Samstag, 16. Dezember 2017

Streik


Dass Ryanair Piloten streiken werden, passt mir gerade gar nicht – natürlich gönne ich ihnen ein besseres Gehalt, ich kann mir vorstellen, dass sie bei dem Billigflieger nicht top verdienen, aber ich will in zehn Tagen auf Fuerteventura sein, eine Pauschalreise mit Flügen von Ryanair. Vielleicht habe ich Glück, denn ich las, dass sie über die Weihnachtstage eine Streikpause einlegen. Ansonsten steht der Reiseveranstalter in der Pflicht, doch wer weiß, was dabei herauskommt… Es wäre ein großer Mist, wenn mein Urlaub ins Wasser fiele. Er war als besonderes i-Tüpfelchen am Jahresende gedacht - 2017 mit Sonne, angenehmen Temperaturen und Meeresrauschen abschließen. Kurz rauskommen aus der Depression des Alltags und dem Berliner Mief. Ein paar Tage ganz woanders sein, auf eine Horizontlinie blicken und in den Tag hineinträumen… Also, liebe Piloten, bitte am 26.12. nicht streiken und mich sicher auf diese Insel im Atlantik bringen. Ich finde es scheiße, dass ihr so schlecht bezahlt werdet. Wo man hinsieht, Ausbeuter! Ich muss nur mal an meine Zeiten als Altenpfleger denken. Da hatte ich auch eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit, die einen zudem ziemlich stresst und auf Dauer fertigmacht. Und wisst ihr, was man als gelernter Altenpfleger verdient?!? Gerade so viel, dass man sich selbst über Wasser halten kann. Einen Luxusurlaub kann man sich nicht leisten. Wenn man also mal rauskommen will, bleiben nur günstige Pauschalreisen oder die Angebote von Billigfliegern… Irgendwie beißt sich da die Katze in den Schwanz, oder? Die Leute sollen auf Teufel komm raus konsumieren, aber bei den niedrigen Löhnen (und hohen Mieten) geht das nur, wenn die Produkte billig sind. Und wer muss in diesem Pyramidensystem bezahlen? Das sind freilich die ganz unten… Somit werden wir quasi alle zu Ausbeutern… Versteht ihr? Wir sind alle Teile dieses unmenschlichen Systems. Mit jedem Schritt, den wir nach oben machen, treten wir nach unten. Vor kurzem stieß ich zufällig auf die Website "slaveryfootprint.org" – dort kannst du dir ausrechnen lassen, wie viele Sklaven für dich auf der Welt arbeiten…

Es gibt Tage, an denen man neben sich steht. Es gibt Dienstage, die sich bereits nach Freitag anfühlen. Es gibt Tage, die an der Wahrnehmung einfach vorbeigehen. Heute ist Samstag. Ich habe Geburtstag, und es fühlt sich nicht wie Geburtstag an. Ich gewöhnte mich daran, dass sich Tage nicht so anfühlen müssen, wie sie heißen, bzw. wie sie, eine bestimmte Sache verheißend, auf einen zukommen. Umso weniger man erwartet, desto geringer die Enttäuschung. Freilich eine Binsenweisheit. Nicht einfach durchzuhalten. Geburtstage würde ich am liebsten vergessen. Insofern ein Fehler zu erwähnen, dass ich Geburtstag habe. Mist! Am liebsten wäre ich heute mit O. ins Kino gegangen und danach essen. Passt aber nicht, weil sie einen wichtigen Termin hat, von dem ich nichts wusste. Ich bin sehr enttäuscht, was dumm ist, da ich mir aus Geburtstagen nichts mache.
Das Geschenk ist ausgepackt. Ein riesiges Sparschwein. Mir fällt einfach nicht ein, was ich dazu sagen soll…
Liebe Ryanair Piloten, enttäuscht mich bitte nicht. Bringt mich auf die Insel. Es ist Zeit.

Freitag, 15. Dezember 2017

TV-Tipp

"Walk the Line", 22 Uhr 25, RTL 2

Mittwoch, 13. Dezember 2017

Mittwochs-Frage

Nett sein, ohne eine Schleimspur zu hinterlassen - geht das überhaupt?

Sonntag, 10. Dezember 2017

Überstunden


Ich blicke aus dem Bürofenster in den Innenhof und den grauen Himmel darüber. Sind das wirklich Schneeflocken? Aus einem anderen Raum schallt die Stimme einer Kollegin: „Hey Leute, schaut mal raus!“ Ich schiebe freiwillig Überstunden. Es wurde uns von der Chefin nahegelegt. Wir hinken in der Bearbeitung gewaltig hinterher, was kein Wunder bei der Flut von Meldungen ist. Im Mitarbeitergespräch vor zwei Wochen nahmen sie mich in die Zange, die Chefin und die Oberchefin.
„Wären Sie bereit, in dieser Situation an einem der Samstage Überstunden zu leisten?“
„Eigentlich bin ich mit den täglichen acht Stunden Dokumentation schon an der Grenze…“, druckste ich herum, „aber wenn`s sein muss…“
„Sie würden also nur Überstunden machen, wenn sie angeordnet werden?“ fragte die Oberchefin und hatte mich damit im Sack. Die andere Chefin betonte, wie wichtig ihnen das Attribut freiwillig dabei sei.
„Wir können Sie also auf die Liste setzen?“
„Ja“, ich lächelte gequält.
Am nächsten Tag stand ich auf der Liste, die zum Eintragen im Aufenthaltsraum bereitlag. Statt nur meinen Namen, las ich: „Herr Bonanza Margot erklärt sich prinzipiell bereit, Überstunden zu leisten.“

Nach vier Stunden Stammdatendokumentation und Posteingang streiche ich die Segel.
Draußen mehr Schneeregen als Schnee. Die Mittagsluft schlägt mir kalt und feucht ins Gesicht. Fluchend radele ich durch den Berliner Verkehr. Das Leben hat mich am Wickel (- erpresst und ausgepresst). Man könnte auch sagen: der ganz normale Wahnsinn. Und wozu das alles?

Mittwoch, 6. Dezember 2017

TV-Tipp

"Der seltsame Fall des Benjamin Button", 20 Uhr 15, Pro Sieben

Mittwochs-Zitat

Das Tier entwindet dem Herrn die Peitsche und peitscht sich selbst, um Herr zu werden, und weiß nicht, daß das nur eine Phantasie ist, erzeugt durch einen neuen Knoten im Peitschenriemen des Herrn.
Franz Kafka

Sonntag, 3. Dezember 2017

Zeit für die Wahrheit


Mir ist klar, dass die Wahrheit oft unbequem ist. Viele werden sie nicht hören wollen. Andere wiederum ahnten die Wahrheit sicher und werden nicht besonders überrascht sein. Bestimmt aber werden die meisten aus allen Wolken fallen. Sei`s drum. Meine Wahrheitsliebe verpflichtet mich dazu, Euch hier und jetzt mitzuteilen, was Sache ist.

Nein, das ist keine Show. Vor zwei Stunden, fünf Minuten und 23 Sekunden wurde mir aus sicherer Quelle die Wahrheit aller Wahrheiten zugespielt. Fragt mich nicht, warum ausgerechnet ich auserwählt wurde. Ich bin nur ein simpler Informant. Ich habe mich nicht um diesen Job gerissen. Auf der anderen Seite gehöre ich zu denen, die es schon lange ahnten.

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob es eine gute Idee ist, wenn ich Euch die Wahrheit einfach so aufs Brot schmiere. Was sollte sich danach ändern? Die Mehrheit wird mich für verrückt erklären. Kann ich sogar gut verstehen. Aber da ich weiß, dass es die Wahrheit ist, werde ich nicht davon abrücken. Seid ihr also bereit?

Okay. Die Wahrheit ist… Wie jetzt?... Ich soll nicht mehr?!?... Wieso, verdammt!?... Aber Du sagtest… Scheiß Spiel!... Das lasse ich nicht zu!... Nein, auf keinen Fall… Ich sage jetzt die Wahrheit!!... Fuck!... Wieso soll das plötzlich nicht mehr die Wahrheit sein??... Verarschen kann ich mich selbst!... Noch nicht der richtige Zeitpunkt?...

Entschuldigt. Wir verschieben das. Ich kenne mich nicht mehr aus. Gott und Teufel. Sie lassen mich im Regen stehen mit der Wahrheit. Kalt abserviert. Bestimmt Methode. Passt nur auf – ich bin sicher nicht der einzige, den sie linkten und noch linken werden. Dabei erschien es mir echt plausibel: Die Welt ist die Hölle, und wir verdienen es, hier zu sein…

Samstag, 2. Dezember 2017

Der Hund


Ich sehe sie regelmäßig mit ihrem Yorkshire Terrier vorbeitrotten. Mal auf unserer, mal auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Als wir vor drei Jahren hier einzogen, erkundeten wir die Umgebung und stießen am Bülowbogen auf ihre Kneipe. Einige Male machten wir auf unseren Spaziergängen Rast darin. Nur ein paar ältere Stammgäste hockten an der Theke, lebende Fossilien. Ich glaube, sie nannten sie Karin. Es wurde wenig geredet. Stoisch zapfte Karin die Pils, ihre Mimik karg. Das Lokal war düster und rauchig. Wir saßen an einem der Tische, etwas deplatziert anmutend. Karin lächelte selten, doch wenn sie es tat, war es ein gutes Lächeln. Die Zeit schien in dieser Gruft stillzustehen. Und der Hund, der eigentliche Herr im Hause, wachte aufmerksam über alles. Wir tranken das gut gezapfte Pils und wunderten uns über das verstaubte Ambiente sowie die Figuren, die wir sahen. Ebenso wunderte man sich sicherlich über uns: Was führt die denn hier rein?
Seit damals erkenne ich die alte Karin sofort, wenn sie mit ihrem Hund auf ihrer Runde bei uns vorbeikommt, immer gleich mit einer Kippe im Mund.

Mittwoch, 29. November 2017

Mittwochs-Worte

Umso älter ich werde, desto weniger nachdenkenswerte Zitate finde ich beim Herumstöbern. Das meiste liest sich furchtbar abgedroschen oder ist einfach albern. Da suche ich lieber selbst in meinem Kopf nach guten Worten... Heutiges Ergebnis: nichts gefunden.

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