Mittwoch, 2. April 2014

TV-Tipp:

"Mammuth", 23 Uhr, BR

Mittwochs-Weisheit

"Darin besteht die Liebe: Dass sich zwei Einsame beschützen und berühren und miteinander reden."
(Rainer Maria Rilke)

Dienstag, 1. April 2014

Der ganz normale Wahnsinn


Im Altenheim wird gestorben, was nicht weiter erstaunlich ist. Gestern Abend erwischte es mich mal wieder. Gleich beim ersten Rundgang. Ein Blick genügte. Als ich die Bewohnerin anfasste, hatte ich endgültige Gewissheit. Sie war bereits merklich kalt. Ihre leblosen Augen halboffen, das Gesicht kreidebleich. Automatisch ging mir durch den Kopf, was zu tun sei. Eile war keine mehr angesagt.
Ein Todesfall bringt den ganzen Ablauf durcheinander. Die Frau segnete überraschend das Zeitliche. Der Tod ist launisch. Bei vielen Bewohnern spannt er uns auf die Folter, und ein andermal schlägt er unerwartet zu, als wolle er uns foppen.
Die Nacht hatte erst angefangen. Ich rief den Ehemann an, der im selben Ort wohnt. „Kann ich hochkommen?“ fragte er. „Selbstverständlich.“ Wenig später kamen er und seine Enkelin. Am Bett der Bewohnerin brach die Enkelin in Tränen aus. Ich war von der Szene ergriffen. Am Liebsten hätte ich auch geheult. Es tat mir leid, und ich sagte es.
Ich ließ die Angehörigen allein mit der Verstorbenen und ging wieder an die Arbeit. Schon schizophren. Der ganz normale Wahnsinn – platt gesagt.
Kurz nach Mitternacht kam endlich die Bereitschaftsärztin, um die Leichenschau vorzunehmen. Eine alte Ärztin, selbst schon halb senil. Ich war froh, als schließlich alle weg waren. Endlich konnte ich mich etwas entspannen - das heißt, wenn da nicht die eine durchgeknallte Bewohnerin gewesen wäre, die auf dem Stationsflur randalierte. Sie war kaum zu beruhigen. Ich saß an ihrem Bett, bis sie einschlief.

Montag, 31. März 2014

Verfallen


Berlin ade. Die Tage vergingen wie im Rausch. Der ganze März verging wie im Rausch. Es kommt mir vor, als ob der Mallorca Urlaub schon Monate zurückliegt, dabei sind es gerade mal gut zwei Wochen. Der Frühling wirbelt Kopf und Herz durcheinander. Die Triebe siegen. Das Tier setzt sich durch. Wohin auch immer die Reise geht. Nichts ist zu bereuen. Den Verstand in die Besenkammer gesteckt. Er protestiert wenig – weil er mich kennt. Es wäre sinnlos.
Ich trage eine Flut von Bildern mit mir herum. Ich nehme diese Bilder mit ins Altenheim. Das ist gut. Wenigstens eine Zeit lang. Möglichst lange, hoffe ich.
Ein Flieger flog in den Abendhimmel nach Moskau. Ins ferne Russland – während ich im Sprinter von Berlin nach Mannheim saß.
Ich träume vor mich hin. An meinem Schreibtisch zuhause. Ein stiller Frühlingstag. Der März veränderte einiges. Ein zartes Grün überall. Die Sonne blinzelt durch den Hochnebel.
Ich tue mich schwer, die passenden Worte zu finden. Es ist so viel. Verschmelzende Körper und Räume. Ich spüre, dass irgendwo der Alltag lauert. Was nur normal ist. Ich habe keine Angst. Er kann mir das Schöne nicht wegnehmen. Nicht wirklich. Ich darf es nicht zulassen. Der Alltag ist so was wie ein innerer Tod. Man merkt das erst, wenn man ihm entflieht – wie tot man die ganze Zeit war. Wie man an den Jahreszeiten vorbeilebte. Wie man auf der Wartebank Däumchen drehte. Wie taub und blind man war, ausgefüllt von den (kleinen) Nöten und Ängsten eines Siechtums, welches wir Leben nennen. Ob als Eheleiche oder Singleleiche – völlig egal.
Meine Augen bohren sich in den Tag. Voller Sehnsucht, Glück und Liebe.





im Pergamonmuseum




mittägliche Muße auf einer Parkbank (am Zoo)

TV-Tipp:

"Das Ritual", 23 Uhr, ARTE

Mittwoch, 26. März 2014

Brechdurchfälle


Der alle paar Jahre wiederkehrende Albtraum des Altenpflegers: Brechdurchfälle.

Die alte Frau lag nackt auf dem Boden der Nasszelle. Sie grinste mich an. Das Zimmer roch infernalisch nach Stuhlgang und Erbrochenem. Die Schmutzspur reichte vom Bett bis auf die Toilette. Ich wusste nicht, wo ich hintreten sollte. Wenigstens schien es der Frau gut zu gehen. Sie meinte lapidar, dass sie einen schlechten Tag gehabt habe. Das Chaos um sie herum nahm sie gar nicht wahr. Nachdem ich geprüft hatte, dass sie wohl nicht verletzt war, machte ich mich an die ersten Säuberungsarbeiten: ich kämpfte mich durch die bräunliche Soße mit unverdauten Essensresten, beseitigte die groben Verschmutzungen und legte mit Handtüchern einen Weg aus, auf dem ich gehen konnte, ohne in die „Scheiße“ zu treten.
Ich duschte die Frau und sammelte die dreckigen Klamotten ein, die überall, kaum noch identifizierbar, herum lagen. „Ich hatte einen schlechten Tag“, sagte sie, „aber nehmen Sie mir doch nicht meine Kleidung weg! Die will ich nachher anziehen!“ Ich beruhigte sie und lenkte sie ab. Schließlich hatte ich sie halbwegs sauber – wenn man das unter diesen Umständen sagen kann – und führte sie über die ausgelegten Handtücher zurück zu ihrem frisch bezogenen Bett.
Nun musste ich nur noch ein wenig aufräumen und putzen, was eben ging. „Sind Sie fertig?“ fragte sie. „Gleich.“ „Ich wollte mich bei Ihnen bedanken.“ Ich lächelte sie an. „Schlafen Sie gut, und seien Sie bitte vorsichtig, wenn Sie aufstehen.“

Sie war die dritte Bewohnerin in dieser Nacht mit Brechdurchfall. Vier Uhr morgens.

Mittwochs-Weisheit


Gefühle sind heiße Gedanken. Gedanken sind kühle Gefühle. Gefühle und Gedanken - ein und dasselbe in verschiedenen Aggregatzuständen.
(1997)

Im Affenhaus




- ohne Worte -

Mittwoch, 19. März 2014

Grüner Stachel Abschied


Die letzten zwei Wochen waren ungeheuer intensiv. So viel sehe und erlebe ich sonst nicht in Monaten. Erst Mallorca, dann noch einen Berlinbesuch dran gehängt.
Genau genommen bin ich noch gar nicht wirklich zurück. Wie konsterniert sitze ich in meiner Wohnung am Computer und versuche einzufangen, was ich fühle. Ich starre vor mich hin. Dann und wann dringt die Sonne durch die Wolkendecke und wärmt mich von der Seite.
Es gibt diesen Schmerz, der weniger schmerzvoll ist, als dass er einen an das Glück erinnert, das man erlebte. Ein Schmerz des Abschieds und des Zurückkommens. Ich hänge im Moment irgendwo dazwischen. Sicher wird sich mein Ankommen beschleunigen, wenn ich wieder im Nachtdienst bin. Heute Abend geht es schon los. Kein schöner Gedanke. Es kommt mir auf eine Weise unwirklich vor, wie mir die Tage unwirklich vorkommen, die hinter mir liegen. Möglicherweise träumt man alles nur. Und wie bei Träumen wünscht man sich zurück in die schönen Träume, wenn man aufwacht … Aber wird man überhaupt wach? Wo spielt sich das alles ab – das Leben, die Welt, die Gefühle, die Zeit, die Liebe? Und welche Rolle spiele ich in diesem absurden Theater?
Kein Zweifel, ich bin zuhause. Alles ist noch da, wie ich es verlassen habe. Nur in mir selbst geriet einiges durcheinander. Nein, nicht unbedingt durcheinander … Ich kann nicht alles realisieren. Ich genieße es, noch nicht zurück zu sein.





grüner Stachel Abschied

Mittwochs-Weisheit

Jeder Urlaub hat einmal ein Ende.

Dienstag, 18. März 2014

TV-Tipp:

"The Act of Killing" (Doku), 23 Uhr, ARTE

Mittwoch, 12. März 2014

Zurück


Der Urlaub hatte alles, was ein Urlaub haben muss:
Sonne, Meer, leuchtende Farben, Leben, schöne Ausflüge, eine gute Unterkunft, Millionen Sinneseindrücke, eine Urlaubsbekanntschaft, gute Gespräche und gemeinsame Unternehmungen, viel Heiterkeit und Lachen, schöne Sonnenuntergänge, Melancholie und Bier.
Der Urlaub war beinahe wie ein Traum, ein Traum in der Wirklichkeit, ein Traum auf Mallorca. Seit langem war ich nicht mehr so glücklich.









Mittwochs-Weisheit

Hola!

Mittwoch, 5. März 2014

Kurzurlaub


Hurra, die fehlenden Reiseunterlagen erreichten mich doch noch mit der Post! Nun kommt bei mir langsam Reisestimmung auf. Das Wetter ist heute auch danach. Morgen um diese Zeit geht`s los – erst mal mit dem Zug zum Flughafen. 17 Uhr 20 geht der Flieger, Ankunft auf Mallorca 19 Uhr 20.
Bei der Gelegenheit bestellte ich mir einen kleinen Reise-Rasierapparat, den ich im Handgepäck mitnehmen könnte. Auch der wurde heute geliefert. Kurze Zeit überlegte ich, ob ich vielleicht nur mit Handgepäck fliegen soll. Für die paar Tage brauche ich nicht viel Klamotten. Aber was man da alles beachten muss, und dann ist es doch ganz gut, wenn ich etwas mehr Stauraum zur Verfügung habe. Mal sehen, ob der Rasierapparat für mich als die Nassrasur gewohnten was taugt.
Ich sollte nun alles zusammen haben. Es kann gepackt werden.

Allen Bloggern und Lesern wünsche ich schöne, frühlingshafte Tage!

Mittwochs-Weisheit

"Lasset die Geister aufeinanderprallen, aber die Fäuste haltet stille."
(Martin Luther)

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