Eigentlich wollte ich von rasierten Eiern schreiben
Der Wirt vom Pub war gestern ganz schön mies drauf! Mann o Mann… Die Säufergruppe, die um die Mittagsstunden ihr Stelldichein gibt, war bereits weg. Die ist nicht leicht zu ertragen, obwohl nicht aggressiv aber eben anstrengend und laut. Überhaupt beobachte ich beim Wirt in den letzten Monaten zunehmend Phasen des Überdrusses, dass er alles ziemlich satthat. Gestern also war es wieder so weit, und er steigerte sich in seine miese Laune hinein. Ich bin in solchen Situationen immer betont zurückhaltend mit meinen Bestellungen. Sowieso verstehen wir uns diesbezüglich ohne Worte. Ein Blick genügt.
Die Kneipe war so gut wie leer. Er wartete auf Ramona, die ihn 17 Uhr ablösen sollte. Ramona, die schwarze Schönheit, ist regelmäßig zu spät, und er weiß das. Trotzdem regt er sich regelmäßig auf und wird immer nervöser. Seine Stammgäste, die ein Getränk bestellen oder ihre Sprüche absondern, kackt er dann schon mal an. „Ich habe noch anderes zu tun! Könnt ihr nicht mal die Klappe halten?!!…“ und ähnliches. Die lachen dann – machen sich über ihn lustig. „Also, wenn du irgendwann Zeit findest…“ Auch ich sitze amüsiert an der Bar, blättere in einer Illustrierten und weiß ja, dass nach der nächsten Runde Korn alles wieder gut zwischen ihnen ist.
Ramona kam und kam nicht. Der Wirt telefonierte ihr bereits hinterher. Natürlich würde sie noch kommen. Irgendwann. Und er brummelte ständig: „Wie ich das alles satthabe!“
Harry ist Stammgast und sieht aus wie eine wandelnde Mumie, bloß ohne Binden. Die Wintermonate verbringt er regelmäßig in Indien – seit ein paar Wochen kehrt er wieder im Pub ein. Ich mag ihn nicht. Er trinkt entweder Kaffee oder Kirschbananensaft. Dem Alk hat er vor Jahren abgeschworen (erzählte er mir mal). Meist spielt er in einer Runde Skat und macht auf Klugscheißer.
Wie gesagt, gestern war der Wirt eh schon auf 180, da betrat Harry die Kneipe und verkannte die brenzlige Lage. Der Wirt hatte gerade Kaffeebohnen in den Automaten geschüttet, wobei unter großem Fluchen fast die Hälfte danebenging. Harry kam ihm da mit ein paar dummen Fragen gerade recht. Der Wirt reagierte entsprechend unwirsch: „Mensch, Harry halte die Klappe!… Wieso stellst du solch blöde Fragen? …“ Das ganze gipfelte schließlich darin, dass Harry auf dem Absatz kehrt machte und das Lokal verließ. „Leck mich am Arsch“, meinte er zum Wirt, und der: „Das merke ich mir… Von wegen Leck mich am Arsch… das merke ich mir… das nächste Mal gibt`s was auf die Mütze!“ Oder so ähnlich. Ich kann nicht verhehlen, dass ich innerlich eine gewisse Genugtuung empfand. Die Mumie geht mir schon lange gegen den Strich. Von mir aus kann er ganzjährig in Indien bleiben. Auch der Wirt meinte das. Aber freilich werden sie sich wieder einkriegen. Mal sehen.
bonanzaMARGOT
- 27. Apr. 19, 18:30
- boMAs Gedichte und Texte