Donnerstag, 21. Januar 2010

Das Wiederbeleben von Menschen und Ehrlichkeit

30x Druckmassage, 4-5cm eindrücken, danach 3x beatmen. Wir erhielten eine Auffrischung und übten an einem Torso. Der Kursleiter war sympathisch - er erklärte uns locker und heiter die Sachverhalte. Letzlich kamen wir auf ethische Probleme zu sprechen, wann denn Menschen noch wiederzubeleben seien, vorallem bei uns im Altenheim. Er meinte, dass wir juristisch immer auf der sicheren Seite seien, wenn wir alles nach bestem Vermögen versuchten. Aber natürlich wären wir in der Situation allein, vorallem als Nachtwache, wo wir nicht mal einen Kollegen/eine Kollegin an unserer Seite haben. Wir sind die ersten vor Ort, die den Tod feststellen - allerdings darf dies faktisch nur ein Arzt, und so bleibt es allein unserer Erfahrung und Einschätzung überlassen, welche Maßnahmen wir einleiten. Im Allgemeinen ist es ja so, dass ich einen Menschen, den ich bereits ohne erkennbare Vitalzeichen vorfinde, nicht mehr auf Teufel komm raus wiederbelebe. Genauso wenig wiederbelebe ich einen alten Menschen im Sterbebett. Juristischen Rückhalt haben wir Pflegekräfte allerdings keinen in solchen Situationen, und meist gibt es auch keine hausinternen Regelungen und Standards, die einem in solch schwierigen Fällen Rückendeckung gäben. Man muss wahrscheinlich schon froh sein, wenn ein Arbeitgeber solche Fortbildungen anbietet.
Ich wünschte mir noch viel mehr Diskussion um dieses heikle und schwierige Thema, damit wir in der Praxis uns nicht durch Vertuschungen und Lügen auf die sichere Seite schummeln müssen. Denn so läuft es mehr oder weniger im Pflegealltag, dass aus der Unsicherheit heraus die Tatsachen geschönt oder gar verdreht werden.
Man muß da schon verflixt aufpassen, wem man die Wahrheit sagt.

Ich weiß, dass es keine Patentlösungen zur Entscheidungshilfe geben wird. Aber ich erhoffe mir insgesamt mehr moralische Unterstützung durch den Arbeitgeber und die Gesellschaft. Es ist für mich als Altenpfleger nicht leicht, mit der Last und der Ungewissheit zu leben, ob ich richtig handelte, wenn es um Leben und Tod geht.
Und leider sind Fehler auch nie auszuschließen ..., - ich lege darum jedem Heimträger in seinen Einrichtungen das Angebot der Supervision nahe. Keine Ausbildung der Welt kann einem die Selbstsicherheit verleihen, damit man stets adäquat und ohne Selbstzweifel in Notfallsituationen agiert. Auch die Sterbebegleitung kommt im Pflegealltag noch viel zu kurz. Fortbildungen und personelle Unterstützung wären unbedingt angebracht. Wie soll ich z.B., wenn ich alleine im Nachtdienst bin, noch eine Sterbebegleitung leisten oder mich um Angehörige angemessen kümmern, die zugegen sind?

Ist es immer eine Geldfrage, wie gesagt wird? Oder ist es nicht auch eine Frage der Einstellung zu diesen Themen, die immer noch gesellschaftlich eher ein Tabu sind?

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