Montag, 21. August 2017

TV-Tipp

"Free Speech - Fear free" (Doku), 22 Uhr 25, 3sat

Adressänderung


Für alle, die`s interessiert – ich weiß, das sind nicht viele -, aber der Ordnung halber will ich hier meine neue Anschrift mitteilen. In Zukunft, d.h. für alle Zeiten, werde ich in der Paulusstraße 20b erreichbar sein. E-Mail-Adresse und Telefonnummer sind noch in der Mache, schließlich bin ich frisch eingezogen. Anscheinend geht`s hier auch nicht schneller als in Berlin. Man muss sich mal den riesigen Verwaltungsaufwand vorstellen: ca. 200.000 Menschen sterben jeden Tag, und davon kommt immerhin etwas über die Hälfte in den Himmel, wurde mir jedenfalls an der Pforte gesagt. Und ich dachte, dass es einen Überhang in der Hölle geben müsste... So kann man sich irren. Jedenfalls hatte ich wohl riesiges Glück. Man hielt mir meine vielen Jahre als Altenpfleger zugute. In dieser Zeit sammelte ich mehr Punkte, als mir zu Lebzeiten bewusst war. Darum schaffte ich es knapp in den Himmel, in ein 1-Zimmer Appartement, das in einem Wohnblock liegt, wo ich eigentlich zu Lebzeiten nie hinwollte. Zu mehr reichte aber meine Punktzahl nicht. Meine Nachbarn sagen fast alle übereinstimmend: „Immerhin sind wir im Himmel!“ Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob ich darüber glücklich sein soll. Die machen sich wahrscheinlich was vor. Aber gut, mal abwarten, vielleicht wird`s noch besser.
In der ersten Etage wohnt Karl, der Hausmeister. Er sah mir gleich an, dass ich mit der Situation nicht besonders glücklich war.
„Hör mal, Kumpel“, sagte er mir, „ich habe es auch gerade so geschafft. Fälschlicherweise hatten sie mich in den Fahrstuhl runter zur Hölle gesteckt…“
„Echt?“ fragte ich ungläubig.
Karl rückte mir auf den Pelz. „In der Hölle macht es für unsereins keinen Unterschied zum Himmel“, flüsterte er mir ins Ohr.
„Ist nicht wahr.“
„Doch, doch! Die haben dort für diejenigen, die nur so ganz knapp in der Hölle landen, dieselben fuckin` Appartements. Kein Unterschied – wenn ich`s dir sage!“
„Offenbar muss man also ein Heiliger oder ein echter Verbrecher sein…“, erwiderte ich säuerlich, „irgendwas lief schief in meinem Leben.“
Karl grinste breit. Er schien mit seinem Hausmeisterjob glücklich zu sein, den er als Wiedergutmachung erhielt, da man ihn dummerweise erst in die Hölle geschickt hatte. Na ja, vielleicht nur ein Schwätzer.
Ich werde mich einleben müssen, egal ob Himmel oder Hölle. Wenigstens ein moralisch sauberes Feeling hier, - auch wenn ich mir den Himmel anders vorgestellt hatte als einen Marzahn-Plattenbau. Nein, Einsamkeit ist keine Frage des Ortes...
Entschuldigt, ich will nicht larmoyant rüberkommen. Es ist vorbei. Oder anders gesagt: Ich hab`s gepackt.

Allen, die an mich ab und zu denken (ich weiß, das sind nicht viele), wünsche ich ein schönes Restleben. Und wenn`s euch auch hierher verschlagen sollte, würde ich mich über einen Besuch freuen. Wie gesagt: Paulusstraße 20b – bis dahin habe ich bestimmt ein Namensschild.

Sonntag, 20. August 2017

Kein Mensch ist schuldlos


Als ich vor drei Jahren mit der Altenpflege aufhörte, hatte ich keine konkrete Idee, wie es weitergehen sollte. Ich wollte einfach raus aus dieser Klitsche. Die jahrelangen Nachtdienste hatten mich endgültig zermürbt. Ich bewegte mich nur noch als Schatten zwischen zwei Welten. Am Tage sah ich unsere Wohlstandskultur, die mir immer fremder wurde. Nein, stimmt nicht, die Welt um mich herum war mir bereits im Kindergarten und in der Schule fremd. Was war nur mit mir los? Warum kam ich nicht klar mit der Welt? Scheiße…
Und in der Nacht sah ich, wie alles zu Ende ging – realer hätte es nicht sein können. Seltsamerweise waren mir die Todgeweihten lieber als die Lebenden. Vielleicht mitleidsbedingt. Ich weiß nicht. Wer den Tod unmittelbar vor sich sieht, erkennt die Wahrheit (zum Verrücktwerden).
Oft trat ich auf die Terrasse des Altenheims und blickte in die Sternennacht. Ich wurde eins mit dem Gebäude und den Bewohnern, über die ich wachte.
Im Geheimen kämpfte ich mit meinen Ängsten. Ich wollte verstehen, warum die Welt ist, wie sie ist. Ich kam zur Altenpflege, weil ich erfahren wollte, was hinter den Mauern passiert, wo Menschen dahinsiechen und sterben. Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Zeit: Kein Mensch ist schuldlos. Das einzige, was uns bleibt, ist, Frieden machen – Frieden machen mit der Welt und den furchtbaren Dingen, die auf ihr geschehen.
Wenn das so einfach wäre…

Als meine Eltern starben, fühlte ich mich hilflos und überfordert. Ich hatte sie aufgegeben.
Ich lebte schon lange nur noch mein eigenes Leben. Allein die Liebe zu einer Frau holte mich zwischenzeitlich aus dem Schneckenhäuschen. Aber es reichte nie. Ich kapitulierte vor der neuen Verantwortung. Jeder Weg musste zur Sackgasse werden. Ich prallte gegen die immergleichen alten Ängste. Wenn ich wieder alleine war, konnte mir wenigstens niemand Vorwürfe machen, und niemand hatte Erwartungen.
Keine Ahnung, ob ich nur ein Arschloch unter vielen Arschlöchern oder ein einzigartig großes Arschloch bin. Das sollen die anderen Arschlöcher beurteilen. Ich weiß, dass ich Schuld auf mich lud, und ich versuche damit zu leben. Von wegen Selbstmitleid. Mir geht`s doch gut.
Bestimmt habe ich einen Schutzengel oder einen guten Geist, der in all den Jahren zu mir hielt. Wie hätte ich sonst so viel Glück haben können? Ich fand eine neue Liebe, eine Wohnung in Berlin, sogar einen neuen Job. Vor drei Jahren hätte ich mir das alles nicht vorstellen können. Manchmal denke ich an meine Eltern im Himmel, dass sie meine Schutzengel sind. Schon zu Lebzeiten halfen sie mir über manchen selbstverschuldeten Mist in meinem Leben hinweg. Sie machten mir nie Vorwürfe…
Warum bin ich nicht glücklich? frage ich mich, ich habe doch so viel verdammte Gründe, glücklich zu sein! Warum mache ich mir und dem Menschen, der mich liebt, das Leben so schwer?
Was ist mit mir los? Warum komme ich nicht klar mit der Welt?

Freitag, 18. August 2017

"Ist da draußen noch wer?"

könnte man in den schier endlosen Weltenraum rufen, - für twoday.net gilt inzwischen dasselbe.

Montag, 14. August 2017

TV-Tipp

"Herr der Fliegen", 22 Uhr 50, Arte

Sonntag, 13. August 2017

Panda forever


Ich meide Plätze, wo Menschen hingehen, um irgendwas anzugaffen. Zum einen sind da Museen und Ausstellungen. Okay, ich schlappe neugieriger Weise auch mal durch, aber das ist den Eintritt nicht wert. Es müsste schon was stattfinden oder zu sehen sein, was mich gerade total interessiert. (Und was sollte das sein?!??)
Zum anderen mache ich normalerweise einen Bogen um Zoologische Gärten und Aquarien.
O. ist im Zoo, wegen der Pandas*. Irgendein Hype läuft zurzeit wegen dieser vom Aussterben bedrohten Tiere ab. Keine Ahnung. Ich ging jedenfalls nicht mit. Eingesperrte Tiere anglotzen fördert meine Laune nicht gerade, die sowieso besser sein könnte.
Tiere schaue ich mir lieber in Freiheit an – soll`s noch geben, z.B. die Schwalben, die ich heute Vormittag beobachtete, wie sie immer wieder ihre Nester in den Fensternischen des Wohnblocks gegenüber anflogen. Oder wenn ich auf der Parkbank sitze und gemütlich mein Bier schlabbere, sehe ich fast immer Eichhörnchen einen Baumstamm hochflitzen oder Kaninchen über die Wiese hoppeln. Das geht zack-zack und sie sind wieder im Unterholz verschwunden mit ihrem weißen Hinterteil.
Wozu muss ich exotische Tiere im Zoo angaffen? Jedes Tier ist ein Wunder, Panda hin oder her.
Einen Spaziergang kann ich mir am ehesten durch den Tierpark Berlin vorstellen. Der wirkt natürlicher als der Zoologische Garten, ist großflächiger angelegt, was dem Ganzen eine entspanntere Atmosphäre verleiht. Muss aber auch nicht sein. Schon wegen des Eintritts. Parks und Naherholungsgebiete gibt`s genug in und um Berlin herum. Okay, mir ist eh nicht nach Spazierengehen, mehr nach Radfahren.
Kurios in diesem Zusammenhang: Einer der vielen Krimis, die ich mir während meiner Krankheit reinzog, begann mit einer Szene im Tierpark: Schüler entdeckten bei ihrem Klassenausflug die Überbleibsel einer Leiche im Peccary-Gehege. Die Peccarys hatten ganze Arbeit geleistet. Man sah nur einen Schuh mit einem angefressenen Fuß drin. Der Veterinär musste die armen Viecher operieren, um den Rest ans Tageslicht zu befördern.
In einer anderen Filmszene wurde der Ort gezeigt, wo Lebendfutter (Küken, Mäuse etc.) für die Zootiere gezüchtet wurde… Als stinknormaler Zoo- oder Tierparkbesucher denkt man daran gar nicht. Es ist so ähnlich wie mit dem Fleisch, welches wir tagtäglich in uns reinschlingen – wir wollen gar nicht wissen, wie die Tiere, die wir auf dem Teller haben, gehalten, schließlich getötet und verwertet wurden.
Scheiße. Meine Ärztin hat recht, ich esse zu viel Fleisch. Na ja, solange es kein Panda-Fleisch ist…


*O. korrigierte mich gerade: Sie war nicht nur wegen der Pandas im Zoo.

Samstag, 12. August 2017

Herzblind


Die Spatzen hüpfen übers nasse Pflaster. Mir kommt die Redewendung „Mir rutscht das Herz in die Hose“ in den Sinn. Bei der Vorstellung muss ich unwillkürlich grinsen. Aber ernsthaft: Wo ist eigentlich der Sitz des Herzens? Ich meine nicht den faustgroßen pumpenden Muskel in meiner Brust…, und auch nicht den Sitz der Seele.
Wie so oft kann ich auch diese Sache besser über ihr Fehlen erklären. Also: Wenn man einen Menschen herzlos schimpft, meint man damit, dass er kein Mitgefühl zeigt und gefühlskalt wirkt. Ein herzloser Mensch hat kein Auge für die Gefühle, Ängste und Nöte seiner Mitmenschen und sieht wahrscheinlich die gesamte Welt mehr als eine Sache an, etwa wie Geld. Alles lässt sich für ihn zu Geld machen. Aber wahrscheinlich gibt es solch extrem herzlose Menschen gar nicht, denke ich und drehe meinen Kopf zum Fenster: blicke auf das nasse Pflaster der Straße, die parkenden Autos, die Fassade des Wohnblocks gegenüber. Feiner Nieselregen füllt die Luft aus – wie feine Nadeln, die nur kitzeln. Ein Paketzusteller quert mein Sichtfeld. Tausende Pakete werden täglich in die Hauseingänge geliefert. Und hinter jedem Hauseingang schlagen erwartungsvoll die Herzen…

Wenn wir im nicht anatomischen Sinne vom Herzen eines Menschen sprechen, dann denke ich an ein Auge. Mir rutscht das Auge ins Herz, und danach erst in die Hose. Wieder muss ich grinsen. Meine Gedanken hüpfen wie die Spatzen. Die umherhüpfenden Spatzen auf der Straße sind allerdings weg. Mir fehlen sie ein wenig, was wahrscheinlich Einbildung ist. Kommen Einbildungen auch aus dem Herzen?
Unvorstellbar, was man sich alles einbilden könnte, wenn man es denn wollte. Da geht es nicht mehr um Spatzen, sondern um ganz andere Dimensionen. Sehr viele Menschen bilden sich z.B. Gott ein. Ihre Herzen sehen Gott. Ich frage mich, warum mein Herz Gott nicht sieht.
Groll steigt in mir hoch und entlädt sich in einem kurzen Statement: „Mir macht keiner mehr was vor!!“
Zu viele Verführer und Schwätzer, zu viele Ausbeuter und Geschäftemacher, zu viele Scharlatane und Heilsversprecher!

Donnerstag, 10. August 2017

Bettruhe


Die Symptome waren eindeutig. Obligatorische Urinprobe und Butentnahme. Ich bekam ein Antibiotikum verschrieben mit der Aufforderung viel zu trinken und Bettruhe zu halten. „Sie werden sich sowieso gleich hinlegen wollen“, sagte die Ärztin, eine blasse Asiatin, vielleicht Ende Vierzig. Zwei Stunden hatte ich gewartet, bis ich endlich dran kam mit fast 40 Fieber. Ich konnte mich kaum noch auf dem Stuhl im Wartezimmer aufrecht halten.
Die ersten zwei Tage im Bett zog ich mir alle Wilsberg-Folgen rein, die auf der Mediathek zur Verfügung standen, danach die anderen Krimis. Das Fieber senkte sich nur zögerlich. (Von den Schmerzen will ich an dieser Stelle gar nicht reden.) Keine Ahnung, wo ich mir diese Scheiße holte.
Heute bin ich das erste Mal wieder etwas länger in der Senkrechten, noch etwas benommen und schwach. Die Ärztin will mich am Nachmittag wiedersehen. Sie wird mir bestimmt mit meinen schlechten Blutwerten kommen. Sie ist gut darin, einem die Leviten zu lesen. Mein Leben lang vermied ich es, mir übermäßig viel Gedanken über meine Gesundheit zu machen. Aber natürlich war mir immer klar, welchen Raubbau ich betrieb, und welche Folgen dieser für mich haben kann. Kein angenehmes Thema. Ich bin froh, wenn ich den Termin hinter mir habe.

Sonntag, 6. August 2017

Kurzes Zwischenstaging


Schönes Wetter für einen Ausflug zur Biermeile entlang der Karl-Marx-Allee. Auch eine gute Gelegenheit, aufs neue Fahrrad zu steigen, und eine Runde durch Berlin zu drehen. Drei Wochen bis zu meiner Fahrradreise nach Kopenhagen, und das neue Bike muss noch richtig eingeritten werden. Nicht dass mich auf der Tour die sogenannten Kinderkrankheiten erwischen.
Ich warte sehnsüchtig auf meinen ersten Urlaub. Die Probezeit ist so gut wie geschafft. Danach bleiben mir 10 Tage Resturlaub bis Jahresende. Die will ich vernünftig einsetzen, am besten als Verlängerung von Wochenenden und für die Tage Zwischen den Jahren. Ich brauche dringend ein paar Lichtblicke…

ein literarisches Tagebuch

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