Donnerstag, 28. April 2011

Wir sind die Frontschweine


"Wenn ich nach einer zehnseitigen Gebrauchsanleitung einen Nagel in die Wand schlagen soll, kommt 100%ig Murks dabei raus, - aber nach dieser Methode wird heutzutage gepflegt." (boma, 28.04.2011)

Wir sind die Frontschweine. Wir halten die Köpfe hin, während die Technokraten, Bürokraten und Kapitalisten im Hintergrund Pläne entwerfen mit immer neuen Standards, so als könne man unsere Arbeit in der Theorie vorweg nehmen. Aber wir produzieren in den Altenheimen keine Maschinenteile, - sondern wir pflegen und betreuen Menschen.
Durch die Bürokratie und Qualitätssicherung wird die Dokumentation immer umfangreicher und komplizierter. Wenn die Menschen nicht den vorgestellten Standards entsprechen, werden sie (also die Menschen nicht die Standards) passend gemacht. Die alten Menschen werden abgemessen und eingestuft. Jede Ausnahme muß begründet und schriftlich abgesegnet werden. Falls z.B. eine Bewohnerin in der Nacht nur einen Windelwechsel wünscht, weil sie am frühen Morgen nicht aus dem Schlaf gerissen werden will, muss die Gesundheitsbetreuerin damit einverstanden sein, und zusätzlich muss die Bewohnerin eine Erklärung unterschreiben. Nein, es geht in diesem Beispiel nicht um eine dekubitus-gefährdete Bewohnerin, und sie ist auch nicht dement.
Behörden unterminieren nach und nach unsere pflegerische und menschliche Kompetenz . Ich sehe Zeiten kommen, wo ich nur noch am Computer sitze und dokumentiere ..., egal ob eine Leistung stattfand oder nicht. Es wird heute schon viel zu viel gelogen, weil das Personal die in der Pflegeplanung festgeschriebenen Leistungen gar nicht erfüllen kann. Natürlich wird das kaum jemand offen zugeben.
Anstatt somit für die alten Menschen eine höhere Lebensqualität zu gewährleisten, versickert lediglich ein hoher Arbeitsaufwand in gekünstelten Dokumentationsformulierungen. Bei den Menschen kommt davon so gut wie gar nichts an. Wie sagt man so schön: Papier ist geduldig.
Seit 2-3 Jahrzehnten beobachte ich eine schleichende Entmenschlichung in der Pflege. Der menschliche Anspruch, wie er so schön im Pflegeleitfaden der Altenheimeinrichtung geschrieben steht, liest sich als bittere Realsatire, - dabei sollte er die Seele unserer Arbeit bedeuten.

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