Freitag, 2. September 2016

Ich fertig


Die Fortbildung endete unspektakulär. Der Bildungsreferent vertrat die Schulleiterin, orderte jeden von uns nach vorne zur Abgabe der Praktikumsunterlagen und bat danach um eine kurze Schilderung der gemachten Erfahrungen und ein Fazit zur Fortbildung insgesamt und zur Schule. Acht von ehemals elf Schülern waren zugegen. Eine schied schon vor Monaten wegen Krankheit aus, eine war aktuell krank, und eine wurde aus der Maßnahme geschmissen, weil sie sich nicht um einen Praktikumsplatz bemüht hatte und häufiger fehlte als anwesend war.

Es war ein komisches Gefühl nach vier Monaten, noch einmal den Weg zur Schule zu gehen. Wie gewohnt kehrte ich vorher kurz im Bierbaum ein. Studenten, die die Nacht durchgemacht hatten, feierten in den Morgen hinein. Cria bediente wie immer lässig und quatschte schwer verständlich mit ihrem Thai-Akzent drauflos. Nichts hatte sich verändert. Ich wurde herzlich begrüßt und sagte: „Ich hole heute nur mein Zeugnis ab.“ Die laute Musik füllte den Raum, und ich blickte von meinem Thekenplatz aus versonnen hinaus auf den strömenden Verkehr der Sonnenallee…

Meine Mitschülerinnen waren mir seltsam fremd – und doch noch vertraut durch die Monate gemeinsamer Schulzeit. Einige hatten Glück mit dem Praktikum und dadurch einen Arbeitsplatz, einige waren zurück beim alten Arbeitgeber; ich hatte mich bereits Anfang der Woche bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Einheitlich sagten wir, dass die Fortbildung zu allgemein, also nicht fachspezifisch genug gewesen sei für die Anforderungen der meisten Arbeitgeber. "Mehr ist halt in die acht Monate Schule schwer hineinzupacken, und der Rententräger finanziert nun mal keine längere Fortbildung", meinte der Bildungsreferent, der, glaube ich, ganz froh war, als die Veranstaltung mit uns dem Ende zuging. Wir erhielten unsere Zeugnisse und wurden mit guten Wünschen entlassen. Das Bier vom Bierbaum drückte auf meine Blase. Ich verzog mich auf die Toilette und stahl mich davon.
Draußen brummte ein schöner Augusttag. Die Sonne umarmte die Stadt. Mein Herz fühlte sich leicht und schwer zugleich an. Oder eher gefühllos. Ich schlappte zurück zum Bierbaum. Die Studenten verabschiedeten sich gerade. Ich mailte O., dass ich fertig sei.

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