Samstag, 25. März 2017

Meine Höhle


Ich habe eine Höhle im Kopf
in die ich mich zurückziehen kann
wann es mir gefällt
mein Kindbett, meine Träume
ruhen da
ich merke es manchmal gar nicht
mit offenem Mund
und glasigen Augen
starre ich ins Leere
alles außenherum ist still
alles weg
ich werde mich nie umbringen
wenn ich es auch
oft dachte
sehr oft dachte
aber in meinem Kopf ist eine Höhle
in die ich fliehe
eine Höhle, ein Muttermund
ein warmes Bett, Schlaf
allein im Wald
Sonne
allein, allein, allein
...
(1985)

Genug


Wie fuckin` gut es mir doch geht, dachte ich insgeheim. Wir saßen vor einem Restaurant Ecke Pohlstraße-Potsdamerstraße und streckten unsere Nasen in die Sonne. Vor uns standen zwei frisch gezapfte Pils, O. schmauste eine Gulaschsuppe, die beste von Berlin, wie sie sagte, das heißt, außer der anderen besten im Marcus-Bräu. O. redet gern in Superlativen. Ich bin zurückhaltender (was wohl meinem schwermütigen Wesen geschuldet ist). Es braucht einige Bemühungen, um mich aus meiner Höhle zu locken. Der gestrige Tag tat sein Bestes dazu. Beruhigt stellte ich fest, dass der Frühling meine Säfte noch in Wallung bringt. Das Jahr kommt langsam in Schwung. Da war es eine große Freude, dass ich wegen Wartungsarbeiten am Dokumentationssystem bereits um 13 Uhr Feierabend machen konnte. Wieder war Freitag und die inzwischen vierte Woche am neuen Arbeitsplatz geschafft. O. und ich genossen den Nachmittag an Sonnenplätzen. Wir kamen wiedermal nicht umhin zu erwähnen, wie gut wir es doch mit unserer Wohnung im Potse-Kiez getroffen hatten. Zwei schöne Parkanlagen liegen quasi vor unserer Haustür. Und inzwischen kennen wir genügend Supermärkte, Kneipen und Restaurants, die allesamt gut zu Fuß, mit Bus oder U-Bahn in wenigen Minuten zu erreichen sind. Mit dem Fahrrad bin ich in weniger als zehn Minuten am Potsdamerplatz oder in Kreuzberg… Zum Zoo sind es nur zwei U-Bahnstationen. Und das Beste: in fünf Minuten bin ich mit dem Fahrrad an der Arbeit!
Ich nippte am Pils und blinzelte in die Sonne, betrachtete die Hausfassaden, die vorbeieilenden Menschen…, die hübsche und intelligente Frau an meiner Seite. „Die Konsistenz ist anders“, sagte sie, „diese und die Gulaschsuppe im Marcus-Bräu sind die besten Berlins.“ Ich meinte dagegen: „Bestimmt gibt es in Berlin noch andere beste Gulaschsuppen, die du bloß noch nicht kennst.“ O. lachte hell und kindlich. Ihr Lachen kann mich auf die Palme bringen. Ich habe das Gefühl, dass sie sich über mich lustig macht. Doch sie betont stets, dass es pure Lebenslust ist. „Ich freue mich“, sagt sie, und ich grummele skeptisch.
Als sich die Sonne unter die Hausdächer duckte, wurde es sehr schnell kühl und wir verzogen uns ins Restaurant. Der Kellner flötete ein Lied. Wegen dem herrlichen Wetter, sagte er. Kaum hatten wir uns gesetzt, hatte ich es plötzlich eilig. Ich spürte einen Drang nach Rückzug… Rückzug in meine Höhle. Ich war satt: genug Bier, genug Sonne und lachende Frau.


potsdamerstr-1

Mittwoch, 22. März 2017

TV-Tipp

"Der Mann ohne Vergangenheit", 20 Uhr 15, Arte

Mittwochs-Zitat

Hier vor allem liegt das Rätselhafte der Schwermut: Wie Leben sich gegen sich selber kehrt; wie die Antriebe der Selbsterhaltung, Selbstachtung, Selbstförderung durch den der Selbstaufhebung so eigentümlich durchkreuzt, unsicher gemacht, entwurzelt werden können. Man möchte sagen, im Wesensbild der Schwermut stehe der Untergang als ein positiver Wert; als etwas Ersehntes, Gewolltes.
(Romano Guardini)

Samstag, 18. März 2017

TV-Tipp

"Das fünfte Element", 20 Uhr 15, Sat 1

März


In Bezug auf die Löffelei vom letzten Sonntag wurde ich darauf hingewiesen, dass es die „Löffelliste“ gibt, auf der man sich Dinge notiert, die man noch erledigen will, bis man den Löffel abgibt, - oder sich jedenfalls wünscht. Mir fällt beim ersten Nachdenken gar nichts ein. Meiner Meinung nach muss es realistisch sein. Nach was steht mir der Sinn? Welchen Herzenswunsch würde ich mir gern noch erfüllen? Tja. Regelrecht unter den Nägeln brennt mir nichts. Natürlich wünscht man sich weiterhin Gesundheit und ein Leben ohne allzu große Schwierigkeiten, Unfälle oder Katastrophen, - was aber oft gar nicht zu beeinflussen ist.
Wäre jetzt sozusagen das Ende der Fahnenstange für mich erreicht - wüsste ich also, dass ich nur noch einige Monate zu leben hätte, dabei aber über genügend Energie verfügte, um etwas anzustellen, dann…

Ich glaube, ich hätte gern meine Ruhe. Vielleicht würde ich mich aufs alte Fahrrad schwingen (nach einer Generalüberholung) und schauen, wie weit ich komme. Wie ein Geist würde ich durch Dörfer und Städte fahren, über Hügel und Berge, Ebenen auf ellenlangen geraden Wegen durchstrampeln…
Das Meer wäre mein Ziel. Egal wo.
Ich wollte allein sein mit meinen Tränen über mein Leben und die Welt, - allein mit der Luft und dem Himmel über mir, allein auf den vielen Wegen, allein mit den Bäumen und Gräsern, allein mit dem Horizont…

Mein ganzes Leben war von der Sehnsucht nach Freiheit bestimmt. (Oft führte mich diese Sehnsucht in die Irre.) Alles andere, das Streben nach Besitz oder Macht, der Ehrgeiz für Erfolg und Karriere, der Sinn für Familie, die Gier nach dem ganzen materiellen Firlefanz in der heutigen Welt, blieben mir weitgehend fremd.
Ich fühlte mich schon immer sehr allein. Ich weiß nicht, warum das alles stattfindet.
Aber ich liebe die Menschen, ich liebe alle Seelen und alles Leben auf dieser Erde – weil wir Schicksalsverwandte sind. Ich liebe das Leben, und muss dennoch ständig damit hadern.

Heute wäre so ein Tag, an dem ich am liebsten meinen Löffel einpacken würde, um auf die letzte Reise zu gehen…

Mittwoch, 15. März 2017

Mittwochs-Spruch

"Diese Nase ausräumen ist Schwerstarbeit."

Sonntag, 12. März 2017

TV-Tipp

"Django Unchained", 20 Uhr 15, Pro 7

Sonntagslöffelei


Es gibt schon Redensarten. Gerade stolperte ich geistig über „den Löffel abgeben“. Keine Ahnung warum. Bei Tante Google las ich folgende Herleitung:

Die unverzichtbare Tätigkeit des Essens steht bei dieser Redewendung Pate, mitsamt der Tatsache, dass im Mittelalter und früher Neuzeit das Armeleuteessen üblicherweise ein Brei in einer Schüssel für alle inmitten des Tischs war, wofür ein jeder seinen eigenen Löffel parat hatte. Diesen höchsteigenen, nicht selten selbstgeschnitzten, Löffel wegzulegen, ist dabei gleichbedeutend mit dem Ende des Lebens.

Das waren vielleicht noch Zeiten… Jeder trug einen Löffel in der Tasche. Auch noch einen selbstgeschnitzten. Ich finde, das hat was. Mit dem konnte man dann „die Suppe auslöffeln“… Wieder so eine Redensart. Und wenn man nicht brav aufaß, „gab`s was hinter die Löffel“! Das kann man sich getrost „hinter die Löffel schreiben“. Man löffelt sich so durchs Leben, würde ich sagen, und irgendwann hat man ausgelöffelt und gibt seinen Löffel ab. Und: Nein, ich habe nicht „die Weisheit mit Löffeln gefressen“.
Was ist das eigentlich für ein Wort „Löffel“!?
Ich bemühe also Tante Google wieder und erfahre, dass sogar eine „Löffelsprache“ existiert. Allerhand…

Samstag, 11. März 2017

TV-Tipp

"Little Buddha" 20 Uhr 15, Servus TV

Feierabend


Funkelnde Kristalle des Erstaunens - ich stehe neben mir, blicke wie durch eine Kamera auf die Szene, wenn ich mit der Kollegin rede, die mich in meine Arbeit einführt, oder beim Gespräch mit der Registerstellenleiterin, als ich mich ins Wochenende verabschiede. Ich wundere mich über meine eigenen Worte, bin dabei aber keineswegs unzufrieden, und wundere mich auch darüber, dass mir die anderen so viel von Dingen erzählen, die ich nur zum Teil verstehe… Irgendwie bizarr - und doch das Normalste der Welt.
Zwischen den Worten, die wie Pflastersteine einen Weg ebnen, sehe ich in die Augen meiner Gegenüber und frage mich in dem Moment, wie diese Person wohl tickt, und wieso wir hier stehen und miteinander plaudern, Menschen, die einander kaum kennen.

Wenn ich morgens an meinen (neuen) Arbeitsplatz komme, tauche ich in ein Schwimmbecken ein, in dem ich mich langsam freischwimme und an Selbstvertrauen gewinne. Aber noch stehe ich ganz am Anfang.
Es ist verrückt - ich staune gleichsam über die Welt und mich…, schließe meine Bürotür, schreite wie ein König zum Ausgang in den Feierabend.

Mittwoch, 8. März 2017

TV-Tipp

"We want Sex", 20 Uhr 15, Arte

Mittwochs-Statistik

Die Männer liegen vorn: zur Zeit 50,4 % Männer zu 49,6% Frauen - bezogen auf die gesamte Weltbevölkerung.
(Quelle: Weltbevölkerung 2017)

Sonntag, 5. März 2017

Der menschliche Aspekt


Im Gleisdreieckpark ein Menschenauflauf wie bei einem Volksfest. Ich traute meinen Augen nicht. Das warme sonnige Vorfrühlingswetter lockte ins Freie. Vor allem Familien mit Kindern breiteten sich auf dem Parkgelände aus, welches Spielplätze, Fitnessanlagen und Flächen für Skater anbietet. Auf den Wiesen picknickten die Menschen, und überall tobten die Kinder wild durcheinander, spielten Ball oder mit anderem Spielgerät. Auf den Wegen ein Tumult von Spaziergängern, Joggern, Skatern, Radlern, spielenden Kindern… Im Schritttempo und im Slalom bewegte ich mich auf meinem Fahrrad Richtung Potsdamer Platz, wo ich mit O. verabredet war. Auch ich fühlte mich belebt von der Aufbruchsstimmung der Natur, die förmlich in der Luft lag. Jedes Jahr von Neuem sind wir Teil dieses magischen Schauspiels, werden zum Spielball unserer Triebe…, einer überschäumenden Lust am Leben.

Wir fanden einen schönen Platz vor einem Lokal, tranken Bier und betrachteten die vorbeiströmenden Leute. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an ihrer Vielgestaltigkeit und dem kulturellen Mischmasch…, anmutigen und kuriosen Typen, spießigen und abstoßenden Erscheinungen. Sie alle lebten in ihren Welten von Familie, Herkunft, Nationalität, Beruf… mit ihren ganz eigenen Vorlieben, ihren Freundschaften, ihrer Liebe… Ich saß O. gegenüber – wir fügten uns selbstverständlich ein in diese Vielfalt. Trotz der (teilweise großen) Unterschiede schien sich alles wunderbar zusammenzufügen. Mir waren sie alle recht, wie sie da kreuz und quer herumliefen. Der menschliche Aspekt hielt seine schützende Hand über uns. In solchen Momenten des Aufgehoben Seins inmitten meiner Mitmenschen sind Gewalt und Krieg unmögliche Vorstellungen. Dabei trennt uns nur eine hauchdünne Membran von ihnen. Ein aggressiver Eindringling – ein falsches Wort – ein Handgemenge... und der Frieden ist gestört. Das Verbindende unter den Menschen zerspringt wie Glas. Die Menschlichkeit verzerrt sich zur Fratze und reißt Abgründe des Schreckens auf…
Die Märzsonne hatte sich hinter die Häuser zurückgezogen. Ein kühler Wind kroch unter unsere Klamotten und verdrängte langsam die Gemütlichkeit. Wir leerten den Hopfensaft und machten uns auf den Heimweg.

Zusammenleben als Erotikkiller


Wirkt sich das Zusammenleben in der Liebe negativ auf das Lustempfinden aus?

 
40% (2 votes)
Ja - absolut!

 
20% (1 vote)
Unentschieden

 
40% (2 votes)
Nein - im Gegenteil!


Total: 100% (5 votes)

Created by bonanzaMARGOT on 5. Mär, 08:18.
This poll was closed on 21. Jan, 08:11.

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