Können Mörder lieben?
Seit meiner Kindheit tauchen willkürlich Fragen vor meinem geistigen Auge auf. Ich weiß oft nicht, warum sie mir in den Sinn kommen. Plötzlich sind sie da wie eine Katze, die von außen durchs Fenster hinein stiert. Die Katze springt nach kurzem wieder davon, aber die Frage kriege ich so schnell nicht mehr los. Manche Fragen kommen mir vor wie Wasserleichen, die lange auf dem Grund liegen und eines Tages vor mir wie Schreckgespenster auftauchen. Die Fragen haben dicke, bleiche Gesichter. Ich trage sie mit mir Tag und Nacht herum. Willkürlich blitzen sie auf – wenn ich z.B. auf dem Klo sitze und sie gar nicht erwarte. Man kennt ähnliches mit den Melodien, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Eine Frage hält sich seit Jahren sehr hartnäckig. „Glaubst du an Gott?“ Natürlich glaube ich nicht an Gott, und trotzdem hockt diese Frage in meinem Kopf wie ein Geschwür, das ab und zu juckt. Ich habe mich an sie bereits gewöhnt. Vor Kurzem klopfte eine neue Frage, eine noch nie dagewesene, an die Tür meines Oberstübchens. Ziemlich unverschämt zu nachtschlafender Zeit. Ich hatte mir die DVD "Mann beißt Hund" angeschaut, den DVD Player ausgeschaltet, und kringelte mich zum Schlafen in meinem Bett.
„Können Mörder lieben?“ fragte eine Stimme, die ich als meine innere Stimme identifizierte, immer drängender, so dass ich nicht umhin kam, mir einige Gedanken dazu zu machen. Es entsponn sich ein innerer Dialog:
- Aber selbstverständlich können Mörder lieben – was fragst du so blöde? Überall auf der Welt leben Mörder, die lieben, die Familie haben.
- Das ist wahr. Und ich finde es seltsam.
- Wieso?
- Weil es mir nicht in den Kopf will, wie ein Mensch, der seine Frau, seine Kinder, seine Eltern liebt, morden kann.
- Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Menschen töten - wie Raubtiere - und gründen Familien. Jeder ist sich selbst am nächsten. So wurde es von der Natur eingerichtet. Lebewesen sollen sich fortpflanzen. Der Mensch kann keine moralische Extrawurst spielen. Er ist nichts als ein besonders intelligentes Raubtier. Was heißt überhaupt „Morden“?
- Töten aus niedrigen Beweggründen, würde ich sagen. Sind wir nicht auch soziale, mitfühlende Wesen? Wie können wir einerseits morden und andererseits lieben? Das geht einfach nicht in meine Birne. Schau dir die Berichterstattung über die Kriege in der Welt an!
- Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit stellte dem Menschen schon immer ein Bein. Der Mensch will krampfhaft besser sein, als er es ist.
- Also, man kann an Gott glauben, man kann lieben … und trotzdem ein Mörder sein?
- Absolut. Der Mensch ist ein Schizo. Sein Denkapparat fickt ihn ins Knie. Moral ist was für Weicheier und Heuchler. Aus dieser Zwickmühle gibt es kein Entkommen. Es wird immer die Albert Schweizers sowie die Hitlers geben.
- Kann sein. Ich mag aber mehr Albert Schweizers als Hitlers. Kannst du dir vorstellen, dass Hitler liebte?
- Seine Mutter bestimmt.
„Können Mörder lieben?“
Langsam verklang die Frage wie ein Echo in meinem Kopf, während mich der Schlaf abholte und mit absurden Traumbildern zudeckte.
...
Könnte ich morden?
bonanzaMARGOT
- 23. Nov. 14, 12:09
- boMAs Gedichte und Texte
gruselig
ein paar gruselige Gedanken folgen dir ja bis ins Bett ;-)
Angeblich haben wir alles von unseren Ahnen in unseren Genen...alles wird von einem auf den anderen weiter gegeben. Das sind nicht nur die typischen Eigenschaften gemeint, sondern auch das Erlebte, was den Menschen prägt, kann er weiter geben. Daraus kann sich z.B. auch ein Déjà- vu erklären. Vielleich rühren deine anschleichenden Gedanken auch aus dem Bereich der Ahnen.
Vielleicht gab es in deiner Ahnenreihe einen Mörder - in der Steinzeit - im Mittelalter .. oder so . Und dieser wurde vielleicht durch Umstände zum Mörder, die er nicht zu vertreten hatte - wie Kriege. ich kann mir gut vorstellen, dass diese Menschen dann den Rest ihres Lebens mit Gewissenskonflikten verbrachten und diese prägten ihn und seine Nachkommen.
Liebe und Töten schließen sich sich ja aus, denkt man. dabei führt die Liebe auch oft zum Mord. Aber dahinter steckt dann wohl eher Egoismus und Besitzdenken. Mit Liebe hat das nichts zu tun.
Psychopaten, die zum Mörder geworden können sicher nicht lieben. Sie haben kaum Verbindungen zu anderen Menschen, sind vielleicht schon von anderen Menschen schon zerstört worden.
Ob man morden könnte ? Dafür bedarf es bestimmt einige Bedingungen ,die einen keinen anderen Ausweg lassen. Aber ob man dann den entscheidenden Schlag führen würde? Also in meinem Kopf ist das nichts vorgesehen, keine Konzept, obwohl man im Gefühlen der Wut sicher denkt: "Den oder die könnte ich umbringen"
LG La We
wer liebt, kann doch nicht morden ..., denn gehört zur liebe nicht auch ein großes empathievermögen allen lebewesen und dingen gegenüber?
es konnte doch nur dadurch der begriff "gewissen" enstehen. wir sind als menschen besondere wesen, die ein gewissen haben. und dieses gewissen haben wir, weil wir lieben ... wie können wir da gleichzeitig morden??
ohne Liebe
was in den Köpfen der Mörder vorgeht, versucht man bei einem Tathergang ja zu klären. Das Motiv der Tat wird deshalb ja immer gesucht. Manche Menschen werden, wie der Ich Gast schon schrieb, in die Enge getrieben, das die Tat wie ein Befreiungsakt für sie ist.
Aber das Hauptmotiv ist oft die Gier - egal ob es um Macht Besitz oder Geld, was ja auch Besitz ist, geht. Diese Menschen lieben sich als Machthaber ..nur sich und niemand anderes und befriedigen nur ihre Bedürfnisse der Gier.
Die Suche nach Motiven ist für die Polizei immer deshalb auch wichtig, weil man daraus eventuelle Schlüsse ziehen kann, die als Vorzeichen dem Ereignis vorausgehen.
Serientäter sehen sich nur in ihrem eigenen Leid und haben kein Gefühl für die Opfer...können auch keins entwickeln. Da gibt auch nicht den kleinsten Ansatz von Emphatie und von Gewissen kann keine Rede sein.
Ich denke, wenn jemand die Grenze überschritten und ein oder sogar mehrere Menschenleben auf dem Gewissen hat, kann nicht lieben..so wie wir Liebe verstehen.
Liebe hat auch was mit Respekt zu tun und dazu hört auch Respekt vor dem Leben an sich. Wer tötet liebt nicht, nicht mal sich selbst.
LG La We
bei mord denke ich nicht an die tötungen im affekt oder im selbstverteidigungsfall sondern an tötungshandlungen, die wir als menschen bewusst planen und ausführen.
im krieg wird das legal und massenhaft gemacht. auch halte ich die durchführung der todesstrafe in diesem sinne für mord.
ebenso meine ich tötungen, die aus habgier, eifersucht, niedertracht etc. ganz bewusst von den tätern in kauf genommen werden. wichtig ist mir dabei allein der aspekt, dass der täter ganz genau weiß, was er tut. natürlich ist dies nicht immer leicht zu beurteilen.
ich kann mir nicht vorstellen, dass ich zum mörder werden könnte - wohl aber unter bestimmten bedingungen zum totschläger.
niemals wäre es für mich denkbar, z.b. wie diese islamistischen isis-kämpfer skrupellos menschen zu töten. wie können menschen, die solche greueltaten begehen, lieben??