Durchhalten
Der Urwald vorm Fenster wuchs. Ich sehe nur noch durch Lücken hinunter auf die Straße. Heute ist ein himmlischer Frühlingstag …, wäre ich nicht müde vom Nachtdienst, und hätte keinen mehr vor mir ... Ich reiße das Fenster auf und lasse die Frühlingsluft herein, leider damit auch den Verkehrslärm. Ein leichter, angenehmer Wind weht. Die Vögel zwitschern munter. Auch wenn ich nicht ganz in dieses Frühlingswunder eintauchen kann, will ich meine Seele dafür öffnen – "vom Beckenrand aus" sozusagen.
Im Altenheim sterben die Alten – was nicht ungewöhnlich ist. Die Reihe des Todes wird nie abreißen. Nur weiß man selten genau, wer als nächstes drankommt. Ich spüre die Angst bei den Altenheimbewohnern, wenn wieder einer aus ihrer Mitte gerissen wurde. Auch mich lassen die Schatten des Todes nicht kalt … Immer nur funktionieren müssen – das kotzt mich an! Den Altenheimbetreiber interessiert in der Hauptsache die Belegungsbilanz. Trotz der weiteren krankheitsbedingten Ausfälle unter den Pflegekräften wird nicht für Ersatz gesorgt. Man sagt: Es sind zu viele Zimmer frei – das können wir uns nicht leisten. Und die Mitarbeiter resignieren und/oder melden sich krank …
Ich will versuchen, bis zum Urlaub durchzuhalten.
bonanzaMARGOT
- 08. Mai. 13, 17:09
- Nach der Nachtwache ist vor der Nachtwache