Wie sich Dinge ändern
Wenn ich das erste Mal in der Nacht aufwache und auf den Wecker schaue, ist es gegen Eins. Ich drehe mich auf die andere Körperseite und denke: Damals bin ich um diese Zeit erst ins Bett gegangen. Heute ist es selten später als Zehn. Selbst am Wochenende.
Während meine Schuhgröße gleich blieb, änderte sich allerdings meine Hosengröße von W 32 auf W 36.
Meine Haare sind inzwischen unübersehbar grau.
Früher wurde ich meist ein paar Jahre jünger geschätzt, als ich war; heute schätzt man mich so alt, wie ich bin.
Ich hatte eine Stammkneipe, immer einen Anlaufpunkt, (fast) immer einen Gesprächspartner. Wir trafen uns zum Kartenspiel oder Billard. Wir fuhren zusammen zum Baggersee, feierten, lachten und betranken uns. Nichts davon dauerte an. Heute trinke ich allein zuhause und schreibe langweilige Blogbeiträge und Kommentare…
Nein, früher war nicht alles besser. Aber einiges vermisse ich. Vor allem wünschte ich mir ein Stück Jugend und Unbedarftheit zurück… und ein paar Kneipen von der Art, wie es sie in den Achtzigern gab (inklusive der Jungs und Mädels von damals).
Dann die Musik: Ist es nicht furchtbar, dass die Scheiben, mit denen ich aufwuchs, und die ich noch jetzt gern höre, inzwischen als antiquiert gelten?!
Damals wurde ich mit „Junger Mann“ angesprochen, weil ich ein junger Mann war. Auch heute sagen einige noch „Junger Mann“, was ich mit einem Stirnrunzeln quittiere. Wollen die mich veräppeln? Na ja, Überneunzigjährige im Altenheim dürfen das. Aus deren Perspektive mag es vielleicht zutreffen.
Und: Meine Ohrläppchen werden immer länger! Auch ein Zeichen, dass ich wirklich alt werde. Es wäre auch zu schön, wenn alle Anzeichen nur Einbildung wären. Immerhin wachsen mir noch keine Haare aus den Ohren. Aber das ist, glaube ich, mehr Veranlagung als ein Zeichen des Alters. Dasselbe gilt für den Haarausfall – darum kann ich auch nicht stolz drauf sein, (noch) keine Glatze zu haben. Ich begegne in Berlin täglich vielen Glatzköpfen, die mir wesentlich fitter erscheinen als ich.
Auch die Liebe veränderte sich. Früher war ich ungestümer…
Kein Weg führt dran vorbei: Ich werde alt. Viele Dinge änderten sich und werden sich weiter ändern. Besonders gespannt bin ich nicht drauf, da ich im Großen und Ganzen weiß, wie es endet. Am besten beißt man seine Dritten zusammen und übt sich in Demut. Alle, die nicht vorher sterben, müssen da durch. Aber ehrlich gesagt: Ich finde Altwerden zum Kotzen!
bonanzaMARGOT
- 11. Sep. 16, 11:38
- boMAs Gedichte und Texte
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