Ambivalenzen


Immer wieder muss ich mit ambivalenten Gefühlen kämpfen. Gerade was meine Beziehung zu Frauen angeht. Aber auch meine Arbeit im Altenheim betreffend. Und meinen Eltern gegenüber.

Fange ich mit Letzterem an: Meine Eltern, die auf die Achtzig zugehen, bei denen ich mich (zu) selten melde. Bald haben sie Geburtstag (sie haben kurz hintereinander) und mir graust ein Wenig vor den Anrufen. Doch warum sollte ich ein schlechtes Gewissen haben? Ich liebe sie, kein Zweifel, aber doch sind sie mir fremd in dem Leben, das ich führe. Fremd - und vertraut zugleich, weil sie zu mir gehören, weil sie mich groß zogen. Was gibt es auch immer zu erzählen? Meist sind es die ewig selben Fragen nach Gesundheit und Arbeit. Es geht nie tiefer. Unangenehme Themen will ich gar nicht mehr ansprechen. Ich bat sie vor zwei Jahren um ein Gespräch, wie sie sich ihren Lebensabend weiter vorstellen. Eine Arbeitskollegin durchlitt gerade die Problematik mit ihren Eltern, weil die Mutter immer pflegebedürftiger wurde, und der Vater damit überfordert war ... Auf dieses Gespräch, welches ich anregte, warte ich noch heute. Gott sei Dank sind meine Eltern nach wie vor rüstig für ihr Alter. Aber es war schon immer so, wenn ich zurück denke, dass ich seelische Probleme mit ihnen nicht besprechen konnte. Immer erst, wenn es sich nicht mehr vermeiden ließ ... Mein Vater verdrängt als Rationalist wunderbar alle Gefühlsäußerungen, und meine Mutter ist ewig nervlich angeschlagen.
So weit, so gut.

Dann meine Arbeit im Altenheim: Seit nunmehr 25 Jahren maloche ich als „Arschwischmaschine“ - das meine ich nicht so negativ, wie es klingt. Ich liebe die Arbeit mit alten Menschen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn ich helfen kann, wenn sich die Alten freuen. Doch mit der Zeit laugt es aus. Der Altenheimbetrieb ist eine Tretmühle, wo man sich sisyphosmäßig tagtäglich physisch und psychisch abmüht im Angesicht von Sterben und Leid. Trotz der vielen öffentlichen Diskussionen über den Pflegenotstand besserte sich nichts an der knappen Personalsituation in dem Vierteljahrhundert, seit ich in der Pflege arbeite. Nur die Bürokratie sowie die Anforderungen wuchsen ... Wie lange halte ich diesem Druck noch stand? Ich spüre, dass ich nicht mehr so belastbar bin wie mit Mitte Zwanzig.
Und was soll ich sonst tun?? Es ist bereits mein zweiter Beruf. Ich weiß nicht.
Heute Abend werde ich wieder wie eine „Maschine“ funktionieren ... und einfach weitermachen.

Schließlich Ersteres: Meine Beziehung zu Frauen: Irgendwie bringe ich meine Sehnsucht nach romantischer Liebe und meine sexuellen Bedürfnisse nicht unter einen Hut. Nein, ich habe keine besonderen oder exotischen Sexwünsche. Das ist es nicht. Aber der Gedanke, immer mit ein und derselben Frau zu schlafen ... Nach einigen Monaten, wenn die erste große Verliebtheit verraucht ist, läßt auch meine sexuelle Begierde der Frau gegenüber nach - und mein Schwanz beginnt sich anderweitig umzuschauen. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, dass ich untreu werde. Aber das ist noch nicht alles: Ich verliebe mich viel zu schnell neu.
Die letzte Liebe lief am Ende auf ein hauptsächlich sexuelles Verhältnis hinaus. Wenn es mir also nur um den Sex ginge, dann hätte ich eine prima Zeit haben können. Nein, ich wollte richtig geliebt werden ... Am Ende bleibt eine maßlose Verwirrung, gepaart mit einer Mischung aus Liebessehnsucht und Geilheit.
Wahrscheinlich sollte ich mich besser im Griff haben, aber das ist leichter gesagt als getan.

Lange-Weile - 31. Jan. 11, 23:46

Spannungsfeld

Hallo Bo.,

ja...das sind 3 große Spannungsfelder, zwischen die du sich bewegst. Sie führen zu unterschedlichen Betrachtungen - entweder zu- oder abgewand.

Aus deinen Gedanken kann man erkennen, wie schwierig es es schon sein kann, das Kinder und Eltern gut zusammenfinden. Da gibt es einmal die Vostellung, wie die Eltern auch sein könnten und da sind die Eltern, wie sie sind - stark und schwach in einem. Sicher haben die Eltern einen ähnlichen Fokus auf ihre Kinder, der zwischen Erwartung und Realität pendelt.

Ich hatte das Glück, das meine Eltern genau nach meinen Vostelleungen waren und ich sie deshlab nie in Frage stellte. Ich vertraute bis ihrer letzten Minuten ihrem Lebensstil.

Aber für meine Kinder bin ich alles andere als vollkommen und die Kritiken an meine Mutterrolle wollen nicht enden. Sie hatten sich ihre Eltern etwas anders vorgestellt. Auch für sie ein großes Spannungsfeld.

25 Jahre in einem Job -weiß ich nicht, ob ich solange ausgehalten hätte. Ich arbete nun schon in meinem 5. Beruf - doch wenn ich genauer hinschaue hab ich immer nur verkauft. Erst Elektronik, dann das Wissen darüber, dann Politik, später Immobilien und heut mein Wissen über Yoga. Aber meine Wirkungsfelder haben sich verändert.
Ich kann mir vostellen, dass nach 25 Jahren es schwierg ist, sich über berufliche Veränderungspläne Gedanken zu machen. Dazu kommt noch, dass man nicht so einfach abspringen kann, wenn sich nichts passendes zum Broterwerb bietet.

Tja..und dann die Liebe und der Sex. Im Idealfall sollte beides perfekt zusammenfinden und das in einer Person. Wenn das nicht der Fall sind, schleichen sich nach kurzer Zeit Fluchtgedanken ein - egal wie sie sich zeigen. Oft wird dem Partner einmal Fremdgehen serveirt und dann ist es gegessen.

Haben wir vielleicht zu hohe Ansprüche an den Partner? Soll er all unseren Wünschen und Träumen entsprechen? Sehr schwieirig heut, denn eine Beziehung muss je heut nicht mehr gehalten werden, damit man sich das Überleben sichert. Jeder ist jetzt aus eigener Kraft finanziell abgesichert.

Vielleicht sieht das Leben für den einen oder anderen gar keinen Liebespartner vor und man sucht deshlab vergebens danach. Mit einer Ausnahme standen in fast alle Beziehungen, die ich hatte, ein Fluchtgedanke im Schatten des gemeinsamen Daseins. Und dann brach ich eines Tages aus.

Gruß LaWe


bonanzaMARGOT - 01. Feb. 11, 07:22

meine eltern wußten oder konnten es nicht besser. meine mutter nervenkrank, mein vater damals überlastet und mit einer neigung zum jähzorn.
aber sie haben auch ihre stärken und prinzipien, und sie halfen mir aus manchem mist, den ich baute.
es ist eben ambivalent,wenn ich darüber nachdenke: licht und schatten.
ebenso wie man sich die eltern nicht zurecht wünschen kann, kann man`s auch nicht mit der partnerin.
es ist vertrackt: ich fühle mich in der liebe wie ein blinder (oder extrem kurzsichtig), der immer wieder auf die nase fällt. man sieht nur einen ganz kleinen ausschnitt ...
vielleicht hast du recht, lawe, dass es gar niemanden gibt. trotzdem will ich nicht auf die liebe verzichten.
Anja-Pia - 01. Feb. 11, 10:55

Ziemlich komplex, die Angelegenheit.

bonanzaMARGOT - 01. Feb. 11, 14:46

ja, ich sollte in ein hochhaus ziehen ... in eins der oberen stockwerke.

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