Montag, 16. April 2012

Es ist da


Im Glauben an Gott manifestiert sich unsere Sehnsucht nach Liebe, nach Geborgenheit, einem Zuhause, egal was passiert und wo wir sind. Im Glauben an Gott äußern wir unsere Hoffnung auf ein gutes Leben, in dem sich manche unserer Träume und Wünsche erfüllen; und wir hoffen, dass es ein Leben oder ein Dasein nach dem Tode gibt, wenigstens etwas tröstlicheres als einfach nicht mehr zu sein – für immer und ewig. Es ist schwer zu ertragen, dass mit dem Tod alles aus sein soll. Wir können noch nicht mal das Dasein richtig verstehen noch erklären. Dann kommt hinzu, dass sich jeder Mensch als Individuum fühlt, als etwas ganz eigenes, im Dialog mit der Welt einzigartig. Was macht dieses Mysterium Leben aus? Wieso bleibt es ein großes Geheimnis? Dabei leben wir mittendrin – im Universum, in der Zeit und im Geist des Daseins. Wir rätseln nicht nur über die Welt, wir rätseln über unseren Verstand, über das Bewusstsein selbst. Durch letzteres erfahren wir all dies, stehen im Dialog zu einer inneren und äußeren Welt, sehen Dinge und Erscheinungen, die wir benennen und erforschen, können uns erinnern, können mittlerweile sogar Erinnerungen über viele Generationen mithilfe der Sprache und Medien speichern, - entwickeln Kultur, Kunst und Technik …, und dann der Glaube an Gott, die Religionen, Spiritualität …, Philosophie, Weisheit, Meditation …
Wer soll das alles verstehen? Da hat auch eine durch und durch rationalisierte Welt der Maschinen, der Infrastruktur, der Logistik und der Wissenschaft keine Antwort für. Ich werde die Aussage eines Religionslehrers im Gymnasium nie vergessen – es ist nicht sein Satz, aber durch ihn hörte ich zum ersten Mal: „Je mehr ich weiß, desto mehr erkenne ich, dass ich nichts weiß.“ (Den Satz soll Albert Einstein gesagt haben, googelte ich.)
In Religion hatte ich in der Schule bestenfalls ein Ausreichend. Dabei war ich schon immer sehr interessiert an den letzten Fragen der Menschheit, an den Fragen nach dem Ursprung und dem Sinn des Daseins. Nur wurde darüber im Religionsunterricht wenig offen diskutiert. Schließlich hatte die Kirche bereits eine Antwort auf alle Fragen gefunden – nämlich Gott, oder besser ihren Gott!
Leider befriedigte mich dieses vorgepredigte Gottesbild nicht. Und immer wenn ich etwas nicht verstehe aber trotzdem lernen sollte, wurde ich in dem Fach schlecht. So eben auch in Religion. Dabei hätte es nur wenig Anstrengung von meiner Seite gebraucht, um wenigstens ein oder sogar zwei Notenwerte besser zu stehen. Mein Protest äußerte sich als Missachtung dem Unterricht gegenüber. Es war mir zwar nicht wirklich scheißegal, schlechte Noten zu bekommen, aber mein Trotz war stärker.
Nach wie vor denke ich wie Einstein: „Je mehr ich weiß, desto mehr erkenne ich, dass ich nichts weiß.“ Wir glauben heute sehr viel zu wissen, und viele Menschen denken sogar, dass die Technik für alles eine Lösung parat hat, oder dass es womöglich eine Formel für das Universum gibt. Ich zähle mich zu den Skeptikern: weder bin ich wissenschafts- und technikgläubig, noch glaube ich an einen Gott, wie er von manchen Weltreligionen gesehen und in ihren Schriften erklärt wird.
Glaube ich an nichts? Ich weiß es nicht. Ich weiß besser, was ich nicht bereit bin zu glauben.
„Glaubst du an Gott?“ Diese Frage stelle ich mir oft im inneren Dialog. Und ich spüre, dass da was ist. Schon allein deswegen, weil ich diese Frage immer wieder an mich und die Welt richte.
Das Wort „Gott“ lässt mich nicht los. Es ist damit keine Wertung verbunden. Aber wenn ein scheiß Priester (oder sonstwie Guru), sei es der Papst oder nur ein Gemeindeprediger, von seiner Kanzel zu uns über Gott predigt, - darauf reagiere ich allergisch. Versteht ihr das?
Irgendwie irre, oder? Denn da ist noch was, was sich allem Wissen entzieht, wofür mir dir Worte fehlen oder zumindest ausgehen. Ich brauche nicht daran zu glauben, oder darauf zu hoffen. Es ist da. Einfach da.

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