Brasko und die Liga der echten Buchhelden


3


Er hörte ihre Stimmen ganz deutlich in seinem Kopf, wenn man das so sagen konnte. Wurde Brasko in seinem fortgeschrittenen Alter noch schizophren? In seiner Familie gab es zumindest die Anlage dafür. Ach was! Schließlich hatte ihn Harry Potter doch angerufen. Das war real und nicht im Delirium gewesen. Oder? Brasko wollte nicht den Verstand verlieren. Er nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier.
„Sie sollten nicht an unserer Echtheit zweifeln“, sagte Harry Potter, und Sherlock Holmes grunzte wieder.
„Wieso grunzt Mr. Holmes eigentlich ständig?“
„Er hat nicht nur keinen Körper sondern auch keine Stimme. Ich bin der einzige, der von uns reden kann. Also richtig telepathisch verständlich für Sie. Wie Sie vielleicht wissen, kann ich zaubern. Wir brauchen Sie, Mr. Brasko, damit Sie uns zu Körpern verhelfen, so dass wir wie ganz normale Menschen auftreten können.“
„Okay. Und wie haben Sie sich das gedacht? Ich meine, wie stellen Sie sich das vor? Körper …, vorausgesetzt sie sind lebendig, sind normalerweise bereits von Persönlichkeiten besetzt. Ich bin kein Mörder. Warum zaubern Sie sich nicht einen?“
„Auch die Zauberei hat ihre Bedingungen und Grenzen. Man kann sich nicht einfach alles, was man sich wünscht, herzaubern. Sie können das mit dem Kapitalismus vergleichen – man kann sich mit Geld auch nicht alles kaufen. Sie sollen niemanden für uns umbringen, Mr. Brasko.“
„Das beruhigt mich. Kleinen Moment, bevor Sie mir weiteres erläutern, mein Bier ist leer … Kei! Mach mir bitte mal`nen Gin Tonic!“

„Mist, warum reagiert der nicht?“
„Weil Sie zu Kei laut reden müssen, Mr. Brasko.“
„Ach so.“ Brasko schlug sich an seine Stirn und wiederholte seine Bestellung laut. Er schrie beinahe. Kei zuckte zusammen und schaute Brasko irritiert an. Aber er hatte verstanden und griff bereits nach der Gin Flasche.
„Sie trinken eine ganze Menge.“
„Ja. Das ergab sich so. Die Welt ist ziemlich irre, Mr. Potter, und ich kann nicht zaubern. Wo waren wir stehengeblieben?“
„Sie sollen niemanden für uns umbringen. Wir suchen die passenden Leute aus, und Sie sollen dann bewerkstelligen, dass sie alle an einem Ort zusammenkommen.“
„Das ist alles? Was machen Sie dann mit diesen Leuten?“
„Stellen Sie sich das einfach so wie das Umfüllen von Flaschen vor.“
„Hm, wo gießen Sie denn die Leute hin?“
Kei hatte den Gin Tonic vor Brasko gestellt. Brasko nahm einen tiefen Zug mit dem Strohhalm.
„Also, wo gießen sie dann die Leute hin?“
„Schauen Sie auf ihr Glas, Mr. Brasko.“
Brasko traute seinen Augen nicht. Das Glas leerte sich zusehends, ohne dass augenscheinlich jemand daraus trank. Er hörte Sherlock Holmes in seinem Kopf grunzen.
„Wo trinken Sie das hin, wenn Sie keinen Körper haben?!?“
„Ich wollte Ihre Frage plastisch beantworten. Da, wo jetzt der Gin Tonic ist, da gießen wir auch die Leute hin. Denen passiert nichts.“
„HAHA, und das soll ich glauben?“
„Wenn Sie mir nicht glauben, kann ich es an Ihnen selbst demonstrieren.“
„Sie wollen mich umfüllen?“
„Das könnte ich in der Tat, Mr. Brasko. Natürlich würde ich Sie wieder zurück füllen.“
„Nein Danke. Ich bleibe lieber so voll, wie ich gerade bin.“
Brasko bestellte sich bei Kei noch einen Gin Tonic. Sherlock Holmes grunzte.
„Sagen Sie bitte ihrem Freund, dass ich dieses Getränk alleine austrinken möchte.“
„Keine Sorge. Wie sieht es aus, Mr. Brasko, können wir auf Sie zählen?“
„Und die Bezahlung?“
„Geld ist für einen Zauberer kein Problem. Checken Sie einfach in den nächsten Tagen Ihr Konto. Sie werden nicht enttäuscht sein.“
„Klingt gut. Nur das mit dem Um- oder Ausgießen kapiere ich nicht so richtig.“
„Vertrauen Sie mir. Den Leuten wird nichts passieren. Die werden sich wie im Urlaub fühlen. Wir brauchen nur ihre Körper.“
„Hm“, Brasko ließ den Strohhalm, der aus seinem Gin Glas ragte, nicht los, „na gut. Aber wenn ich merke, dass an der Sache was faul ist ...“
„Daran ist nichts faul.“
Harry Potter vereinbarte mit Brasko ein nächstes Treffen im Kaffeehaus, wo Brasko die Namen und Adressen der Leute erfahren sollte, welche die Liga der echten Buchhelden als zukünftige Körper für sich ausgesucht hatten. Plötzlich waren die Stimmen in Braskos Kopf verschwunden. Niemand grunzte oder redete. Er war wieder ganz allein. Ein sonderbares Gefühl.

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