Arbeitslos

Donnerstag, 29. September 2016

Meine Pläne sind andere


Wie kann man nur so groggy sein? Zudem dieser Vorstellungstermin bei einer Zeitarbeitsfirma. Sehr passend zu meiner Verfassung. Für den Geschäftsführer bin ich eine potentielle Geldquelle. Er labert mich erstmal voll über die Firma. „Wir haben uns auf den Gesundheitssektor spezialisiert.“ Er schaut etwas traurig, als er meine Unterlagen durchblättert. Da ich ein Neueinsteiger als MDA bin, verfüge ich über keine einschlägigen Erfahrungen. „Unsere Kunden wollen freilich am Liebsten Leute, die sie gleich voll einsetzen können.“ Er ist mir gar nicht unsympathisch. Seine Gesichtshaut glänzt. Etwas schwul wirkt er auf mich. Ich schaue auf die Sektflaschen in seinem Regal. Wir sitzen uns auf einer mausgrauen Eckcouch schräg gegenüber. Was er mir erzählt, klingt alles plausibel. Ich schaue ihn an und nicke: „Das ist nachvollziehbar.“ Er druckst herum. „In die Pflege könnte ich Sie sofort vermitteln.“ Ich grinse. „Wenn alle Stricke reißen…“ „Ich verstehe. Darf ich Ihnen Angebote für einfache Verwaltungsarbeiten zuschicken? Wenn man erstmal den Fuß in der Tür hat und sich bewährt…“ Ich kann mir schon vorstellen, was mit einfachen Verwaltungsarbeiten gemeint ist. „Sie sollten nicht zu lange warten. Auf Arbeitgeber macht das meist keinen guten Eindruck.“ Was er mir erzählt ist alter Toback. Er will mich an der Angel haben, damit er mit mir Geschäfte machen kann. Meine Pläne sind andere. Genaugenommen sitze ich nur aus Neugierde dort und um der Agentur für Arbeit meinen guten Willen zu bezeugen. Der Geschäftsführer ist ein Makler für menschliche Arbeitskräfte. Ich fühle mich nicht gerade wohl in meiner Rolle.

Ich fahre stracks zurück nach Hause. Die Sonne hat sich durch die Wolken geschaufelt. Sie zeigt, dass sie noch lange nicht abgeschrieben ist, obwohl bereits Ende September.

Montag, 26. September 2016

Montagstief


Eine Last drückt auf meine Brust und lähmt mich. Ich habe weiche Knie. Warum sind meine Nerven derartige Weicheier? Ich muss doch gar nichts befürchten. Die Agentur für Arbeit schickt mir einen Vermittlungsvorschlag. Na und?! Meine Qualifikationen passen nicht auf die Anforderungen. Medizinische Schreibkraft ist außerdem nicht mein vorrangiges Berufsziel. Dazu noch eine Zeitarbeitsfirma. Warum rege ich mich auf? Die Sache mit der Tumordokumentation, die ich im Auge habe, wird schon klappen. Ich warte auf eine Rückmeldung der Schulleiterin.

In der Nacht träumte ich, ich wäre Altenpfleger geblieben. Unglaublich. Ich fühle mich wie in einem Labyrinth. Die Angstgespenster verfolgen mich. Sie sind schwer abzuschütteln.
Mein Selbstvertrauen im Montagstief. Um mich herum das geschäftige Berlin, ein überdimensionales Karussell. Ich schaue nur zu. Eigentlich will ich gar nicht einsteigen. Was für ein Affentheater wird hier gespielt?!
Na gut. Es hilft nichts. Ich stecke zwei Finger in meine Nasenlöcher und ziehe mich hoch. Etwas mehr Haltung bitte! Und nun ab unter die kalte Dusche!

Donnerstag, 8. September 2016

Gedankengespenster, Alteschuhesommer und Blog-Flaute


Mir hängen die Gedankengespenster der Nacht nach. Manche Nacht ist elend lang wie ein Höllentrip: Lange Wachphasen, unmögliche Gedanken, unruhiger Schlaf, wirre Träume. Am Morgen drücken die Augen und schmerzen die Glieder. Während vor der Tür schon der normale wochentägliche Stadtverkehr brummt, muss ich noch meinen Kopf sortieren und zu mir kommen. Mir fällt ein, dass der Kaffee leer ist. Mist! Immerhin sieht es erneut nach einem schönen Spätsommertag aus. Altweibersommer. Auf was man alles kommt. Warum nicht „Alteschuhesommer“?
Ich schalte den Computer an und überfliege die eingegangenen Mails. Sehr gut, die Sache mit dem Schlafplatz nächste Woche in Rostock klappt! Die Wetter-App sagt, dass das Wetter sommerlich bleibt. Ansonsten nichts Besonderes. Ich schaue kurz auf die Schlagzeilen der Nachrichten aus aller Welt. Auf meinen Blogs wieder nichts Neues. Das heißt: einen Kommentar erhielt ich auf eines meiner neuen Gedichte. Ich lese ihn und antworte. Fertig. Wie sehen denn die Besucherzahlen aus? Gestern 38. Mein Hauptblog erlebte schon bessere Zeiten. Viele Blogger wanderten ab zu anderen Blogbetreibern. Das ist in etwa so, als ob man in eine andere Stadt zieht. Man verliert sich aus den Augen, auch wenn man sich regelmäßige Besuche zusicherte. Andere sind wahrscheinlich einfach blog-müde.
Um meine Glieder zu strecken, wandere ich ziellos durch die Zweieinhalbzimmerwohnung. Ich streiche eine Falte aus dem frisch gemachten Bett, in der Küche sortiere ich abgewaschenes Geschirr ins Regal, ich überprüfe das Bad, ein kurzer Blick in den Spiegel, - kehre zurück ins Wohnzimmer und bleibe vorm Bücherregal stehen – darauf steht sozusagen das Konzentrat von über dreißig Jahren Lektüre. Beim Umzug nach Berlin sortierte ich nochmals aus. Übrig blieben wirklich nur meine Lieblings-Lieblingsbücher. Sehr schön, sie alle beieinander zu sehen.
Ein Knopfdruck am Soundsystem, und ich werde von Blues-Musik aus dem Internetradio beschallt. Die Polen haben einen ausgezeichneten Blues-Sender. Zeit, mich langsam für den fucking Tag frisch zu machen.

Freitag, 2. September 2016

Ich fertig


Die Fortbildung endete unspektakulär. Der Bildungsreferent vertrat die Schulleiterin, orderte jeden von uns nach vorne zur Abgabe der Praktikumsunterlagen und bat danach um eine kurze Schilderung der gemachten Erfahrungen und ein Fazit zur Fortbildung insgesamt und zur Schule. Acht von ehemals elf Schülern waren zugegen. Eine schied schon vor Monaten wegen Krankheit aus, eine war aktuell krank, und eine wurde aus der Maßnahme geschmissen, weil sie sich nicht um einen Praktikumsplatz bemüht hatte und häufiger fehlte als anwesend war.

Es war ein komisches Gefühl nach vier Monaten, noch einmal den Weg zur Schule zu gehen. Wie gewohnt kehrte ich vorher kurz im Bierbaum ein. Studenten, die die Nacht durchgemacht hatten, feierten in den Morgen hinein. Cria bediente wie immer lässig und quatschte schwer verständlich mit ihrem Thai-Akzent drauflos. Nichts hatte sich verändert. Ich wurde herzlich begrüßt und sagte: „Ich hole heute nur mein Zeugnis ab.“ Die laute Musik füllte den Raum, und ich blickte von meinem Thekenplatz aus versonnen hinaus auf den strömenden Verkehr der Sonnenallee…

Meine Mitschülerinnen waren mir seltsam fremd – und doch noch vertraut durch die Monate gemeinsamer Schulzeit. Einige hatten Glück mit dem Praktikum und dadurch einen Arbeitsplatz, einige waren zurück beim alten Arbeitgeber; ich hatte mich bereits Anfang der Woche bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Einheitlich sagten wir, dass die Fortbildung zu allgemein, also nicht fachspezifisch genug gewesen sei für die Anforderungen der meisten Arbeitgeber. "Mehr ist halt in die acht Monate Schule schwer hineinzupacken, und der Rententräger finanziert nun mal keine längere Fortbildung", meinte der Bildungsreferent, der, glaube ich, ganz froh war, als die Veranstaltung mit uns dem Ende zuging. Wir erhielten unsere Zeugnisse und wurden mit guten Wünschen entlassen. Das Bier vom Bierbaum drückte auf meine Blase. Ich verzog mich auf die Toilette und stahl mich davon.
Draußen brummte ein schöner Augusttag. Die Sonne umarmte die Stadt. Mein Herz fühlte sich leicht und schwer zugleich an. Oder eher gefühllos. Ich schlappte zurück zum Bierbaum. Die Studenten verabschiedeten sich gerade. Ich mailte O., dass ich fertig sei.

Mittwoch, 10. August 2016

In der Zeit


Ich wachte wie gewohnt gegen 5 Uhr auf, döste dann noch bis 6 Uhr 30, schließlich drängte mich nichts und niemand. Ein kühler Augusttag wartet auf mich. Ich habe Urlaub! Gestern war ich das letzte Mal als Praktikant in der Klinik, verabschiedete mich von meinen Kolleginnen und half noch beim Kisten umräumen im Archiv. „Jetzt, an meinem letzten Tag, bekomme ich endlich was zu schaffen“, meinte ich grinsend, und meine PL lachte laut drauflos: „War das ein Seitenhieb?“
Zu guter Letzt saßen wir zu dritt in der Büro-Küche, tranken den von mir kaltgestellten Prosecco und quatschten über die Klinik und meine Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Es war kurz vor Mittag. Danach war ich entlassen und ging meiner Wege.

Nun heißt es noch drei Tage allein in Berlin totschlagen, bis der Flieger nach Zypern geht. Ich sitze am Schreibtisch und lese am Computer, was in der Welt abgeht. Donald Trump macht jeden Tag von sich Schlagzeilen. Er weiß, dass seine Landsleute Idioten sind - er bedient sie angemessen mit seinen Plattheiten und Provokationen. Im Prinzip die Masche aller Demagogen, die seinerzeit unterschätzt wurden. Man bekommt, was man verdient. Die Türkei hat ihren Erdogan, Russland seinen Putin, und Italien hatte viel zu lange Berlusconi. Tja, und wir Deutschen „merkeln“ seit Jahren vor uns hin.
Ich zappe weiter durch die Nachrichten: Optische Uhren sollen den Zeitstandard neu definieren (höchst interessant!), An allen Gliedmaßen amputierter Schotte erklimmt das Matterhorn (mäßig interessant), Ronaldo trägt die Fußnägel schwarz (wer will das wissen?) …

Die Welt dreht sich weiter. Wir haben nichts anderes und Besseres. Bei den Studienschwestern las ich den Kalenderspruch „Unsere Lebenszeit ist unsere einzige Zeit“ (Erich Fried).

Donnerstag, 4. August 2016

Drei Tage noch


Eigentlich zweieinhalb, weil freitags machen wir schon 13 Uhr Schluss.
Seit einigen Wochen bin ich nahe dran, mich im Büro zu Tode zu langweilen. Nicht nur, dass es keine echten Aufgaben für mich, den Praktikanten, gibt, auch die drei Hühner verquatschen die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit für mich meist uninteressantem privaten Zeugs: die Themen: ihre Kinder, ihre Hunde, ihre Autos… Seltsam, von ihren Männern sprechen sie nicht (höchstens von den bösen Ex). Wahrscheinlich machen sie das, wenn ich nicht mithören kann. Und dann diese ständigen Zigarettenpausen, die meine PL mit den Worten ankündigt: „Wollen wir böse Sachen machen?“ Und zu mir: „Kommst du mit?“ Scheiße ja, ich gehe fast immer mit, weil es wenigstens etwas Bewegung bedeutet, die Treppen runter und wieder hoch.
Die Anfang Juli für die Tumordokumentation hinzugestoßene Kollegin (sie war ein Jahr im Mutterschaftsurlaub) guckt gern Horrorfilme. Endlich fand ich einen Anknüpfungspunkt bei den Büro-Gesprächen, obwohl ich kein Horrorfilmfan bin – muss man aber auch nicht sein…, ist jedenfalls tausendmal ungruseliger als Familie, Hunde und Autos.
Ich will gar nicht so sehr über meine Kolleginnen auf Zeit lästern. Ich gewöhnte mich an sie, und hätte ich mehr zu tun gehabt, wäre das Ganze bestimmt erträglicher gewesen.
Drei Tage. Die kriege ich auch noch rum. Wie kann ich mich bei den Hühnern zum Abschied bedanken? Mit vier Flaschen Prosecco? Oder Ferrero Küsschen? (Ich tendiere zu ersterem.)




Tumordokumentarin bei der Arbeit

Samstag, 16. Juli 2016

Es ist zum Junge-Hunde-Kriegen


Tage, an denen ich mich wie in der Mausefalle fühle. Immer wieder kneife ich die Augen zu, als ob sich dadurch etwas ändern könnte. Im Büro sitze ich meine Zeit ab – es ist zum Junge-Hunde-Kriegen. Meine PL hat kaum Aufgaben für mich, doch sie fordert meine Aufmerksamkeit…; ich kann mich also nicht einfach zurücklehnen und „On The Road“ lesen. Neulich hatte sie wieder den Yorkshire Terrier (Bello) ihrer Tochter dabei, der meine Hand frenetisch abschlabberte. Wenn sie über ihn spricht, nennt sie ihn Kröte. Ein Leidensgenosse mehr im Büro, der über die Zeit kommen musste.
Ich sehnte das Wochenende herbei. Und da ist es – ich schaue aus dem Fenster: die Sonne scheint aufs Pflaster, an der Fassade gegenüber wiegt sich leicht im Wind eine türkische Flagge, Sprachfetzen der Fußgänger - international, die Fahrgeräusche der Autos…
In den Nachrichten lese ich die Schreckensnachrichten vom Putsch(versuch) in der Türkei und dem Terroranschlag in Nizza. Alles lässt mich seltsam unberührt. Ich bin kaum fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, gefalle mir selbst nicht in meiner Lethargie und reagiere schnell überreizt, wenn irgendwas nicht gleich hinhaut. „Warum funktioniert der verdammte Scheiß nicht!?!“ Ich rätsele selbst, was mit mir los ist. Es ist so ähnlich wie in der Pubertät. Nur andersherum. Damals hatte ich die Angst vor dem Neuen, heute vor dem Verlust (und dem Neuen).
Unweit von hier das schwul-lesbische Stadtfest am Nollendorfplatz. Vielleicht lenkt das ab.

Dienstag, 12. Juli 2016

Die zwei Studienschwestern

... der Kinderonkologie, jede für sich gut beieinander wie meine PL, nicht auf den Mund gefallen, temperamentvoll berlinerisch. Ich darf ihnen zwei Tage lang über die Schultern schauen. Das Büro ist klein, ich finde zwischen ihnen gerade noch Platz. Die Eindrücke prasseln mannigfaltig auf mich ein. Tausend Namen und medizinische Fachbegriffe, Abkürzungen. Wieder fühle ich mich als Nichtschwimmer im tiefen Becken und halte mich am Rand. Sie beantworten meine Fragen geduldig und freundlich. Vor der Tür der ganz normale Stationsablauf: kleine, große glatzköpfige Kinder mit Infusionsständern, Pflegepersonal und Angehörige. Es ist schwül. Die Station befindet sich im Souterrain. Das Tageslicht will nicht so richtig zu uns dringen. Bald brennen meine Augen vom Kunstlicht. Auf den Computerbildschirmen die Datenbanken mit den Namen der kleinen Patienten. Die Studienschwestern erzählen mir Geschichten von unglaublichen Tumoren bei Babys, bei Neugeborenen, tennisballgroß. Sie sind bei den OPs dabei. „Was es alles gibt“ - natürlich wird auf Krebsstationen auch gestorben. Wenn sie davon reden, werden ihre Stimmen verhaltener. Mir kommt in den Sinn, wie es meine PL ausdrückt: „… die gehen tot.“

Mein Glück, dass die Studienschwestern früh Feierabend machen. Ich schwinge mich aufs Radel und fahre frohgesinnt durch die Sonnenstrahlen, erstmal weg vom Krankenhaus. Sag mir einer, er verstünde das Leben.

Sonntag, 10. Juli 2016

Wo wird die Reise hingehen?


Wie am Ende jeder Ausbildung und der Schulzeit fühle ich mich einerseits erleichtert aber auch angespannt in Hinsicht auf die Zukunft. Ich spüre eine große Leere. Wofür hat man all den Lernstoff gepaukt? Im Praktikum schlage ich derweil die Zeit tot, indem ich meiner PL bei der Studienkoordination über die Schulter schaue. Es gibt kaum Aufgaben für mich, an denen ich das in der Schule gelernte (EDV) anwenden könnte. Ich bemühe mich, so viel wie möglich aufzuschnappen. Aber will ich das wirklich beruflich machen? Sowieso müsste ich anschließend einen Fortbildungskurs zur Study Nurse oder in Sachen SPSS machen. Solches Spezialwissen wurde uns in der Schule nicht vermittelt. Eine andere Möglichkeit wäre, ins QM einzusteigen, wofür auch ein Zusatzlehrgang oder Studium vonnöten wäre. So oder so – die Materie ist scheiß trocken, und ich würde in einem Bereich arbeiten, der mich seit jeher mehr abstieß als interessierte. Ich hadere mit mir.
Wo wird die Reise hingehen? Der Ausguck meldet: Noch kein Land in Sicht. Seit Tagen ist Flaute. Die Mannschaft hat nur das spiegelglatte Meer vor Augen… Abwarten und Tee trinken. Die Nerven sind bis aufs Äußerste angespannt. Meuterei liegt in der Luft.
Wie es wohl meinen Mitschülerinnen in ihren Praktika ergeht? Wie viele von ihnen werden übernommen? Ich hatte schon immer das Problem, dass es mir in Schule und Beruf an Ehrgeiz und Perspektive mangelte. Danach liest sich auch mein Werdegang – ich wurschtelte mich so durch. Jeder Neuanfang eine schwere Geburt. Ich wünschte, ich täte mich leichter damit.
Trotzdem bereue ich es keinen Moment, dass ich mit der Pflege aufhörte und nach Berlin zog.
Wobei Berlin schon ein raues Pflaster ist und Nerven kosten kann. Aber wo, wenn nicht hier, hätte ich derart mannigfaltige berufliche Möglichkeiten?
Der Kapitän liegt in seiner Koje und träumt von einer Palmeninsel am Horizont… Er erwacht, richtet sich auf und schnüffelt nach der erlösenden Brise.

Samstag, 18. Juni 2016

Mission erfüllt


Sie stellten drei Abweichungen fest. Ansonsten war das Auditoren-Team sehr zufrieden mit dem, was sie sahen. Zwei Tage lang wurden Dokumente und Stationen geprüft. Der Oberauditor war gefürchtet, ein Zahlenfuchs - ein schmächtiger, glatter Typ, dessen rechtes Auge hinter der Brille regelmäßig gefährlich zuckte. „Herr XY ist auf einer Mission“, sagte der Professor des Onkologischen Zentrums hinter vorgehaltener Hand. Und seine Frau wiederholte es. Ich fand Herrn XY gar nicht so schlimm, aber als Praktikant war ich in das Ganze auch nur sehr beschränkt involviert. Immerhin durfte ich überall dabei sein, bei den Besprechungen und Stationsbegehungen - darauf bestand meine Praktikumsleitung, die als Koordinatorin von Klinikseite munter mitmischte. Oft trafen mich irritierte Blicke der Ärzte, Pflegekräfte und Auditoren, denen ich nicht vorgestellt war - sie wussten nicht, wohin sie mich stecken sollten. Weiß der Teufel, was ich für einen Eindruck machte. Am liebsten hätte ich mich ganz klein gemacht, um niemandem im Wege zu sein. Sowieso kam ich mir zwischen diesen honorigen Medizinern und Fachleuten unbedeutend (bzw. dämlich) vor.
Es war nicht leicht bei der Vielzahl an Befragungen, Besprechungen und Vorträgen, die Konzentration hoch zu halten und ruhig auf dem Hintern sitzen zu bleiben. Meine Augen brannten, und ich sehnte mich dem Feierabend entgegen. Insgesamt aber überwogen für mich die interessanten Einblicke in die Interna des Klinikums. Ich spürte, wie gegen Ende die Anspannung bei allen Beteiligten nachließ und einer heiteren, fast familiären Stimmung Platz machte. Alle atmeten auf, zumal das Ergebnis recht positiv ausfiel. „Zwei Personen möchte ich besonders lobend erwähnen“, sagte der Professor in der Abschlussrede und dankte seiner Frau und meiner Praktikumsleiterin für ihre Arbeit im Rahmen des Audits. Der Professor mit seiner kräftigen Stimme und Statur erinnerte mich an einen Berggorilla. Man merkte, dass das Klinikum sein Zuhause war, und dementsprechend benahm er sich…; das Audit war geschafft, da kann man sich schon mal zufrieden am Arsch kratzen.

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