Sonntag, 22. Juni 2014

Erschöpft vor Glück


Wenn ich einen schönen Urlaub verlebte, wenn alles klappte, wie ich es mir vorstellte, dann denke ich mir, dass es wohl irgendeine höhere Macht gut mit mir meint. Oder es gibt solche engelgleichen Wesen, die mich auf meinen Reisen und Wegen begleiten …, - die meine ganzen Eskapaden gutmütig betrachten. Bisher leisteten meine Schutzengel ganze Arbeit. Ich will es nicht beschreien. Man sollte sein Glück nicht an die große Glocke hängen. Mich beschleicht immer ein komisches Gefühl, wenn es mir zu gut geht, wenn alles zu glatt läuft. Ich glaube nämlich nicht unbedingt, dass ich es verdient habe. Oder sagen wir mal besser: ich kann und will das nicht beurteilen.
Ich bin tatsächlich erschöpft vor Glück. Am Ende ist Glück eine Geisteskrankheit wie die Liebe.
Wie konsterniert sitze ich vor dem offenen Fenster mit glasigen Augen … zurück von meiner Reise, tausend Bilder im Kopf, Musik in meinen Ohren und chille in den Tag.

Donnerstag, 12. Juni 2014

Drauf geschissen


Was gibt es besseres, als sich dem Bild anzunähern, das man von sich hat? Sich dabei treu zu bleiben. Was das heißt? Eigentlich gar nichts besonderes. Schließlich kann man doch gar kein anderer sein, als der, der man schon ist. Oder? Und wie passieren die ganzen Verirrungen? Persönlich. „Persönlich“. Was für ein Wort. Und wie passieren die Kriege? Wie gerade jetzt im Irak und in Syrien immer noch. Oder in der Ukraine, wo der Konflikt auch noch nicht ausgestanden ist. Sind die Menschen, die Kriege anzetteln, unterstützen, machen, wirklich bei sich selbst? Annäherungsweise bei sich? Die sogenannten Fundamentalisten, sind sie bei sich, wenn sie andere Menschen töten, quälen und zur Flucht aus ihrer Heimat nötigen? Was für ein Bild mögen diese Gewalttäter von sich haben? Was für ein Bild haben sie von Moral und Menschlichkeit?
Für welches Bild kämpfen sie? Schauen sie dabei in den Spiegel? Es sind aber nicht nur die religiösen Fanatiker. Es sind auch die machtbesessenen Kapitalisten und engstirnigen Spießer. Überall auf der Welt gibt es offensichtlich mehr als genug solcher Idioten. Aber bevor ich ein Feindbild zu ihnen aufbaue, sage ich mir, sie sind Menschen, ich liebe sie. Sie sind von meiner Art. Mit ihren Schwächen und Grausamkeiten, mit ihrer Intoleranz und ihrer Blödheit. Ich bin ein Schaf unter Schafen und blöke dumm herum. Nur will ich mich damit nicht wichtig machen. Wozu? Wer gibt mir den Auftrag dazu? Wer blökt mir welchen Blödsinn ins Ohr? Muss ich diesen Scheiß nachäffen? Tut das Not? Somit komme ich zurück auf die Anfangsfrage, die entscheidender ist, als man vielleicht denkt. Was gibt es besseres, als sich dem Bild zu nähern, das man von sich hat? Das allein bedeutet Größe – aber nicht im Sinne von Macht oder Einfluss. Es ist der innere Kampf, den man im Leben führt. Einsam mit sich und dem Universum. Nur Feiglinge ziehen gegen ihre Mitmenschen in den Krieg. Sie haben nicht den Mut, ihre eigene Tiefe zu sehen und zu erleben.
Ein mutiger Geist stirbt in seinem Leben viele Tode. Und er steht wieder auf.
Wer das hinkriegt, kann sich wahrhaftig „Mensch“ nennen.

Zwischenstopp




meinem Fahrrad einen Kuss

Sonntag, 1. Juni 2014

Urlaubspause


Fühlt es sich nach Juni an? Eher nein. Jedenfalls Urlaub. Ausatmen. Durchatmen. Loslassen. Zuhause ist das nicht möglich. Reiselust. Magengrummeln. Wird schon schief gehen. Die Wände abschütteln. Das Altenheim vergessen. Den Alltag hinter mir lassen. Einfach losdüsen. Freiheit einatmen. Den Himmel über mir. Die Strecke vor mir. Tagträume. Kilometer fressen. Der Juni kann mich mal. Was sind schon Monatsnamen? Ich fahre von allem weg. Der Rhein wird mich begleiten. Ein Herz wird mich begleiten. Vom Fahrtwind gestreichelt. Hinaus in die Landschaft. Ich fahre durch ein Stück Welt. Wünsche mir Sonne und Rückenwind. Wünsche mir Muße und Glück.

Allen Bloggern und Lesern eine schöne Zeit!

Samstag, 31. Mai 2014

Der Plan


Genaugenommen funktioniert in der Natur alles nach einem Plan. Selbst der Zufall ist im Plan enthalten. Nur die übergroße Nervenanballung, welche wir Gehirn nennen, flunkert uns so etwas wie Autonomie und freien Willen vor. Dies zeitigt seltsame Erscheinungen wie Sprache, Kunst, Spiritualität, Religion, Philosophie und Wissenschaft. Der Mensch entwickelte eine Kultur, scheinbar losgelöst von der Natur. Ähnlich wie der abtrünnige Engel Luzifer, stellte sich der Mensch außerhalb der Natur, die ihn wie alles hervorbrachte. Aber er machte dies nicht bewusst, das heißt willentlich. Befähigt durch seine geistigen Anlagen, konnte er gar nicht anders. Der Mensch ist im Plan des Universums enthalten. Man kann es auch den göttlichen Plan nennen.
Ein Wissenschaftler würde sagen, es ist ein sich auf merkwürdige noch unbekannte Weise selbst erzeugender Plan, quasi aus dem Nichts entstanden. Alles was passieren kann, geschieht auch irgendwann. Die Natur gestaltet früher oder später alles, was sie kann. Dazu gehören auch der Mensch oder andere ähnlich geistig befähigte Lebewesen. Selbst wenn der Mensch einzigartig im Universum wäre, was ich für sehr unwahrscheinlich halte, würde er es dauerhaft nicht bleiben.
Die Frage ist, ob der Mensch lange genug überlebt, um in seiner Erkenntnisfähigkeit weiter zu reifen. Ich denke ihn mir eher als ein Zwitterwesen, das, grundlegend noch animalischen Instinkten unterworfen, geistige Höhenflüge unternimmt. Der Mensch ist mit sich nicht eins - widerspruchsvoll sein Handeln und sein Streben oft in selbstzerstörerischer Manier.
Wie auch immer, er ist im Plan enthalten, wie er ist, mit all seinen Stärken und Schwächen und mit seiner Widersprüchlichkeit. Ich würde gern auf Wesen treffen, die weiter sind als wir. Einfach um zu wissen, ob es noch Erkenntnisraum gibt, - und in welcher Richtung. Wäre der Mensch ein guter Lehrling, wenn er auf seinen Meister träfe? Was ist für den Menschen geplant? Hat er eine Zukunft?
Darf er noch tiefer in das Geheimnis des Daseins vordringen? Oder ist er heute sozusagen schon am Ende der Fahnenstange?

Freitag, 30. Mai 2014

Auslöser


Körper werden durch die Luft geschleudert. Ein Feuerball breitet sich über dem Deck des Schiffes aus. Ich sehe eine Doku über den Falklandkrieg. Tränen steigen mir in die Augen. 1982 – ich machte mein Abi und fing im Spätjahr eine Ausbildung zum Technischen Zeichner in einem Ingenieurbüro an. Ich war frisch verliebt und unternahm im Sommer eine spannende Interrail-Reise.
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, sagten meine Bosse. Beide waren Arschlöcher. Ihre Welt bestand aus Arbeit und Großkotz. Die Flasche Ballantines auf dem Schreibtisch und eine teure Zigarre im Mund. Im Hausflur die Golfschläger und am Straßenrand ein Porsche Targa. Mein einziges Potential war meine Jugend. Ich interessierte mich für meinen Job herzlich wenig. Aber ich machte ihn, weil ich etwas machen musste und keine andere Idee hatte. Zum Bund wollte ich auf keine Fälle, und durch die Ausbildung wurde ich erst mal zurückgestellt.
1982 – ich hatte eine schöne Freundin und fühlte mich erwachsen, weil ich nun zur arbeitenden Bevölkerung gehörte. Vor 32 Jahren. Unfassbar. Ich kann es nicht glauben, dass ich immer noch auf der Welt bin. Ich musste in keinen Krieg. Die Doku ist berührend und gut. Viele junge argentinische und englische Soldaten ließen ihr Leben. Die Mutter eines gefallenen Soldaten kommt zu Wort. Sie war stolz auf ihren Sohn gewesen, als sie ihn damals in den Krieg ziehen sah. Ein Leichensack kam zurück. Nicht wenige Veteranen nahmen sich in den Jahren danach das Leben. Posttraumatische Belastungsstörung. Man ließ sie allein damit. Viele verfielen dem Alkohol.
In der Kneipe trank ich stolz mein Feierabendbier und spielte Billard. Ich war gar nicht mal so schlecht. Am nächsten Morgen dann mit dickem Kopf ins Büro, wo ich mich hinter dem hochgestellten Zeichenbrett versteckte, und hoffte, dass die Bosse zu einer Baubesprechung fuhren. Waren sie weg, wurde die Atmosphäre unter den Mitarbeitern viel entspannter. Da ließ es sich aushalten. Meine Freundin holte mich manchmal von der Arbeit ab. Mein Gott, war sie jung und hübsch! Vier Jahre waren wir ein Paar. Ihr Vater hatte eine Metzgerei und verdiente ganz gut. Er kaufte eine Villa, und meine Freundin durfte manchmal den Mercedes nehmen …
Ich las damals Cesare Pavese und Hemingway und schrieb meine ersten Kurzgeschichten. Ich war unbefangen. Ich war gespannt auf das, was noch kommen würde. Dabei wusste ich nicht, was ich eigentlich wollte. Das Leben sollte ein einziges Abenteuer sein. Auch die jungen Soldaten, die in den Falklandkrieg zogen, fassten es als Abenteuer auf. Die eiserne Lady Thatcher hatte den Befehl erteilt, und die Bevölkerung jubelte. Die Falklandinseln mussten zurückerobert werden. Der Nationalstolz gebot es. Inseln am anderen Ende der Welt – Überreste des British Empire.
Ich stand hinter meinem Zeichenbrett mit einem Kater und änderte irgendwelche Pläne um, die mich nicht die Bohne interessierten. Von der Schule her war ich es gewohnt, Sachen halbherzig zu machen, nur um über die Runden zu kommen, weil es sein musste, weil es keine Alternative gab. Jedenfalls keine bessere. Ich machte das, was fast alle meiner Kumpels taten, ganz egal, ob sie beim Bund waren, eine Ausbildung machten oder studierten. Nach dem Schulabschluss kam man vom Regen in die Traufe. Der einzige Unterschied war, dass man nun als erwachsen galt. Die Welt stand uns offen. Natürlich ein Trugbild.
32 Jahre später sitze ich an meinem Schreibtisch und versinke in die Vergangenheit. Die Doku gab den Auslöser. Die jungen Soldaten, die damals in den Krieg zogen, waren Altersgenossen.
(Bin ich noch die Rotznase von früher? Was änderte sich? An welchem Punkt meines Lebens stehe ich heute? Was wird werden? Habe ich heute klarere Ziele?)

Donnerstag, 29. Mai 2014

Brasko und die Liga der echten Buchhelden


4


Wo war ich stehengeblieben?
Der Mai fiel buchstäblich ins Wasser. Die Tage gingen ins Land. In der Ukraine kloppten sich immer noch die Idioten. Europawahlen fanden statt. Das Grün sprießte munter bei dem feuchten Wetter. Brasko hatte einen erotischen Traum. Skurriler Gruppensex: Sherlock Holmes fickte Kommissar Maigret, während Old Shatterhand und Lederstrumpf mit einer ominösen blonden Schönheit in Sandwichposition …
Brasko wachte schweißgebadet auf. Er hatte in den vergangenen Tagen fünf Menschen telefonisch mitgeteilt, dass sie per Zufallsgenerator ausgesucht worden seien, um mit Thomas Gottschalk ein Wochenende in Kalifornien zu verbringen. Eine renommierte ansässige Firma würde sich die Aktion einiges kosten lassen, und bla bla bla. Mit zuckersüßer Stimme log Brasko den „Kandidaten“ das Blaue vom Himmel herunter. Sie sollten sich die Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen. Ein erstes Treffen mit dem berühmten Showmaster würde am Vatertag im Kaffeehaus stattfinden. Tatsächlich sagten alle zu. Die Leute waren einfach zu doof. Die wollten es nicht anders. Seltsamerweise war eine der ausgesuchten Personen weiblich. Brasko fiel keine einzige Buchheldin ein.
„Prima“, sagte Harry Potter am Telefon.
„Ja prima, aber sagen Sie mal, warum eine Frau?“
„Tja …“, Harry Potter zögerte, „lassen Sie sich überraschen, Mr. Brasko.“
„Ist ja Ihre Sache.“
„Genau. Haben Sie auch einen Raum?“
„Ja, ich mietete einen Gastraum im Kaffeehaus, wenn es Ihnen recht ist.“
„Wenn wir dort unsere Ruhe haben ...“
„Ich denke schon. Solange ich nicht auf mein Bier verzichten muss.“
„Oder Gin Tonic.“
„Genau“, Brasko lachte, „für Sherlock Holmes.“
„Seien Sie nicht albern. Also gut. Ich verlasse mich auf Sie, Mr. Brasko. Ansonsten müsste ich auf Sie zurückgreifen. Sie verstehen ...“
„Sie sind aber auch ein Witzbold, Mr. Potter.“
„Eigentlich nicht.“
„Es wird schon alles klappen. Die Armleuchter haben mir die Geschichte abgenommen, HAHA. Die glauben tatsächlich, dass Thomas Gottschalk ...“
„Gut. Wir sehen uns dann.“
„HAHA, stimmt, dann sehen wir uns endlich mal, HAHA!“

Vatertag. Ein paar Sonnenstrahlen kitzelten die Blätter des gewaltigen Baumes vor Braskos Fenster.
Das Treffen im Kaffeehaus war erst für 16 Uhr angesetzt. Brasko hörte Musik, trank Cola Weiß und schaute sinnierend auf den grünen Urwald. Auf was hatte er sich eingelassen? Fünf dumme, unschuldige Menschen würden von seltsamen Geistwesen, die sich „Die Liga der echten Buchhelden“ nannten, übernommen werden. Konnte er das mit seinem Gewissen vereinbaren? Harry Potter hatte ihm eine wirklich ansehnliche Summe Geldes aufs Konto gezaubert. Außerdem hatte er ihm doch versichert, dass den Seelen nichts passieren würde. Brasko goss sich am Kühlschrank das nächste Glas ein. Die Welt ließ sich schwer nüchtern ertragen. Er setzte sich zurück an seinen Schreibtisch, ging auf Youporn und holte sich einen runter ..., während Alexis Korner „Will the Circles be unbroken“ spielte.

Mittwoch, 28. Mai 2014

Mittwochs-Weisheit

Liebe ist eine tolle Krankheit - da müssen immer gleich zwei ins Bett.
(Robert Lembke)

Dienstag, 27. Mai 2014

Karussell des Todes


Der Tod im Altenheim ist total unspektakulär. Nebenbei wurde bei der Übergabe erwähnt, dass Frau E. verstarb. Ich atmete auf. Inge hat`s geschafft. Im Frühdienst. Es war überfällig. Sie hatte sich gequält. Schon eine ganze Zeit lang. Unruhe und Angst hatten sich ihrer bemächtigt. Der Tod kam als Erlösung, und wir atmeten auf. (Auch ihre Söhne.)
Am Abend kam der Bestatter und holte sie. Zwischen meinen nächtlichen Rundgängen ging ich in ihr Zimmer und zog das Bett ab. Ein paar Blütenblätter hatte man auf ihrer Bettdecke verstreut. Sie fielen mir vor die Füße. In ein paar Tagen werden alle ihre persönlichen Sachen ausgeräumt sein. Die Betten müssen belegt werden. Das Karussell des Todes dreht sich lustig weiter.

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