Samstag, 5. August 2017

Von Parasiten und anderen Tieren


„Ein Parasit ist ein Organismus, der sich von anderen Lebewesen (Wirt) ernährt oder diese zu Fortpflanzungszwecken befällt. Er kann den Wirt schädigen, indem er seine Organfunktionen beeinträchtigt, Zellen zerstört und ihm wichtige Nährstoffe entzieht. Ist ein Parasit an einen Wirt angepasst, ist der Befall für den Wirt zumeist nicht tödlich.“
(Quelle: http://flexikon.doccheck.com/de/Parasit)


Wenn man das Ökosystem der Erde als Lebewesen ansieht, dann sind wir Menschen lt. obiger Definition Parasiten par excellence. Und wir geben uns nicht gerade als an unseren Wirt angepasst (oder?). Das Ökosystem Erde wurde durch den Parasiten Mensch bereits erheblich geschädigt.

Vom Menschen mal abgesehen sind Parasiten besser als ihr Ruf.
„Nach Ansicht vieler Ökologen spricht vieles dafür, dass Ökosysteme mit Parasiten besser funktionieren als ohne. Ein gesundes Ökosystem ist in der Regel auch reich an Parasiten. Die Schmarotzer der Welt mögen ja einen schlechten Ruf haben. Doch es ist trotzdem gut, dass es sie gibt.“ (Quelle: http://www.spektrum.de/news/die-heimliche-macht/1200043)

Wir reden an Stammtischen oft vom Sozialschmarotzertum und meinen dabei immer die anderen, denn wenn wir Leistungen vom Staat beziehen, ist das natürlich okay.
Besonders ausländische Mitbürger und Flüchtlinge haben wir mit unseren verächtlichen Reden im Visier, - was daran liegen mag, dass einheimische Parasiten nur schwer Konkurrenten auf ihrem Terrain dulden.

„Leben ohne Geld verdienen zu MÜSSEN klingt nicht nach Kapitalismus sondern nach Parasitismus.“ (Quelle: http://abendglueck.twoday.net/stories/1022629019/#comments)
Ich entgegne: Der Kapitalismus ist die maßgebliche Antriebskraft des Parasitismus, welcher das Ökosystem Erde auf kurz oder lang zerstören wird.
Leben, ohne Geld verdienen zu müssen, stellt in meinen Augen eine große ideelle Herausforderung dar und hat nichts mit Parasitismus zu tun. Im Gegenteil will sich derjenige von der Abhängigkeit zum Wirt (= Wirtschaftssystem) lösen.
Außerdem habe ich nichts gegen einen Parasiten in einem parasitären System einzuwenden. Ich kann nichts Verwerfliches daran entdecken, wenn Menschen ihre Rechte auf Sozialleistungen ausschöpfen oder sich Almosen erbetteln. Sie machen damit doch nichts anderes als Manager – bloß eben am anderen Ende der Fahnenstange.
Bei Diebstahl und Betrug hört dann allerdings auch meine Toleranz auf.

Wir müssen dabei auch an jene denken, die aufgrund von Krankheit, Schicksalsschlägen, Alter und körperlicher oder geistiger Hinfälligkeit nicht in der Lage sind, ihr Leben aus eigener Kraft zu bewerkstelligen. Niemand käme auf die Idee, diese Menschen Parasiten zu nennen. Die Solidargemeinschaft trägt selbstverständlich die Kosten, die zur Lebenserhaltung ihrer wie auch immer benachteiligten Mitmenschen, notwendig sind. Das Dritte Reich mit seinen Euthanasiegesetzen liegt Gott sei Dank hinter uns.

Eines der größten Verbrechen der Menschheit, der Holocaust, wurde mithilfe des seit dem 18. Jahrhunderts gängigen antisemitischen Stereotypen des „Jüdischen Parasiten“ legitimiert.
Dazu ein Zitat v. 1860: „Der Jude bleibt Jude, eine Parasitenrasse, Feind der Arbeit, der allen Gepflogenheiten des anarchischen und lügnerischen Handels, der Börsenspekulation und der Wucherei frönt. Der gesamte Handelsverkehr ist in der Hand der Juden; vielmehr als die Könige oder die Kaiser sind sie die Souveräne der Zeit.“ (Pierre-Joseph Proudhon, Frühsozialist)


Zusammenfassend:

Wir sollten nicht leichtfertig von Parasiten oder Parasitismus reden, jedenfalls nicht, wenn es um einzelne Menschen oder Gruppen von Menschen geht.
...
"Parasiten sind besser als ihr Ruf."
...
Im ökologischen Sinne kann man die Menschheit als zerstörerischen Parasiten auf dem Planeten Erde ansehen.
...
Der Kapitalismus brachte den Parasitismus der Menschheit erst richtig in Schwung.

Mittwoch, 2. August 2017

Mittwochs-Worte

Nichts bleibt an seinem Platz. Ständig wird alles fortgerissen und verändert. Nur der Tod bremst die Zeit, kurz bis zum völligen Stillstand.

Samstag, 29. Juli 2017

Kiez-Studie


Bei schönem Wetter setze ich mich vor die Kiezkneipe unter den Sonnenschirm. Ich mache eine halbe Stunde Mittagspause. Sie reicht genau für zwei Bierchen. Die Kneipe liegt in einer Seitenstraße etwas abseits von der starkbefahrenen Verkehrsader Potsdamerstraße. Im sogenannten Potse Kiez lag früher Kneipe an Kneipe, erzählen die Stammgäste, die fast allesamt älteren Semesters sind. Wenn man aus der einen Kneipe kam, konnte man direkt in die nächste hineinfallen. Aber die Zeiten änderten sich. Man sieht hier kaum noch Deutsche, und mit den Deutschen verschwand auch die Kneipenkultur.
Ich sitze im Halbschatten und blicke auf das Treiben der verkehrsberuhigten Straße, die von Wohnblöcken und Bäumen umsäumt ist. Gegenüber einer der vielen Kioske, wie man sie in Berlin fast an jeder Straßenecke sieht. Die Inhaber sind meist ausländischer Herkunft. Es ist hier eine Multikulti Gegend. Fremdländische Figuren beherrschen das Straßenbild. Früher waren fast alle türkischstämmig, aber heute ist`s nicht mehr so einfach, die Nationalitäten zu identifizieren.
Vor dem Kiosk tummeln sich regelmäßig junge arabisch aussehende Männer. Auf einer Bank im Schatten sitzen junge Frauen mit Kopftuch und plaudern miteinander. Von einem Balkon ruft ein Typ im Unterhemd seinem untenstehenden Kumpel in fremder Sprache etwas zu. Die Kinder der Frauen spielen an dem kleinen Brunnen, der gleich neben der Kneipe aus dem Pflaster ragt. Aus dem Hauseingang links von meinem Aussichtsplatz kommen fast immer zur gleichen Uhrzeit ein Zuhälter mit einer Nutte. Er ist einen Kopf kleiner als sie, von bulliger untersetzter Figur und trägt Jogginghosen, sie mit High Heels und neonfarbenen Leggins. Möglicherweise Osteuropäer oder Russen. Sie schlappen an mir vorbei zu ihrer parkenden Karosse, einem dicken weißen Audi. Sie rauchen und verziehen keine Miene. Aus demselben Hauseingang kommen auch Mitarbeiter eines deutsch-türkischen ambulanten Pflegedienstes. Nebenan ist eine Tagespflegestätte. Eine alte Frau mit Rollator kreuzt stoisch und gebeugt die Kulisse. Die arabisch aussehenden jungen Männer vor dem Kiosk könnte ich mir gut als Gotteskrieger vorstellen. Wahrscheinlich ihrer Bärte wegen. Wer weiß, woher sie genau kommen, und was sie hier machen. Inzwischen nuckele ich an meiner zweiten Flasche Bier. Was denken sie wohl von mir? Ich sitze in einer Art Blase. Ich will gar nicht, dass irgendwer irgendwas von mir denkt. Der Blick auf die Uhr zeigt mir an, dass ich gleich zurückmuss… in die Krebsdokumentation, wo ich auf Papier und Bildschirm in ganz andere Welten eintauche. Ich würde lieber hier sitzen bleiben.

Donnerstag, 27. Juli 2017

TV-Tipp

"Das ist das Ende", 22 Uhr 10, VOX

Mittwoch, 26. Juli 2017

Mittwochs-Spruch

"I am who I am"

Sonntag, 23. Juli 2017

TV-Tipp

"Ziemlich beste Freunde", 21 Uhr 45, DAS ERSTE

Samstag, 22. Juli 2017

Eins A


Das erste Mal war`s reine Neugierde. Inzwischen stapeln sich bei uns die Papiertüten des Lebensmittellieferdienstes. Es ist aber auch verflucht bequem, sich Getränke und andere schwere und sperrige Sachen nach Hause bringen zu lassen - wir haben kein Auto. Ich besorgte vorher die Kisten Bier auf dem Gepäckträger des Fahrrads, was mitunter ziemlich wackelig anmutete, besonders im Winter auf vereisten Wegen. Okay, das kam nur selten vor. Ich gebe es unverhohlen zu: die Faulheit siegte. Und die Lieferkosten sind zu verkraften.

Gestern Nachmittag nach Feierabend wartete ich mal wieder auf eine Lieferung. Zwei Stunden sind das Zeitfenster. Ich hoffe immer, dass sie möglichst bald kommen, also zu Beginn der zwei Stunden. Aber das ist freilich Wunschdenken. Ich griff mir also mein Feierabendbier aus dem Kühlschrank und legte mich zur Entspannung auf die Couch. In der Glotze liefen Serien aus den Achtzigern. Ich mag diesen leicht antiquierten TV-Schrott, weil ich bei ihm so schön abschalten kann. Die Helden dieser Serien sind vorbildlich standhaft. Eins A. Egal, was kommen mag, sie kriegen immer die Kurve.
Zwischendurch blickte ich zum Fenster. Ich würde den Lieferwagen sehen, wenn er vorfährt. Aber er kam und kam nicht. Die Minuten verstrichen, während ich mein letztes Bier anbrach, und im TV Texas Ranger Walker ein paar böse Buben vertrimmte. Schließlich klingelte das Telefon.
„Ich komme etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde später“, sagte die Stimme.
„Schon gut“, antwortete ich.
„Bis gleich.“
„Jep.“
Mein Nachmittag war gelaufen. Ich hatte mir ausgerechnet, nach der Lieferung noch eine Runde mit dem Fahrrad zu drehen. Daraus würde nun nichts mehr werden. Zu spät. Die Lust dazu war weg.

Als er kam, hatte ich mehr als drei Stunden gewartet. Na ja, was soll`s. Ich war nicht in der Stimmung, mich zu ärgern. Er war vielleicht die Hälfte von mir und mühte sich redlich damit ab, die Sackkarre mit den Waren durch die Haustüre in den Flur zu bugsieren. Wahnsinn, der arme Kerl! Bei seinem Anblick empfand ich Mitleid und Scham. Eine erbärmliche Situation. Der junge Mann wirkte wie ein gehetztes Tier. Er hatte den Tunnelblick eines Verzweifelten.
„Mal kurz durchatmen“, lächelte ich ihn an, während ich meine Barschaft nach einem ordentlichen Trinkgeld durchforstete. Mir wurde bewusst, in welcher privilegierten Position ich mich befand. Zwar hatte ich auch nicht gerade meinen Traumjob, aber verglichen mit dem, was dieser Typ durchmachte, war ich mehr als gut dran. Ich fühlte mich mies – wenigstens ein, zwei Minuten lang - so richtig wie ein Ausbeuter.
Nachdem ich die Waren in Kühlschrank und Regalen verstaut hatte, legte ich mich zurück auf die Couch. Mittlerweile lief meine frühabendliche Lieblingsserie M*A*S*H …

TV-Tipp

"Daheim sterben die Leut`", 23 Uhr 40, BAYERN

Neues Fahrrad, neues Glück


fahrrad-und-bier

Mittwoch, 19. Juli 2017

Mittwochs-Zitat

Habt Ehrfurcht vor dem Baum, er ist ein einziges großes Wunder, und euren Vorfahren war er heilig. Die Feindschaft gegen den Baum ist ein Zeichen von Minderwertigkeit eines Volkes und von niederer Gesinnung des einzelnen.
Freiherr Alexander von Humboldt

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