Montag, 27. November 2017

Zum Fünfzigsten, nachträglich


Bobbele, nun biste fast in meinem Alter. Pleite zwar aber mit einer ansehnlichen Patchworkfamilie. Gar zu schlecht scheint es dir nicht zu gehen. Deinen Fünfzigsten feiertest du jedenfalls recht ausgelassen, wie zu lesen ist.
Ich erinnere mich noch gut an die Achtziger, als du Tenniserfolgsgeschichte schriebst. Ich herumtreibender Student an der TU Karlsruhe und du auf dem Center Court in Wimbledon. Deine Matches liefen überall, wo TV-Geräte standen oder hingen. Wir fieberten jedem Ballwechsel kollektiv entgegen. Bum-Bum Boris! Dann die Becker-Rolle! Wir feierten deine Siege und stießen auf dich und unser ödes Leben an. Bobbele hatte es mal wieder geschafft!
Was für eine tolle Zeit waren die Achtziger mit Koryphäen wie Helmut Kohl, Herbert Grönemeyer, Steffi Graf und dir! Da war noch nicht Internet, sondern Kneipe.
Und dein Gestammel in den Interviews – einfach göttlich! Wir machten uns regelmäßig lustig darüber. Das waren Running Gags.
Du hast dich ganz schön gemausert, alter Junge. Es verschlug dich nach London, mich nach Berlin. Weißt du, dass wir aus derselben Gegend stammen? Hast du noch Heimatgefühle? Als meine Eltern starben, starb für mich in gewisser Weise der letzte Rest Heimat…
In einem deiner letzten Interviews sagtest du: „Das Überschreiten der 50-Jahre-Marke ist ein wichtiger Geburtstag für einen Mann. Es ist das erste Mal, dass du zurückblickst auf dein eigenes Leben und wirklich beginnst, die Dinge einzuordnen. Gleichermaßen erreicht man einen Punkt, an dem man nach vorne sieht und in der fernen Zukunft die Ziellinie erkennen kann." So oder ähnlich hast du`s ausgedrückt. Gar nicht so einfach, die Dinge einzuordnen, finde ich. Und von wegen Ziellinie – ich erkenne da eher einen Abgrund. Aber als Sportler siehst du die Dinge freilich sportlich.
Alles Gute zum Fünfzigsten, nachträglich! Halte die Ohren steif.

TV-Tipp

"Der zweite Atem", 20 Uhr 15, Arte

Samstag, 25. November 2017

November, du Hund


Es ist derart trist, dass ich ein paar Kerzen und Teelichter anzündete. Die Luft, die durch das geöffnete Fenster in die Wohnung strömt, klebt vor Feuchtigkeit. Beinahe sonntäglich still an diesem verregneten, düsteren Samstagvormittag - er erhält von mir den Hauptpreis für Hässlichkeit 2017. Die Bluesmusik aus dem Internetradio passt wie die Faust aufs Auge. Ich habe kein Problem damit, den Blues zu zelebrieren, ein totes Pferd zu reiten oder einfach in die Röhre zu gucken. Die Schwermut ist für mich mehr als ein guter Bekannter. Sie steckt mir wie Blei im Blut. Einsamkeit und Schwermut – eine köstlichere Verbindung gibt`s nicht.
Eigentlich ganz gemütlich alleine in der Bude. Ich blicke auf das flackernde Licht auf dem Couchtisch. Wenn man jetzt noch was mit sich anzufangen wüsste.

Mittwoch, 22. November 2017

TV-Tipp

"Angels' Share - Ein Schluck für die Engel", 20 Uhr 15, Arte

Mittwochs-Worte

"Es wächst zusammen, was zusammengehört", sagte einst Willy Brandt beim Fall der Mauer - hört sich gut an, und seine Worte gingen in die Geschichte ein. Gilt dann nicht auch der Umkehrschluss "Es geht auseinander, was nicht zusammengehört"? Vielleicht will man das nur nicht immer wahrhaben (- notwendiger für das Leben ist, dass man sich zusammenrauft und nicht entzweit).

Montag, 20. November 2017

TV-Tipp

"Der Rabe", 22 Uhr 55, Arte

Sonntag, 19. November 2017

Morgen ist Montag


Drei Abholtermine platzten, angeblich weil die Müllmänner den Schlüssel verschlampt oder verloren hatten, so die Auskunft von Vermieterseite. Inzwischen wurden einfach alle Abfallbehälter (welche eigentlich zur Mülltrennung vorgesehen sind) mit dem Hausmüll vollgestopft. Kann es so schwierig sein, dem Abfallunternehmen einen neuen Schlüssel fürs Hoftor zukommen zu lassen? Oder geht es vielleicht um was anderes? Wir zahlen jeden Monat einen Abschlag für die Betriebskosten, u.a. für die Müllabfuhr. Wenn ich das Gefühl habe, dass mich jemand an der Nase herumführt, kann ich stinksauer werden. Morgen ist Montag, erneut Müllabholtag. Eigentlich habe ich kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit dem Vermieter. Es gibt wichtigeres. Auf der anderen Seite: Muss man sich alles bieten lassen?!?

Auf der Arbeitsstelle brennt die Hütte. Wiedermal merken die Fuzzis, die alles so schön planten, dass die Dinge sich in der Praxis unvorhersehbar schwieriger entwickeln als gedacht. Scheiße, immer dasselbe, denke ich. Hört das denn nie auf? Warum müssen die kleinen Leute ausbaden, was in den Führungsebenen schiefgeht? Warum kriegen wir das ab?
Unsere Vorgesetzten diskutieren inzwischen eifrig, wie sie den Laden am Laufen halten können. Das Ergebnis sind Überstunden und schlechte Laune in den Büros. Der Druck auf die Mitarbeiter steigt. Es ist abzusehen, wann die ersten blau machen…
Seit einer Woche dokumentieren eine Kollegin und ich nicht mehr in die Tiefe, was nichts anderes als Dokumentation am Fließband bedeutet. Die Tumorfälle werden nur mit dem Nötigsten ins System gekloppt, um die für die Abrechnung wichtigen Fallpauschalen zu generieren. Anordnung von Oben. Eigentlich Betrug, meinte die alte Dokumentarin, mit der ich das Büro teile. Hauptsache der Schein wird gewahrt und der Rubel rollt. So läuft vieles auf der Welt – und ich stecke mal wieder mittendrin – in einem System, welches keine Sau richtig durchschaut. Am besten sind die dran, die sich gut in die Tasche lügen können. Und es funktioniert. Berlin funktioniert. Das Gesundheitssystem funktioniert irgendwie… Noch.

Das Mittagsbier in der Kiezkneipe lasse ich mir nicht nehmen. Zwei Weihnachtsmänner sitzen zu einem Fototermin an der Theke. Die ganze Kneipe ist voll von den Foto-Leuten und ihrem Equipment.
Ich finde gerade noch einen Stehplatz. „Wenn es Ihnen nichts ausmacht“, sagt die Kneipenmutter. „Ist okay“, winke ich ab – wo sollte ich auch sonst auf die Schnelle hingehen?
Die zwei Weihnachtsmänner haben vor sich zwei Pilsgläser stehen. Sie sind an die Sechzig und gut beleibt, passen original in die Kluft, tragen aber keine Mützen und keinen künstlichen Weihnachtsmannbart. Den braucht der eine auch nicht. Eine junge Frau gibt mit Befehlen das Fotoshooting vor: „Jetzt anstoßen und lachen!“ „Jetzt umarmen!“ „Dasselbe noch mal!“ „Bitte dorthin schauen!“ „Yeah, und singen Sie ruhig ein Weihnachtslied!“ „Gut! Gleich nochmal!“ …
Ich stehe in der Ecke und betrachte das Ganze. Mal was anderes. Skurril. Wie die ganze Welt. Gut, dass es diesen Stoff gibt, denke ich und schließe die Augen beim Trinken.

TV-Tipp

"Todesmelodie", 20 Uhr 15, Arte

Samstag, 18. November 2017

Wer stinkt am meisten?

Eine Wasserleiche nach Luftkontakt? Ein saufender Russe? Ein Nazi? Ein Igel vor dem Zelt? Ein Pole in einem gestohlenen Auto? Ein Stinktier? Trump? Vier Aborigines beim Zerlegen eines Kängurus? Heidi Klum? Der alte Schwede? Arabische Flüchtlinge? Inder? Kinder nach einem Kindergeburtstag in Mac Donalds? Fünfzig Rentner auf einer Kaffeefahrt? Wladimir Klitschko nach einem Boxkampf? Ein Indianer auf Kriegspfad? Ein deutscher Soldat vor Stalingrad? Ein sterbender Elefant im Zirkus? Ein verfaulender Mensch im Altenheim? Angela Merkel? Eine chinesische Reisegruppe im Bierzelt? Die Katze meines Nachbarn? Ein Asylbewerber? Kim Jong-un? Ein Jude? Die Türken in Neukölln? Alle Türken? Ein deutscher Spießer? Harvey Weinstein? Die Nutte nach einem Blow-Job? Ein Zigeuner? Fünf Zigeuner? Dreißig tote Zigeuner? Mein Hund, wenn er furzt? Mein Kind, wenn es Blähungen hat? Politiker bei Sondierungsgesprächen? Mein Arbeitskollege? Ein Anarchist? Der Papst? Bill Gates? Der liebe Gott? Ich?

Mittwoch, 15. November 2017

Mittwochs-Worte

Es gibt kaum eine Sache in der Welt, welche schöner geredet wird als die Arbeit. Vielleicht die Liebe. Doch hat die Liebe noch Platz in einem Leben voller Arbeit?

Montag, 13. November 2017

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