"Ich führe Krieg"


Interessiert las ich das Interview im aktuellen Spiegel (Nr. 14/ 3.4.10) mit dem französischen Intellektuellen und Philosophen Bernard-Henri Lévy. Es ist jedes Mal ein freudiges Gefühl, wenn ich auf Denker und Literaten stoße, in deren Worten ich meine Geisteshaltung und Gedanken widergespiegelt finde.
Darum hier einige Zitate, mit welchen mir Bernard-Henri Lévy sozusagen aus dem Herzen sprach:


... Krieg empfinde ich als Schande der Menschheit. Aber im Denken ist Krieg das einzig wahre Mittel. Es gilt, die gegnerischen Gedanken zu stellen und zu bekämpfen. Das Ziel ist nicht nur das Finden der Wahrheit, sondern der Sieg ...

... Denken ist nicht gewalttätig, wohl aber unerbittlich. Entscheidend ist die Unnachgiebigkeit. Was ich in der Philosophie ablehne, ist der Kompromiss ...

... Ich führe Krieg um die Wahrheit ...

... Aber der Wille zur Wahrheit ist nicht alles. Ich philosophiere, weil ich mit allen meinen bescheidenen Mitteln dazu beitragen will, die Schäden, die Beleidigungen und Kränkungen wiedergutzumachen, die den Ärmsten unter den Armen zugefügt werden ...

... Schreckliche Mittel rechtfertigen sich nie durch den vermeintlich guten Zweck, im Gegenteil, sie vergiften ihn. Es gibt keine List der Vernunft, die über den Umweg des Unmenschlichen führt, nirgendwo ...

... Es gibt in der Philosophie Elemente, die sind nicht verhandelbar. Dazu gehört der Universalismus der Menschenrechte. Der Respekt vor der Andersartigkeit der Kulturen lässt deren Einschränkung auf keinen Fall zu. Eine Kultur bricht nicht wie eine Kathedrale zusammen, wenn man einen Baustein, zum Beispiel die Todesstrafe, herauszieht. Menschenrechte - und dazu gehört die Gleichheit von Mann und Frau, aber auch die Ächtung der Todesstrafe - können gerade für die Linke nicht relativiert werden. Sie sind schließlich kein Tarnmantel des Imperialismus, sondern der Wesenskern der Aufklärung ...

... Ich glaube, dass die europäische Tradition des engagierten Intellektuellen, der sich für das öffentliche Geschick einsetzt, der Verantwortung für den Lauf der Welt in sich verspürt, nicht am Ende ist ...

... Mein Ehrgeiz richtete sich nie darauf, Schule zu machen. Ich wollte kein akademischer Philosoph werden ...

... Ich bin links, weil ich in Umkehrung eines Goethe-Worts, die Unordnung der Ungerechtigkeit vorziehe ...

... Das Böse verschwindet nicht aus der Welt, nie. Man muss es akzeptieren und zugleich bekämpfen ...

... Die Renegaten sind doch das Salz der Erde, man muss ein Renegat sein! Sich in der Treue zu sich selbst einzumauern, wenn sie sich als Irrtum erwiesen hat, damit ist der Gipfel intellektueller Verdorbenheit erreicht. Man muss sich selbst untreu werden, wenn Treue das Verharren im Falschen bedeutet ...


(Bernard-Henri Lévy)
Lange-Weile - 09. Apr. 10, 09:43

keine Gutmenschen

Schöne Zitate - wie tiefgründig ein Menschen denken kann und die Vielschichtigkeit des Lebens mit Worten darstellen kann.

"Das Böse verschwindet nicht..." finde ich kurz und napp und für schnell überschaubar. Das Böse steckt ist in der Welt und auch in uns. Und wer es akzeptiert, kann damit auch umgehen.

Den Gutmenschen gibt es nicht wirklich und ist eine Illusion auch von dem, der es von sch selber denkt. Nimmt man ihnen diese Illusion, können sie ganz schön agressiv werden. Daran läßt sich gut erkennen, dass es nicht nur gutes im Menschen gibt.

Auf der anderen Seite gäbe es nicht gutes, wenn es das Böse nicht gäbe. Alles braucht seine Schattenseite um existenz zu sein.

Gruß LaWe

bonanzaMARGOT - 09. Apr. 10, 10:58

hi lawe,
die "dialektik" von gut und böse wird die wertewelt des menschen immer prägen. jede kultur und jede zeit legt für sich fest, was sie unter gutem und bösem handeln und wirken versteht. sicher gibt es einige wenige grundsätzliche bedeutungen von gut und böse, welche sich von je her, z.b. durch die zehn gebote, in den gesellschaften manifestieren.
kant nennt es den kategorischen imperativ, warum der mensch allein aus vernunftgründen das gute dem bösen vorziehen sollte. jeder aufgeklärte, vernunftbegabte mensch ist somit befähigt, moralisch im guten sinne zu handeln. die dogmatischen und starren strukturen von staat, kirche und gesellschaft machen es einem aufgeklärten geist allerdings nicht leicht, das gute in jedem falle für sich durchzusetzen. so muß man sich oft bösem wirken in der öffentlichkeit, beruf und familie (z.b. krieg, diskriminierung, ungerechtigkeiten) unterordnen, wenn man sich nicht außerhalb der gemeinschaft stellen will.
das gute bedarf gesetze (menschenrechte), die aber auch bedingungslos durchgesetzt werden müssen. der teufel sitzt (wie meist) im detail. interessenkonflikte führen zu unterschiedlichen auslegungen der gesetze. ausserdem wirkt parallel zur wahrhaftigen gesetzmäßigkeit mehr oder weniger verborgen das gesetz des stärkeren.
die meisten menschen werden von sich behaupten, nur gutes zu wollen ...; - allerdings deckt sich ihr bestreben meist nicht mit dem gemeinsinn, sondern nährt sich aus einer einseitigen sichtweise der dinge bzw. sachverhalte.
auch gibt es große unterschiede über die wahl der mittel, um das gute in der gesellschaft durchzusetzen. in vielen ländern wird noch mit dem tode bestraft. hier bin ich wie lévy kompromißlos, weil ich es irrwitzig finde, dem bösen wiederum mit bösem handeln zu begegnen.

beim surfen zur dialektik von gut und böse stieß ich auf folgendes:

Unsere innere Welt ist, wie die Psychotherapie in der Tradition der Psychoanalyse Sigmund Freuds herausgearbeitet hat, von der Dialektik von "gut" und "böse" durchdrungen. Wir verfügen in unserer inneren Welt über Triebenergien, die die Bindung fördern, und solche, die die Auflösung zum Ziel haben. Der Lebenstrieb (Libido) schafft Bindungen, der Todestrieb (Aggressionstrieb, Destrudo) hingegen hat zum Ziel, bestehende Verbindungen zu lösen. Es ist unsere Aufgabe, diese innere Dynamik in eine Balance zu bringen - und zwar auf eine Art und Weise, dass die lebensfördernden (libidinösen) Kräfte überwiegen. Damit - im positivsten Fall - werden die destruktiven Kräfte nicht nur in Schach gehalten, sondern zu einem integrierten Teil unserer inneren Dynamik und tragen so zu einem erfüllten Leben bei. (Quelle: "Die Erweiterung des Konzepts der Salutogenese mit psychotherapeutischen Gesichtspunkten", http://www.shiatsu-austria.at/einfuehrung/wissen_4.htm)

ja, so sollte es im idealfall sein ...

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