Nach der Nachtwache ist vor der Nachtwache

Mittwoch, 30. Januar 2013

Zusammengekratzt


Ich komme vom Nachtdienst nach Hause und habe den Punkt erreicht, wo ich trotz Müdigkeit nicht schlafen kann. Die Konzentration fällt mir schwer. Ich fühle mich wie durch eine Wand aus Watte von der Wirklichkeit getrennt. Die Gedanken schleppen sich durch meinen Kopf, ein wenig wackelig. Wie schön wäre es, sich an einen warmen Körper zu schmiegen, ein Lächeln zu empfangen. Ich schalte den TV ein, damit ich nicht allein mit der Stille bin. Eine Dokumentation über Ausschwitz läuft. Zeitzeugen berichten von ihren Erlebnissen. Man könnte das Kotzen kriegen.
Ich öffne eine Dose Bier. Das Feierabendbier. Da sitze ich. Nach einer Nachtwache im Altenheim. Mitten im Leben und doch am Rand. Es ist ein bisschen wie Zugfahren. Ich fuhr am Einschlaf-Punkt vorbei. Ich fuhr an einer ganzen Menge vorbei. Beinahe fuhr ich mit dem Bus an meiner Haltestelle vorbei. Meine Busbegleiterin sagte: „Ich glaube, Sie müssen jetzt drücken.“ Sie ist Lehrerin in einer Behindertenschule, und wenn ich nach Hause fahre, fährt sie zur Arbeit. Meistens reden wir über unsere Arbeit. Die Problematiken ähneln sich in den sozialen Berufen. Wir sitzen etwa zwanzig Minuten nebeneinander im Bus. Dann muss ich aussteigen. „Schlafen Sie gut“, sagte sie. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag“, sagte ich.
Es tat gut, ein paar Worte gewechselt zu haben. Der Morgen dämmert. Ausschwitz ist vorbei. Eine andere Doku läuft …

Sonntag, 20. Januar 2013

Der Tod kommt immer überraschend


„Auch wenn man weiß, dass der Tag kommt, ist man dann doch überrascht, wenn es so weit ist“, sagt die alte Frau. Ich stehe neben ihr am Bett ihres verstorbenen 97 jährigen Mannes. Vor der Tür warten die Bestatter, um ihn abzuholen. Sie berührt seine gefalteten Hände. „Er hatte schon die letzten Tage so kalte Hände. Ach!“ seufzt sie, „wir müssen ja alle mal sterben.“ „Ja“, erwidere ich, „das wird auf uns alle zukommen.“
Es ist bereits spät am Abend. Tochter und Schwiegersohn stehen auch draußen. Sie machen Druck. Sie sind bereits vier Stunden da, - wollten noch warten, bis die Bestatter kommen. Ich sehe sie als Nachtwache zum ersten Mal. Die wenigsten Angehörigen kenne ich und begegne ihnen erst bei einem Sterbefall. Sie erzählen mir, dass sie auf der Fahrt nach Tirol waren. Der Tod des Vaters kam schließlich doch schneller als gedacht „Aber sollen wir deswegen unsere ganzen Pläne ändern?“, sagt mir die Tochter. Sie hat rot-verweinte Augen. Ich antworte, dass ich Verständnis dafür habe, wenn man als Angehörige nicht rund um die Uhr verfügbar ist.

Ich stehe mit Frau B am Bett ihres verstorbenen Mannes und spüre, dass sie zwar weiß, was passierte, es aber noch nicht fassen kann. Sie sträubt sich ein wenig dagegen, dass er nun abgeholt wird. Von draußen erklingt die ungeduldige Stimme des Schwiegersohns, dass sie nun kommen solle, damit die Bestatter ihre Arbeit machen können. Nein, so drastisch sagt er es nicht. Auch ich bin unter Druck, weil inzwischen einige Klingeln aufleuchten.
Schließlich folgt Frau B unter gutem Zureden. Ich halte ihre Hand.
Als ich von den Klingeln zurückkomme, ist alles erledigt. Ich bringe Frau B zu Bett. „Wir waren sehr lange zusammen“, sagt sie, „warum lässt uns der Herrgott am Ende so leiden? Warum nimmt er uns nicht früher zu sich?“ „Ich weiß nicht“, sage ich und helfe ihr in den Schlafanzug, „den Plan des Herrgotts kenne ich nicht.“ „Ja, den kennt niemand“, meint sie.

Es ist fast Mitternacht, als ich endlich etwas Luft habe, um mich auszuruhen. Die Müdigkeit kommt wie eine dunkle Wand auf mich zu. Ich versuche mich mit Fernsehen abzulenken. Ich sehe im Laternenlicht Schneewehen: Der Wind zaubert gespenstische Skulpturen in die Nacht. Das TV-Programm läuft an mir vorbei. Die Altenheimbewohner sind unruhig und lassen eine längere Verschnaufpause kaum zu.

Am Morgen, als die Kollegen mich ablösen, setzt Eisregen ein. Noch eine Nacht, denke ich.

Freitag, 11. Januar 2013

Der erste Sonnentag


Der erste Sonnentag in diesem Jahr. Unwirklich. Gleißend hell, als ich aufwache. Ein Nachtdienst wie tausende liegt hinter mir. Allein mit den schlafenden Geistern des Hauses. Wenn sie denn schlafen. Manchmal erschrecke ich vor meinem eigenen Spiegelbild hinter der Scheibe des Dienstzimmers. Ich murmele vor mich hin: „Was mache ich hier?“ „Bin ich das?“ „Ist das meine Stimme? Mein Schatten?“ Als ich den Flur entlang gehe, wird der Weg immer länger …
In der Routine eile ich mir selbst im Geiste voraus, sehe mich bereits die Windeln wechseln, die Urinflasche anlegen oder die Bettpfanne unterschieben.
Dann öffne ich die Zimmertür, lächele unwillkürlich.
„Ach, Sie sind es. Wie spät haben wir denn?“
„Zwei Uhr.“
„Dann muss ich ja noch schlafen.“
„Noch ein paar Stündchen.“
„Kann ich etwas zu Trinken haben?“
„Aber natürlich.“
Ich blicke durch das Fenster in die Dunkelheit, hinunter zu den Lichtkegeln der Laternen und fülle den Schnabelbecher mit Wasser, reiche ihn der Greisin.
„Danke.“
Es reicht, dass ich da bin. Der kleine Raum ist vollgestellt mit Rollator, Toilettenstuhl und Tisch. Vor ihrem Bett eine Urinlache. Es kommt immer häufiger vor, dass sie es nicht rechtzeitig auf den Toilettenstuhl schafft. Ich wische auf.
„Oh je“, sagt sie, „nun müssen Sie auch noch den Boden putzen.“
„Macht nichts. Schon erledigt.“
Ich bleibe noch kurz bei ihr am Fußende des Pflegebettes.
„Wie spät ist es?“
Freundlich erkläre ich ihr nochmals die nächtliche Stunde. Sie hat Angst, dass am Morgen niemand zu ihr kommt. Wenn sie eine schlechte Nacht hat, klingelt sie vier- oder fünfmal und fragt nach.
Früher erzählte sie viel von ihrer Familie und aus ihrem Leben. Nun fallen ihr die Worte nicht mehr ein. Urplötzlich kommt ihr ein altes Gedicht in den Sinn, und sie sagt eine Strophe auf, stockt. „Weiter weiß ich nicht“, lacht sie.

Sonntag, 6. Januar 2013

Standby


Zu viel Kryptonit auf der Welt. Superman hat ausgefickt. Der Weihnachtsschmuck ist abgeräumt, - Jesus schon 2000 Jahre tot. Schlimmer als das Leid ist das Leiden. Die Altenheime sind voller Leiden. Ich will es nicht mehr verstehen. Das Klo ist verstopft. Wer will schon gerne sterben?
Wäre doch endlich Ruhe. Die Menschheit ist grausam laut. Seltsam, dass man bei alldem noch Appetit hat. Die einen ertragen ihr Leid und sterben leise. Das sind mir die Liebsten. Die anderen leiden lautstark, als würden sie bereits in der Hölle schmoren. „Gemach, gemach“, sage ich, „habt Geduld.“
Die Menschen werden nicht so sehr von Krankheit und Siechtum gequält - vielmehr von ihren Ängsten und ihrer Verzweiflung. Ihr Flehen nach dem Tode stinkt (mir) zum Himmel.
Verzeiht, ich weiß, dass es grausam klingt. Womöglich habe ich den falschen Beruf. Ich bin kein Superman im Altenpfleger-Dress. Ich funktioniere und stelle meine Seele auf Standby.

Samstag, 5. Januar 2013

Frevel


Es gibt Tage, an denen mir nichts einfallen will. Alles wurde gesagt. Die Erde dreht sich um ihre Achse. Tag für Tag. Menschen werden geboren, Menschen sterben. Die Nachrichtensprecher reden in Endlosschleifen. Die Welt ist ein Wartesaal. Ich warte auf den Frühling, auf Wärme, auf bessere Zeiten. Die Bewohner des Altenheims warten auf das Essen, auf das Ende der Nacht, auf ihren nächsten Stuhlgang … Wir warten auf den Feierabend. Vielleicht warten wir auf Sex oder auf einen TV-Film am Abend. Oder wir warten auf den Pizza-Service. Derweil geht alles seinen Gang. Es wird geredet und geschwiegen, umarmt und weggestoßen. Menschen warten auf Nachrichten. Menschen warten vergeblich. Die Worte und Gesten wiederholen sich. Doch die Sehnsucht bleibt. Die Sehnsucht lässt mich immer weitermachen.
Der Verstand kotzt auf Worte wie Sehnsucht. Und Liebe. Der Verstand spielt in einer anderen Liga. Dieser Ballast Leben macht ihn mürbe. Die Leidenschaft versiegt. Wozu das alles?
Ich durchsuche meine Erinnerungen nach glücklichen Tagen. Es gab sie. Nur scheinen sie unendlich weit weg. Wie unwirklich. Aber es muss sie gegeben haben.





Treppe zum Altenheim

Dienstag, 25. Dezember 2012

Auch das


Er starb zwei Tage und Nächte. Als ich nach ein paar freien Tagen zum Dienst kam, war ich über die Entwicklung überrascht. Ein Infekt schaffte ihn.
Ich denke an die Kämpfe, die ich nachts mit ihm hatte. Er akzeptierte die Windeln nicht und zerrupfte sie in hartnäckiger Kleinarbeit. Durch die Kontrakturen konnte er sich kaum noch bewegen. Seltsam verrenkt lag er im Bett. Es war nicht viel an ihm dran, aber er kämpfte immer wacker gegen mich, wenn ich ihn sauber machte und die Windel wechselte. Ich war über das Chaos, das er im Bett veranstaltete natürlich wenig erfreut. Es tut mir leid. Ich sehe seine aufgerissenen Augen vor mir und höre sein Knurren. Reden konnte er schon lange nicht mehr. Irgendwie erinnerte er mich von Anfang an eine Figur aus der Verfilmung von Tolkiens „Herr der Ringe“, - wie er mich anschaute, knurrte und sich im Bett räkelte.
Zwei Tage lang fragte jeder, der seinen Dienst antrat: „Lebt er noch?“ Schließlich fand er in meiner Nacht seine Ruhe. Im Sterben lag er fast entspannt da, seine Augen halb geschlossen, seine Atemfrequenz durch das Fieber erhöht. Ich schaute häufig nach ihm und verzieh ihm alle zerrissenen Windeln und Kämpfe der letzten Jahre. In den frühen Morgenstunden fand ich ihn tot. Er war noch warm. Ich schloss seine Augen und stand eine Weile an seinem Bett. Ich seufzte. Als ich ihn schließlich zurecht machte, seufzte er auch noch mal ...
Dann einen Arzt zur Leichenschau anfordern, das Telefonat mit dem Sohn, den ich als Nachtwache nicht kannte, von dem ich nur die Telefonnummer hatte.

Er war seit längerer Zeit wieder ein Sterbefall in meinem Nachtdienst. Ich kann gar nicht sagen, wer der vor ihm war. In den letzten fünfundzwanzig Jahren waren es eine ganze Menge. Einige blieben im Gedächtnis haften, andere verschwanden wie Gespenster, als hätte ich sie nie erlebt.

Montag, 24. Dezember 2012

Heiligabend - speziell


Heiligabend. Für mich wird es ein anstrengender Nachtdienst werden mit nichts Heiligem in Sicht. Einige Bewohner werden von ihren Angehörigen abgeholt und kommen dann erst später am Abend zurück, so dass ich sie an der Backe habe. Wie ich das machen soll, weiß ich noch nicht. Dann kursiert im Altenheim eine fiebrige Erkältung. Ganz davon abgesehen, sind die Bewohner zu solchen Daten besonders unruhig und durchgedreht oder deprimiert.

Nicht mal meinen üblichen Abendimbiss vorm Dienst kann ich einnehmen, weil natürlich weder Döner Kebab noch irgendeine Gaststätte am Ort geöffnet hat. Ich werde mich bei dem weihnachtlich milden Wetter auf eine Bank setzen und `ne Runde beten, bevor ich die Treppen hoch zum Altenheim steige.
„Stairway to Heaven“ - haha!
Das Beste ist der Blick, den man von da oben hat. Und wenn es dazu sternenklar ist, genieße ich den Aufstieg sehr, - bevor sich vor mir zischend die automatische Schiebetür auftut ...
Die Stationsleitung stöhnte heute Morgen über die viele Arbeit und sagte zu mir, dass sie froh ist, wenn Weihnachten vorbei ist. Ich konnte ihr nur beipflichten.

Drum wünsche ich (aus Solidarität) zuerst allen Arbeitern und Angestellten, die arbeiten müssen, einen guten und ruhigen Dienst. Danach denke ich an alle Einsamen und Vergessenen, wo immer sie auch sind. Ganz besonders denke ich an meine Eltern.

Und auch allen anderen schöne, möglichst sorgenfreie Festtage!

Sonntag, 23. Dezember 2012

Einsamer Feierabend




Ich blickte zu den zwei Übernächtigten gegenüber. Der junge Mann war gerade aufgewacht. Seine Freundin lag ihm zu Füßen noch auf dem Boden und schlief. Kurze Zeit später sah ich sie lustig und Arm in Arm ihrer Wege gehen.



Ich saß am Bahnhof und schaute wahrscheinlich dumm und müde aus der Wäsche. Erst trank ich einen Kaffee, der so heiß war, dass ich zehn Minuten warten musste, weil ich mir Zunge und Gaumen nicht verbrennen wollte. Danach schlenderte ich durch die Bahnhofshalle, beobachtete die Reisenden und Übernächtigten, ging im Bahnhofsbuchladen Gucken und kaufte ein paar Kleinigkeiten in der Drogerie ein. Schließlich drängte mich die Müdigkeit, den Nachhauseweg fortzusetzen. Es war gegen Halb Neun Uhr am Morgen. Halb Sieben hatte ich Feierabend vom Nachtdienst gehabt. Da an Sonn- und Feiertagen morgens keine Busse in Richtung meines Bettes fahren, machte ich diesen Schlenker über den Hauptbahnhof. Aus normalerweise zwanzig Minuten Heimweg wird dann eine Odyssee von gut drei Stunden.
Das Blöde an den Nachtwachen ist, dass ich mich zwar auf den Feierabend freue, ihn aber nie wirklich als Feierabend genießen kann. Es ist immer ein einsamer Feierabend.

Samstag, 22. Dezember 2012

Der Tag danach


Es ist schon seltsam, dass die Welt immer noch nicht untergegangen ist. Kein Verlass auf diese Untergangsprophezeiungen! Da ist mein jährlicher Winterschnupfen verlässlicher. Eigentlich hätte er gut zum Weltuntergang gepasst. Denn immer wenn ich Schnupfen habe, passiert irgendwas besonderes. Dieses Jahr ist es dann wahrscheinlich nur eine stinknormale Weihnachtserkältung.
Zu den verpassten Weltuntergängen gebar meine Matschbirne eine absonderliche Theorie: Was wäre, wenn in Wirklichkeit tatsächlich die Welt untergegangen wäre? Und wir wurden (nur jedes Mal) von Menschen gerettet, die aus der Zukunft kamen? Die machen nämlich nichts anderes, als ständig durch die Zeit zu reisen, damit sie überhaupt eine Daseinsberechtigung haben. Wenn unsere Welt unterginge, würde ihre Wirklichkeit in der Zukunft wie eine Seifenblase platzen. Ständig müssen sie die Zeit reparieren. Ganz schön stressig!
Der Stress entsteht automatisch, wenn man den Dingen nicht ihren Lauf lässt. Ruckzuck verwickelt man sich in einen unübersichtlichen Haufen von Widersprüchen. Das weiß jeder, der mal liebte, oder als Kind mit Lego spielte. Auch in der Altenpflege leistet man so eine Art Sisyphus-Arbeit. Aber wenn man mal damit anfing, kann man schlecht wieder aufhören. Es ist wie ein Fluch. Oder bildhaft: Kabelsalat.
Vielleicht ist die gesamte Weltgeschichte von Eingriffen aus der Zukunft getürkt ...
Es gibt einfach einen ganzen Haufen von unerklärlichen Dingen. Wer nachts den Fernseher laufen lässt, weiß das. Ich bin bin voll auf der Höhe, was Verschwörungstheorien und Weltuntergangsprophetien angeht.
Wie dem auch sei. Das verrückte Leben geht weiter. Wenn ich persönlich an der Zeit etwas korrigieren könnte, dann wäre das meine Zeugung, die ich verhindern würde.
Da ich mich nicht fortpflanzte, dürfte dies für die Zukunft keine größeren Folgen haben. Auch bin ich kein genialer Erfinder, habe nichts neues entdeckt und keine Machtposition inne. Und einige Frauen hätten wahrscheinlich sowieso besser auf meine Bekanntschaft verzichtet. Na ja, und ich erst … ich meine, mir wäre natürlich auch einiges erspart geblieben. (Zum Beispiel müsste ich heute Abend nicht zum Nachtdienst ins Altenheim, und ich hätte keinen Schnupfen.)

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Der Gast ist König


Der Bus erreicht das Dorf, wo das Altenheim steht, etwa eine Stunde vor Arbeitsbeginn. Drei Gaststätten und ein Döner Kebab Imbiss stehen mir für meine Verköstigung zur Verfügung. Wobei zwei Gaststätten nur am Wochenende geöffnet haben. Unter der Woche bleibt mir nur der türkische Imbiss. Das Essen dort ist reichlich und günstig, aber ich liebe die Abwechslung, so dass ich, wenn sich die Gelegenheit bietet, eins der Gasthäuser aufsuche.
In der Regel gehe ich in die Kupferkanne. Im Sommer kann man schön auf der großen Terrasse sitzen und in die untergehende Sonne schauen. Jetzt im Winter sitzt man drinnen auch ganz gemütlich. Na ja, die Einrichtung ist Geschmackssache. Aber darauf kommt es mir weniger an. Ich brauche ein schnelles und schmackhaftes Essen, und das kriege ich meistens. Die Wirtsleute begrüßen mich freundlich. Ich werde bevorzugt bedient – denn meist bin ich der einzige Gast!
Die Speisekarte strichen sie schon zusammen. Und außer dem Koch brauchen sie kein Personal. Mit der Heizung sparen sie, glaube ich, auch. Vor fast genau einem Jahr übernahmen sie die Gaststätte. Auch der vorherige Pächter hatte mit dem Lokal Pech. Ich überlegte schon, ob es an mir liegt, weil auch bei ihm war ich Stammgast. Wahrscheinlicher ist, dass es heute einfach schwer ist, in der Gastronomie Kundschaft zu gewinnen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und wenn man es in der ersten Phase verpasst, die Gäste, die aus Neugierde kommen, mit einem guten Angebot und einem guten Service zu überzeugen, wird man es in der Folgezeit und vor allem im Winter schwer haben, den Laden zu füllen. Irgendwie versiebten die Wirtsleute der Kupferkanne das Sommergeschäft, und nun hängen sie durch.
Nur der Döner Kebab Imbiss läuft richtig gut. Der ist die reinste Goldgrube. Und dann gibt es noch einen bürgerlich biederen Gasthof, der mehr oder weniger den Rest des Gastronomiegeschäftes in der kleinen Ortschaft abschöpft.
Ich kann das nur aus der bescheidenen Sicht eines Gastes beurteilen. Das Essen in der Kupferkanne ist nicht übel. Inzwischen auch günstig. Ich werde satt. Oft schaffe ich es gar nicht ganz. Da ich meist der einzige Gast bin, sind sie sehr besorgt darum, ob denn bei mir bzw. mit dem Essen alles in Ordnung sei – was ab und zu nervt.
Ich bin gespannt darauf, wie ihr Betrieb weiterläuft. Ob sie sich noch berappeln können? Ich kann es mir kaum vorstellen. Es ist ein wenig traurig, da ich nun schon das zweite Mal hintereinander mitverfolge, wie dieses Lokal eingeht. Jedenfalls drücke ich ihnen die Daumen, - damit mir die Kupferkanne noch ein Weilchen erhalten bleibt!





Blick in den Gastraum

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