Gut zwei Stunden Autobahn bis Venedig. Mir fallen Marc o Polo ein und alte Erinnerungen aus meinem Leben, als die Familie Urlaub an der Adria machte, als ich mit Zwanzig mit meiner Freundin dort war. Es sind Bilder, die mir nur noch undeutlich vor dem geistigen Auge wie aus einem anderen Leben erscheinen. Diese Reise ist mehr als eine Reise. Es ist nicht nur der Ortswechsel. Ich selbst verändere mich. Ich reise in andere Gefühle wie in eine Unwirklichkeit, die erst langsam für mich zur Wirklichkeit wird. Diffus sind die Eindrücke am Anfang. Ich fühle mich wieder wie der Bub, der seine ersten Schwimmversuche macht. Ich habe keine große Angst. Aber es kostet schon etwas Überwindung, mich dem neuen Medium ganz hinzugeben. Ich will es. Ich bin neugierig. Ich will das neue Gefühl liebgewinnen. Das Leben stellt uns oft solche Aufgaben, und wir sehen sie wie unüberwindliche Berge oder Schluchten vor uns, die es zu überwinden gilt. Wir müssen uns entscheiden. Mit dem Herzen oder rational. Oder am Besten mit Herz und Verstand.
Neu anzukommen bedeutet auch Abschied nehmen von Herkömmlichem, von alten Gewohnheiten, von einem Zuhause, egal wie glücklich oder unglücklich man dort ist, von Menschen, egal wie lieb man sie hat. Die Gegenwart wird zur Erinnerung werden. Eines Tages. Und ich werde ein anderes, neues Leben leben - mit anderen Menschen, in einer anderen Umgebung …, gut zwei Stunden Autobahn von Venedig. Es ist mehr als eine Reise. Ich fahre zu einem Neuanfang. Und ich werde erwartet.
Es ist eine Chance. Für mich und für
sie.