Träume, Baby, träume

Na ja, man darf träumen. Und nun fragt euch, wie frei eure Träume sind. Sind es wirklich eure Träume - oder sind es die Träume, die euch eingepflanzt wurden?
Vielleicht gibt es keine wirklich eigenen Träume ...
Vielleicht wird ein Traumkonto bei der Geburt eingerichtet. Die Eltern und Großeltern zahlen darauf ein, deine Kindergärtnerin, deine Lehrer, deine Bekannten und Freunde ...
Die Gesellschaft wird deine Familie, und sie bestimmt fortan deine Träume.
Aber wo sind meine Träume, meine ganz eigenen?
Ich suche. Und bei dieser Suche komme ich manchmal in Konflikt mit den Doktrinen unserer Gesellschaft. Denn viele zahlten auf mein Traumkonto ein, und nun habe ich plötzlich Zweifel und will mir mein eigenes Ding überlegen.
Man sagt mir auch, dass ich völlig frei bin, dass ich aber, falls ich meine eigenen Wege gehe, nicht mehr selbstverständlich mit einer Unterstützung rechnen dürfe.
Nun, entschuldigt, das klingt in meinen Ohren wie Hohn - denn schließlich hatte ich doch von Anfang an keine Wahl.
Sie tauften mich, bevor ich überhaupt sprechen konnte. Ich musste Kindergarten und Schule über mich ergehen lassen, zusammen harte 17 Jahre lang. Ich wurde von dumpfbackigem Religionsunterricht geplagt und von sadistischen Lehrern vorgeführt. Ich hatte deswegen eine Menge Albträume.
Meine Eltern liebe ich. Ich liebe sie. Ich liebe sie sehr. Auch sie hatten keine Wahl. Sie träumten lange nicht ihre eigenen Träume - ich mache ihnen keine Vorwürfe. Ihre Kindheit erlebten sie im Krieg.

Mein Gott! Seit zwanzig Jahren arbeite ich als Altenpfleger. Ich sehe Menschen leiden und sterben, manchmal qualvoll sterben ...
Wohin soll das führen?
Die Träume verbrennen wie trockenes Papier. Es gibt keine Chance zu entkommen.
Frage:
Warum haben wir es mit so viel Intriganten und Ignoranten zu tun, die nicht nur ein freies Träumen verbieten, sondern noch weiter gehen und die Mitmenschen mit anderen Träumen demütigen, quälen und umbringen?
Warum darf ich selbst heute nicht alles aussprechen, was ich denke?
Ansonsten verlöre ich meinen Arbeitsplatz.
Und ich brauche doch meine Arbeit.
Warum muss ich immer Stärke zeigen? Warum ist Schwäche so schlecht angesehen?

Nein, ich wollte diesen Beruf nicht unbedingt. Er war nicht mein Traumberuf. Ich hatte keinen Traumberuf. Es war meine Neugier auf das, was sonst in unserer Gesellschaft ausgegrenzt ist. Es ist ein großer Unterschied zu wissen, dass man irgendwann sterben muss, oder ob man das Sterben wirklich miterlebt - und die ganzen Phasen davor.

Unsere Gesellschaft hat zu wenig Geld, damit wir Altenpfleger unseren Ansprüchen gerecht werden können. Doch hat die Gesellschaft genug Geld, um Soldaten nach Afghanistan zu schicken und (unfreiwillig) zu Kindsmördern werden zu lassen!

... Und nun fragt euch, wie frei eure Träume sind, und ob ihr euch überhaupt schon mal danach gefragt habt.
creature - 08. Dez. 09, 17:42

stimmt, die meisten der träume sind nicht die eigenen, sieht man genau nach!

bonanzaMARGOT - 08. Dez. 09, 17:53

hi creature, und welche träume wären deine?
ich meine die unverfälschten.
gibt es die?

worauf ich hinaus will, ist, dass unser gesamtes leben auf träumen basiert. und es gibt ein machtgerangel, wer gerade die traumherrschaft übernimmt - oft unbewusst.
die heutige traumherrschaft besitzen kapitalismus und materialismus. einige religionen wie der islam versuchen dagegen mehr oder weniger schizophren anzustinken ...

was soll man dazu sagen? das ganze leben ist eine riesige verarsche.
der einzige wirklich freie weg ist der anarchistische ...
bonanzaMARGOT - 08. Dez. 09, 18:57

wenn überhaupt.

ich habe mir erstmal `ne pizza bestellt - zur ablenkung - und dann schau ich mal, was heute abend im fernsehen läuft.

Lange-Weile - 12. Dez. 09, 13:36

Goliath gegen David

Hallo Bo.,

diese Frage hab ich mir nicht gestellt, zumindest nicht so kritisch, wie du sie hinterfragst.

Ich gehe an deine Fragestellung vielleicht etwas anders heran. "Wie weit ist das System der Gesellschaft oder anderer Menschen schon in mir eingedrungen, dass es meine eigenen Träume überschreiben kann?"

Dabei erinnere ich mich an einen schrecklichen Moment, der mir aber gleichzietig ein neues Bewußtsein zeigte, dass sich vielleicht nur unter besonders schwierigen Bedingungen entwickeln kann. Ich geriet damals in diese schwierige Lage, weil in den Traum einer anderen Person nicht erfüllte.

Ich saß zusammengekauert in der Ecke eines dunklen Zimmers und hatte nur noch Angst um mein Leben. Die Bedrohung stand vor der Tür des Zimmers in dem ich saß. Sie wollte nicht nur mein Leben, nein, sie wollte meine Seele, sie ausbrennen und zertreten, damit sie bestenfalls als Dreck in der Schuhsohle haften bleibt. Obwohl nicht gläubig, betete ich zu Gott, er möge mich mit einem Knall aus dieser Situation retten. Doch er tat es nicht, statt dessen wartete die Bedrohung vor der Tür auf eine Kurzschlußhandlung von mir.. Ich sollte panisch vor Angst und hysterisch aus dem Fenster springen, dann wäre der ganz Spuk vorbei - der Kampf um Erzeihungsrecht der Kinder entschieden.

Die körperlichen Konstitutionen paßten auf Goliath und David, wobei die Rolle von David in diesem Spuk auf meinen Leib geschreiben war.

Die Erwartungen der Bedrohung wurden von mir nicht erfüllt und die Erwartungen von mir an Gott auch nicht und so saß ich noch viele Stunden zusammengekauert und voller Angst in einem Zimmer mit zwei Ausgangsmöglichkeiten. Zur rechten die Tür, hinter der die Bedrohnung stand und zur linken, das Fenster im oberen Stcokwerk. Damals dachte ich "Ich weiß nicht warum mir das jetzt geschieht. Aber für irgendetwas wird es gut sein und irgendwann ist jeder Spuk vorbei, wie auch jedes Leben einmal zu Ende geht"und ich verharrte in der Klemme, in der ich saß, verbrannte meine Angst, ohne mich aufzugeben und setzte auf Zeit.

Heut frage ich mich, warum ich das damals aushielt, aber irgend eine Kraft muß mich über Wasser gehalten haben, vielleicht waren es meine Träume vom Leben, die unerfüllt geblieben wären, hätte ich resigniert.

Nach Jahrzehnten meiner Kinderträume verfolge ich den alten Traum - ich wollte damals Lehrerin werden - erst heut. und werde Yogalehrerin und damit hab ich meinem Platz im Leben endlich gefunden. Als ich das erkannte, war das ein bewegender Moment für mich und ich erkannte, dass sich der Kampf damals gelohnt hatte und dass die Klemme von damals - ich hatte mich ja selbst in sie hinein manövriert - mir eine andere Blickrichtung auf mein eigenes Leben gab.

Gruß LaWe

bonanzaMARGOT - 13. Dez. 09, 16:05

ja, manchmal lösen sich dinge/situationen erst im nachhinein, viele jahre später, rückblickend auf. oder wenigstens kommt es uns so vor. wir sehen plötzlich einen sinn. aber natürlich könnte auch alles zufall sein, oder? nur dann wäre die geschichte nicht so schön rund und ermutigend. wir menschen sind hoffnungswesen ...

was die gesellschaftliche infiltration angeht: äußerlich musste ich mich wohl schon verbiegen - wie ein baum, der im wind steht - doch innerlich bin ich ziemlich unverrückbar. jedenfalls bilde ich mir das ein.
auch ich erlebte viele situationen, wo ich mich heute frage: wie habe ich es nur ausgehalten? war ich das??
irgendetwas ist in mir, was mich führt, was mich aushalten läßt ...
oft ist man stärker, als man glaubt. mit der zeit sammelt sich ein ganz schöner "lebensschatz" an, und die leidvollen erfahrungen gehören selbstverständlich dazu.
SehnsuchtistmeineFarbe - 14. Dez. 09, 10:18

lieber bon,

über meine träume kann ich sagen, dass es irgendwann mal etwas gab, von dem ich fühlte / dachte: das will ich auch! (nicht materialistisch gemeint); oder aber auch: da zieht es mich hin, das erfüllt mich / mein herz. träume, die von der gesellschaft erzeugt wurden? was meinst du damit? haus, familie, hund?
schwäche darfst du zeigen, natürlich. es ist nur so, dass unterschiedliche vorstellungen darüber bestehen, was jemand sein darf, ist, wollen darf etc. nicht jeder folgt der maxime: leben und leben lassen.
Es gibt jene, die sich mit einem verbinden, einem beipflichten, beistehen, wenn man sich "outet", andere nutzen leider die gelegenheit, um anzugreifen.

lg
s.

bonanzaMARGOT - 14. Dez. 09, 13:27

hi sehnsucht

träume, die von der gesellschaft erzeugt werden: das kann so vieles sein: ja, auch familienglück mit auto, haus, hund, frau ..., aber es betrifft auch die einstellung: materialistisch oder religiös oder ideologisch ...; und es sind u.a. die beruflichen ziele, die karriere, die hobbys ...; es betrifft den geschmack: die mode, das essen, die musik, die ästhetik, den sex ...

natülich soll jeder sein, wie er will - aber weiß ein jeder, was er will - ich meine, was ER will, was SEINE träume sind ...?
genau diese manipulierbarkeit, diese biegsamkeit und anpassungsfähigkeit und dieser opportunismus werden von demagogen aus staat und religion sowie von den marktschreiern der wirtschaft ausgenutzt, um die macht an sich zu reißen und sich zu bereichern.
aber es ist nicht nur die gefahr des ausgenutzt werdens sondern auch der verlust von persönlichkeit und charakter ...
ich möchte betonen, dass ich hier über MEINE empfindungen schreibe, die selbstverständlich nicht maßstab für andere menschen sein müssen. "leben und leben lassen" ist eine sehr gute devise, solange darunter nicht verstanden wird, dass alles in beliebigkeit versinkt und man also gar nichts mehr zu bedenken und zu kritisieren hat.
WANDERgalerie - 16. Dez. 09, 16:13

pflegeBLOG

vielleicht interessant für dich.
http://pflegeblog.twoday.net/

bonanzaMARGOT - 16. Dez. 09, 16:24

danke für den tipp.
ich finde es immer gut, wenn sich pflegepersonal selbstbewußt und emotional zu problemen und erfahrungen zu wort meldet, sich solidarisiert und aus der grauzone an die öffentlichkeit tritt.
es gibt unheimlich viele unsicherheiten und überforderungen.

lieben gruß

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