Übrigens
Als Single gewöhnte ich mir an, den Fernseher nebenbei laufen zu lassen. Der Klang menschlicher Stimmen schafft mir das Gefühl, nicht ganz alleine zu sein. Außerdem tut etwas Ablenkung von meinem Kopfsalat ganz gut. Ich lasse mich von dem Gerede und den Bildern gedanklich entführen.
Morgens nach dem Nachtdienst schalte ich das Frühstücksfernsehen ein, esse eine Kleinigkeit und dämmere langsam weg.
Irgendwann weckte mich ein rhythmisches Brummen. Das TV hatte keinen Empfang mehr. Ich dachte, dass ich auf der Fernbedienung lag und etwas verstellt hatte. Müde schaltete ich die Kiste ab.
Nun musste ich zu meinem Leidwesen feststellen, dass der Sat-Receiver meines Vermieters wahrscheinlich den Geist aufgab. Das Nachmittagsprogramm fällt aus. Stattdessen höre ich Musik.
Ich werde es überleben. Vielleicht hat mein Vermieter einen Ersatz-Receiver.
Wiedermal denke ich: Ist es nicht scheußlich, wie sehr man sich an TV, Computer, Handy, Automobil etc. gewöhnte? Wir leben in alltäglichen Abhängigkeiten zu diesen Geräten, und wenn eines ausfällt, gucken wir erst mal dumm aus der Wäsche.
Natürlich nervt mich auch, dass ich nachher wegen der Sache bei meinem Vermieter klingeln muss.
Es hörte (übrigens) auf zu regnen. Ein paar Sonnenstrahlen dringen durch die Wolkendecke. Die Nachtdienste hängen noch an mir wie Schlick und Algen an einem Seemonster. Ich tauche langsam auf. Ich höre Musik. Ich versuche, die Gespenster, die ich aus der Nacht mitnahm, zurück in ihre dunklen Kammern zu schicken. Das Altenheim existiert in einer Parallelwelt.
bonanzaMARGOT
- 19. Sep. 13, 15:23
- Nach der Nachtwache ist vor der Nachtwache