Gedanken einer Arschwischmaschine
Altenpfleger(innen) haben schon einen leicht derben Humor. Früher oder später kriegt man den, oder man hat ihn bereits. Und Altenpfleger(innen) rauchen fast alle. Sie stehen alle Ritt lang zum Rauchen draußen vor der Tür oder auf der Terrasse, oder rauchen an anderen eher geheimen Örtchen Ich bin einer der wenigen Nichtraucher. Wahrscheinlich weil ich nicht gern mit dem Strom schwimme. Quatsch, Rauchen blieb seltsamerweise ein Laster, dem ich nie besonderes abgewinnen konnte. Ich glaube außerdem, dass ich kein typischer Altenpfleger bin. Nein, auch Quatsch. Die meisten landen aus Verlegenheit in der Altenpflege, weil sie nirgendwo anders unterkommen. Und so war es schließlich auch bei mir. Wie sagt man so schön: Wer nichts wird, wird Wirt. Das gilt in etwa auch für die Altenpflege. Diejenigen, die aus Idealismus diesen Beruf wählen, bleiben am kürzesten dabei. Natürlich gibt es ein paar Spinner mit Helfersyndrom oder christlichem Nächstenliebewahn. Gott sei Dank sind die meisten Altenpfleger(innen) nicht sonderlich selbstlos. Sie reagieren auf Leistungsdruck wie überall in der Wirtschaft: Die Arbeitsmotivation sinkt, die Zigarettenpausen mehren sich, und der Krankenstand steigt. Die Alten sehen dann freilich alt aus. Kein Witz. Kaum zu glauben, was ich in dem Vierteljahrhundert meiner Altenpflegetätigkeit alles erlebte. Grausam. Vieles verdränge ich. Es ist eine andere Welt. Anfangs kam ich gar nicht damit klar … Aber dann reizte mich genau das, dass ich Dinge sah, die man sonst nicht zu sehen kriegt. Und ich hielt durch. Und lernte die ein oder andere Altenpflegerin kennen. Seufz. Außerdem musste ich mich irgendwann für eine Arbeit entscheiden, als es mit dem Studieren nichts wurde.
Ich mochte den Schwarzen Humor schon immer. Ich lache nach wie vor gern, - obwohl ich so viel Scheiße sah. Irgendwie fühle ich mich solidarisch mit den Klo-Frauen und Klo-Männern. Man muss keine Arschwischmaschine im wörtlichen Sinne sein, um sich als Arschabputzer der Gesellschaft zu fühlen. Man muss einfach nur einen Beruf haben, den wenige machen wollen, für den man nicht gewürdigt und nicht anständig bezahlt wird; und schon fühlt man sich als Arschabputzer. Ich denke, manche Jobs werden dieses Image nie los. Nicht in tausend Jahren. (Ich kann nur hoffen, dass ich meine eigene Rente nicht mehr erlebe.)
So long.
bonanzaMARGOT
- 14. Feb. 13, 11:25
- Nach der Nachtwache ist vor der Nachtwache
Kannst du bitte über den letzten Satz noch mal nachdenken? Mir zuliebe.
holla - die freni!
beraten liegt mir nicht besonders. ich berate nicht die alten, wenn sie sich an mich klammern mit ihren sorgen. ich höre ihnen nur zu.
und ich knüpfe dann manchmal mit meinen eigenen erlebnissen und gedanken an, damit es nicht so einseitig bleibt.
schnee auf dem kopf? hilfe - das wäre mir zu kalt.
die verantwortung für kranke menschen schätze ich als besonders hoch ein, weil die ja auf hilfe angewiesen sind.
ich weiß aber, wie du es meinst. oder nein, ich weiß es nicht.
Ne, ich meine Anlagenberater oder Unternehmensberater. Hatte ihr die (Unternehmensberater) noch nicht im Altenheim? Die würden euch ordentlich Schwung machen, von wegen überall mit der Kippe rumstehen und rauchen. Na gut zumindest würden die dafür sorgen, dass nur noch die Hälfte von euch rumsteht und raucht. Also dich in der Nachtwache würden sie dann teilen. Du wärst dann quasi 0.5 Arbeitskraft. Oder so.
Du als eingefleischter Autor/Dichter müßtest wissen, dass Schnee auf dem Kopf graue Haare sind. Bei dem einen oder anderen würde Schnee aber auch Sinn machen, wegen der Abkühlung. Es soll ja auch Hitzköpfe geben, stimmts?
Ich weiß, dass du weißt, wie ich es meine.
man kann in etwa die durchschnittliche lebenswerwartungen regional- etc-bedingt ausrechnen. persönlich muss man sich an seine gene halten. aber die weiß man nur, wenn z.b. die eltern bestimmte scheiß krankheiten hatten - also, dann weiß man, dass es eine wahrscheinlichkeit gibt, dieselben scheiß krankheiten zu kriegen.
ich weiß nicht, wie alt ich werden will. es kommt auf die umstände an. wenn ich heute sterbe, wäre das nicht schlecht.
ich habe nichts großes mehr vor mir. okay, auf der anderen seite könnte ich noch das ein oder andere schöne erleben.
drum bin ich über jeden monat froh, den ich noch mache. noch kann ich aus dem haus gehen. noch lebe ich nicht in einem altenheim.
ach scheiße, monentan fühle ich mich total mies!
bereits vor zwanzig jahren hatte ich mal `ne phase, wo ich am liebsten gestorben wäre ...
meine rente noch zu erleben, entzückt mich nicht gerade. denn ich werde kaum was kriegen. und wenn ich mir dann vorstelle, bis 67 in der altenpflege zu malochen, würde ich mich am liebsten jetzt schon aufhängen.
mein leben war aber nicht so übel. im großen und ganzen machte ich, was ich wollte. bis heute.
und natürlich lassen sich unsere chefs beraten, wie sie noch mehr personal einsparen können, oder billiges personal kriegen.
die auslagerung der hauswirtschaft zeugt davon.
oder dass sie genau die bewohnerzahl für ihr heim wählten, wo gerade noch eine nachtwache von der heimaufsicht geduldet wird.
etc. etc.
Ich hoffe, dass ich mir mal einen tollen Altenpfleger leisten kann.
Das du nur wenig Rente bekommst, hast du ja gewußt als du dich gegen das Studium entschieden hast und lieber in einen unterbezahlten Job geflüchtet bist.
trotzdem wollen sie für ihre arbeit anständig entlohnt werden, und eine anständige rente kriegen, die ihrer lebenslang geleisteten arbeit gerecht wird. darf man das nicht verlangen?
es wäre ja schön, wenn man es sich aussuchen könnte.
vielleicht hast du recht: ich strengte mich nicht genügend an, ich war nicht ehrgeizig genug in meinem leben.
trotzdem will ich gerechtigkeit! denn trotzdem leistete ich in meinem leben einiges für die gesellschaft!
ich will nur das, was mir gerechterweise zusteht.
es ist mir jetzt, da ich fünfzig bin, wurscht, wie alt ich noch werde. eigentlich sagte ich schon alles, was ich zu sagen habe.
vielleicht erwischte ich nicht immer den richtigen tonfall; aber inhaltsmäßig ... gibt es nicht mehr viel, was ich noch erkennen und aufschreiben könnte.
nein, ich fühle mich gar nicht alt. und ich wundere mich über die jungen leute, die mich ehrfürchtig mit "sie" anreden.
ich bin grau geworden. das stimmt. aber ich empfinde es nicht als schnee. es ist kein schnee von gestern.
ich bin allerdings müde.
Eine gerechte Entlohung kann man verlangen, nur leider entscheiden andere Menschen was man verdient.
Ich fühle mich auch manchmal müde und ausgelaugt. Aber solange ich Kraft habe rapple ich mich auf und jammere nicht rum.
dein credo lautet: der stärkere dominiert über den schwächeren; und der schwächere ist selbst daran schuld.
freilich kommt es immer drauf an, was gerade als schwach oder stark in einer gesellschaft angesehen wird.
diesen opportunismus hasse ich.
mit deinen erklärungen wärest du ein prima nazi gewesen.
ich versuchte lediglich deiner argumentation zu folgen.
Womöglich verstand ich dich einfach falsch, Freni.
Es tut mir leid.
@freni: schnee auf dem kopf