Dienstag, 19. August 2014

Boule auf der schiefen Ebene


Ich träumte von einem Boule-Spiel an einem Hang. Ein alter Mann und eine alte Frau spielten. Zuerst dachte ich: Wie kann das sein – die Kugeln rollen den Hang doch wieder herunter? Aber nach Kurzem war mir die Kunst dieses Spieles klar. Eine grob behauene Mauer säumte den Hang. Sie schmissen ihre Kugeln derart, dass sie an der Mauer zurückrollten, bis sie an einer der vielen Unebenheiten oder an Vorsprüngen zu liegen kamen ... natürlich möglichst nah an der kleinen Kugel. Die beiden Alten waren ziemlich gut, und ich verfolgte fasziniert ihr Spiel ...

Montag, 18. August 2014

TV-Tipp:

"Mr. Brooks - Der Mörder in dir", 22 Uhr 15, ZDF

Sonntag, 17. August 2014

Brasko und die Liga der echten Buchhelden



5


Alles ging ständig weiter. Wenn man nicht am Ball blieb, lebte man am Leben vorbei. Wie ein Ersatzspieler, der vergeblich auf seinen Einsatz wartete. Oder wie eine Taube im Käfig.
Brasko dachte unwillkürlich an die versifften und nach Pisse stinkenden Toiletten der Altstadtkneipen, an die ordinären Kritzeleien an den Wänden. Wie war das eigentlich mit seinem letzten Fall ausgegangen? Man konnte doch nicht mit einer Sache anfangen, sei sie noch so verrückt, und dann kurz vor Schluss den Kopf in den Sand stecken. Nein, das wäre unschön. Brasko brachte bisher jeden Fall zu Ende. Auch wenn das Ergebnis oft bitter ausfiel. Nicht unbedingt für ihn aber für die Beteiligten. Er hatte den Auftrag der Liga der echten Buchhelden zu deren Zufriedenheit ausgeführt. Was blieb ihm auch anderes übrig – er wollte seinen Körper behalten, auch wenn der nicht gerade das Gelbe vom Ei war - aber immer noch besser, als in einem nicht näher definierten Nirwana mit anderen körperlosen Seelen seine Zeit abzusitzen. Dafür wurden fünf seiner Mitmenschen von den echten Buchhelden sozusagen gekapert, und Brasko hatte dabei wesentlich mitgeholfen.
„Ich bin zufrieden mit Ihrer Arbeit, Mr. Brasko“, sagte Harry Potter, der nun eine aufreizende Blondine war.
Sie saßen in der Destille, einer Altstadtkneipe. An den Wänden hingen Kunstwerke ansässiger Künstler. Brasko schaute sich um. Eigentlich nichts besonderes. Er wäre besser Kunstmaler geworden, dachte er. Während Brasko mit der Blondine, die Harry Potter sich zueigen gemacht hatte, an der Bar saß, hatten sich Sherlock Holmes, Kommissar Maigret, Lederstrumpf und Old Shatterhand in ihren neuen Körpern an einen runden Tisch gesetzt und zockten. Sie würfelten.
„Wollen Sie mitmachen?“ rief einer aus der illustren Runde.
„Nein danke, Mr. ...“
„Holmes.“
„Ah ja. Nein Danke, sehr freundlich, Mr. Holmes.“
„Nun seien Sie mal nicht so miesepetrig“, meinte die Blondine, die Harry Potter war, und stupste ihn in die Seite, „das Leben geht weiter.“
„Klar, aber nicht für die fünf Menschen, die ich Ihnen zuführte.“
„Glauben Sie mir doch, denen geht es gut dort, wo sie sind.“
„Das muss ich wohl so glauben.“
„Können Sie getrost. Wenn Sie wollen, bringe ich Sie auch an diesen Ort.“
„Nein Danke, Mr. Potter, äh – Fräulein Potter. Da gibt es sicher kein Bier … haha!“
„Dort brauchen Sie kein Bier mehr … haha! Sehen Sie, so gefallen Sie mir schon besser, Mr. Brasko.“
Fräulein Potter hatte ja recht. Alles war in bester Ordnung. Es gab keine Leichen. Nicht mal Kommissar Maigret oder Sherlock Holmes würden hier ein Verbrechen entdecken. Zumal sie dort am Tisch saßen, sich amüsierten und würfelten. Niemand außer Brasko wusste von dem ungeheuerlichen Vorgang, dass fünf Seelen ihre Körper für diese ominösen echten Buchhelden räumen mussten. Und niemand würde ihm diese Geschichte glauben. Am Besten hielt er die Klappe.
„Noch ein Bier, bitte! Und was trinkt das Fräulein Potter?“
„Auch ein Bier.“
„Also zwei Bier, bitte!“
„Sei doch nicht so förmlich. Du kannst mich Harry nennen. Hast Du auch einen Vornamen?“
Harry Potter schmiegte sich an Braskos Seite.
„Vornamen? Ne. Ich heiße einfach nur Brasko.“
„Okay, dann bist Du mein lieber Knurrbär. Gefällt Dir das?“
„Egal.“

Brasko trank in hastigen Zügen ein Bier nach dem anderen. Er fühlte sich gar nicht wohl in seiner Haut. Die Kunstwerke an den Wänden gefielen ihm jetzt immer besser. Und das Fräulein Potter gewann zunehmend an Liebreiz. Dieser Harry Potter war schon ein Teufelskerl, dass er sich einen Frauenkörper ausgesucht hatte. Das war doch mal was anderes. Brasko spürte, wie sich ein weicher Vorhang vor seinen Sinnen zuzog. Er sah sich lachen und mit einer sexy Blondine schäkern. „Darf ich vorstellen!“ rief er die Bedienung heran, „das ist Harry … Harry Potter, der Zauberlehrling! Jawohl! Sieht man ihr gar nicht an, gel? HAHA! Und ich bin Brasko, der einzig echte Detektiv! Jawohl!“ Die Bedienung lächelte gütig und fuhr mit dem Putzen der Gläser fort.

Das erste, was Brasko sah, als er wieder zu sich kam, waren die Worte „Gaddafi ist Gott*", auf die Klotür gekritzelt. Mit heruntergelassenen Hosen saß er auf der Toilette. Scharfer Uringeruch gemischt mit Chlor stieg ihm in die Nase. Er stand ächzend auf und schaute an sich herunter. Ein Kondom hing lose an seinem schlaffen Glied.
Zurück im Gastraum – war nur noch die Bedienung am werkeln, die ihn mitleidig musterte und lapidar meinte: „Wird aber auch Zeit. Feierabend.“




* Ich bitte um bessere Klospruchvorschläge. Es muss nicht zur Story passen. Am Besten ordinär und größenwahnsinnig. Jedenfalls richtig gut blöd sollten die Sprüche sein.


Samstag, 16. August 2014

Bald ist wieder Winzerfest


„Bald ist wieder Winzerfest“, sagten wir jedes Jahr Ende August. Wir waren eine Clique von jungen Männern und hatten nur Saufen, Feiern und Frauen im Kopf. Unser Schulabschluss lag noch nicht lange zurück. Ein paar waren bei der Bundeswehr, studierten oder gammelten herum. Ich machte eine Berufsausbildung. An den Wochenenden trafen wir uns in der Bier-Börse, spielten Skat und stellten Blödsinn an. Wenn Winzerfest war, spitzte es sich zu. Im Nachhinein weiß ich nicht mehr, was wir an dem Rummel so aufregend fanden. Es lief immer gleich ab: Umso später der Abend, desto betrunkener waren wir ...
Das Festzelt wich irgendwann der „Eishalle“. Damit ging etwas Flair verloren – andererseits bescherte uns die Eishalle mit den Stufen vor ihren Eingängen eine Art Tribüne, auf der wir uns ausbreiteten und unseren mitgebrachten Wein tranken. Meine Kumpels gingen öfter auf die Runde durch den Rummel, während ich am liebsten auf den Stufen sitzen blieb und die vorbeiziehenden Leute beobachtete. Irgendwann würden alle wieder vorbeikommen. Mich reizte das Abtauchen in das Menschengetümmel nie. Später am Abend wurde es freilich gefährlich auf den Stufen, weil Gläser und Flaschen durch die Gegend flogen.
"Bald ist wieder Winzerfest". Damit war auch klar, dass der Sommer sich seinem Ende zuneigte. Wir verbrachten die letzten Tage im Schwimmbad oder am Baggersee. Ich erinnere mich daran, als hätte es in einem anderen Zeitalter stattgefunden, als noch die Dinosaurier auf der Erde herrschten.
Aber das Winzerfest findet immer noch statt. Es sieht aus wie damals: der Messplatz und die Eishalle. Als im letzten Jahr meine Eltern starben, ging ich nach den Beerdigungen in meiner Heimatstadt spazieren. Alles kam zurück wie auf einer Zeitreise – andererseits fühlte ich mich deplatziert. Ich blieb nicht lange. Ohne viel Wehmut konnte ich das Kapitel abschließen. Die Geister der Vergangenheit grinsten mir nach.
Wen interessiert es auch, wo ich aufwuchs und meine Schulzeit verbrachte …, wo ich meine erste Liebe kennenlernte und mit meinen Kumpels Besäufnisse abhielt?

Ich sitze auf den Stufen vor der Eishalle und warte darauf, dass sie alle wieder vorbeikommen ...

Freitag, 15. August 2014

Nix für Taphephobiker


Durchsichtige Bindfäden vor einem dunkelgrünen Duschvorhang. Der Tag ist Mummenschanz mit Ansage. Grau in Grau. Es regnet an einem Stück. Ich finde nicht auf die Bühne. Genaugenommen will ich auch nicht auf die Bühne. Das Leben ist nichts für Taphephobiker. Sind wir nicht von Geburt an lebendig begraben? Begraben in einem düsteren Traum, aus dem es kein Erwachen gibt. Umso älter wir werden, desto näher rücken die Sargwände. Bald können wir die Arme nicht mehr ausbreiten. Und am Ende zerdrücken die Wände unseren Geist.
Die Schatten singen Freiheitslieder. Ich freundete mich mit ihnen an. Sie sind immer ehrlich. Sie flunkern mir nicht vor, was es nicht gibt. Nein, ich finde das in keinster Weise morbide. Ich finde eher die gesamte Menschheit mit ihrem Mummenschanz kaputt und krank. Mir ist Judas lieber als alle Heuchler. Die meisten Menschen spielen ihre Rollen mehr oder weniger beständig bis zu ihrem Ableben. Es reicht ihnen. Wozu sich auch strecken, wenn man an Wände stößt? Hin zu den Sternen? Raum und Zeit sind Illusion. Das Universum ist alles andere als groß. Es passt in Wahrheit in einen Stecknadelkopf. Wir ließen uns schon immer gern von dem irritieren, was wir sehen.
Depressiv? Nein, bin ich nicht. Mein Herz schlägt wie jedes. Und auch mein Blut ist noch rot. Ich liebe, und ich leide. Ich erlebe Zeiten großer Freude und Traurigkeit. Manchmal sitze ich stundenlang und lasse einfach meine Gedanken kreisen – ohne zu einem Ende zu kommen. Ist das meine Rolle? Ist das schon die Bühne? Ich darf mir nichts vormachen. Alles sich sträuben macht keinen Sinn. Ich bin auf der Welt. Klopf, klopf klopf! Hört mich wer? Warum ist es so dunkel um mich herum? Warum habe ich so wenig Platz? Vielleicht ist die Wahrheit doch nicht das Beste. Vielleicht ist es besser, in einer Illusion zu leben. Ich meine, was würdet ihr machen, wäret ihr lebendig begraben?

Mittwoch, 13. August 2014

Der schöne Odenwald




zur Kontemplation vorm anstrengenden Nachtdienst

Mittwochs-Weisheit

„Nachdem ich aufgehört habe zu trinken, habe ich gemerkt, dass ich das gleiche Arschloch bin, dass ich immer war; ich habe nur weniger Beulen in meinem Auto.“
(Robin Williams)

Dienstag, 12. August 2014

I remember ...


Robin Williams, Schauspieler und Komiker, nahm sich das Leben. Er brillierte in vielen Rollen. Ich mochte ihn sehr - vorallem in "Club der toten Dichter", "König der Fischer", "Good Will Hunting" und "Good Morning Vietnam".





Montag, 11. August 2014

TV-Tipp:

"Cloud Atlas - Der Wolkenatlas", 20 Uhr 15, Einsfestival

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