Allein in Berlin
Wir Menschen sind schon seltsame Tiere: Es kommt vor, dass man einander überdrüssig wird, oder dass man einander auf den Wecker geht, aber ist man dann voneinander getrennt, wächst bereits nach kurzer Zeit eine große Sehnsucht nach dem anderen, dem Partner, der Partnerin, dem Freund.
Die Wohnung ist seit gestern Abend ohne Seele – so erscheint es mir. O.s Lebendigkeit fehlt. Ich vermisse ihr Lachen, ihre Umtriebigkeit, ihre strahlenden Augen, einfach ihren Anblick. Ich vermisse, dass sie mich anspricht, ihre Zärtlichkeiten, dass sie sich vorm Spiegel zurechtmacht, bevor wir aus dem Haus gehen…
Was mache ich ohne sie? Der Sommer dreht nach einer kurzen Pause wieder auf. Nicht nur die Wohnung wirkt ohne O. leer – dem gesamten Tag mit den Unternehmungen, die ich machen könnte, fehlt der Sinn. Ich sitze am Schreibtisch und grübele, wie ich den Tag verbringen soll: Natürlich will ich raus in die Sonne, Fahrradfahren irgendwohin… Mit O. war es immer mehr als ein Zeit totschlagen. Plötzlich fühle ich mich sehr allein in Berlin.
Am Montag unternahmen wir eine Schifffahrt auf Spree und Landwehrkanal. Nochmals erlebte ich eine andere Sicht auf Berlin. So viele Viertel, Plätze, Straßen, Parks und Seen entdeckten wir in den letzten Monaten zusammen. Die Stadt erscheint wie ein Riesengemälde, welches aus schier unzähligen Perspektiven zu betrachten ist. Die dreieinhalb Stunden auf dem Ausflugsdampfer vergingen wie im Fluge.
Gestern flog O. zurück in ihre Heimat, um ihre Kinder wiederzusehen. Ich werde eine lange Woche ohne O. in Berlin ausharren müssen. Solange das Wetter gut ist, will ich viel mit dem Rad fahren. Bestimmt entdecke ich dabei wieder neue Plätze und Ecken - und hoffentlich ein paar gute Radwege.
die Mauer
bonanzaMARGOT
- 20. Aug. 15, 12:26
- Berlin