Sonntag, 2. Juni 2019

Glück gehabt


Es gibt wenige Tage, an denen ich zu Fuß unterwegs bin. Mein Fahrrad hatte ich in die Werkstatt gebracht, und ich befand mich mit meinen Einkäufen auf dem Nachhauseweg. Bereits von weitem konnte ich sehen, dass sich etwas auf der Höhe meiner Wohnung tat. Mit jedem Schritt, den ich näherkam, erkannte ich deutlicher, was ich mir bereits gedacht hatte. Das Ordnungsamt war angerückt und kassierte Radfahrer ab. Wegen dem Kopfsteinpflaster benutzt hier fast jeder Radler unerlaubt den Gehweg, der dazu auch wegen seiner Breite (ca. 6 Meter) einlädt. Vier Stadtpolizisten und Politessen hatten sich pro Straßenseite in Stellung gebracht. Die erwischten Übeltäter mussten sich ihre Belehrungen anhören. Einige diskutierten herum. Was für eine Scheißwelt, dachte ich bei mir. Hier ist genug Platz für Radfahrer und Fußgänger. Wozu die Fahrradfahrer aufs Kopfsteinpflaster in den Autoverkehr schicken? Für die Sicherheit? Blödsinn – viele Wege, z.B. in Parkanlagen, müssen sich Fußgänger und Radfahrer teilen, und die sind nur halb so breit wie der Bürgersteig meiner Straße. Warum die Verkehrsteilnehmer in ein widersinnig enges Regelkorsett zwängen, welches pädagogisch kontraproduktiv ist? Wozu diese Entmündigung durch Behördengewalt? Freilich gibt`s immer Verkehrsrowdys, die Menschenleben gefährden, – egal ob als Fußgänger, Radfahrer oder im Auto unterwegs. Bei denen habe ich auch kein Mitleid, wenn sie ordentlich zur Kasse gebeten werden… Es geht um ein achtsames Miteinander auf den Straßen und Wegen der Stadt, nicht um eine dumme Abgrenzung und das Herumreiten auf Regeln, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen. Solche Ordnungsmaßnahmen haben sowieso null Effekt. Jedenfalls in Berlin. Gestern war gestern, und heute ist heute. Alles wie gehabt: Fußgänger und Radfahrer bewegen sich in vertrauter Lässigkeit vorbei an meinem Fenster*. Nachher hole ich mein (hoffentlich) repariertes Fahrrad ab. Mit geschärften Sinnen werde ich unterwegs sein, um rechtzeitig vom Bock zu springen…



*Die meisten Fußgänger sind so mit ihrem Smartphone beschäftigt, dass sie eh nichts mitkriegen.

Optimist in der Liebe - Schwachkopf im Leben


Ziemlich unsichere Sache mit der ausklappbaren Aluleiter im engen Bad – die beiden Glühbirnen in der Deckenlampe (noch die alten von Osram mit Glühdraht) hatten auf einen Schlag den Geist aufgegeben, und ich tauschte sie aus. Immerhin hielten sie seit meinem Einzug, also länger als meine letzte Beziehung. Frauen kann man dummerweise nicht einfach austauschen (außer man ist Popstar). Dabei wäre es langsam an der Zeit für eine neue, die etwas Licht in mein Leben bringt. Das alleine vor sich hindümpeln ist auf Dauer nichts für mich. Irgendwo da draußen ist sie sicher, nur weiß sie es noch nicht. Die Arme. Auf er anderen Seite kann auch ich der Arme sein, der auf sie reinfällt (– wie beim verhängnisvollen letzten Mal). So weit darf man aber nicht denken, sonst schrumpelt die Sehnsucht nach Zweisamkeit zusammen wie ein Hetero-Schwanz in der Männerdusche. Was die Liebe angeht, bin ich seltsamerweise gnadenlos optimistisch. Etwas Dummheit darf man sich doch leisten, oder? Ich meine die Dinge, die einen kaputt machen, aber ohne die man nicht leben will. Darum brauten die Mönche Bier und gruben einen Tunnel zum benachbarten Nonnenkloster. Sie haben meine Sympathie. Und die Heimlichtuerei hat den Reiz sicher tausendfach erhöht. Hach! – ich wäre gerne mal bei einer solchen unterirdischen Orgie dabei gewesen…
Viel wichtiger als der Sex ist mir aber die Liebe. Nichts Schöneres in meinem Leben gab es, als einen dieser weitentfernten Sterne vom Nachhimmel zu holen und zu küssen. Lege dich neben mich – wir halten uns gegenseitig.

ein literarisches Tagebuch

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