Ehe ist von gestern


All jene, deren Ehen und langjährige Beziehungen baden gingen, schauen neidisch auf den ewigen Junggesellen, weil der das Scheitern vorwegnahm - erst gar nicht heiratete und auf Familie machte. Wer gesteht sich schon gern das Scheitern eines Lebensideals ein? Also schlittern viele geradezu Hals über Kopf in den nächsten Beziehungsschlamassel, das heißt, sie heiraten den nächstbesten – beziehungsweise wollen sich gleich wieder fest binden. Es kann gar nicht schnell genug gehen. Dem ewigen Junggesellen wollen sie damit sagen: Schau her, alles kann freilich schiefgehen, aber darum gebe ich nicht gleich auf! Außerdem habe ich aus meinen Fehlern gelernt.
Ich denke jedoch bei mir: Wirklich? Dein Fehler ist, dass du Männer fürs Familienalbum suchst, anstatt dich gegenüber dem Leben mit seinen Konventionen zu emanzipieren. Es wird nie den richtigen Mann geben sondern nur Illusionen oder Fata Morganas. Du wirfst denen Unreife vor, die nicht auf dein Lebenskonzept eingehen, und selbst träumst du noch mädchenhaft von dem Traumprinzen, den starken Schultern, an die du dich anlehnen kannst.
Menschen müssen in die Rollen passen, die man ihnen zugedacht hat. Auch ich machte diesen fatalen Regie-Fehler immer wieder. Die Liebe schönt die Umstände. Ich glaube, dass die Fehler, die ich beging, unabdingbar waren. Liebesbeziehungen sind immer erst mal Experimente, die schief gehen können. Wechselnde Partnerschaften halte ich für das Normale – während der Partner fürs Leben eher die Ausnahme darstellt. Auf Anhieb den richtigen Partner zu finden, wäre ein ziemlicher Glücksfall. Die Ehe ist eine gesellschaftliche Konvention, die nicht mehr recht in die heutige Zeit passt. Sie zwingt dem Menschen etwas gegen sein Naturell auf. Früher lebten die Menschen in vielerlei gesellschaftlicher Zwangsjacken. Es erschien den Menschen normal und sogar vernünftig, sich diesen Regeln zu unterwerfen. Religion, Vaterlandsliebe und Traditionen wurden ihnen zur zweiten Haut. Heute dagegen denken wir in Kategorien von Freiheit, Selbstbestimmung und Toleranz – ich weiß, noch lange nicht überall. Aber die Weichen dazu wurden vor über zweihundert Jahren in der Epoche der Aufklärung gestellt. Wir tun uns etwas schwer, die Erkenntnisse der Aufklärung umzusetzen, aber wir sind (trotz mancher Rückschläge) immer noch auf dem Weg.
Die Ehe hat als gängiges Lebenskonzept ausgedient. Deswegen wird sie nicht gleich aussterben. Andere Lebensentwürfe werden sie allerdings von der gesellschaftlichen Pole-Position verdrängen. Ohne Reibereien finden solche Veränderungen nicht statt. Dazu gehören Generationenkonflikte und Kulturkämpfe.
Die Liebe ist ein großes Experimentierfeld. Glücklich ist, wer die Liebe fürs Leben fand. In der Zwischenzeit heißt es Ausprobieren und seinem Herzen folgen. Und man sollte sich von dem Druck befreien, unbedingt den richtigen für sich finden zu müssen. Trotz der vielen Niederschläge, die ich in Liebesbeziehungen erlebte, war doch die Liebe (fast) jedes mal echt und wunderschön!

lovehunter - 20. Jul. 13, 13:57

Halte die Ehe auch für überkommen, aber die meisten Frauen wollen sie zumindest einmal ausprobieren und ihre Märchenprinzessin-Phantasie ausleben. Viele sind dann für den Rest ihres Lebens eh geheilt, wenn sie auf dem Beton der Realität aufklatschen.

bonanzaMARGOT - 20. Jul. 13, 14:01

einige sind geheilt, aber nicht alle. ich bediene mich ja ab und zu aus dem pool der geheilten (und es stellt sich leider manchmal heraus, dass sie nur pseudo-geheilt sind).
testsiegerin - 20. Jul. 13, 14:35

so so. sie "bedienen" sich also aus dem pool von frauen.
bonanzaMARGOT - 20. Jul. 13, 14:38

woraus bedienst du dich denn, testsiegerin?
doch auch aus dem pool von männern, die eben durch ihre biografie und lebenseinstellung am besten passen.
wir bedienen uns alle aus dem, was uns vom leben vorgesetzt wird.
bonanzaMARGOT - 20. Jul. 13, 14:45

ach so

im pool mit nackten, hübschen frauen - wäre noch mal eine andere sache ...
testsiegerin - 20. Jul. 13, 15:07

nein, ich bediene mich nicht an ihnen. ich mag sie, ich schätze sie, ich liebe sie und gelegentlich vergnüge ich mich mit ihnen gern im pool ;-)

aber männer sind für mich keine ware, an der ich mich "bediene".
bonanzaMARGOT - 20. Jul. 13, 15:15

frauen sind für mich auch keine ware.
man bedient sich nunmal gewisser dinge im leben - dazu gehören auch menschen. mit dem ausdruck "sich an etwas zu bedienen" ist nicht notwendigerweise eine geringschätzung verbunden, - also der menschen, derer ich mich bediene.
ich arbeite z.b. in einem dienenden beruf. ich diene alten und pflegebedürftigen menschen, damit sie noch mit einer gewissen lebensqualität ihre letzten jahre verbringen können. diese menschen bedienen sich meiner - aber ich fühle mich deswegen keineswegs herabgewürdigt als person, bzw. ausgenutzt.

in einer liebesbeziehung bedienen wir uns gegenseitig - im besten fall. ich sehe daran nichts schlechtes.
bonanzaMARGOT - 20. Jul. 13, 15:26

oder bedeutet "bedienen" in österreich was anderes?
testsiegerin - 20. Jul. 13, 16:19

Ich weiß nicht, ob es in Österreich etwas anderes bedeutet, für mich hat es in diesem Zusammenhang einen negativen Touch. Bei einem Buffet sage ich: Bedienen Sie sich bitte. Nehmen Sie sich, was Sie wollen.
Bei Menschen mag ich dieses Sich-bedienen nicht so sehr.
Wenn Sie es aber ohnehin nicht so gemeint haben, erübrigt sich die Diskussion ;-)

bonanzaMARGOT - 20. Jul. 13, 16:27

seit wann sind wir eigentlich per sie, testsiegerin?
ich meinte es so, wie ich es sagte. deine interpretation ist allein deine sache.

dienen und bedienen - was würdest du denn stattdessen im zusammenhang mit menschen sagen?

ich finde z.b., dass das dienstleistungsgewerbe in unserer gesellschaft und überhaupt auf der ganzen welt zu gering geschätzt und bezahlt wird.

ich mag das bedienen nicht, wenn dabei menschen und ressourcen ausgenutzt werden.

du meinst aber wirklich nicht ernsthaft, dass ich frauen ausnutze (?)
testsiegerin - 20. Jul. 13, 20:05

nein, ich glaube das nicht wirklich.
was ich sagen würde? Ich würde sagen: ich verliebe mich immer wieder in menschen.. oder "ich lasse mich immer wieder auf menschen ein..."

im übrigen glaube ich nicht, dass die ehe freiheit und selbstbestimmung ad absurdum führen. denn auch die entscheidung, zu heiraten, ist ja eine freie.
bonanzaMARGOT - 20. Jul. 13, 22:20

ich sagte nicht, dass die ehe perse kontra den werten der aufklärung steht. ich denke aber, dass sie als das hauptsächliche prinzip erwachsener partnerschaftlicher bindung langsam aber sicher ausgedient hat.

wie ich bereits ausführte, ist das dienen bzw. bedienen zwischen menschen elementar. es hat nichts mit ausnutzen zu tun. den negativen beigeschmack bekam es durch die klassifizierung von menschen in verschiedene wertigkeiten (dass es eine oberschicht gibt, die sich nur bedienen läßt, und eine klasse von menschen, die angeblich schon zum dienen geboren wird). dieses denken sollte in einer modernen zivilisierten gesellschaft als antiquiert gelten.
alle menschen können im besten sinne diener sein - nicht, weil sie dazu gezwungen werden, sondern weil es das gewissen und die demut verlangen. na ja, und auch der gesunde menschenverstand. dass dies bei bei vielen menschen nicht so ist, entwertet dieses anzustrebende prinzip nicht.
Grünäuglein - 21. Jul. 13, 22:12

gewagter Titel...

... aber relativiert im Text. Ich glaube dir sofort, wenn du sagst, die Ehe hat ausgedient. Es gibt inzwischen so viele unterschiedliche Lebensstile - und dazu mindestens ebenso viele Partnerschafts-Bezeichnungen. Living apart together ist keine Erfindung, die erst gestern gemacht wurde - nur wird sie inzwischen nicht nur von Ü40gern, sondern auch von 20-35jährigen mit Erfolg vermehrt praktiziert.
Und trotzdem, irgendwie finde ich die Vorstellung zu heiraten einfach schön. Nicht nach 2 Jahren Beziehung, um Gottes Willen. Aber nach 5-6Jahren, von mir aus auch nach dem verflixten siebten Jahr, ist es da nicht schön, meinen Freund / Lebensabschnittsgefährten als meinen Mann vorstellen zu können? Meine Eltern haben selbst 14 Jahre LAT praktiziert, lebten dann mehrere Jahre im gleichen Haushalt und haben sich dann Mitte 40 das Ja-Wort gegeben. Also ich find's süß. Oder spricht da nur die hoffnungslos romantische Frau auf der Suche nach altmodischer Perfektion aus mir? Klar, kann man auch so zusammen leben. Klar, man muss sich dann - wenn's doch nicht klappen sollte - nicht umständlichen scheiden lassen, ABER... Ich glaube, dass jeder längerfristige Partner der für's Familienalbum sein kann. Natürlich geht es nicht immer gut, aber deswegen ist ja nicht alles gleich scheiße gewesen, ein paar Familienalben-Augenblicke werde ich auch mit den Typen niemals vergessen, die sich am Ende als die größten Idioten heraus gestellt haben. DEN perfekten Mann gibt es eh nicht, da sind wir und glaube ich einig. Aber einige sind verdammt nah dran ;-)
bonanzaMARGOT - 22. Jul. 13, 10:47

hallo grünäuglein

ich brauche den staat (v. standesamt vertreten) nicht, um meine liebesbeziehung bzw. partnerschaft abzusegnen. dafür kann es allerhöchstens praktische erwägungen geben.
da ich keine kinder habe und nie wollte, fallen die praktischen gründe zur heirat so gut wie ganz weg.
was noch bleibt, ist die romantik und sind glaubensgründe. da ich mit kirchen und landläufiger religiösität nichts am hut habe, sind auch diese gründe zur heirat für mich weitgehend gegenstandslos.
ich denke, dass sich die ehe in der zukunft unter anderen partnerschaftsmodellen einreihen wird. wie ich es sagte, wird sie nicht so schnell aussterben, solange es noch konservative kräfte in der gesellschaft gibt.
die romantischen gefühle empfinde ich sehr gut nach - die ehe kann bereits mehr oder weniger tot gerittenen beziehungen noch mal etwas aufwind verleihen ... aber wäre in diesen fällen eine trennung nicht sinnvoller? es gehört auch mut zur trennung. viele menschen haben angst vor dem alleinsein.
wer unbedingt für sich eine zeremonie braucht, um die partnerschaft zu besiegeln, der kann sie doch für sich abhalten. mit etwas kreativität ließen sich da bestimmt wunderbare feiern veranstalten. und einen vertrag kann man auch abschließen, ohne zu heiraten. partnerschaften sind nunmal oft auch geschäftliche beziehungen.
die ehe ist in meinen augen wirklich von gestern. mehrere partnerschaften in einem lebenslauf sind heute bereits das normale. wir reden von lebensabschnittspartnern. nicht wenige menschen haben inzwischen gar mehrere partnerschaften gleichzeitig, siehe polyamorie.

ich finde es gut, wenn es damit jeder halten kann, wie er will. der anpassungsdruck ist heute nicht mehr so groß wie vor ... 30, 40 jahren. vielleicht noch eher auf dem land. die ewig gestrigen werden leider auch nicht aussterben.
Grünäuglein - 22. Jul. 13, 22:56

Möge es doch einfach jeder so halten wie er will. Die Ehe ist inzwischen, wie du sagst, eine unter vielen Alternativen. Sollen doch die einen heiraten und ihren Steuervorteilen frönen und die anderen von mir aus so polyamor leben wie es nur irgendwie geht. Hauptsache die einen akzeptieren die anderen, auch wenn es vielleicht manchmal noch so schwer fällt. Bekehrungsversuche bringen doch eh nur in den seltensten Fällen etwas...
bonanzaMARGOT - 23. Jul. 13, 07:24

leben und leben lassen. was nicht heißt, dass man alles kritiklos hinnimmt.
die polyamore lebensweise wäre, glaube ich, nichts für mich.
im prinzip bin ich monogam. ich kann mich einfach nicht mit der vorstellung anfreunden, dass die frau, die ich liebe, mit einem anderen schläft und zärtlich ist. da bin ich "altmodisch".
Grünäuglein - 23. Jul. 13, 10:09

Danke

Damit hast du mir meinen Glauben an die Menschheit - bzw. an ihren männlichen Teil - wiedergegeben ;-)
bonanzaMARGOT - 23. Jul. 13, 14:45

warum hattest du den verloren?
du schriebst in einem kommentar, dass es zwar keine perfekten männer gibt, aber einige nahe dran sind.

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