Die Handwerker sind zurück
Das heißt, es ist eigentlich nur einer, aber der ist überall. Ich fühle mich von ihm belagert. Er arbeitet nur eine Armeslänge von mir auf dem Gerüst. Ich habe ständig seine weißen, schmutzigen Hosen vor Augen. Seit Stunden hämmert, kratzt und schabt er an der Fassade herum. Mist! Nun kam doch noch ein zweiter hinzu. Er hat sich vervielfältigt.
Eben nickte der eine mir zu - total lässig mit einer Fluppe im Mundwinkel. Er klebt an meinem Fenster irgendwas ab. Jessas, gleich sitzt er bei mir auf dem Schreibtisch!
Ich wollte darüber gar nicht schreiben, nur fällt es mir momentan schwer, mich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Gestern überlegte ich mir, wie lange ich nun schon arbeitslos bin, und wie sich das für mich anfühlt. Es sind unglaubliche viereinhalb Monate! Hatte ich wirklich jahrelang als Nachtwache im Altenheim gearbeitet? Es erschien mir auf merkwürdige Weise real und zugleich irreal. So ähnlich, wie ich sehe, dass die Handwerker direkt vor meiner Nase herumtanzen, und trotzdem fühle ich mich von ihrer Wirklichkeit abgeschnitten – als säße ich in meinem Zimmer in einer anderen Welt.
Was denken die Handwerker wohl über mich? Fragen sie sich, was ich hier tagsüber mache und warum ich nicht auf Arbeit bin? Wenn sich der links von mir Mühe gibt, kann er lesen, was ich schreibe. Ich versuche, nicht zu ihm hinzuschauen. Hoffentlich ist er da bald fertig. Ich neige nicht zum Voyeurismus. Ganz im Gegenteil ist es mir sehr unangenehm, wenn fremde Menschen meiner Privatsphäre derart dicht auf die Pelle rücken.
Wie gesagt, es erscheint mir seltsam irreal, dass ich Altenpfleger bin – dabei arbeitete ich fast 30 Jahre in diesem Beruf. Als ich das gestern im Stillen rekapitulierte, war ich darüber sehr verwundert. Ich stand gerade mit drei Pakten am Postschalter an. In den Paketen meine CD-Sammlung, die ich verscherbele. Vor dem Umzug nach Berlin will ich kräftig ausmisten. Natürlich bin ich mir sicher, dass ich sehr schnell wieder in die Altenpflege zurückfinden würde. Diese Fremdheit zu meiner Arbeit spürte ich auch in den Zeiten meiner Berufstätigkeit, wenn ich ein paar Tage frei hatte. Aber ich musste nur den Eingangsbereich des Altenheims durchschreiten und befand mich quasi wieder in meinem Element – als gäbe es zwei Welten: die da draußen und die im Pflegeheim.
Heute baute ich schon mal ein Bücherregal ab. Einiges werde ich auf den Sperrmüll schmeißen.
Es ist 12 Uhr. Warum legen die Handwerker nicht eine Mittagspause ein?? Langsam gehen sie mir echt auf den Keks. Wie soll man sich da konzentrieren? Verdammt!
bonanzaMARGOT
- 18. Feb. 15, 12:03
- Arbeitslos
umgezogen. Liegt in der Familie.
Vielleicht, habe ich das „Blut“ meiner Großeltern geerbt. Er Ungar, sie Polin.
Wenn ich damals nach meinem (meist) vierwöchigen Urlaub wieder auf Station war, dann dachte ich in der ersten halben Stunde: Ich bin im falschen Film! Alles kam mir fremd usw. vor. Aber dann war ich wieder voll drin. Auch nach einer langen Pause, zwei Jahre, hatte ich hier in Berlin einen 450 Euro Job in einer Senioren Residenz angenommen. Nach kürzester Zeit kam es mir vor, als hätte ich nie aufgehört. Nie pausiert. ( Das zur Fremdheit deiner Arbeit).
Und ein kräftiges Ausmisten tut unheimlich gut. Jedenfalls erging es mir so.
Vielleicht bietest du den Handwerkern ein paar Kekse an?
;-)
die handwerker haben mit meinem umzug nichts zu tun. die sanieren das haus seit einer gefühlten unendlichkeit.
ich habe ja nichts gegen sie. aber sie nerven. das ist so ähnlich, wie wenn ich mit dem fahrrad die talstrasse hochfahre - da nerven mich die scheiß autofahrer...
das darf man nicht falsch interpretieren.
ich kann von mir nicht behaupten, dass ich gern umziehe. es wird das ... mal zählen, moment ... das siebte mal in meinem leben sein. wobei zwei umzüge im selben haus stattfanden. jedenfalls wird es mein weitester sein, der für mich die größte persönliche veränderung bedeutet - noch mal kurz bevor ich abnippel... lach! bzw. solange ich mich dazu noch in der lage fühle, sowas zu machen.
quark! ich fühle mich wie zwanzig und könnte bäume ausreißen!!
ja, ausmisten ist immer gut...
was die fremdheit zur altenpflege angeht: vielleicht kam ich in dem job nie wirklich an. ich weiß es nicht.