Vom nahen Spielplatz ist Kindergeschrei zu hören. Ich brüte vor mich hin, während meine Partnerin am Computer sitzt, um sich auf ihren Unterricht vorzubereiten. Ich mache mir Gedanken über den Kiez, in dem ich seit nunmehr einem guten Monat wohne. Man lebt sich langsam ein. Die Hauptschlagader bildet die Potsdamer Straße, wo alles sehr dicht aneinander gedrängt liegt: Imbisse, Supermärkte, Bäckerei, Restaurants, Cafés, Ramschläden, Friseure (alle paar Meter ein Haarschneider – unglaublich!)... Die meisten Geschäfte sind in türkischer oder asiatischer Hand. Nicht zu vergessen das Stundenhotel und der Straßenstrich. Anfangs fielen mir die Prostituierten gar nicht auf. Man sieht hier einfach zu viele Gestalten jeder Couleur, so dass man über vieles einfach hinweg schaut. Viele Menschen sind arm und schäbig gekleidet. Demgemäß ist es hier eine billige Gegend. Eine Schrippe ist beim Bäcker schon für 10 Cent zu haben. Und ein Herrenhaarschnitt beim türkischen Friseur liegt bei 10 Euro. Ich habe mich noch nicht entschieden, wo ich mir die Haare schneiden lassen soll. Es ist überfällig. Auch O. will einen Friseur für sich in der Nähe. Einen Termin beim neuen Hausarzt, der nur 100 Meter entfernt in meiner Straße liegt, machte ich vorhin aus - eine Gemeinschaftspraxis, eine Asiatin, ein Deutscher, beide Internisten. Meine Blutdrucksenker gehen langsam aus. Alles muss man an einem neuen Wohnort für sich neu finden, bis sich eine gewisse Bequemlichkeit oder Gelassenheit ergibt. Der Kiez rund um die Potsdamer Straße bietet eigentlich alles notwendige. Im Internet fand ich den "potseblog", auf dem viel Lokalkolorit zu lesen ist. Vieles ist sicher noch für uns zu erkunden. Nachher, nach O.s Seminar an der Uni, machen wir uns auf die Suche nach einem Friseur.
Wenn es nicht zu früh ist zu sagen: wir fühlen und ganz wohl hier. Es ist eine bunte und lebendige Gegend mit viel Abwechslung. Der Park am Gleisdreieck, der quasi um die Ecke liegt, bietet viele Möglichkeiten, um auch mal in der Sonne die Seele baumeln zu lassen. Zum Potsdamer Platz sind es nur 20 Minuten Fußweg. Und auf der anderen Seite, wenn man den Park quert, liegt schon Kreuzberg...
Zurück an meinen Schreibtisch: im Geiste schaue ich meine Straße rauf und runter. Eine Seite wird von Kastanienbäumen gesäumt. Die Bäume bieten Schatten, wenn wir von der U-Bahnstation oder vom Supermarkt schwitzend in der Sonne die letzten Meter nach Hause gehen. Ist es nicht seltsam? Wenn ich die Haustür öffne, blicke ich auf das Klingelschild, auf dem mein Name steht... Ich denke an O., meine Liebe, ich denke, dass alles wie ein Traum ist.

Dienstag, 9. Juni 2015

Ein Wochenende




ausgefüllt mit Sonne, Bier und Liebe

Mittwoch, 27. Mai 2015

Pfingsten


Die Sonne knallte ordentlich am Pfingstsonntag. Wir unternahmen einen Ausflug zum Wannsee. In Ermangelung von Uferwegen und Biergärten landeten wir schließlich im Strandbad Wannsee...





Pfingstmontag besuchten wir den Karneval der Kulturen. Tausende Stände mit allerlei Krimskram lockten mit bunten Farben. Überall wurden Fressalien und Getränke angeboten – wir mittendrin im Menschengewimmel. Die Vielzahl der Eindrücke war betäubend, später auch das Bier...




Mittwoch, 20. Mai 2015

danke




...

Samstag, 16. Mai 2015

Gestern




war einiges los in den Biergärten

Mittwoch, 13. Mai 2015

Irgendwie irre


Vor gut zwei Wochen kam ich mit dem Sprinter voller Krempel in Berlin an. Heute waren die Elektriker da und montierten die Leuchten. Ich warte noch auf eine Lieferung der DHL. Damit hat das Einrichten erst mal ein Ende.
Für O. begann die erste richtige Arbeitswoche. Sie verlässt morgens 7 Uhr 30 die Wohnung und ist bis in den Nachmittag hinein in Sprachschule und TU beschäftigt.
Ich höre Musik, gehe in der Wohnung herum, betätige die Lichtschalter und freue mich über die neuen Lampen. Hoffentlich kommt die ausstehende Lieferung bald.
Anders als in meiner alten Wohnung, wo ich von meinem Schreibtisch durchs Fenster auf einen Blätterwald blickte, sehe ich jetzt auf das Kopfsteinpflaster der Straße, auf die vorbeifahrenden Autos, die Leute auf dem Bürgersteig und die Fassaden der gegenüberliegenden Wohngebäude. Ein bisschen „Lindenstraße“… hier in Berlin.
Ich nehme einen kräftigen Schluck Bier aus der Pulle. Die Augendeckel wiegen immer schwerer während der Warterei. All diese Menschen, die an meinem Fenster vorbeilaufen, ein jeder in seiner Kopfwelt mit einem Ziel, mit Gedanken und Gefühlen...

Freitag, 8. Mai 2015

Eingewöhnung


Eine Großstadt ist ein Stück Wahnsinn. Aber nicht mehr als alles andere. Sie ist eine Kolonie unterschiedlichster menschlicher Individuen. Im Großen und Ganzen scheint das Zusammenleben zu klappen. Man braucht zwischendurch gute Nerven. Aber auch nicht mehr als überall. Es ist eine Frage der Eingewöhnung. Ängstlich ist man im Großstadtdschungel besser nicht. Aber Vorsicht geboten! Im Gedränge passe ich automatisch mehr auf meine Sachen auf. Und dann der Verkehr!
Noch nie sah ich täglich so viele Menschen. Wir sind im städtischen Wahnsinn miteinander verbunden, ohne uns persönlich zu kennen. Eigentlich nichts Neues für mich. Ich bin kein Landei. Trotzdem ist Berlin für mich eine Herausforderung. Wie das Leben selbst – nicht mehr und nicht weniger – egal, wie man sich dazu stellt. Irgendwas muss man machen. Das Leben ist ein Gefäß, das wir mit Allerlei auffüllen. Das Ausleeren ist schwieriger. Ab und zu braucht man Platz für Neues...
Ich sehe den Wahnsinn Hand in Hand mit der Freiheit vorbei spazieren und denke sofort, dass sich die Beiden sehr lieben müssen.

Mittwoch, 6. Mai 2015

Am Gleisdreieck


Gerade wurden Waschmaschine und Kühlschrank geliefert. Es wird immer wohnlicher in unserer Wohnung. Vor einer Woche standen hier noch überall Kartons voller Krempel. Und nun geht es eigentlich nur noch um die Feinheiten wie Lampen, Vorhänge und einige Möbelstücke und Utensilien, die noch zu kaufen sind. Außerdem sind ein paar Mängel der Hausverwaltung zu melden.
Ich sitze am Schreibtisch, während die Waschmaschine leer läuft. Das muss wohl das erste Mal so sein. O. ist an der Uni. In den vergangenen Tagen erkundeten wir etwas die Umgebung – hin zur Potsdamer Straße auf der einen und zum Gleisdreieck auf der anderen Seite. Der "Park am Gleisdreieck" liegt quasi vor der Haustüre. Viele junge Menschen halten sich dort bei schönem Wetter auf, um zu spielen, Sport zu treiben, sich zu sonnen und zu treffen. Familien picknicken oder gehen spazieren. Die Atmosphäre ist friedlich bis ausgelassen. Bestimmt werde ich in diesem Park während der warmen Jahreszeit oft mit O. sitzen, um zu lesen oder in der Sonne zu relaxen.

Ich bin zugegebenermaßen müde. Der Umzug schlauchte. Jeder Tag barg neue Herausforderungen... physischer wie psychischer Natur. Ich blinzele ins Licht... auf Autos, die vorbei schleichen, Menschen auf den Trottoirs, ein Parkscheinautomat, eine Litfaßsäule gegenüber...







Park am Gleisdreieck







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