11. September


Immer noch üben die Bilder des Terroranschlags auf die Twin Towers am 11. September 2001 eine Faszination auf mich aus - jagen mir einen Schauer über den Rücken. Diese Katastrophe war in jeder Beziehung monströs und wie geschaffen, um als Trauma in die Weltgeschichte einzugehen - ähnlich wie Pearl Harbour, Hiroshima oder der Kennedy Mord. Die mediale Präsenz des Ereignisses hämmerte es unauslöschbar in unsere Köpfe. Etwas eigentlich unfassbares war passiert, und die Menschen klebten an den TV-Bildschirmen oder an den Radios, die Zeitungen wurden den Verkäufern förmlich aus den Händen gerissen ...
Ich war damals mit dem Fahrrad in Cassis am Mittelmeer, ein kleines Städtchen zwischen Marseille und Toulon. Das Wetter war schön, und ich genoss die spätsommerliche Urlaubsidylle. In den Bars und Cafés liefen die Bilder von dem Anschlag immer und immer wieder, unterbrochen von der französischen Moderation. Am nächsten Tag kaufte ich mir die "Daily Mail" (deutsche Tageszeitungen gab es nicht ), um die Hintergründe zu erfahren. Mein Französisch war zu lückenhaft, um etwas wirklich Aufschlussreiches den französischen Nachrichten zu entnehmen. Ich kriegte jedoch so viel mit, dass unter den Franzosen nicht nur Betroffenheit und Mitgefühl für die Opfer herrschten - unter den arabischen Migranten waren viele, die in ihrem Amerikahass das Geschehen mit Genugtuung betrachteten. Da ich mit niemandem reden konnte, spukten in diesen Tagen die unmöglichsten Gedanken durch meinen Kopf: Würde es Krieg geben? Was würde als nächstes passieren?
Neun Jahre ist das nun her. Die Welt beklagt viele Tote auf den Kriegsschauplätzen im Irak und in Afghanistan. Die Vorbehalte im Westen gegenüber den Muslimen und der arabischen Bevölkerung wuchsen und drängten sich in die Medien, die Politik und den Alltag. Eine diffuse Angst vor Anschlägen machte sich breit. Abend- und Morgenland waren sich noch nie so fremd und gleichzeitig nah. Auf beiden Seiten wirken spaltende Kräfte durch Hassprediger und Extremisten. Ängste werden geschürt, alte Vorurteile bedient und neue in die Welt gesetzt. Feindbilder und simples Schwarz-Weiß Denken haben mal wieder Hochkonjunktur. Die Guten kämpfen gegen die Bösen, und alle glauben, dass sie zu den Guten zählen - total widersinnig ... Ein verrückter Pfarrer wird öffentlich den Koran verbrennen, und im Gegenzuge werden Islamisten mit Terror und Mord antworten - alles im Namen Gottes.
Es ist absurd! Es ist ähnlich absurd wie eine Autoimmunerkrankung, wenn körpereigenes Gewebe als Fremdkörper bekämpft wird. Wie kommen diese Feindseligkeit und dieser Hass zustande? Warum kann die Vernunft so wenig dagegen ausrichten? Mit dem Hass lassen wir das Böse in unsere Herzen. Der Teufel reibt sich genüsslich die Hände, wenn ihm die Menschen scharenweise auf den Leim gehen - Christen ebenso wie Muslime, Menschen aller Kulturen, Nationen und Rassen.
Der Anschlag auf das World Trade Center läutete das neue Jahrtausend mit einem infernalischen Paukenschlag ein und machte deutlich, dass die Menschen trotz allen Wissens und Fortschritt, trotz aller Vernunft und Weisheit von den Wölfen unter ihnen erpressbar und verführbar sind.
Die Bilder der brennenden und einstürzenden Türme lassen mich schaudern. Ich verstehe sie als Mahnung an die gesamte Menschheit - als gäbe es einen moralischen Weltgeist, der uns sagt: "Treibt es nicht zu weit! Ob ihr die Hölle oder das Paradies auf Erden habt, liegt in euren Händen."









Lange-Weile - 12. Sep. 10, 18:01

immer noch gruselig

Hallo Bo.,

das war in meinem Leben wohl meine größte Erschütterung auf meinem Erdendasein.

Bodenwellen breiten sich bei Erschütterungen unterirdisch weiter als, als man es überirdisch sieht. Was den 11. September betrifft, erreichte die Erschütterung als Bodenwelle mich hier in Deutscjland und lies mich tagelang nicht los. Die gwohnte Sicherheit vor Krieg verschwand und die Möglichkeit eines Krieges auch in meinem Lebensraum nahm gerale Gestalt an und verfolgte mich unterschwllig wochenlang.

Wie in einem Film liefen Kriegsfilme, die ich je in meimen Leben gesehen habe, noch viele Tage nachhaltig an meinem geistige Auge vorbei. Das Gefühl, ich müsste Haus und Hof verlassen um nur mein nacktes Leben zu retten, bedrückte mich viele Wochen.

Noch heut - nach 9 Jahren - kommt mir das Attentat am 11. 9. wie ein gruseliger Film vor, das Szeanrio nur eine aggressive Fantasie in Bilder. Das es Menschen gibt, die soetwas vorbereiten und durchführen können, kann man sich gar nicht vorstellen. Welch Wahnwitz geht noch in den Köpfen der Menschen rum und welche Gefahr können diese für die gesamte Menschheit bedeutet.

Was muss in der Welt passieren, damit der Wahnsinn ausgerottet werden kann ?

Gruß LaWe

Ranunkelchen - 12. Sep. 10, 22:19

ich glaube

der wahnsinn ist teil eines jeden menschen und läßt sich nicht ausrotten.
auch mich erschütterten diese taten, von welcher seite aus auch immer...jeder blickwinkel auf diese situation läßt mich schauern, wozu menschen fähig sind...
bonanzaMARGOT - 13. Sep. 10, 12:20

hallo ranunkelchen, hallo lawe,
das attentat war ein grauenhaftes verbrechen, bei dem tausende unschuldige menschen, frauen, männer, kinder, in einem inferno ermordet wurden. geplant und ausgeführt wurde es von fanatikern, die - warum auch immer - der überzeugung waren, das richtige zu tun; die daran glaubten, dafür ins paradies zu kommen. für diese fanatiker waren die opfer einfach ungläubige ..., ähnlich wie für die nazis die juden keinen menschlichen status mehr hatten, so dass man sie wie tiere ausbeuten, einpferchen und töten konnte.
offensichtlich ist der mensch je nach ideologie und religion zu allerlei wahnsinn fähig. wahrscheinlich hat ranunkelchen recht, wenn sie sagt, dass der wahnsinn in uns allen steckt. es ist die frage, ob er entfacht wird ..., ob wir es zulassen, dass wir von ideologen und fanatikern fremdgesteuert werden. da sehe ich schon einen unterschied zwischen den menschen: es lassen sich nicht alle menschen leicht infiltrieren. die meisten machen aus angst und gruppenzwang mit.
mein gedanke ist, dass die menschen aller gesellschaften und kulturen aufgeklärt genug sind, um den "wahnsinn" so weit zu kontrollieren, bzw. kreativ umzuleiten, dass es nicht zu solchen furchtbaren, irren und menschenverachtenden verbrechen kommt. dazu müssen wir die vernunft stärken mit mitteln wie (menschen-) bildung, demokratie, gerechtigkeit, meinungsfreiheit, toleranz und gewaltenteilung. leider gibt es viele reaktionäre gegenbewegungen, welche aus religiösem und traditionellem habitus den menschen entmündigen wollen. ihr weltbild ist so simpel wie gefährlich: wir sind im besitz der einzigen wahrheit - und: wer nicht für uns ist, ist gegen uns.

die westlichen demokratien müssen sehr vorsichtig und weise agieren - jedenfalls nicht in "bush-manier". vebrechen müssen verfolgt und geahndet werden, allerdings nicht um den preis vieler unschuldiger opfer, wie es im irak geschah und in afghanistan noch geschieht.

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