Das Loch
Ich glaube, dass man Traurigkeit nicht endlos addieren kann. Ebenso wie Schwere. Ich stelle mir vor, dass das absolut Schwere irgendwann wie fragiles Glas in sich zusammenbricht. Das Undurchscheinbare löst sich mit einem Krachen auf.
Ein Mann auf einer Insel gräbt ein Loch, um zu fliehen. Er hat die verrückte Idee, dies sei die einzig wirkliche Möglichkeit, von der Insel zu entkommen. "Aber wo willst du denn hin?" fragt sie ihn. "Ich weiß nicht", sagt er und gräbt an seinem Loch, das aber irgendwann gar nicht mehr tiefer zu werden scheint - vielleicht unmerklich. Er weiß es nicht. Er schüttelt den Kopf. Er kann ihr nicht sagen, was er fühlt. Er trinkt. Ja, er trinkt - wegen der Tränen, die er nicht weint. "Aber das ist doch gar nicht wahr", sagt er zu sich, "ich kann weinen." Er lächelt sie an und küsst sie. Die Traurigkeit flattert um ihre Köpfe wie Rabenvögel. Das ist die Freiheit. Die Freiheit ist endlos traurig. Man muß graben. Es kann keinen anderen Weg geben. "Quatsch, das ist nicht die Freiheit!", sie rüttelt an ihm. Er ist ganz steif in sich, aufgefüllt mit Schwere - von der Erde aus seinem Loch.
Das Dasein ist verrückt. Der Mann verschwindet in seinem Loch. Manchmal sieht man ihn winken. Wem winkt er eigentlich?
bonanzaMARGOT
- 30. Jul. 11, 10:26
- Als Gebüsche noch Gebüsche waren