Ehrlich

... wer ist schon ganz ehrlich? Ich stelle mich regelmäßig auf den Prüfstand, und wenn ich ehrlich bin, muss ich mir eingestehen, dass ich weniger aufrichtig bin, als ich es vorhabe.
All die Farben. Die Farben in mir und um mich herum. Könnt ihr sie sehen, oder sehe nur ich sie?
Worin besteht die Verbindung zwischen uns, wenn es doch so viele Unterschiede gibt?
All die Musik, die ich in meinem Leben hörte – meine Musik, auch wenn sie nicht von mir ist.
All die Dichter, die ich las…, deren Worte meine Gedanken durchfluteten.
Meine Geburt war schwarzweiß. Ich weiß nicht, ob ich mit all der Farbe zurechtkomme.
Wo sind die Verbindungen?

rosenherz - 05. Nov. 17, 07:20

Wie kann ich das verstehen, deine Geburt war schwarzweiß? Fühlst du dich dieses Leben geworfen, das du nicht sein wolltest?

bonanzaMARGOT - 05. Nov. 17, 08:40

dieser text geht ins lyrische - könnte ich leicht in ein prosagedicht umschreiben. worte und sätze sind teil einer lyrischen komposition und nicht so sehr prosaisch-rational.
der bedeutungsinhalt ist also eher assoziativ.
die damalige zeit der 60er empfinde ich als "schwarz-weiß"-zeit, vielleicht weil viele fotos aus dieser zeit schwarz-weiß sind, weil das tv noch schwarz-weiß war... neue dimensionen des denkens, fühlens und begreifens sollte mein leben erst später bekommen.
sicher fühle ich mich gewissermaßen ins leben geworfen, aber ich kann nicht sagen, dass ich das leben gar nicht wollte. es gab und gibt mir nur ziemlich viele rätsel auf.
rosenherz - 05. Nov. 17, 08:52

Wem gäbe das Leben keine Rästel auf! Vieles bleibt (mir) unbegreiflich. Zum Beispiel das Wasser, das die Fähigkeit hat, sowohl einen flüssigen wie auch einen festen oder einen gasförmigen Zustand einnehmen zu können. Oder Verflechtungen von Politik und katholischer Kirche.
bonanzaMARGOT - 05. Nov. 17, 09:02

ich finde mein gefühl des "fragenden geistes" äußerst wenig in meiner umgebung widergespiegelt. der alltag wird vor allem von selbstverständlichkeiten, materialismus (oberflächlichkeit) und regeln bestimmt. besonders in der wieder nahenden weihnachtszeit wird dies oberdeutlich. mir graut bereits davor.
bonanzaMARGOT - 05. Nov. 17, 09:25

ich meine nicht nur naturwissenschaftliche oder gesellschaftspolitische fragestellungen, sondern vor allem philosophische fragen nach sein und sinn - welche auch einfluss auf unsere planungen und unser handeln in realen kontexten haben können.
rosenherz - 05. Nov. 17, 10:20

Ach, die kommende Weihnacht! Für viele war früher Weihnachten bis vor etlichen Jahrzehnten eine Zeit, in der sie ein wenig zur Ruhe kommen konnten. Die Tage mit den 12 Rauhnächten waren Tage, in denen die Arbeit in Haus und Hof ruhen durfte, abgesehen vom Notwendigsten mit Haushalt und bei der Tierversorgung. Und Weihnacht war die Zeit, in der an die weniger Begüterten gedacht worden war. Konkrete Hilfe zuteil in Form von Dingen wie Wäsche, Bekleidung, Essen, Schuhe, Werkzeug, Hausrat, was für die Kinder, Kerzen.
Erst gestern unterhielt ich mich mit meiner Mutter über die Sparsamkeit meiner Großmutter. Sie erzählte, für sie war ein Geschirrtuch eine textile Kostbarkeit, die so lange genutzt wurde, bis der Stoff zerfiel. Wir erinenrten uns an die Kochtöpfe aus Email. Waren sie angeschlagen oder gar löchrig geworden, wurden sie im Winter geflickt, um sie weiter verwenden zu können. Da war es an Weihnacht wirklich ein Geschenk, wenn es einmal einen neue Kochtopf gegeben hat.
Für unsere Generation mag das unvorstellbar klingen, doch zu Zeiten meiner Mutter wurde noch mit Petroleum Licht gemacht, mit Kerzen und Kienspan. Kerzen waren rares Gut, umso mehr waren Kerzen zu Weihnacht ein willkommenes Geschenk. Wie auch der Lebkuchen und das Früchtebrot. Eines der wenigen Backwerke, die süß schmeckten und die Trockenfrüchte des Herbstes und die bescheindene Honigernte verwendet worden war. Weihnachten war etwas, was meine Mutter und mein Vater freudig erwartete.
- Übrigens, Email-Geschirr wird auch heute noch erzeugt. In Österreich gibt es mit Rieß-Email die einzige Email-Produktion. Ein Kochgeschirr, das zu den besten Arten von Kochtöpfen zählt. Materialismus hin oder her, ein guter Kochtopf ist (mir) was wert.
bonanzaMARGOT - 05. Nov. 17, 11:16

logisch: damals waren andere zeiten. aber ich sprach von dem "heute". die frage ist doch auch die: wären die menschen damals unter den heutigen umständen andere bzw. bessere menschen als wir? die ethischen werte einer gesellschaft ergeben sich aus der zeit (gegenwärtig).
vielleicht würde mir das weihnachten von "gestern" besser gefallen. ich weiß nicht - das kann ich nicht wissen. ich weiß aber: was ich heute von weihnachten sehe u. mitkriege, gefällt mir absolut nicht! ich könnte gut darauf verzichten.
ich zog das weihnachtsfest hier nur als beispiel heran, woran ich sehr gut die dekadente materialistische verwahrlosung unserer gesellschaft identifiziere. ich weiß nicht, ob die menschen damals weniger oberflächlich waren, als mir meine zeitgenossen erscheinen. schließlich ist doch diese welt (u.a.) ein erzeugnis der menschen, die vor uns lebten.
bei allem respekt, aber unsere eltern, großeltern und urgroßeltern verzapften auch sehr viel mist!

email-geschirr? (da stutzte ich - lach! - weil ich gleich an e-mail dachte) du meinst sicher emaille. auf arbeit trinke ich aus einer schönen blauen emaille-tasse meinen kaffee.
rosenherz - 05. Nov. 17, 08:19

Wo sind die Verbindungen, fragst du. Möglicherweise sind sie Verbindungen zu dem da, was du bevorzugst (postive Anziehung) , und zu dem, was du ablehnst (negative Anziehung). Und zu den Grundbedürfnissen menschlichen Daseins. Ein Ort, an dem der Mensch geboren, ein Zuhause bewohnen, tätig sein, ruhen und schlafen, sich ernähren, die eigene Weltanschaung entwickeln, geistige, emotionale, körperliche und wirtschaftliche Fähigkeiten entwicklen, Beziehungen herstellen, kommunizieren, sich in einem Gemeinschaft einbringen, Ideen entfalten ...

bonanzaMARGOT - 05. Nov. 17, 08:46

das mit den verbindungen ist `ne sehr komplexe sache. hier stelle ich nur ein fragezeichen in den raum. beantworten kann ich das nicht ad hoc.
steppenhund - 05. Nov. 17, 10:23

Zum Thema Fragen aufwerfen...
Ich Studiere gerade Quantenmechanik in einem Fernkurs von der Stanford University.
In der Quantenmechanik gibt es viele Widersprüchlichkeiten. Die zugehörigen Fragen können nur so beantwortet werden, dass sie eine Seite beleuchten. die ander Seite des Paradox wird nicht erklärt.
Trotzdem funktionieren unsere Überlegungen und unsere heutige Umwelt wäre nicht möglich, wenn wir nicht gelernt hätten, die Paradoxa einfach hinzunehmen. (Nur damit da nicht theoretische Faselei unterstellt wird: eines, aber nur eines der Paradoxa ist die Dualität des Lichts: ist es Teilchen oder Welle.)
Was ich aber jetzt im Kurs gelernt habe: es war neu und ich halte es für sehr wichtig: Man darf in der Quantenphysik nur Fragen stellen, die sich a) messtechnisch beantworten lassen, und b) deren Antworten überhaupt notwendig sind, um allenfalls weitere Messungen durchführen zu können. Fragen nach dem WARUM oder nach WAS IST WIRKLICH führen höchstens zur tiefgreifende Verwirrung.
Richard Faynman hat das so ausgedrückt: jeder, der angibt, die Quantenphysik zu begreifen, ist ein Narr. (Und er hat immerhin einen Nobelpreis für seine Arbeiten in der QM bekommen.)

Fazit: Fragen ist gut. aber nur dann, wenn man mit der Antwort etwas anfangen könnte.

bonanzaMARGOT - 05. Nov. 17, 11:36

könnte aber auch sein, dass die quantenphysik nicht der weisheit letzter schluss ist.
ich werde jedenfalls nie mit dem fragenstellen aufhören. man kann doch im moment des stellens einer frage noch gar nicht wissen, ob man mit der möglichen antwort etwas anfangen kann.
ich grübele gern über dinge, die total verworren, paradox oder undurchschaubar erscheinen. ich weiß, dass ich womöglich auf meine fragen nie eine antwort erhalte, oder keine, die ich verstehe. trotzdem kann ich davon nicht lassen, weil ich mein mensch-sein (meinen menschlichen geist) über solcherlei philosophische fragen definiere.
die in meinen augen erstaunlichste aus der quantenphysik abgeleitete frage ist die nach der rolle des beobachters auf die "wirklichkeit".

viel freude und erkenntnis beim fernkurs!
rosenherz - 07. Nov. 17, 16:10

Ehrlich? Ist Lügen schlimm?
Selbstdarstellung - eine Gefahr für die Wahrheit?

bonanzaMARGOT - 08. Nov. 17, 05:25

ich persönlich finde lügen schlimm - auch wenn man im leben ums lügen nicht herum kommt..., um sich sebst zu schützen.
man muss erstmal selbst erkennen, dass man lügt. es gibt eine menge wahrheitsverdreher..., was es oft schwer macht, überhaupt noch zwischen wahrheit und lüge zu unterscheiden.

in welchem zusammenhang meinst du "selbstdarstellung"? eine gewisse selbstdarstellung ist überlebenswichtig. wer freilich für ruhm und macht auf ein zu hohes podest steigt, kann in einen strudel von trug und schein geraten.

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